LG Düsseldorf, Urteil vom 07.11.2013 - 19 S 77/12
Fundstelle
openJur 2014, 3934
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 75a C 28/12
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.08.2012 verkündete Urteil des Amtsgerichts Duisburg - 75a C 28/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Klägerin ist Miteigentümerin der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft … .

An diese Wohnungseigentümergemeinschaft hat sie in den Jahren 2007 und 2008 monatliche Hausgeldzahlungen erbracht, und zwar 4 x 600,00 € im Jahr 2007 für die Monate August bis Dezember 2007, 7 x 600,00 € im Jahr 2008 für die Monate Januar bis August 2008 sowie weitere 3 x 700,00 € für die Monate Oktober bis Dezember 2008. Die Zahlungen erfolgten jeweils unter Vorbehalt. Bestandskräftige Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen für die Jahre 2007 und 2008 liegen nicht vor, da diesbezügliche Beschlussfassungen der Wohnungseigentümer bislang gerichtlich für nichtig oder ungültig erklärt wurden.

Die Klägerin forderte die Beklagte mit Fristsetzung bis zum 31.05.2011 erfolglos zur Rückzahlung auf.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.700,00 € zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.06.2011 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das Begehren der Klägerin sei treuwidrig. Denn wenn die Beklagte der Klägerin sowie den übrigen Wohnungseigentümern die bereits geleisteten Zahlungen erstatten würde, müsse sie diese wiederum durch eine Sonderumlage in gleicher Höhe finanzieren. Dabei müssten die Eigentümer einschließlich der Klägerin, um den Klagebetrag erstattet zu bekommen, eine Sonderumlage in gleicher Höhe erbringen.

Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass ein etwaiger Bereicherungsanspruch nur insoweit bestehe, als für das jeweilige Wirtschaftsjahr, für das die Zahlung geleistet wurde, unter Berücksichtigung der tatsächlich erfolgten Ausgaben noch Geldmittel vorhanden seien und hierüber eine ordnungsgemäße Abrechnung erfolgt sei. Insoweit sei ein Beschluss über die Jahresabrechnungen 2007 und 2008 erforderlich, welcher hier nicht vorhanden sei.

Gegen dieses Urteil, das am 20.08.2012 zugestellt worden ist, hat die Klägerin mit einem am 24.08.2012 bei Gericht vorab per Fax eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese – nach Fristverlängerung bis zum 20.11.2012 – mit einem am 02.11.2012 bei Gericht vorab per Fax eingegangenen Schriftsatz begründet.

In der Berufungsbegründung beruft die Klägerin sich darauf, das Amtsgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, ein Bereicherungsanspruch bestehe nur, wenn für das jeweilige Wirtschaftsjahr, für das die Zahlung geleistet werde, noch Geldmittel vorhanden seien und hierüber eine ordnungsgemäße Abrechnung erfolgt sei. Hierdurch würde dem einzelnen Wohnungseigentümer eine Abrechnungspflicht auferlegt, die er mangels entsprechender Kenntnisse nicht erbringen könne. Zudem stehe es den Wohnungseigentümern frei, jeder Zeit einen entsprechenden Wirtschaftsplan oder eine Jahresabrechnung zu erstellen und den Bereicherungsanspruch zu Fall zu bringen. Entschließe sich die Wohnungseigentümergemeinschaft jedoch – wie im vorliegenden Fall – entsprechende Beschlüsse nicht zu fassen, müsse sie Rückzahlungsansprüche der Eigentümer hinnehmen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 13.08.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 8.700,00 € zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.06.2011 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des ergänzenden Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß § 513 Abs. 1, § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung bereits gezahlter Wohngelder in Höhe von 8.700,00 € aus § 812 Abs. 1 BGB.

Einem etwaigen Rückzahlungsanspruch nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung steht vorliegend eine Einwendung der Eigentümergemeinschaft entgegen. Diese Einwendung ergibt sich aus dem durch die Jahresabrechnung zu konkretisierenden Innenverhältnis der Wohnungseigentümer.

Die Klägerin kann eine Erstattung von ihr geleisteter Wohngelder nämlich nicht unabhängig von dem Ergebnis einer Jahresabrechnung verlangen. Vielmehr kann, wie bereits das OLG Köln in seiner Entscheidung vom 22.11.2006 (16 Wx 215/06) ausgeführt hat, die Erfüllung eines Bereicherungsanspruchs aus Mitteln der Gemeinschaft erst und nur dann verlangt werden, wenn eine durch Beschlussfassung der Gemeinschaft genehmigte Jahresabrechnung ein Guthaben für die Klägerin ausweist. Einer isolierten Anspruchsverfolgung außerhalb der Abrechnung der Wirtschaftsperiode steht das durch die Jahresabrechnung zu konkretisierende Innenverhältnis der Wohnungseigentümer entgegen, wonach zwischen den Eigentümern lediglich ein Innenausgleich zulässig ist. Ein solcher Innenausgleich würde durch einzelne Rückforderungen gestört. Infolge dieses besonderen Verhältnisses beschränkt sich der Anspruch eines einzelnen Wohnungseigentümers auf Befriedigung aus den aus der abgerechneten Wirtschaftsperiode vorhandenen Geldmitteln.

Insbesondere entsteht vor einer Beschlussfassung oder einer sie ersetzenden gerichtlichen Entscheidung weder eine Nachzahlungspflicht noch ein Erstattungsanspruch von Wohnungseigentümern. Erst mit der Beschlussfassung werden die Abrechnungsgrundlagen für alle Wohnungseigentümer verbindlich. Gleiches gilt für Vorschüsse (vgl. Bärmann/Pick, WEG, 18. Auflage 2007, § 28 Rn. 43).

Eine solche Beschlussfassung ist vorliegend jedoch noch nicht erfolgt.

Alleine die Tatsache, dass die Klägerin vorträgt, ein solches Guthaben zu haben, genügt insoweit nicht. Es ist ein entsprechender Beschluss erforderlich. Auch soweit die Klägerin bestreitet, die Zahlungen seien zur Tilgung von Lasten und Kosten und der WEG verwendet worden, ändert das an der Sachlage nichts, da auch insoweit kein entsprechender Beschluss vorliegt.

Die Tatsache, dass die Klägerin die Zahlungen unter Vorbehalt geleistet hat, ändert hieran nichts. Denn der Vorbehalt bezog sich darauf, die Zahlungen nur in der Höhe erbringen zu wollen, wie sie auch tatsächlich geschuldet ist. Dies hat jedoch keine Auswirkung darauf, dass die tatsächlich zu leistende Höhe durch Beschluss festgestellt werden muss und die Klägerin erst hieraus einen ggf. bestehenden Rückzahlungsanspruch herleiten kann.

Soweit die Klägerin der Auffassung ist, die von der Kammer bereits im Hinweisbeschluss vom 09.11.2012 dargelegte Rechtsauffassung könne hier keine Anwendung finden, weil sich die Wohnungseigentümergemeinschaft im vorliegenden Fall dazu entschlossen habe, weder einen Wirtschaftsplan noch eine Jahresabrechnung erstellen zu lassen, greift diese Argumentation nicht durch. Denn die Klägerin kann, wie jeder Wohnungseigentümer, die Erstellung einer Jahresrechnung für jede Wirtschaftsperiode verlangen und vor allem gerichtlich durchsetzen. Dieses Recht des einzelnen Eigentümers folgt als Individualanspruch aus § 21 Abs. 4 WEG (Jennißen, WEG, 3. Auflage 2012, § 28 Rn. 182a).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert. Zwar handelt es sich um eine nicht unbedeutende und bislang obergerichtlich ungeklärte Rechtsfrage, weshalb die Kammer von einer Beschlussfassung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO abgesehen hat. Allerdings erscheinen die oben geschilderten Grundsätze zum Innenverhältnis der WEG und dem vorzunehmenden Innenausgleich als allgemein anerkannt, wohingegen Stimmen, die einen Rückforderungsanspruch zwischen den Eigentümern befürworten, nicht ersichtlich sind.