Bayerischer VGH, Urteil vom 02.09.2013 - 10 B 10.1713
Fundstelle
openJur 2014, 3452
  • Rkr:

Niederlassungserlaubnis; 7-jähriger Besitz einer Aufenthaltserlaubnis; Anrechnung von Fiktionszeiten; Sicherung des Lebensunterhalts; zwingende Versagung einer Aufenthaltserlaubnis; Unterstützung einer terroristischen Vereinigung (AAI)

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der am 1. Juli 1972 geborene Kläger ist ein irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste im Januar 1997 in das Bundesgebiet ein und stellte hier einen Asylantrag. In der Anhörung im Rahmen des Asylverfahrens am 27. Januar 1997 erklärte der Kläger, er sei im Irak verheiratet und habe dort einen Sohn. Er habe zunächst Wehrdienst im Irak geleistet, sei aber 1991 desertiert. In seinem Heimatland habe er sich nicht politisch betätigt, sei aber nach dem Kurdenaufstand etwa vier Monate zusammen mit einem Onkel als Peschmerga tätig gewesen. Am Kurdenaufstand selbst habe er sich aktiv beteiligt und sei auf zahlreichenden Videos mit dem Regierungschef des kurdischen Parlamentes zu sehen. Aus diesem Grund sei er aus dem Irak geflohen.

Mit Bescheid vom 26. Februar 1997 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – Bundesamt –) den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter ab, stellte aber fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich des Irak vorliegen. Daraufhin wurde dem Kläger am 23. April 1997 eine Aufenthaltsbefugnis erteilt, die bis zum 28. Dezember 2006 jeweils verlängert worden ist.

Nachdem die Ausländerbehörde im Jahr 1999 aufgrund von Passeintragungen davon ausgegangen war, dass sich der Kläger im Oktober 1997 mehrere Wochen im Irak aufgehalten habe, widerrief das Bundesamt die mit Bescheid vom 26. Februar 1997 getroffene Feststellung. Bei einer Rückkehr in den Nordirak habe der Kläger wegen der Asylantragstellung keine Verfolgung zu befürchten. Davon gehe er offensichtlich selbst aus, wie die Irakreise zeige. Diesen Widerrufsbescheid hat das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 26. Oktober 1999 (Az. AN 12 K 99.32527) aufgehoben.

Nachdem die erste Frau des Klägers angeblich im Irak verstorben war, heiratete der Kläger im Jahr 2000 nach islamischem Recht erneut eine irakische Staatsangehörige, die seit Anfang 2001 im Bundesgebiet lebt und mit der er inzwischen vier in den Jahren 2002, 2004, 2006 und 2012 geborene Kinder hat.

Am 5. Juli 2005 fand mit dem Kläger ein sog. Sicherheitsgespräch statt, bei dem neben Vertretern der Ausländerbehörden auch zwei Vertreter des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz anwesend waren. In diesem Gespräch verneinte der Kläger seine Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und zugleich, dass er Näheres über derartige Vereinigungen wisse oder Mitglieder bzw. Sympathisanten solcher Vereinigungen näher kenne. Er gab an, 1997 in die Türkei gereist zu sein und im Jahr 2000 nach Syrien. Etwa im Januar 2003 sei er in Saudi- Arabien auf Hadsch gewesen. Zu seiner jetzigen Situation befragt gab er an, tatsächlich bei seiner Frau zu wohnen. Offiziell sei er in der Wohnung des Hassan Diar gemeldet, da das Sozialamt ansonsten die Miete für die Wohnung seiner Frau nicht übernehmen würde. An Herrn Hassan zahle er dafür nichts. Er sei religiös und besuche auch eine Moschee, meistens eine in der Innenstadt, von der er aber nicht wisse, wie sie heißt. Ab und zu bete er in einer anderen türkischen oder arabischen Moschee. Er gehe in die Moschee, bete dort und verlasse diese dann wieder. Er spreche mit niemandem und treffe auch niemanden, auch nicht seine kurdischen Landsleute. Er habe nur wenige Freunde im Bundesgebiet. Auf Frage, ob er einen Mullah Omar kenne, antwortete der Kläger, er kenne einen Mustafa Omar, bei dem er einmal gearbeitet habe. Er wisse aber nicht, was dieser derzeit mache. Er sei in Deutschland kein Mitglied in einer Organisation. Im Irak sei er Sympathisant der PUK gewesen und habe am Kurdenaufstand teilgenommen. Das Geschehen im Irak verfolge er im Fernsehen oder über Genossen, die Deutschland besuchen, also z.B. jemand aus dem Politbüro einer Partei. Zuletzt sei ein Dr. Mahmud Osman dagewesen. Auf der Hadsch sei er mit anderen Kurden gewesen, z.B. Omar, Ahmad, Yassin und Salar. Zu diesen habe er aber keine enge Beziehung und wisse auch nicht, ob sie irgendeiner Organisation angehören. Von der Organisation Ansar al-Islam (AAI) habe er aus den Nachrichten gehört. Er wisse nicht, ob es Mitglieder dieser Gruppierung in Deutschland gebe und kenne auch keine. Auch von anderen Organisationen habe er lediglich gehört. Er habe auch keinen Kontakt zu Leuten, die die Ziele der AAI gut geheißen hätten, auch nicht zu Leuten, die Islamisten sind. Im Jahr 1997 oder 1998 habe er in der arabischen Moschee Mullah Krekar predigen hören, er wisse aber nicht mehr, was er gepredigt habe. Damals habe er auch nicht gewusst, um wen es sich bei Mullah Krekar handle. Spenden seien damals nicht gesammelt worden. Dies sei nur beim Freitagsgebet der Fall. Er selbst spende nur, wenn jemand gestorben sei, damit der Leichnam nach Hause transportiert werden kann. Auf weitere Fragen bestätigte der Kläger, dass er einmal in eine Polizeikontrolle geraten sei. Seine Familie sei damals mit im Auto gewesen. Schließlich wurden dem Kläger mehrere Lichtbilder von Landsleuten vorgelegt, die er zum Teil wiedererkannt hat.

In einem Schreiben vom 9. August 2005 teilte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz dem Bayerischen Staatsministerium des Innern mit, dass der Kläger seinen Erkenntnissen nach Mitglied der kurdischen Gruppierung Ansar al-Islam (AAI) und als zweiter Stellvertreter führendes Mitglied der Münchner Gruppe sei. Zu diesen Erkenntnissen sei das Amt insbesondere über von der Polizei aufgenommene Verkehrsunfälle und Feststellungen bei polizeilichen Kontrollen gelangt.

Später ergänzte das Landesamt seinen Bericht dahingehend, dass es Erkenntnisse darüber habe, dass der Kläger im zweiten Quartal 2006 Geldspenden für die Münchner AAI-Gruppe einem dem Amt bekannten Spendensammler übergeben habe und das Geld für das Zarqawi-Netzwerk im Irak bestimmt gewesen sei.

Schließlich wurde noch mitgeteilt, dass sich der Kläger am 12. April 2003 in einer Nürnberger Bäckerei mit Mitgliedern der Nürnberger AAI-Gruppe getroffen habe.

Mit Schreiben vom 7. Februar 2006 hörte die Beklagte den Kläger zum damals beabsichtigten Erlass einer Ausweisungsverfügung an.

Der Kläger bestritt in seiner Stellungnahme, ein Mitglied der AAI zu sein und erklärte zu den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes, er kenne die Personen, von deren politischen Aktivitäten das Landesamt berichtet habe, lediglich beruflich oder privat, ohne jedoch von deren politischer Betätigung etwas zu wissen.

Mit Bescheid vom 12. April 2006 widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die mit Bescheid vom 26. Februar 1997 getroffene Feststellung und stellte fest, dass weder die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG noch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen. Die angeordnete sofortige Vollziehung dieses Bescheides begründete das Bundesamt damit, dass der Kläger aufgrund seiner ideologischen Ausrichtung höchste Rechtsgüter gefährde. Er gehöre nämlich nach den vorliegenden Erkenntnissen dem terroristischen Umfeld an. Dieser Bescheid ist seit dem 26. September 2006 rechtskräftig.

Am 22. Dezember 2006 beantragte der Kläger die Verlängerung seines Aufenthaltstitels in Form der Niederlassungserlaubnis.

Mit Bescheid vom 5. Juli 2007 lehnte die Beklagte nach Anhörung des Klägers und seiner Ehefrau seine Anträge auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis sowie der Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis ab (Nr. 1 des Bescheids), setzte ihm eine Frist zur Ausreise und drohte für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise seine Abschiebung in den Irak oder einen anderen zur Rückübernahme bereiten oder verpflichteten Staat an (Nr. 2). Die Ablehnungen wurden damit begründet, dass beim Kläger nur die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 AufenthG in Betracht komme. Dies scheitere aber daran, dass sein Lebensunterhalt nicht gesichert sei und Sicherheitsbedenken bestünden. Auf die Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis habe er ebenfalls keinen Anspruch. Aber auch im Ermessenswege könne ihm eine solche nicht erteilt werden, da bei ihm Bezüge zum internationalen Terrorismus vorlägen. Zudem sei die Passpflicht nicht erfüllt. Art. 6 GG sei beachtet worden, denn die Familienmitglieder seien lediglich im Besitz von befristeten Aufenthaltstiteln. Den irakischen und noch nicht integrierten Kindern sei die Rückkehr in den Irak jederzeit möglich. Die eheähnliche Lebensgemeinschaft mit der Mutter seiner Kinder werde von Art. 6 GG nicht erfasst.

Die Klage des Klägers auf Verpflichtung zur Erteilung einer Niederlassungserlaubnis, hilfsweise zur befristeten Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis, die im Wesentlichen damit begründet worden ist, dass sein Lebensunterhalt nunmehr gesichert sei und er weder Mitglied der AAI sei noch Kontakte zu deren Mitgliedern habe, wurde vom Bayerischen Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 27. Oktober 2008 abgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass der Erteilung der beantragten Niederlassungserlaubnis bzw. der hilfsweise beantragten Verlängerung der befristeten Aufenthaltserlaubnis bereits der zwingende Versagungsgrund des § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG entgegenstehe, weil der Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG vorliege. Es lägen nämlich Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigten, dass der Kläger einer Vereinigung angehöre oder angehört habe, die den Terrorismus unterstütze oder dass er eine derartige Vereinigung unterstütze oder unterstützt habe. Auf die Sicherung des Lebensunterhalts komme es daneben nicht entscheidungserheblich an.

In seinem auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils gestützten Antrag auf Zulassung der Berufung führte der Kläger im Wesentlichen aus, der zwingende Versagungsgrund des § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG greife hier nicht, da insoweit § 9 Abs. 2 Nr. 4 AufenthG lex specialis sei. Zudem bestreite er sämtliche Vorwürfe im Zusammenhang mit angeblichen Unterstützungshandlungen der AAI. Solche seien durch das gemeinsame Erleben von Verkehrsunfällen nicht im Ansatz erkennbar. Für sonstige Unterstützungshandlungen gebe es keinerlei Beweise. Details über die angeblichen Erkenntnisse des Landesamts für Verfassungsschutz seien nicht mitgeteilt worden, so dass es dem Kläger unmöglich gemacht werde, sich gegen die Vorwürfe zu verteidigen. Beweispflichtig für das Vorliegen von Tatsachen i.S. des § 9 Abs. 2 Nr. 4 bzw. § 54 Nr. 5 AufenthG sei die Beklagte. Ein derartiger Beweis sei aber nicht erbracht worden. Insbesondere sei auch eine gegenwärtige Gefährlichkeit des Klägers nicht gegeben. Der vom Verwaltungsgericht als Zeuge vernommene Mitarbeiter des Landesamts für Verfassungsschutz habe ausdrücklich erklärt, dass sich die AAI in München weitestgehend aufgelöst habe oder inaktiv sei.

Am 31. Dezember 2009 erteilte die Beklagte der Lebensgefährtin des Klägers sowie seinen drei älteren Kindern bis zum 30. Dezember 2011 geltende Aufenthaltserlaubnisse gemäß § 104a Abs. 1 Satz 2 AufenthG. Derzeit besitzen sie Aufenthaltstitel nach § 23 AufenthG, das jüngste Kind besitzt eine Aufenthaltserlaubnis nach § 33 AufenthG. Alle Titel sind bis 31. Dezember 2013 befristet.

Mit Beschluss vom 12. Juli 2010 ließ der Senat die Berufung zu.

Zur Begründung der Berufung nahm der Kläger in seinem Schriftsatz vom 19. August 2010 auf sein bisheriges Vorbringen in vollem Umfang Bezug. Er beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 27. Oktober 2008 sowie des Bescheids der Beklagten vom 5. Juli 2007 die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, hilfsweise die Aufenthaltserlaubnis des Klägers zu verlängern.

In der Folgezeit legte die Klägerbevollmächtigte noch Gehaltsnachweise und Bestätigungen vor, aus denen ihrer Ansicht nach die Sicherung des Lebensunterhalts zu ersehen sei.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält an ihrer im Zulassungsverfahren geäußerten Auffassung fest, dass aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse davon auszugehen sei, dass der Kläger die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG erfülle. Dies stehe in jedem Fall der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen. Allerdings gehe die Beklagte nunmehr davon aus, dass der Lebensunterhalt des Klägers gesichert sei.

Der am Verfahren beteiligte Vertreter des öffentlichen Interesses stellt keinen eigenen Antrag, hält aber die Berufung für unbegründet, da der Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG vorliege und damit die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sperre.

In der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2012 wurde der Vertreter des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz K. als Zeuge vernommen. Insoweit wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Mit Beschlüssen vom 25. September 2012 und vom 18. Dezember 2012 forderte der Senat sowohl das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz als auch den Vertreter des öffentlichen Interesses auf, weitere Akten und sonstige Unterlagen des Landesamtes bzw. des Bayerischen Landeskriminalamts zu Erkenntnissen über den Kläger und zu seinen Kontaktpersonen aus dem Umfeld der AAI binnen Frist vorzulegen.

Am 28. November 2012 wurden dem Senat vom Vertreter des öffentlichen Interesses Unterlagen des Bayerischen Landeskriminalamtes zum Kläger, nämlich zwei Auswertungsakten, eine CD mit Unterlagen zu Kontaktpersonen des Klägers sowie ein Mengengerüst der übermittelten Dokumente, übersandt. Das Bayerische Staatsministerium des Innern legte mit Schreiben vom 15. Februar 2013 eine teilgeschwärzte Aktenheftung des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz vor und erließ im Übrigen gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eine Sperrerklärung.

Am 23. August 2013 legte der Vertreter des öffentlichen Interesses zusätzlich einen Aktenvermerk des Bayerischen Landeskriminalamts vom 20. August 2013, einen Auszug aus dem Protokoll der Zeugenvernehmung Mohammed Lokman Amin vom 15. Februar 2006 sowie ein Kontaktbild zum Kläger vor. Zudem nahm er zu den zwischenzeitlich vorgelegten Akten Stellung. Der Kläger äußerte sich nochmals mit Schriftsatz vom 30. August 2013.

In der weiteren mündlichen Verhandlung vom 2. September 2013 wurde die Sach- und Rechtslage eingehend erörtert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen am 24. September 2012 und am 2. September 2013 sowie auf die vorgelegten und beigezogenen Behördenakten und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers auf Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, hilfsweise seine Aufenthaltserlaubnis zu verlängern, zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 5. Juli 2007 ist rechtmäßig, weil der Kläger weder einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis noch (hilfsweise) auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 und 4 AufenthG oder nach § 9 Abs. 2 AufenthG, weil die Tatbestandsvoraussetzungen der jeweiligen Anspruchsnormen nicht vorliegen (dazu 2.) und zudem wegen des Vorliegens von Ausweisungsgründen nach § 54 Nr. 5 AufentG die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG zwingend zu versagen ist (dazu 3.). Auch sein Hilfsantrag auf befristete Verlängerung seiner bisherigen Aufenthaltserlaubnis bleibt ohne Erfolg (dazu 4.).

Dabei ist für die rechtliche Beurteilung, ob dem Kläger ein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis zusteht, grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts maßgeblich, hier also der Zeitpunkt der Verhandlung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs als Berufungsgericht am 2. September 2013 (BVerwG, U.v. 13.9.2011 – 1 C 17.10 – juris Rn. 10; U.v. 10.11.2009 – 1 C 24.08 – juris Rn. 11; generell zu Verpflichtungsklagen auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis BVerwG, U.v. 18.4.2013 – 10 C 9.12 – juris Rn. 11 m.w.N.). Auch die Regelungen des materiellen Rechts über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gebieten keine Abweichung von diesem Grundsatz (vgl. hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 113 Rn. 22).

2. Für den Kläger kommt eine Niederlassungserlaubnis nach den Vorschriften des § 26 Abs. 3, des § 26 Abs. 4 oder des § 9 Abs. 2 AufenthG in Betracht. Jedoch liegen die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen bei ihm nicht vor.

2.1. Ein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG scheitert bereits deshalb, weil der Kläger nach dem bestandskräftigen Widerruf der Feststellung, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen und der gleichzeitigen Feststellung, dass bei ihm weder die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG noch Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen (Bescheid des Bundesamts v. 12.4.2006), keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG mehr hat.

2.2. Als Rechtsgrundlage für einen Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis kommt auch § 26 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 17. Juni 2013 (BGBl I S. 1555), in Betracht. Der Kläger erfüllt aber nicht die dafür erforderlichen Voraussetzungen.

2.2.1 Für einen solchen Anspruch fehlt es nämlich im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung bereits an der Tatbestandsvoraussetzung, wonach der Ausländer im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach dem fünften Abschnitt des Aufenthaltsgesetzes sein und er diesen Aufenthaltstitel seit sieben Jahren besitzen muss (BVerwG, U.v. 10.11.2009 – 1 C 24.08 – juris Rn. 14). Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ist der Kläger unstreitig nicht mehr im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Die dem Kläger erstmals am 23. April 1997 erteilte Aufenthaltsbefugnis gemäß § 30 Abs. 1 AuslG war zuletzt als Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG bis zum 28. Dezember 2006 befristet. Nicht ausreichend ist, dass der Kläger im Zeitpunkt des Ablaufs der Geltungsdauer der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis am 28. Dezember 2006 unter Berücksichtigung der Aufenthaltszeiten gemäß § 102 Abs. 2 AufenthG bereits seit sieben Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen war (vgl. grundlegend BayVGH, U.v. 25.6.2013 –10 B 12.2500 – juris).

2.2.2 Weder das materielle Recht noch die lange Verfahrensdauer gebieten, vom für die rechtliche und tatsächliche Beurteilung der Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach dieser Bestimmung grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz abzuweichen (BayVGH, U.v. 25.6.2013 a.a.O. Rn. 26 ff.).

Es ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, dass der Besitz der Aufenthaltserlaubnis und die Erteilungsvoraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 AufenthG im selben Zeitpunkt vorliegen müssen, da ein gegenwärtiger Besitz der Aufenthaltserlaubnis vorausgesetzt wird. Damit wäre nicht vereinbar, wenn für ein Daueraufenthaltsrecht bereits ausreichend wäre, dass der Ausländer zu irgendeinem Zeitpunkt sieben Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gewesen sein muss (vgl. BVerwG, U.v. 13.4.2010 – 1 C 10.09 – juris Rn. 19).

Auch der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und der Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG) machen es nicht notwendig, bezüglich des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzung des siebenjährigen Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis auf einen anderen Zeitpunkt als den der Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz abzustellen.

Den mit der Dauer des Verfahrens verbundenen Nachteilen für den jeweiligen Antragsteller kann dadurch begegnet werden, dass das Erfordernis des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung durch die inzidente Feststellung eines Rechtsanspruchs auf Erteilung einer solchen Aufenthaltserlaubnis als erfüllt anzusehen ist. Dem Erfordernis des fortbestehenden Besitzes einer humanitären Aufenthaltserlaubnis im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung steht auch gleich, wenn der jeweilige Antragsteller während des Verfahrens einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis erworben hat (BVerwG, U.v. 30.3.2010 – 1 C 6.09 – juris Rn. 26 ff.; U.v. 13.9.2011 –1 C 17.10 – juris Rn. 13; U.v. 10.11.2009 – 1 C 24.08 – juris Rn. 15; U.v. 22.1.2002 – 1 C 6.01 – juris Rn. 13).

Der Kläger hat aber im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats weder einen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen (2.2.3.) noch hat er im laufenden Verfahren einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis erworben, der dem Erfordernis des fortbestehenden Besitzes der Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gleichstehen würde (2.2.4.).

2.2.3. Der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen seit sieben Jahren im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts setzt grundsätzlich einen ununterbrochenen Titelbesitz seit sieben Jahren bzw. einen Rechtsanspruch auf Verlängerung des bisherigen Aufenthaltstitels voraus. Eine Anrechnung von Fiktionszeiten nach § 81 Abs. 4 AufenthG findet nur dann statt, wenn zugleich ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels bestand (Burr in Gemeinschaftskommentar zum AufenthG, Stand Februar 2013, § 26 Rn. 25 m.w.N.). In den sieben Jahren vor der Entscheidung des Senats besaß der Kläger jedoch keinen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Ein Anspruch aus § 25 Abs. 2 oder Abs. 3 Satz 1 AufenthG bestand deshalb nicht, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 12. April 2006 bestandskräftig festgestellt hat, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG bzw. Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG beim Kläger nicht vorliegen. Für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG fehlt es an einem rechtlichen oder tatsächlichen Ausreisehindernis, da dem Kläger eine freiwillige Ausreise in den Irak jederzeit möglich ist. Insbesondere gebietet der verfassungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG nicht, beim Kläger von einem rechtlichen Ausreisehindernis auszugehen. Zwar kann der verfassungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG ebenso wie der konventionsrechtliche Schutz nach Art. 8 EMRK ein rechtliches Ausreisehindernis darstellen, jedoch begründet der Schutz von Ehe und Familie nicht unmittelbar einen Anspruch auf Aufenthalt (BayVGH, B.v. 28.11.2007 –24 C 07.1108 – juris Rn. 15 f.). Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet als wertentscheidende Grundsatznorm die Ausländerbehörde allerdings, bei der Prüfung des Aufenthalts die familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, d.h. entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfG, B.v. 5.6.2013 –2 BvR 586/13 – juris Rn. 12; zu Art. 8 EMRK vgl. EGMR, E.v. 16.9.2004 –Ghiban/Deutschland – NVwZ 2005, 1046). Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 Abs. 1 GG, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren die familiären Bindungen des Klägers an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen (BVerfG a.a.O. Rn. 13). Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt sich weder aus Art. 6 Abs. 1 GG noch aus Art. 8 Abs. 1 EMRK ein zwingendes rechtliches Ausreisehindernis im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG für den Kläger. Zwar leben seine Ehefrau und seine vier Kinder im Bundesgebiet, jedoch ist es diesen zumutbar, mit dem Kläger in den Irak, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, zurückzukehren. Beim Kläger liegt gerade kein Fall vor, in dem die eheliche Lebensgemeinschaft und das Zusammenleben mit seinen Kindern ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen könnte. Zwar besitzen sowohl seine Ehefrau als auch seine vier Kinder bis zum 31. Dezember 2013 befristete Aufenthaltstitel nach § 23 bzw. § 33 AufenthG, jedoch ist deren Verwurzelung nicht so weit fortgeschritten, dass sie dem Kläger nicht in den Irak folgen könnten. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Ehefrau des Klägers einer Beschäftigung nachgeht und sich in der deutschen Sprache verständlich machen kann, zeigt sie keine derartigen Integrationsleistungen auf, dass ihr eine Rückkehr in den Irak unzumutbar wäre. Auch die Integration der Kinder des Klägers, die zwischen einem und elf Jahren und alle im Bundesgebiet geboren sind, ist nicht soweit fortgeschritten, dass diese als ausschließlich im Bundesgebiet verwurzelt bzw. als Quasi-Inländer anzusehen wären. Auch wenn die älteren Kinder hier bereits die Schule besuchen, sind sie doch in einem irakisch geprägten Umfeld aufgewachsen und sprechen ihre Heimatsprache, wie sich aus dem Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2007 ergibt. Es ist ihnen zuzumuten, mit ihren Eltern in den Irak auszureisen. Die Eltern, die mit der Kultur und der Sprache im Irak, wo sie selbst aufgewachsen sind, vertraut sind, können ihnen dort bei der Integration zur Seite stehen und ihnen den Aufenthaltswechsel erleichtern.

Schließlich hilft dem Kläger auch die mögliche Anspruchsgrundlage für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 AufenthG nicht weiter. Denn nach § 104a Abs. 5 Satz 5 AufenthG findet § 81 Abs. 4 AufenthG keine Anwendung. Dies bedeutet, dass dem Antrag – sofern ein solcher vom Kläger überhaupt gestellt worden ist und zudem für die Vergangenheit gestellt werden könnte (vgl. § 104a Abs. 5 AufenthG) – auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 AufenthG keine Fiktionswirkung zukommt mit der Folge, dass sein rechtmäßiger Aufenthalt und der Besitz eines Aufenthaltstitels mit Ablauf seiner letzten Aufenthaltserlaubnis zum 28. Dezember 2006 insoweit endete und damit eine Anrechnung von Fiktionszeiten anstelle eines ununterbrochenen Titelbesitzes für die Niederlassungserlaubnis grundsätzlich nicht möglich ist. Zudem ist gemäß § 104a Abs. 1 Satz 3 letzter Hs. AufenthG die Anwendbarkeit der §§ 9 und 26 Abs. 4 AufenthG ausgeschlossen. Eine Aufenthaltsverfestigung ist daher von vornherein nicht möglich und Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 AufenthG sind für eine Niederlassungserlaubnis nicht zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, U.v. 11.1.2011 –1 C 22.09 – juris Rn. 20).

2.2.4. Ebenso wenig hat der Kläger im Zeitraum seit der Stellung des Antrags auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis einen Rechtsanspruch auf Erteilung eines solchen unbefristeten Aufenthaltstitels erworben, der dem Besitz eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen seit sieben Jahren gleichstehen würde. Weder im Zeitpunkt der Antragstellung auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis am 22. Dezember 2006 noch im Zeitpunkt des Ablaufs der Geltungsdauer der dem Kläger zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis am 28. Dezember 2006 noch zu einem späteren Zeitpunkt hat der Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis erworben (zur Frage, auf welchen Zeitpunkt für die Inzidentprüfung abzustellen ist vgl. BVerwG, U.v. 22.1.2002 – 1 C 6.01 – juris Rn. 16; offen gelassen SächsOVG, B.v. 14.11.2012 – 3 B 349/11 – juris Rn. 8).

Da der Kläger nach Ablauf der ursprünglich erteilten befristeten Aufenthaltserlaubnis einen diesbezüglichen Verlängerungsanspruch nicht erworben hat (s.o.), der den Zeitraum bis zum Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen für eine Niederlassungserlaubnis überbrückt hätte, kommen für einen inzident festzustellenden Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nur noch der Zeitpunkt der Stellung des Antrags oder der Zeitpunkt des Ablaufs der Geltungsdauer der ursprünglich erteilten befristeten Aufenthaltserlaubnis in Frage.

Nach § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der seit sieben Jahren eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 9 AufenthG bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. Das Erfordernis des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis seit sieben Jahren hatte der Kläger zu den genannten Zeitpunkten unstreitig erfüllt. Er erhielt erstmals am 23. April 1997 eine Aufenthaltsbefugnis, die fortlaufend, zuletzt am 28. Dezember 2004 bis zum 28. Dezember 2006, verlängert worden war. Diese Aufenthaltsbefugnis galt gemäß § 101 Abs. 2 AufenthG ab dem 1. Januar 2005 als Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen fort. Die Zeit des Besitzes einer Aufenthaltsbefugnis vor dem 1. Januar 2005 wird gemäß § 102 Abs. 2 AufenthG auf die Frist für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG angerechnet. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG in der damals noch geltenden Fassung der Neubekanntmachung vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 1950) ist einem Ausländer die Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn – unter anderem –sein Lebensunterhalt gesichert ist. Sowohl bei Stellung des Antrags auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis als auch bei Ablauf der befristeten Aufenthaltserlaubnis war dies aber nicht der Fall. Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist dann i.S. von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Erforderlich ist eine Prognose, ob der Ausländer voraussichtlich den Lebensunterhalt in Zukunft dauerhaft aus eigenen oder ausdrücklich als unschädlich bezeichneten öffentlichen Mitteln bestreiten kann (Hailbronner, Aufenthaltsrecht, Stand September 2013, § 2 Rn. 34). Ausgehend von diesen Grundlagen ist zum maßgeblichen Zeitpunkt im Dezember 2006 die von der Beklagten getroffene negative Prognose nicht zu beanstanden. Der Kläger hat seit seiner Einreise im Januar 1997 ganz oder überwiegend von Sozialleistungen gelebt. So wurden ihm auch im maßgeblichen Zeitraum Dezember 2006 noch Leistungen nach dem SGB II ausbezahlt (vgl. Bestätigung d. ARGE für Beschäftigung München GmbH v. 11.6.2007, Bl. 256 d. Akten). Auch wenn der Kläger später ab Juni 2007 keine Leistungen mehr in Anspruch genommen hat, erweist sich die Prognoseentscheidung angesichts der langjährigen Unterstützungsbedürftigkeit des Klägers zum maßgeblichen Zeitpunkt als zutreffend. Ein Absehen von dieser Voraussetzung nach § 26 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 6 AufenthG kommt hier nicht in Betracht.

Ergibt danach die fiktive Prüfung, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis während des Verfahrens erworben hat, ist damit im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt des Senats im Rahmen des § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG die Tatbestandsvoraussetzung des siebenjährigen ununterbrochenen Titelbesitzes nicht erfüllt. Der Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach dieser Vorschrift scheidet also schon wegen des Fehlens dieser Tatbestandsvoraussetzung aus.

2.3 Ein Anspruch des Klägers aus § 9 Abs. 2 Satz 1 AufenthG scheitert im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt ebenfalls am Besitz der Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren (§ 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG). Die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 26 Abs. 4 AufenthG sperrt zwar nicht den Rückgriff auf § 9 AufenthG (Renner, AufenthG, 9. Aufl. 2011, § 26 Rn. 8). Der Kläger ist aber gegenwärtig nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis und hatte während des vergangenen Zeitraums auch keinen Anspruch auf Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis erworben. Auf die Ausführungen unter 2.2. wird verwiesen.

3. Der Kläger hat auch deshalb keinen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis, weil bei ihm der Ausweisungsgrund nach § 54 Nr. 5 AufenthG vorliegt und damit die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG zwingend zu versagen ist (dazu 3.1.). Zwar können von der zwingenden Versagung in begründeten Einzelfällen Ausnahmen zugelassen werden, wenn sich der Ausländer gegenüber den zuständigen Behörden offenbart und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand nimmt (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 2 AufenthG). Ein solcher Sachverhalt liegt hier aber nicht vor (dazu 3.2.).

3.1. Der der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis entgegenstehende Versagungsgrund des § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG findet sowohl im Rahmen von § 26 Abs. 3 AufenthG als auch bei § 26 Abs. 4 oder § 9 Abs. 2 AufenthG Anwendung. Denn § 5 Abs. 4 AufenthG gilt für alle Aufenthaltstitel, also sowohl für befristete als auch für unbefristete Aufenthaltstitel wie die Niederlassungserlaubnis. Bereits der Wortlaut enthält keine Einschränkungen des Anwendungsbereichs des § 5 Abs. 4 AufenthG. Auch die Zusammenschau der bei den jeweiligen Aufenthaltstiteln geregelten Vorschriften, die ein Absehen bzw. Abweichen von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG ermöglichen bzw. gebieten, lässt insoweit ein ausdifferenziertes und damit abschließendes Regelungskonzept erkennen, das vom Gesetzgeber speziell zur Bekämpfung des Terrorismus geschaffen worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 22.5.2012 – BVerwG 1 C 8.11 – juris Rn. 16). Schließlich ist auch den Gesetzesmaterialien zu § 5 Abs. 4 AufenthG nichts anderes zu entnehmen. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum Zuwanderungsgesetz darf „Personen, bei denen es sich um gewaltbereite Extremisten, Terroristen oder Unterstützer von Terroristen handelt, … kein Aufenthaltstitel erteilt werden… Der Versagungsgrund gilt uneingeschränkt sowohl für Aufenthaltstitel, die im Ermessenswege erteilt werden können, als auch für solche, auf die ein gesetzlicher Anspruch besteht.“ (BT-Drs. 15/420 S. 17; vgl. BVerwG a.a.O. Rn. 18). Daraus folgt zweifelsfrei, dass § 5 Abs. 4 AufenthG auch für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gilt.

Beim Kläger liegt der Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG vor. Danach wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat; auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen kann die Ausweisung nur gestützt werden, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Voraussetzung für die Anwendung dieses Regelausweisungstatbestandes ist demnach, dass dem Ausländer das Verhalten einer Vereinigung zugerechnet werden kann, die den Terrorismus unterstützt oder selbst terroristischen Charakter hat (BVerwG, U.v. 25.10.2011 – 1 C 13.10 – juris Rn. 14 unter Verweis auf sein U.v. 15.3.2005 – 1 C 26.03 – juris). Bei diesem Ausweisungstatbestand muss zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen, dass die betreffende Vereinigung den Terrorismus unterstützt. Für die erforderliche individuelle Unterstützung einer solchen Vereinigung durch den einzelnen Ausländer genügt es dagegen, dass Tatsachen eine entsprechende Schlussfolgerung rechtfertigen (BVerwG, U.v. 25.10.2011 – 1 C 13.10 – juris Ls. 1 und Rn. 16). Für beide Unterstützungsbegriffe in § 54 Nr. 5 AufenthG, also sowohl für die Unterstützung des Terrorismus durch die Vereinigung als auch für das individuelle Unterstützen einer solchen Vereinigung durch den Ausländer gilt, dass mit dieser Ausweisungsnorm weiterhin alle Verhaltensweisen erfasst werden sollen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten des Terrorismus auswirken. Für die individuelle Unterstützung einer terroristischen Vereinigung durch den Ausländer bedeutet dies, dass die vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 15. März 2005 (a.a.O.) zur insoweit im Wesentlichen gleichlautenden Regelung in § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG (i.d.F. d. G. v. 9.1.2002) entwickelten Kriterien maßgeblich sind (BVerwG, U.v. 25.10.2011 – 1 C 13.10 – juris Rn. 21).

Zu diesem Unterstützungsbegriff hat das Bundesverwaltungsgericht in der angeführten Entscheidung vom 15. März 2005 (a.a.O.) Folgendes ausgeführt:

„Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist - in Anlehnung an die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum strafrechtlichen Unterstützungsbegriff nach §§ 129, 129 a StGB entwickelten Kriterien - jede Tätigkeit anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1984 - 3 StR 526/83 (S) - BGHSt 32, 243; ähnlich Jakober in: Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, § 8 AuslG Rn. 620 und Berlit in: GK-StAR § 86 AuslG Rn. 90 bis 92 zum Unterstützungsbegriff in § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG 1990). Dazu zählt jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 1984 - 3 StR 62/84 - BGHSt 33, 16 unter Hinweis auf BGHSt 29, 99 <101>; 32, 243 <244>). Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1987 - 4 StB 18/87 - NJW 1988, 1677 unter Hinweis auf BGHSt 29, 99 <101>; 32, 243, <244>) wie - unter Berücksichtigung des präventiven, der Gefahrenabwehr dienenden Zwecks des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG - auf eine subjektive Vorwerfbarkeit (vgl. auch die Begründung zu Art. 11 Nr. 3 des Gesetzentwurfs in BTDrucks 14/7386 <neu>, S. 54: "Dabei muss die von einem Ausländer ausgehende Gefahr entweder gegenwärtig bestehen oder für die Zukunft zu erwarten sein, abgeschlossene Sachverhalte aus der Vergangenheit ohne gegenwärtige oder künftige Relevanz bleiben außer Betracht.").

Allerdings muss auch die eine Unterstützung der Vereinigung, ihre Bestrebungen oder ihre Tätigkeit bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein (zum Ausnahmefall der Inanspruchnahme als Anscheinsstörer in einer zugespitzten Krisensituation vgl. Urteile vom 11. November 1980 - BVerwG 1 C 23.75 und BVerwG 1 C 46.75 - Buchholz 402.24 § 10 AuslG Nrn. 75, 76 und Urteil vom 1. Juli 1975 - BVerwG 1 C 35.70 - BVerwGE 49, 36 <42 ff.>). An einem Unterstützen fehlt es hingegen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon ggf. deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG kann ferner dann in Betracht kommen, wenn - wie der Klägerin vorgehalten und vom Berufungsgericht zunächst unterstellt - durch zahlreiche Beteiligungen an Demonstrationen und Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung wie der verbotenen PKK bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres latenten Gefahrenpotenzials beiträgt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1987 - 4 StB 18/87 - a.a.O.). Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Vorfeldunterstützung des Terrorismus (oder des Fehlens jeglicher Distanzierung wie bisher bei der Klägerin) gewürdigt werden. Die potenzielle Erhöhung des latenten Gefährdungsrisikos, welches von einer Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, für die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und anderer Staaten sowie die Völkergemeinschaft ausgeht, ist erforderlich, aber auch ausreichend, um ein Verhalten unter den durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz eingefügten, die allgemeine Sicherheitsgefährdungsklausel in § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG bewusst erweiternden Unterstützungstatbestand zu subsumieren (vgl. auch die Begründung zu Art. 11 Nr. 3 des Gesetzentwurfs in BTDrucks 14/7386 <neu>, S. 54: "Erfasst wird neben den Erscheinungsformen der Gewaltanwendung ebenfalls die Mitgliedschaft oder Unterstützung von Vereinigungen, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen, unabhängig davon, wo die Anschläge verübt werden. Diese Ausdehnung auf über das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hinaus agierenden Tätergruppen ist angesichts der Erscheinungsformen des international organisierten Terrorismus, der immer auch latent eine Bedrohung für die Bundesrepublik Deutschland darstellt, geboten").

Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich (so aber wohl VGH Mannheim, Beschluss vom 18. November 2004 - 13 S 2394/04 - InfAuslR 2005, 31 und Marx, ZAR 2004, 275; ZAR 2002, 127 unter Übernahme der zur alten Fassung des Ausweisungsgrundes nach § 46 Nr. 1 AuslG 1990, § 10 AuslG 1965 entwickelten Abgrenzung). Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich, wie es im angefochtenen Berufungsurteil (UA S. 7) unter Bezugnahme auf einen vom Bundesgerichtshof aufgehobenen Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts zur Auslegung des § 129 a Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1987 - 4 StB 18/87 - a.a.O.) vorausgesetzt wird. Die Schwelle für das Eingreifen des neuen Versagungs- und Regelausweisungsgrundes nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 letzte Alternative AuslG ist nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers angesichts der außerordentlichen Gefahren des internationalen Terrorismus deutlich niedriger anzusetzen als die Anforderungen an eine persönliche und konkrete Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nach der bereits früher geltenden ersten Alternative (vgl. oben 3 a).

Mit Rücksicht auf diese Zielsetzung ist der Unterstützungsbegriff in § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG auszulegen und anzuwenden. Maßgeblich ist, inwieweit das festgestellte Verhalten des Einzelnen zu den latenten Gefahren der Vorfeldunterstützung des Terrorismus nicht nur ganz unwesentlich oder geringfügig beiträgt und deshalb selbst potenziell gefährlich erscheint. Wegen der tatbestandlichen Weite des Unterstützungsbegriffs ist allerdings - wie bereits ausgeführt - bei der Anwendung der Vorschrift darauf zu achten, dass nicht unverhältnismäßig namentlich in das auch Ausländern zustehende Recht auf freie Meinungsäußerung jenseits der zumindest mittelbaren Billigung terroristischer Bestrebungen eingegriffen wird. Die Ausländerbehörden und die Verwaltungsgerichte können erst nach einer umfassenden und konkreten Prüfung der Aktivitäten der Vereinigung und des Verhaltens des Ausländers durch eine wertende Gesamtbetrachtung entscheiden, ob ein Ausländer eine Vereinigung unterstützt, die ihrerseits den internationalen Terrorismus unterstützt. Nur wenn feststeht, dass und zu welchem Zeitpunkt eine Vereinigung - wie hier die PKK und ihre Teil- oder Nachfolgeorganisationen - terroristische Bestrebungen unterstützt oder sich selbst terroristisch betätigt, kommt eine tatbestandsmäßige Unterstützung durch einzelne Personen in Betracht.“

Diese Grundsätze, die der Senat bereits seiner Entscheidung vom 25. September 2013 im Verfahren 10 B 10.1999 (juris) zugrunde gelegt hat, legt er auch im Folgenden weiter zugrunde.

3.1.1. Dass die Ansar al-Islam (später: Ansar al-Sunna) eine terroristische Organisation bzw. Vereinigung (auch) im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG darstellt, hat der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Strafgerichte (vgl. z.B. OLG München, U.v. 12.1.2006 – 6 St 001/05 – betr. Mohammed Lokman Amin; OLG Stuttgart, U.v. 15.7.2008 – 5-2 StE 2/05 - betr. u.a. Ata Abdoulaziz Rashid und Mazen Ali Hussein) wiederholt festgestellt (BayVGH U.v. 25.9.2013 – 10 B 10.1999 –, B.v. 12.10.2009 – 10 CS 09.817 –, U.v. 25.3.2010 – 10 BV 09.1784 – sowie U.v. 19.3.2013 – 10 BV 10.3063 – jeweils juris). An dieser Bewertung wird festgehalten. Danach ist die Ansar al-Islam eine terroristische Organisation/Vereinigung, die ihre (politischen) Ziele unter Einsatz gemeingefährlicher Waffen und durch Angriffe auf das Leben Unbeteiligter verfolgt.

3.1.2. Ob beim Kläger die Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG dadurch erfüllt sind, dass er die terroristische Vereinigung Ansar al-Islam/Ansar al-Sunna unterstützt oder unterstützt hat, lässt sich nur nach einer umfassenden und konkreten Prüfung aller Umstände und seiner Aktivitäten aufgrund einer tatrichterlichen wertenden Gesamtbetrachtung entscheiden. § 54 Nr. 5 AufenthG verlangt dabei hinsichtlich der Anknüpfungstatsachen, die als Indizien für die tatrichterliche Schlussfolgerung der Zugehörigkeit zu einer terroristischen Organisation bzw. deren individueller Unterstützung dienen, die volle richterliche Überzeugungsgewissheit (vgl. BVerwG, U.v. 25.10.2011 – 1 C 13.10 – juris Rn. 16 und U.v. 22.5.2012 – 1 C 8.11 – juris Ls. 3 und Rn. 27).

Der Senat hat aufgrund seiner Feststellungen, der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse sowie der Aussage des in der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2012 vernommenen Zeugen und damit aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens die Überzeugung gewonnen (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), dass im Fall des Klägers hinreichende Anknüpfungstatsachen tatsächlich vorliegen, die als Indizien für die tatrichterliche Schlussfolgerung der individuellen Unterstützung der terroristischen Organisation Ansar al-Islam (später: Ansar al-Sunna) dienen. Dabei kann weder dem Umstand, dass der Kläger jegliche Unterstützung der AAI abstreitet, noch dem Umstand, dass gegen ihn wegen einer Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist, entscheidende Bedeutung zugemessen werden.

3.1.2.1. Eine wesentliche belegte (Anknüpfungs-)Tatsache ist, dass in München um die Schlüsselperson des Lokman Amin Mohammed (im Folgenden: Lokman) eine Anhängergruppe der Ansar al-Islam (bzw. später: Ansar al-Sunna) existierte, die u.a. durch die Sammlung von Spendengeldern für die Kerngruppe der Ansar al-Islam/Ansar al-Sunna in Erscheinung getreten ist (vgl. dazu S. 1 der Erkenntnismitteilung des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz – LfV – v. 9.8.2005, Bl. 127 der Verwaltungsakten der Beklagten). Der Vertreter des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz (im Folgenden: LfV) hat in der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2012 bestätigt, dass es in München ebenso wie in Nürnberg Gruppierungen der AAI gab, wobei er die Anzahl der Mitglieder der Münchner Gruppe mit mehr als zehn angegeben hat. Diese Aussage bestätigte er in der weiteren mündlichen Verhandlung des Senats am 2. September 2013, wobei er die Mitglieder in Bayern auf 45 schätzte. Auch die Vertreterin des Bayerischen Landeskriminalamtes (im Folgenden: LKA) bestätigte die Existenz einer Gruppe der AAI in Bayern und bezifferte diese auf ca. 30 Unterstützer. Bestätigt werden diese Aussagen durch die Feststellungen im – hier vorliegenden – (rechtskräftigen) Strafurteil des OLG München vom 12. Januar 2006 im Strafverfahren gegen Lokman (Az. 6 St 001/05). Nach den Feststellungen des OLG München in diesem Urteil war Lokman seit Anfang 2002 in die terroristische Organisation als Mitglied eingebunden und förderte sie als einer der Führer in Deutschland durch zahlreiche Tätigkeiten, u.a. durch die Rekrutierung von Kämpfern für den Dschihad im Irak, als Anlaufstelle und Kontaktperson, durch logistische Aufgaben und vor allem durch Geldsammlungen und Geldtransfers in den Irak zugunsten dieser terroristischen Organisation (vgl. S. 133 ff. der Entscheidung des OLG München vom 12.1.2006). Dabei ging das OLG davon aus, dass Lokman der Anführer einer etwa 20 Personen starken Gruppe in München war, die die Ansar al-Islam im Irak unterstützt hat (a.a.O. S. 137). Nach den Feststellungen des OLG Stuttgart im bereits zitierten Urteil vom 15. Juli 2008 wurden insbesondere in Münchner Moscheen und Privatwohnungen erhebliche Geldbeträge für die AAI gesammelt, die zum Großteil in den Irak transferiert wurden (vgl. S. 45 a.a.O.).

3.1.2.2. Weitere belegte Tatsachen, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger eine terroristische Vereinigung unterstützt hat, sind die zahlreichen und offenbar intensiven Beziehungen und Kontakte des Klägers zu Personen, die zum Teil bereits wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung rechtskräftig verurteilt, zum Teil wegen Unterstützung einer solchen Vereinigung (teilweise bestandskräftig) ausgewiesen worden sind. Ein entsprechendes durch das Landeskriminalamt am 19. August 2013 erstelltes Kontaktbild wurde dem Senat über den Vertreter des öffentlichen Interesses vorgelegt (Bl. 266 der VGH-Akte). Die dort aufgelisteten einschlägigen Kontakte des Klägers werden in dem dem Senat ebenfalls vom Vertreter des öffentlichen Interesses am 23. August 2013 vorgelegten Aktenvermerk des Bayerischen Landeskriminalamtes vom 20. August 2013 (vgl. Bl. 251 ff. der VGH-Akte) anhand konkreter Erkenntnisse aus Telefonüberwachungsmaßnahmen sowie weiteren Erkenntnismitteln nochmals näher erläutert und präzisiert sowie bewertet.

3.1.2.2.1. So spricht nach Auffassung des Senats für die Einbindung des Klägers in die terroristische Vereinigung Ansar al-Islam, dass er einen engen Kontakt zu Lokman hatte, der vom OLG München am 12. Januar 2006 zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren wegen Terrorismus (als Angehöriger der AAI) u.a. verurteilt und später ausgewiesen worden sowie am 23. Februar 2010 in den Irak ausgereist ist.

Der nicht nur gelegentliche oder zufällige Kontakt zu Lokman ist belegt durch Erkenntnisse über persönliche und telefonische Begegnungen bzw. Gespräche zwischen dem Kläger und Lokman sowie insbesondere durch Aussagen des Lokman selbst.

Kurz vor dessen Festnahme am 2. Dezember 2003, nämlich am 1. Oktober 2003, wurde Lokman zusammen mit einem gewissen Fattah Diyar im Pkw des Klägers (amtliches Kurzzeitkennzeichen M-042819) in München festgestellt (vgl. S. 59 des in der Auswerteakte I des Bayerischen Landeskriminalamtes vorgelegten Auswerteberichts zum Kläger, Az.: BY0350-000223-06/4).

Nur wenige Tage später, nämlich am 14. Oktober 2003, wurden im Wege der Telefonüberwachung des Landeskriminalamts Baden-Württemberg mit dem Decknamen „Tigris“ zwei kurz hintereinander erfolgte Telefonate zwischen Lokman und dem Kläger, dem die gewählte Rufnummer 0179-6115087 zugeordnet werden konnte, abgehört.

Anlässlich einer Zeugenvernehmung durch das Bayerische Landeskriminalamt am 15. Februar 2006 hat Lokman ein Bild des Klägers, das ihm vorgelegt worden ist, identifiziert und den Kläger darauf wiedererkannt (vgl. Protokoll über die Zeugenvernehmung des Lokman am 15.2.2006, Auswerteakte I des BLKA).

Einem Vermerk des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof vom 8. Juli 2009 im Rahmen der Prüfung eines Anfangsverdachts gegen den Kläger gemäß §§ 129a, 129b StGB, in dem der Generalbundesanwalt zu dem Ergebnis gelangt ist, dass beim Kläger zwar die Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG zu bejahen seien, jedoch der Anfangsverdacht einer Mitgliedschaft oder Unterstützung der Ansar al-Islam gemäß §§ 129a, 129b StGB zu verneinen ist, ist zu entnehmen, dass Lokman in einer informatorischen Befragung zu einem gewissen Raad Nadhem-Hussein am 24. April 2007 einen sehr guten Kontakt zwischen ihm und dem Kläger bestätigt hat. Zum Kläger hat er weiter geäußert, dieser sei unter den Islamisten in München eine bekannte Person. Er habe früher zur IMK (Islamistische Bewegung in Kurdistan = Islamic Movement in Kurdistan) gehörte. Dieser Bewegung gehörte zunächst auch Lokman an (vgl. Auswerteakte I des BLKA zum Kläger).

Schließlich hat Lokman auch zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt ein Kraftfahrzeug des Klägers (amtliches Kennzeichen M-042819) benutzt.

Damit ist eindeutig belegt, dass der Kläger immer wieder Kontakt zu einem hochrangigen Mitglied der AAI hatte und damit in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu dieser Vereinigung stand. Demgegenüber sind die Einlassungen des Klägers zu seiner Beziehung zu Lokman nicht überzeugend. Er bestreitet zwar die hier geschilderten Kontakte nicht ausdrücklich, kann sich aber nicht an ein Telefongespräch mit Lokman erinnern und hält seine Identifizierung auf dem dem Lokman vorgelegten Foto für ein Missverständnis. Unglaubwürdig ist auch seine Äußerung in der mündlichen Verhandlung am 2. September 2013, in der er behauptet hat, er habe von der Mitgliedschaft des Lokman in der AAI erst nach dessen Festnahme erfahren. Demgegenüber hat Lokman selbst in seiner Zeugenvernehmung am 15. Februar 2006 beim Bayerischen Landeskriminalamt (vgl. Bl. 263 ff. d. VGH-Akte) auf die Frage, ob ein gewisser Kawar Karim seine Zugehörigkeit zur AAI und seine Funktion kannte, geantwortet: „Es war allgemein bekannt. Auch er wusste es natürlich. Alle Muslime um mich herum wussten es.“ Da sich der Kläger im Umfeld von Lokman und zahlreichen weiteren in die AAI eingebundenen Personen bewegte, ist nach Überzeugung des Senats davon auszugehen, dass auch dem Kläger die Position des Lokman innerhalb der AAI bekannt war.

3.1.2.2.2 Eine weitere Tatsache, die die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass der Kläger die terroristische Vereinigung Ansar al-Islam i.S. des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt hat, stellt der Kontakt des Klägers zu Ismael Omar Ryzgar dar. Dieser war bis März 2004 Gebietsverantwortlicher für die Ansar al-Islam in Nürnberg und dort u.a. mit Spendensammlungen befasst. Er ist nach seiner Festnahme am 14. Juni 2005 mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 29. November 2005 wegen eines nach dem AWG strafbaren Verstoßes gegen ein UN-Embargo sowie wegen Urkundenfälschung, Steuerhinterziehung und Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt worden, weil er u.a. als Kontaktperson der terroristischen Vereinigung Ansar al-Islam einem Repräsentanten dieser Gruppierung für die Vereinigung einen Geldbetrag übergeben hat, damit dieser in den Irak transferiert werden sollte. Diese Tat hat Ismael Omar Ryzgar auch gestanden (vgl. AG Stuttgart, U.v. 29.11.2005 – 105 Ls 3 Js 45014/05 – CD des BLKA mit Unterlagen zu den Kontaktpersonen, dem Senat vorgelegt vom Vertreter des öffentlichen Interessen am 28.11.2012). Gegen Ismael Omar Ryzgar war zuvor vom Generalbundesanwalt am 13. Juli 2004 ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland gemäß § 129a und § 129b StGB eingeleitet worden, welches später auf die vom Amtsgericht Stuttgart abgeurteilten Taten beschränkt worden ist (vgl. Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 18.10.2005, Az. 3 Js 45015/05 – CD des BLKA). Ismael Omar Ryzgar ist am 9. August 2006 mit Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden und am 21. April 2008 ausgereist.

Auch mit dem in die terroristische Vereinigung Ansar al-Islam eng eingebundenen Ismael Omar Ryzgar war der Kläger bekannt. In der Zeugenvernehmung des Klägers beim Kriminalfachdezernat 1 Nürnberg am 9. Mai 2007 im Rahmen eines Strafverfahrens gegen Abdulkadir Izzat Dieman hat der Kläger selbst angegeben, Ismael Omar Ryzgar, der aus dem gleichen Stadtteil in Arbil komme wie er selbst, seit 1995 zu kennen und bis etwa 2003 oder 2004 Kontakt zu diesem gehabt zu haben, ohne sich allerdings näher dazu zu äußern (vgl. Protokoll über die Zeugenvernehmung am 9.5.2007, Auswerteakte I des BLKA).

Dass der Kläger den eng mit der Ansar al-Islam verbundenen Ismael Omar Ryzgar gut kannte, bestätigen auch die dem Senat übermittelten Erkenntnisse des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz – LfV – in dessen Mitteilung vom 8. November 2006 an das Bayerische Staatsministerium des Innern, wonach sich der Kläger am 12. April 2003 in Nürnberg u.a. mit Ismael Omar Ryzgar getroffen hat (Bl. 205 d. Akte d.Beklagten). Zwar besitzen Erkenntnisse des LfV, die auf im Einzelnen unbekannt gebliebenen nachrichtendienstlichen Quellen beruhen, allenfalls einen äußerst eingeschränkten Beweiswert und bedürfen wegen der nur begrenzten Zulässigkeit eines solchen Zeugnisses einer besonders kritischen Prüfung (vgl. BVerwG, U.v. 25.10.2011 – 1 C 13.10 – juris Rn. 16 und U.v. 22.5.2012 – 1 C 8.11 –juris Rn. 26 unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG zuletzt B.v. 8.10.2009 – 2 BvR 547/08NJW 2010, 925 m.w.N.; vgl. auch BayVGH, U.v. 25.9.2013 – 10 BV 10.1999 – juris Rn. 50). Jedoch wird die vom LfV mitgeteilte Erkenntnis über das Treffen des Klägers mit Ismael Omar Ryzgar untermauert durch die vom LfV dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof am 18. Februar 2013 vorgelegte teilgeschwärzte Sachakte, in der sich u.a. Lichtbilder befinden, die den Kläger zusammen mit Ismael Omar Ryzgar und anderen der AAI nahestehenden Personen (u.a. Saleh Ahmad Anwar; dazu 3.1.2.2.8.) vor der Bäckerei eines gewissen Ahmad Sirwan (vgl. dazu 3.1.2.2.9.) zeigen. Die darüber hinaus im Schreiben des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom 17. April 2007 an die KD Nürnberg gerichtete Mitteilung über weitere Telefonate des Klägers mit Ismael Omar Ryzgar (vgl. Auswerteakte I des BLKA) ergänzen die unbestrittene Tatsache, dass der Kläger mit dem genannten Ismael Kontakt hatte.

3.1.2.2.3. Der Senat sieht des weiteren als hinreichend belegt an, dass der Kläger auch Kontakt zu Hamawandi Kawa (= Ahmad Farhad Kanabi) hatte, der im Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 zur Durchführungsverordnung (EU) Nr. 34/2012 der Kommission vom 17. Januar 2012 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit dem Al-Qaida-Netzwerk in Verbindung stehen, unter Nr. 26 aufgeführt ist. In diesem Anhang befinden sich 101 Einträge von Personen, Gruppen und Organisationen, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen wegen ihrer Verbindung zum Al-Qaida-Netzwerk einzufrieren sind. Gegen Hamawandi Kawa ist zunächst vom Generalbundesanwalt wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung nach § 129a, § 129b StGB ermittelt worden. Später wurde er mit Urteil des OLG München vom 6. Juli 2007 (Az. 6 St 001/06) wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland sowie mehrerer nach dem Außenwirtschaftsgesetz strafbarer bandenmäßig begangener Verstöße gegen ein EG-Embargo sowie zweier Verabredungen hierzu zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren sechs Monaten verurteilt. Hamawandi Kawa war ausweislich des Strafurteils vom 9. Juli 2007 in Kenntnis der Struktur und der Aktivitäten dieser terroristischen Vereinigung sowie der beabsichtigten Verwendung der finanziellen Unterstützung in fünf Fällen in die Beschaffung und Weiterleitung von Geldern für diese terroristische Vereinigung eingebunden. Er war nach den Feststellungen des OLG München nicht nur streng gläubig und regelmäßiger Besucher der Salam-Moschee in München, sondern befürwortete den gewaltsamen Dschihad (Jihad) und versuchte auch, andere zu seiner religiösen Denkweise hinzuführen (vgl. BayVGH, U.v. 19.3.2013 – 10 BV 10.3063 – juris Rn. 29). Nach seiner Ausweisung mit Bescheid der Beklagten vom 3. August 2005 erfolgte am 6. Dezember 2011 sein Fortzug ins Ausland.

Auch Hamawandi Kawa gehörte zum Bekanntenkreis des Klägers. Dies wird von ihm auch dem Grunde nach nicht bestritten. Im Sicherheitsgespräch vom 5. Juli 2005 hat der Kläger den Hamawandi Kawa auf einem Lichtbild erkannt und ihn als Kunden des Lebensmittelgeschäftes bezeichnet, in dem der Kläger zuvor gearbeitet hatte. Er gab allerdings an, den Namen des Hamawandi Kawa nicht zu kennen.

Dass der Kläger den Hamawandi Kawa lediglich flüchtig gekannt hat, ohne dessen Namen zu kennen, wird widerlegt durch Telefonprotokolle, u.a. über ein Telefonat am 25. Oktober 2002, das der Kläger von dem von ihm selbst auf amtlichen Schreiben angegebenen Mobilfunkanschluss 0179-6115087 (vgl. S. 26 des Auswerteberichts zum Kläger, Auswerteakte I des BLKA) mit Bamarni Adnan Omed (= Dr. Omed) geführt hat und in dem der Kläger erklärt hat, er habe Hamawandi Kawa gerade zum Bahnhof gefahren (vgl. TKÜ-Kontrollausdruck der BGSI Weil am Rhein im Ermittlungsverfahren „Mühe“, Auswerteakte I des BLKA).

Des weiteren wurde am 20. November 2004 durch das Bayerische Landeskriminalamt Dezernat 42 ein Telefonat zwischen dem Kläger und Kawa Hamawandi abgehört, in dem es nach dem TKÜ-Gesprächsprotokoll (Auswerteakte I des BLKA) u.a. um eine Person mit Namen „Arsalan“ ging. Hamawandi Kawa fragte den Kläger, ob dieser Arsalan ein guter Muslim sei. Der Kläger antwortete darauf: „Er ist nicht von der Sorte, die Du willst“. Auch hieraus ergibt sich, dass zwischen Hamawandi Kawa und dem Kläger ein engerer Kontakt bestand. Ansonsten hätte der Kläger nicht wissen können, dass „Arsalan“ den Anforderungen des Hamawandi Kawa an einen guten Muslim nicht entsprach.

Auch diese Kontakte zwischen Hamawandi Kawa und dem Kläger zeigen, dass der Kläger enge Beziehungen zu strafrechtlich verurteilten Unterstützern der Ansar al-Islam hatte.

3.1.2.2.4. Die Nähe des Klägers zum näheren Umfeld der Ansar al-Islam wird auch durch seinen Kontakt zu Mustafa Omer (= Omar Barziani (auch Barzani) = Mullah Omar), in dessen Lebensmittelgeschäft („Sarah-Markt“) in München der Kläger zeitweise gearbeitet hat, belegt. Die Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Mustafa Omer wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland gemäß § 129a, § 129b StGB wurde vom Generalbundesanwalt mit Vermerk vom 21. Dezember 2006 abgeschlossen, da nach dessen Ansicht der Anfangsverdacht für eine in seine Zuständigkeit fallende Straftat nicht bestand und wegen der bereits im Oktober 2005 erfolgten Ausreise des Mustafa Omer weitere Erkenntnisse nicht zu erwarten waren. Aufgrund der Erkenntnisse des Dezernats 14 der Kriminalpolizeidirektion 1 in München (vgl. Ermittlungsbericht v. 4.4.2006, CD des BLKA) wurde Mustafa Omer aber am 4. September 2007 mit Verfügung der Beklagten ausgewiesen.

Der Kontakt des Klägers zu Mustafa Omer, der seinerseits enge Kontakte zu zahlreichen Unterstützern und Aktivisten der Ansar al-Islam hatte, wird belegt durch die Aussagen des Klägers selbst. Er hat u.a. in der sicherheitsrechtlichen Befragung vom 5. Juli 2005 wahrheitsgemäß angegeben, bei Mustafa Omer gearbeitet zu haben. In seiner Zeugenvernehmung durch das Kriminalfachdezernat 1 Nürnberg am 9. Mai 2007 im Strafverfahren gegen Abdulkadir Izzat Dieman bestätigte der Kläger, dass er näheren Kontakt zu Mustafa Omer hatte, dieser aber in den Irak zurückgekehrt sei (vgl. Protokoll über die Zeugenvernehmung, Auswerteakte I des BLKA). Angesichts dieser engeren Beziehung zwischen Mustafa Omer und dem Kläger sind die Ermittlungen des BLKA bzw. des Landesamtes für Verfassungsschutz über gemeinsame Autofahrten bzw. über Fahrten des Klägers mit einem Pkw, dessen Halter Mustafa Omer war, nachvollziehbar und werden im Wesentlichen auch vom Kläger nicht bestritten. Auch wenn die Beziehungen des Klägers zu Mustafa Omer zumindest teilweise auf der Beschäftigung des Klägers in dessen Lebensmittelmarkt beruhten, zeigt auch dieser Kontakt, der über den ausschließlich beruflichen hinausging, wiederum, dass sich der Kläger über seine Beziehung zu Mustafa Omer direkt im „Dunstkreis“ von Mitgliedern und Sympathisanten der Ansar al-Islam aufhielt und aufgrund seiner persönlichen Einbindung selbst diesem Kreis zuzurechnen ist.

3.1.2.2.5. Auch die Beziehung des Klägers zu Dana Dzay, auch „Maulud“ genannt, zeigt seine enge Verbundenheit zu Unterstützern der AAI. In dem gegen Dana Dzay eingeleiteten Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts sah dieser mit Vermerk vom 26. August 2010 von der Erhebung einer öffentlichen Klage nach § 154b Abs. 3 StPO ab, da die dem Dzay Dana nachgewiesenen Unterstützungshandlungen zugunsten der Ansar al-Islam (insbesondere Spendensammlung und „Hawala-Banking“) zwar rechtlich als Unterstützungshandlungen i.S. des § 129b, § 129a Abs. 5 StGB zu werten seien, die Voraussetzungen einer mitgliedschaftlichen Betätigung jedoch trotz der engen Bezüge des Dzay Dana zur Ansar al-Islam und der zeitweise festen Einbindung in deren Spendennetzwerk nicht vorlägen. Als weitere Gründe für ein Absehen von der Erhebung der öffentlichen Klage nannte der Generalbundesanwalt u.a. die Tatsache, dass Dzay Dana seine Unterstützertätigkeit bereits seit 2004 eingestellt habe und ausgereist sei. Nichts desto trotz belegt der Vermerk des Generalbundesanwalts, dass Dzay Dana in die terroristische Organisation Ansar al-Islam eng eingebunden war und diese tatsächlich unterstützt hat. Dzay Dana ist mit Verfügung der Regierung von Mittelfranken vom 2. August 2005 ausgewiesen worden und am 17. September 2005 ausgereist. Dass Dzay Dana im Umfeld der Ansar al-Islam bestens vernetzt war, zeigt sich u.a. daran, dass er mit der Schwester des Hamawandi Kawa verheiratet war (vgl. Aktenvermerk des BLKA vom 20.8.2013 Bl. 251 der VGH-Akte), Lokman ihn in seiner Zeugenvernehmung am 15. Februar 2006 als guten Freund bezeichnet hat (vgl. S. 4 des Protokolls über die Zeugenvernehmung am 15.2.2006 durch das Bayerische Landeskriminalamt, Auswerteakte I des BLKA) sowie dass insbesondere im Zeitraum Oktober 2002 bis Januar 2003 mehrere Telefonate über die Rufnummer des Dzay Dana 0179/7977259 mit Bamarni Adnan Omed (genannt Dr. Omed; vgl. auch 3.1.2.2.7.) festgestellt worden sind (vgl. Komplex 4.6.7, S. 62 und S. 93 f. des Sachstandsberichts des BLKA vom 30.3.2011 im Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts gegen Bamarni Adnan Omed, CD des BLKA).

Der Kontakt des Klägers zu Dzay Dana ist wiederum belegt durch die Aussage des Klägers selbst im Sicherheitsgespräch vom 5. Juli 2005. In diesem hat er ein ihm vorgelegtes Lichtbild des Dzay Dana identifiziert, wenngleich er ihn unter dem Namen „Maulud“ erkannt hatte. Dass der Kläger Dzay Dana näher kannte, ergibt sich auch daraus, dass letzterer am 29. November 2002 anlässlich eines Verkehrsunfalls, bei dem der Kläger als Fahrer beteiligt war, als Beifahrer festgestellt worden ist. Auch wenn der Kläger die Tatsache, dass er mit Dzay Dana im Auto angetroffen worden ist, herunterspielt und dazu ebenso wie zu ähnlichen Vorfällen vorbringt, durch das gemeinsame Erleben von Verkehrsunfällen sei eine Unterstützungshandlung nicht im Ansatz erkennbar, so verkennt er, dass gerade die Tatsache, dass der Kläger des Öfteren - bei welchen Anlässen auch immer - mit Personen angetroffen worden ist, die zum inneren Zirkel der Ansar al-Islam in Bayern gehörten, ausgesprochen auffällig ist und daraus letztlich nur der Schluss gezogen werden kann, dass auch der Kläger in diese Organisation mehr oder weniger eng eingebunden war. Dass er zu allen diesen ihm bekannten Personen ausschließlich persönliche Beziehungen ohne jede Kenntnis von deren terroristischen Hintergrund gehabt haben soll, ist für den Senat nicht glaubhaft. Vielmehr stellt jeder Kontakt einen hinreichenden Beleg dar, aus dem der Schluss gezogen werden kann, dass auch der Kläger als Unterstützer der Ansar al-Islam anzusehen ist. Dafür spricht auch, dass der Kläger den Dzay Dana im Sicherheitsgespräch vom 5. Juli 2005 zwar auf einem Lichtbild erkannt hat, jedoch ebenso wie bei Hamawandi Kawa vorgegeben hat, Dzay Dana nur als gelegentlichen Kunden im Lebensmittelgeschäft wahrgenommen zu haben. Engere Bindungen wollte er ganz offensichtlich verschleiern. Ansonsten hätte er im Sicherheitsgespräch auch den Verkehrsunfall vom 29. November 2002 erwähnt, zumal der Kläger auf seine Antwort „Er ist… zu uns ins Geschäft gekommen“ konkret gefragt worden ist: „Ist das alles?“

3.1.2.2.6. Eine weitere in die terroristische Organisation der Ansar al-Islam eingebundene Person aus dem Bekanntenkreis des Klägers ist Faris Yassen. Der Generalbundesanwalt kam in seinem Vermerk vom 10. Juli 2009 (vgl. CD des BLKA) zum Schluss, dass Faris Yassen zumindest in der Zeit von August 2002 bis Februar 2004 mitgliedschaftlich an der terroristischen Vereinigung Ansar al-Islam beteiligt war. Das gegen ihn gerichtete Ermittlungsverfahren wurde allerdings eingestellt und von der Erhebung der öffentlichen Klage gemäß § 154b Abs. 3 StPO abgesehen, obwohl er nach den Erkenntnissen der Generalbundesanwaltschaft ein enger Verbindungsmann zu Mullah Krekar, dem Emir (= Vorsitzenden) und Europaverantwortlichen der Ansar al-Islam, und Geldbeschaffer für die Gesinnungsgenossen im Irak gewesen ist. Die Einstellung des Verfahrens beruhte darauf, dass Yassen Faris mit Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2009 ausgewiesen wurde und bereits im Februar 2004 in den Irak zurückgekehrt und dort wegen Beteiligung an Terroranschlägen mehr als drei Jahre lang inhaftiert gewesen ist (vgl. Vermerk des Generalbundesanwalts vom 10.7.2009, CD des BLKA).

Der enge Kontakt des Klägers zu diesem hochrangigen mitgliedschaftlich eingebundenen Unterstützer der Ansar al-Islam ist ebenfalls durch verschiedene tatsächliche Feststellungen sowie durch die Aussage des Klägers selbst belegt. In der Sicherheitsbefragung vom 5. Juli 2005 hat der Kläger ein ihm vorgelegtes Lichtbild des Faris Yassen erkannt und diesen als „Osta Yassin“ bezeichnet. Ebenso wie bei Dzay Dana hat er aber den Kontakt zu Faris Yassen heruntergespielt, indem er zwar ausgesagt hat, er kenne Faris Yassen von der Moschee, jedoch wiederum verschwiegen hat, dass beide zusammen am 10. Oktober 2003 im Rahmen einer Verkehrsunfallaufnahme angetroffen worden sind (S. 82 des Auswerteberichts zum Kläger des BLKA unter Hinweis auf VPI Erding vom 10.10.2003, Auswerteakte I des BLKA).

Ein weiterer Beleg für die nähere Verbindung des Klägers zu Faris Yassen ist die Tatsache, dass bei einer Hausdurchsuchung der Wohnung des Faris Yassen am 14. Juni 2005 eine Telefonrechnung des Faris gefunden wurde, auf der zwei dem Kläger zuzuordnende Telefonnummern aufgeführt waren (vgl. S. 47 des Auswerteberichts zum Kläger des Bayerischen Landeskriminalamts unter Hinweis auf PP München vom 15.3.2004, Auswerteakte I des BLKA).

Schließlich hat Younis Karim Maulud Hassan (= Mulla Younis) in seiner Vernehmung beim Bayerischen Landeskriminalamt München Anfang 2005 ausgesagt, dass Faris Yassen u.a. Beziehungen zum Kläger unterhalte. Auch Kamal Omar Mahmud Salih hat in seiner Vernehmung am 4. September 2005 beim Bayerischen Landeskriminalamt bestätigt, dass Faris Yassen guten Kontakt zum Kläger hatte (vgl. S. 34 ff. des Auswerteberichts des BLKA zu Faris Yassen, CD des BLKA).

3.1.2.2.7. Die Einbindung des Klägers in die Ansar al-Islam wird desweiteren belegt durch seine Kontakte zu Bamarni Adnan Omed, genannt „Dr. Omed“. Dieser war Angehöriger der Ansar al-Islam und in diesem Zusammenhang als Hawala-Banker bekannt. Er wurde deshalb am 6. Dezember 2004 vom Landgericht München I (Az. 115 Js 10138/04) u.a. wegen gewerbsmäßigen Verstoßes (insgesamt 87 Verstößen) gegen das Außenwirtschaftsgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ein beim Generalbundesanwalt geführtes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland und der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland wurde mit Vermerk vom 25. Juli 2011 gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1 StPO eingestellt, da die vom Landgericht München I verhängte Freiheitsstrafe zum Teil verbüßt und zu erwarten war, dass nach einer erneuten Verurteilung allenfalls eine geringfügig erhöhte Gesamtstrafe ausgesprochen würde. Zudem ist Bamarni Adnan Omed mit Bescheid der Beklagten vom 18. April 2005 ausgewiesen worden und am 19. November 2005 ausgereist.

Auch zu diesem in die Ansar al-Islam als Hawala-Banker eingebundenen Iraker hatte der Kläger Kontakt. Er selbst hat zugegeben, Bamarni Adnan Omed zu kennen, ihm mehrfach an seinem Arbeitsplatz im „Sarah-Markt“ begegnet zu sein und von ihm auch Hilfe in medizinischen Fragen erhalten zu haben. Neben persönlichen Besuchen habe Bamarni Adnan Omed für ihn auch Geldüberweisungen in den Irak im Rahmen seiner damaligen gewerblichen Tätigkeit vermittelt. Belegt sind zudem zahlreiche Telefonate, die Bamarni Adnan Omed mit Rufnummern des Klägers bzw. seiner Ehefrau getätigt hat (vgl. die Protokolle über die Telekommunikationsüberwachung der Rufnummern 089-313837738, 089-313837739 und 0179-6115087 im Ermittlungsverfahren des BGSI Weil a. Rhein „Mühe“, Auswerteakte I des BLKA). Dass die Beziehung des Klägers zu Bamarni Adnan Omed lediglich persönlicher Art war oder nur dazu diente, Geldtransfers für den Gewerbebetrieb des Klägers in den Irak zu vermitteln, wie der Kläger es darstellt, hält der Senat für unwahrscheinlich. Dass der Kläger die Position des Bamarni Adnan Omed als Angehöriger der Ansar al-Islam und als gerade auch für diese Organisation tätigen Hawala-Banker kannte, steht für den Senat angesichts der engen Verknüpfung des Klägers zu „Dr. Omed“ sowie zu einer Vielzahl von Personen aus dem Unterstützerkreis und dem Umfeld der Ansar al-Islam zweifelsfrei fest.

3.1.2.2.8. Ein weiterer Kontakt des Klägers zu Personen aus dem Umfeld der Ansar al-Islam bestand zu Saleh Ahmad Anwar. Das gegen ihn laufende Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland gemäß § 129a, § 129b StGB ist zwar vom Generalbundesanwalt mit Vermerk vom 8. Juni 2010 gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 StPO eingestellt worden (vgl.CD des BLKA), da ein hinreichender Tatverdacht nicht festgestellt werden konnte, jedoch sind in dem genannten Vermerk ausführlich die Beziehungen des Saleh Ahmad Anwar zu Angehörigen der Ansar al-Islam bzw. Personen aus deren Umfeld aufgeführt worden, die letztendlich auch zur Ausweisung des Saleh Ahmad Anwar mit Bescheid der Beklagten vom 3. August 2005 geführt haben, wenngleich dieser wohl aus gesundheitlichen Gründen noch im Bundesgebiet geduldet wird.

Zu Saleh Ahmad Anwar hat der Kläger ausgeführt, zu ihm habe keinerlei persönlicher Kontakt bestanden. Es könne allenfalls sein, dass er diesen in einer Nürnberger Bäckerei zufällig einmal getroffen habe. Gespräche mit Saleh Ahmad Anwar habe es jedenfalls über religiöse oder politische Inhalte nie gegeben. Diese Äußerung des Klägers sieht der Senat als widerlegt an. Denn es ist jedenfalls ein Treffen mehrerer der Ansar al-Islam zumindest nahestehender Personen am 12. April 2003 in Nürnberg bekannt (vgl. Sachakte des LfV S. 26 bis 28). Die vom Landesamt für Verfassungsschutz übermittelten Bilder zeigen u.a. Ismail Omar Ryzgar (vgl. 3.1.2.2.2.), den Kläger sowie Saleh Ahmad Anwar beim Verlassen der Bäckerei des Ahmad Sirwan (vgl. 3.1.2.2.9). Dabei lässt insbesondere das Foto, das den Kläger zusammen mit Saleh Ahmad Anwar zeigt, erkennen, dass es sich gerade nicht um ein lediglich zufälliges Zusammentreffen in der Bäckerei gehandelt hat. Dabei kann dahinstehen, ob die Annahme des LfV zutrifft, die genannten Personen hätten sich dort absichtlich und in Sachen Ansar al-Islam getroffen. Jedenfalls belegen die Fotos eindeutig die Beziehungen des Klägers zu Unterstützern und Anhängern dieser Gruppierung.

3.1.2.2.9. Die unter 3.1.2.2.8. beschriebenen Fotografien aus der Sachakte des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz belegen auch den Kontakt zwischen dem Kläger und Ahmad Sirwan, dem Besitzer der Nürnberger Bäckerei, vor der die Aufnahmen vom Kläger und den bereits genannten Personen gefertigt worden sind. Gegen Ahmad Sirwan wurde vom Generalbundesanwalt die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens geprüft. Dieser hat zwar am 15. August 2006 festgestellt, dass sich keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür ergäben, dass Ahmad Sirwan die terroristische Vereinigung Ansar al-Islam unterstütze. Die derzeitigen Erkenntnisse belegten aber, dass er Kontakte zu Personen aus dem Umfeld dieser terroristischen Vereinigung unterhalte, was aber nicht in die Verfolgungszuständigkeit des Generalbundesanwalts falle. Allerdings ist Sirwan Ahmad wegen Unterstützungshandlungen i.S. des § 54 Nr. 5 AufenthG von der Stadt Nürnberg mit Bescheid vom 20. August 2007 ausgewiesen worden (vgl. CD des BLKA) und am 31. Oktober 2011 aus dem Bundesgebiet ausgereist. Der Kläger selbst hat Kontakte zu Sirwan Ahmad zugestanden, diese jedoch lediglich als Arbeitskontakte bezeichnet. Dass der Kläger seinen ehemaligen Arbeitgeber Ahmad Sirwan beruflich gekannt hat, steht außer Frage. Allerdings belegt auch dieser Kontakt und das dargelegte Treffen in der Bäckerei wieder die engen Beziehungen des Klägers zu Personen, die der Ansar al-Islam nahestanden und diese auch nachweisbar unterstützt haben.

3.1.2.2.10. Neben den in 3.1.2.2.1. bis 3.1.2.2.9. genannten Personen hatte der Kläger zu zahlreichen anderen dem Umfeld der Ansar al-Islam zuzurechnenden irakischen Landsleuten Kontakt in unterschiedlicher Intensität. So konnten u.a. folgende Feststellungen getroffen werden:

Anlässlich einer Wohnungsdurchsuchung bei Ghaab Aswad Husein, gegen den durch den Generalbundesanwalt ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung eingeleitet, mit Vermerk vom 12. April 2006 aber von der Erhebung einer öffentlichen Klage gemäß § 154b Abs. 3 StPO wegen geringer Schuld abgesehen wurde, ist ein Handy gefunden worden, bei dem die Rufnummer 0179-6115087 festgestellt wurde, die dem Kläger zugeordnet werden konnte. Wegen mehrerer Unterstützungshandlungen zugunsten der Ansar al-Islam ist Ghaab mit Bescheid der Beklagten vom 3. August 2005 ausgewiesen worden und am 31. August 2005 in den Irak zurückgekehrt.

Mit Mahmod Abdelkader Salar, einem mit Bescheid der Beklagten vom 11. August 2004 ebenfalls wegen Gefährdung der inneren Sicherheit ausgewiesenen Iraker, hatte der Kläger nachgewiesenermaßen mehrfach telefonischen Kontakt. So enthält die Auswerteakte I des Bayerischen Landeskriminalamts Telefonprotokolle über Telefonate zwischen dem Kläger und Mahmod Abdelkader Salar, insbesondere im Zeitraum November und Dezember 2002. Die Telefonate wurden großteils über den Anschluss des Klägers 0179-6115087 abgewickelt. Ausweislich dem TKÜ-Gesprächsprotokoll über ein Gespräch am 27. Februar 2004 zwischen dem Kläger und Mahmod Abdelkader Salar hat der Kläger diesem auch sein Auto geliehen. Dass der Kläger mit Mahmod Abdelkader Salar im Januar 2004 auf Pilgerfahrt war, hat er in der Sicherheitsbefragung am 5. Juli 2005 selbst angegeben und ihn dabei als seinen Freund bezeichnet.

In der Wohnung des Yasin Mustafa Azad, gegen den ein Ermittlungsverfahren beim Generalbundesanwalt wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland lief, wurde aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses am 14. Juni 2005 eine Notiz mit der Telefonnummer 089-74545116 aufgefunden. Es handelt sich dabei um einen dem Kläger gehörenden Telefonanschluss.

Auch Tamr Ahmad Abdulwahid, ein vermutlich bei einem Selbstmordanschlag am 22. Februar 2004 im Irak getöteter und vorsorglich mit Bescheid vom 19. Januar 2005 von der Beklagten wegen Unterstützung des internationalen Terrorismus und Gefährdung der inneren Sicherheit ausgewiesener Iraker, war im Besitz einer Telefonnummer des Klägers. Das Landeskriminalamt Stuttgart hatte aufgrund einer Telekommunikationsüberwachung im Rahmen der EG TIGRIS festgestellt, dass Tamr (= Mullah Reber) einer dritten Person die Rufnummer 0179-6115087 des Klägers durchgegeben hat.

Der Kläger hatte Kontakt zu Abbas Mohamad Khudeir, gegen den die Generalbundesanwaltschaft ein Verfahren gemäß § 129a, 129b StGB eingeleitet hatte. Dieses Ermittlungsverfahren wurde zwar mit Verfügung vom 20. Juli 2012 (Az. 2 BJs 42/06-8) gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da dem Beschuldigten Abbas mit den vorliegenden Beweismitteln nicht nachzuweisen sei, dass er mitgliedschaftlich in die Ansar al-Islam eingebunden gewesen sei oder diese unterstützt habe. Jedoch stehe fest, dass der Beschuldigte zu einigen Personen Kontakt unterhalten habe, die ihrerseits als Mitglieder oder Unterstützer der Ansar al-Islam gegolten hätten wie z.B. Lokman u.a. und dass Abbas mit vielen seiner irakischen Landsleute auf konspirative Weise kommuniziert habe, wobei regelmäßig Codeworte benutzt worden seien, was darauf hindeute, dass der Beschuldigte bewusst strafbares Tun verschleiern habe wollen. Abbas Mohamad Khudeir war nach den Angaben des Lokman in dessen Zeugenvernehmung beim Bayerischen Landeskriminalamt am 15. und 16. Februar 2006 ein enger Vertrauter und Freund; beide lebten seit 2000 in München auch privat zusammen. Weiter hat Lokman bei dieser Vernehmung angegeben, dass Abbas Mohamad Khudeir „indirekt“ für die Ansar al-Islam „gearbeitet“, bei Passfälschungen und Schleusungen mitgewirkt und – in seinem Auftrag – als Ansprechpartner Informationen entgegengenommen und weitergeleitet habe (zu Abbas BayVGH, U.v. 19.3.2013 – 10 BV 10.3063 – juris Rn. 31). Abbas Mohamad Khudeir wurde am 3. August 2006 mit einem Pkw, der dem Kläger gehörte (amtliches Kennzeichen M-AP 2362) angetroffen (vgl. Auswertebericht des BLKA zum Kläger, Auswerteakte I des BLKA).

3.1.2.3. Neben der unter 3.1.2.2. geschilderten engeren bzw. näheren Beziehung des Klägers zu zahlreichen Unterstützern und Anhängern bzw. Mitgliedern der Ansar al-Islam liegen weitere Erkenntnisse vor, die die Schlussfolgerung, der Kläger habe die Terrororganisation Ansar al-Islam unterstützt, rechtfertigen. Insbesondere sind dies die zahlreichen Telefonate, die der Kläger mit der Ansar al-Islam zugehörenden Personen oder Unterstützern geführt hat oder die über seine Telefonanschlüsse von solchen Personen getätigt wurden, die zahlreichen vor allem auf der Strecke zwischen München und Nürnberg anlässlich von Polizeikontrollen oder Verkehrsverstößen bzw. –unfällen festgestellten Fahrten, bei denen zumeist Personen aus dem oben genannten Umfeld als Beifahrer mitfuhren, sowie weitere sich insbesondere aus den vom Bayerischen Landeskriminalamt vorgelegten Akten ergebende Erkenntnisse. Danach war der Kläger nach Auffassung des Senats wenn nicht als Mitglied, so doch als Verbindungsmann in die Aktivitäten und Geschehnisse innerhalb der Ansar Al-Islam eingebunden.

Diese Einbindung wird belegt durch den nachgewiesenen Inhalt der zahlreichen Telefongespräche, die der Kläger entweder über seine oder die Anschlüsse seiner Ehefrau mit Personen aus dem Umfeld der Ansar al-Islam geführt hat oder die von anderen Personen aus diesem Kreis mit Bezug auf den Kläger abgehört worden sind. Dem Inhalt dieser Telefonate lässt sich entnehmen, dass der Kläger, anders als er es im Verfahren selbst immer dargestellt hat, mit diesen Personen nicht nur rein private Kontakte gepflegt hat. So ist beispielsweise ein Telefonat mit Kawa Hamawandi vom 20. November 2004 belegt (vgl. dazu auch 3.1.2.2.3.), in dem über die religiöse Ausrichtung einer dritten Person gesprochen wurde. Darin kommt u.a. zum Ausdruck, dass die religiöse Ausrichtung für den Kläger ebenso wie für seinen Gesprächspartner Kawa Hamawandi sehr wichtig ist. Für den Kläger war offensichtlich auch von großer Bedeutung, dass ein Anführer einer Gruppe von Muslimen nach München kommen sollte. Dies teilte der Kläger in einem Telefonat seinem Gesprächspartner, Barmani Adnan Omed (= Dr. Omed, vgl. 3.1.2.2.7.) am 22. Januar 2003 mit (vgl. Auswertebericht zum Kläger des BLKA, Auswerteakte I des BLKA). Bei diesem Anführer handelte es sich nicht um irgendeinen irakischen Muslimen, sondern um „Mamosta“ Abdul Aziz Ali, den Führer der Islamischen Bewegung Kurdistan. Die islamistische Grundeinstellung des Klägers wird bestätigt durch seine eigene Äußerung, er habe früher der Islamischen Bewegung Kurdistan (IMK) angehört. Diese ist eine der einflussreichsten kurdisch-islamischen Bewegungen, die eine radikale Deutung des Islam im Norden des Irak vertritt. Sie ging Ende der 70er Jahre aus einem Zusammenschluss von Imamen, Anhängern der Muslimbruderschaft und muslimischen Nationalisten hervor (vgl. Wikipedia). Dass der Kläger, wie von Younis Karim Maulud Hassan anlässlich der Gooron-Vernehmung behauptet wurde, als bewaffneter Kämpfer der Islamischen Bewegung gedient hat und auch jetzt noch Fundamentalist ist, ist demgegenüber nicht nachgewiesen. Allerdings lässt sich aus einem Telefonat am 15. November 2003 die fundamentalistische Einstellung des Klägers erkennen. In diesem Telefonat mit Mahmod Abdelkader Salar bittet der Kläger um die Herausgabe von mehreren ihm gehörenden Videokassetten von „Mamosta Haure“, einem radikalen Prediger (vgl. TKÜ-Protokoll, Ermittlungsverfahren Saladin, Auswerteakte I des BLKA).

Zur Überzeugung des Senats steht weiter fest, dass die Gruppe, die aus den im Auswertebericht zum Kläger des BLKA unter dem Komplex 6.1 genannten, der Ansar al-Islam zumindest nahestehenden Personen bestand, untereinander sehr eng vernetzt war und ihre Mitglieder sich gegenseitig unterstützten. Dies trifft auch für den Kläger zu, der entsprechend den in der Auswerteakte I des BLKA zusammengefassten Erkenntnisse den einzelnen Gruppenmitgliedern in unterschiedlicher Weise Dienste erbracht hat und damit sowohl die Gruppe als auch deren Ziele unterstützt hat. So war er z.B. im November 2003 in die Suche nach einem Auto für Abdul Kadir Salih eingebunden, das dieser für eine Reise benötigte. Wegen dieser Autosuche hat der Kläger nachweislich auch mit Mahmod Abdelkader Salar telefoniert, der maßgeblich an Schleusungen von Irakern in andere EU-Länder oder Norwegen beteiligt war (vgl. S. 55 des Auswerteberichts zum Kläger des BLKA, Auswerteakte I des BLKA). Gerade in dem Zusammenhang liegt nahe, dass das gesuchte Auto für eine Reise im Zusammenhang mit Schleusungen benötigt wurde oder die Verbringung von Ansar al-Islam-Unterstützern ins Ausland beabsichtigt war. Der Kläger hat auch bei Auslandskontakten Hilfe geleistet und u.a. dem Abdul Kadir Salih eine syrische Telefonnummer vermittelt sowie Informationen weitergegeben (Telefonat am 12.3.2004: Der Kläger soll Diyar sagen, dass Salar in Syrien festgehalten wurde). Weitere Telefonate, in denen es um die Vermittlung von Telefonnummern ging, führte der Kläger z.B. am 4. November 2003 (private Telefonnummer des Said Sarwat, gegen den das LKA Baden-Württemberg, EG „Euphrat“, wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und der Vorbereitung eines Anschlags auf den damaligen designierten Ministerpräsidenten des Irak, Jiyad Allawi, ermittelte) und am 8. Dezember 2003 (Telefonnummer des Younis). Im Gegenzug wurde auch die Nummer des Klägers im Kreis der hier genannten Personen des Öfteren nachgefragt bzw. im Rahmen von Ermittlungsverfahren bei einschlägigen Personen aufgefunden. So hat sich u.a. Tamr Ahmad Abdulwahid, der wohl im Irak bei einem Selbstmordanschlag getötet worden ist, im März 2003 nach der Telefonnummer des Klägers erkundigt. Es ist davon auszugehen, dass Tamr zum Kläger auch Kontakt aufgenommen hat oder jedenfalls aufnehmen wollte. Die Nummer des Klägers wurde zudem in zwei Ermittlungsverfahren des BLKA (EG Saladin und EG 69-Bayern/LKA Hamawandi) sowie im Verfahren des BGSI Weil a.Rhein (Mühe) festgestellt (Auswerteakte I des BLKA), wobei ohnehin ins Auge fällt, dass vom Kläger immer mehrere unterschiedliche Telefonnummern benutzt wurden.

Auffallend ist zudem, dass der Kläger sowohl Halter als auch Nutzer von zahlreichen Fahrzeugen war. Dies hängt offensichtlich nicht nur damit zusammen, dass er sowohl im Jahr 2005 als auch im Jahr 2006 ein Gewerbe angemeldet hat, das u.a. den An- und Verkauf bzw. Import und Export von Kraftfahrzeugen umfasste, denn diese beiden Gewerbe waren jeweils nur für einen Tag angemeldet (vgl. S. 16 des Auswerteberichts zum Kläger, Auswerteakte I des BLKA). In welchem Umfang die Pkws des Klägers, die nachweislich auch von anderen in diesem Urteil genannten Personen benutzt wurden bzw. die Pkws anderer Halter, die der Kläger gefahren hat, ausschließlich persönlichen Zwecken dienten oder auch zum Zwecke des Schleusens irakischer Mitbürger oder zum Transport von Unterstützern der Ansar al-Islam benutzt wurden, ist letztendlich nicht nachweisbar. Jedoch steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die in der Auswerteakte I des BLKA aufgeführten zahlreichen Feststellungen von Fahrten des Klägers zwischen München und Nürnberg die vom Landesamt für Verfassungsschutz getroffene Bewertung, der Kläger sei Verbindungsmann zwischen der Münchner und der Nürnberger Gruppe der Ansar al-Islam gewesen, stützen. Aus den allgemein-/kriminalpolizeilichen Erkenntnissen (Komplex 8 des Auswerteberichts zum Kläger, Auswerteakte I des BLKA) ergeben sich im einzelnen die Fahrten nach Nürnberg, anlässlich derer der Kläger entweder in einen Verkehrsunfall verwickelt war oder bei einer Verkehrskontrolle festgestellt worden ist. Bei fast allen diesen Vorfällen befanden sich Personen mit im Pkw, die dem näheren Umfeld der Ansar al-Islam zuzurechnen sind. Zusammen mit der Feststellung des Landesamtes für Verfassungsschutz über das Treffen in Nürnberg am 12. April 2003 in der Bäckerei des Sirwan Ahmed und der Tatsache, dass der Kläger nicht nur mit Anhängern der Ansar al-Islam in München, sondern auch mit Personen, die dem Nürnberger Umfeld entstammen, eng bekannt war, lassen folgerichtig den Schluss zu, dass der Kläger als Verbindungsmann zwischen der Nürnberger und der Münchner Gruppe der Ansar al-Islam eingesetzt war. Zieht man nämlich in Erwägung, dass selbst bei zahlreichen Fahrten auf einer bestimmten Strecke nur sehr selten eine Fahrzeugkontrolle stattfindet, ist aus dem hier vorliegenden Sachverhalt von mehreren Kontrollen innerhalb einer Zeitspanne von eineinhalb Jahren zu folgern, dass der Kläger sehr häufig die Strecke München – Nürnberg durchfahren hat. Nachdem er zudem zumeist mit Gesinnungsgenossen unterwegs war und mit diesen angetroffen worden ist, liegt die Einschätzung, der Kläger sei als Verbindungsmann zwischen der Münchner und Nürnberger AAI-Gruppe unterwegs gewesen, auf der Hand.

Bestätigt wird diese Schlussfolgerung durch verschiedene Telefonate, die von Fahrten von oder nach Nürnberg handeln. So hat sich der Kläger in einem Telefonat am 28. April 2003 mit Ismail Omar Ryzgar über ein Treffen von Nürnberger AAI-Angehörigen in München unterhalten. Am 21. November 2003 kündigte der Kläger in einem Telefongespräch mit Mahmod Abdelkader Salar eine Fahrt nach Nürnberg an und teilte seinem Gesprächspartner am 24. November 2003 mit: „In Nürnberg…nichts Neues, alles beim Alten… beim Sirwan und den anderen…“ (S. 57 des Auswerteberichts zum Kläger, Auswerteakte I des BLKA).

Schließlich rechtfertigt der Inhalt der über Telefonüberwachungsmaßnahmen erfassten Telefonate des Klägers auch die Schlussfolgerung, dass der Kläger sowohl Beteiligter am Hawala-Banking war als auch Spenden für die Ansar al-Islam geleistet hat und im Übrigen in konspirative Geldgeschäfte verwickelt war. Dies ergibt sich zum einen aus dem Protokoll über ein Telefonat am 4. Januar 2003 zwischen dem als gerade auch für die Ansar al-Islam tätigen und verurteilten Hawala-Banker „Dr. Omed“, das über einen Anschluss der Ehefrau des Klägers geführt wurde und in dem es über Geld ging, das beim Kläger abgegeben werden sollte. Bereits am 16. Dezember 2002 telefonierte der Kläger mit „Dr. Omed“ über denselben Telefonanschluss. Auch in diesem Gespräch ging es um Überweisungen von Geld in den Irak. In einem weiteren Gespräch vom 21. November 2003 mit Mahmod Abdelkadar Salar erwähnte der Kläger, dass er auf Omar warte, der ihm Geld bringen solle und das er anschließend nach Nürnberg fahre. Offenbar sollte das von Omar besorgte Geld nach Nürnberg transferiert werden. Für die Beteiligung des Kägers an Spendensammlungen und –transfers spricht das Protokoll über ein Telefonat vom 18. Dezember 2002, das wiederum von „Dr. Omed“ über den Apparat des Klägers offensichtlich mit diesem geführt worden ist und in dem „Dr. Omed“ erklärte: „Die anvertraute Sache wurde dort abgegeben“, worauf der Kläger antwortete: „Sehr gut“. Dem Senat ist aus zahlreichen Verfahren bekannt, dass die in Europa gesammelten Spendengelder für die Ansar al-Islam meist als „anvertraute Sache“ oder „Anvertrautes“ bezeichnet werden (vgl. z.B. OLG Stuttgart, U.v. 15.7.2008 – 5-2 StE 2/05 –UA S. 105; OLG München, U.v. 9.7.2007 – 6 St 001/06 –UA S. 349 unten). In dieselbe Richtung weist ein Telefonat vom 19. März 2003 zwischen denselben Beteiligten, in dem gefragt wird: „Ist die Post angekommen?“, worauf geantwortet wurde: „Ja. Sie ist bei … Saleh.“ Auch dieses Telefonat belegt die konspirative Ausdrucksweise der Gesprächsteilnehmer. Denn auch der Begriff “Post” kann nur so verstanden werden, dass er entweder eine Überweisung oder eine Spende bezeichnen soll.

Schließlich fordert Hamawandi Kawa in einem Telefonat am 20. November 2004 den Kläger auf, „die alten Almosen…“ nachzuzahlen. Auch aus dieser Äußerung gegenüber dem Spendensammler Hamawandi ist der Schluss zu ziehen, dass es sich bei „Almosen“ um Spendengelder handelt.

Hinreichende Belege für die weiteren Erkenntnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz, dass der Kläger Mitglied der Ansar al-Islam und als zweiter Stellvertreter führendes Mitglied der Münchner Gruppe sei (vgl. Mitteilung des LfV vom 9.8.2005 an das Bayerische Staatsministerium des Innern, Bl. 127 der Akten der Beklagten), hat der Senat den ihm vorliegenden Akten und sonstigen Erkenntnismitteln dagegen nicht entnehmen können. Der Senat hat mit Blick auf seine Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO neben der Einvernahme eines Vertreters des Landesamtes für Verfassungsschutz als Zeugen in der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2012 von den besonderen Aufklärungsmöglichkeiten nach § 99 VwGO Gebrauch gemacht und mit Beschlüssen vom 25. September 2012 sowie vom 18. Dezember 2012 die Vorlage der vollständigen einschlägigen Akten des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz sowie des Bayerischen Landeskriminalamtes verlangt. Aufgrund der durch das Bayerische Staatsministerium des Innern abgegebenen Sperrerklärung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO besteht für den Senat keine Möglichkeit einer weiteren Aufklärung der Einzelheiten und Hintergründe zu den Erkenntnissen des Landesamtes für Verfassungsschutz.

3.1.3. Zusammenfassend rechtfertigen die oben im einzelnen dargelegten Erkenntnisse und Tatsachen die Schlussfolgerung, dass der Kläger die terroristische Vereinigung Ansar al-Islam i.S. des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt hat. Zur Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs steht bei einer wertenden Gesamtschau fest, dass der Kläger über seinen weitläufigen oben dargelegten Freundes- und Bekanntenkreis aus dem engeren Umfeld der Ansar al-Islam in einer inneren näheren Verbundenheit zu dieser Vereinigung stand. Er war in das Engagement seines Bekanntenkreises eingebunden, sei es durch tatsächliche Hilfeleistungen wie z.B. das Verleihen seines Autos, das Halten der Verbindung zwischen verschiedenden örtlichen Gruppen, die Beteiligung an Spendenaktionen zugunsten der AAI oder auch durch psychische Unterstützung dieser Personen. Eine weitere Sicherheitsgefährdung duch den Kläger selbst ist demgegenüber nicht erforderlich. Eine terroristische Vereinigung kann auch derjenige unterstützen, der nicht oder nur in geringem Umfang aktiv die innere und äußere Sicherheit konkret oder persönlich gefährdet. Ausreichend ist, dass der Kläger in der dargelegten Weise in das Netzwerk der Angehörigen und Unterstützer der terroristischen Vereinigung Ansar al-Islam eingebunden war. Dabei steht für den Senat außer Frage, dass der Kläger sowohl mit den Zielen von Ansar al-Islam vertraut war als auch die Einbindung der in diesem Urteil genannten zahlreichen Kontaktpersonen in die Ansar al-Islam kannte. Seine gegenteiligen Beteuerungen überzeugen demgegenüber nicht. Vielmehr billigte der Kläger durch seine Tätigkeit als Verbindungsmann und sein belegtes Engagement in der Gruppe die terroristischen Bestrebungen der Ansar al-Islam, unterstützte die Angehörigen dieser Gruppierung und förderte den Zusammenhalt der Vereinigung, deren Fortbestand und die Verwirklichung ihrer Ziele. Damit festigte er die potentielle Gefährlichkeit von Ansar al-Islam und stärkte ihr Gefährdungspotential.

3.1.4. Da bereits die dargelegten Erkenntnisse und Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die terroristische Vereinigung Ansar al-Islam unterstützt hat, kommt es auf die weiteren zahlreichen aus den vorgelegten Akten, insbesondere des Bayerischen Landeskriminalamts, ersichtlichen Zusammenhänge nicht mehr entscheidungserheblich an. Dahinstehen kann insbesondere, ob Erkenntnisse aus der sog. Goroon-Vernehmung in das Verfahren eingeführt werden können oder ob diesen kein oder jedenfalls kein großer Beweiswert zukommt, nachdem diese Erkenntnisse letztendlich im Irak unter nicht nachvollziehbaren Bedingungen erlangt und durch die Vernehmung des Kawa Akran Goroon, der Leiter des Sicherheitsdienstes in Sulaymania war, im Oktober 2005 im Rahmen des Prozesses gegen Lokman im Bundesgebiet bekannt geworden sind. Wenn danach Kawa Akran Goroon ausgesagt hat, der im Irak vernommene Mahmod Abdelkader Salar habe angegeben, dass der Kläger Mitglied der Ansar al-Islam war, Geld gespendet hat und sowohl den früheren Führer der Ansar al-Islam, Mullah Krekar, sowie die Ansar al-Islam selbst gelobt haben soll, mag diese Aussage allenfalls den Schluss, der vom Senat aus den übrigen ihm vorliegenden Tatsachen und Erkenntnissen gezogen worden ist und wonach der Kläger als Unterstützer der Ansar al-Islam anzusehen ist, bestätigen. Dasselbe gilt für die Aussage anlässlich der Vernehmung des Kamal Omar Mahmud Salih, der den Kläger ebenfalls als Angehörigen der Ansar al-Islam bezeichnet hat. Nichts anderes ist für die Aussage des Younis Karim Maulud Hassan anzunehmen, der den Kläger als Fundamentalisten angesehen hat (zu den jeweiligen Aussagen und der Vernehmung des Goroon vgl. Auswerteakte I des BLKA).

3.2. Der Annahme der nach § 54 Nr. 5 Halbsatz 2 AufenthG erforderlichen gegenwärtigen Gefährlichkeit des Klägers steht nicht entgegen, dass seine festgestellten Unterstützungstätigkeiten schon längere Zeit zurückliegen und die meisten der o.g. Kontaktpersonen entweder ausgewiesen und/oder in den Irak ausgereist sind. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass der Kläger bei der festgestellten engen Einbindung und Vernetzung in die Ansar al-Islam und ihr unmittelbares Umfeld und unter Berücksichtigung seiner bisherigen Unterstützung auch künftig diese terroristische Organisation weiter stützen und als in der Organisation bekannte Anlaufstelle und Kontaktperson tätig sein wird. Der Kläger hat während des gesamten behördlich und gerichtlichen Verfahrens seine Verbindungen zur Ansar al-Islam, zu verurteilten oder ausgewiesenen Mitgliedern dieser terroristischen Organisation und zu seinen Aktivitäten zugunsten dieser Organisation bestritten oder heruntergespielt. Er hat sich zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise von der terroristischen Organisation Ansar al-Islam und deren Umfeld glaubhaft distanziert.

4. Die Berufung war auch zurückzuweisen, soweit der Kläger hilfsweise beantragt hat, seine Aufenthaltserlaubnis (befristet) zu verlängern. Die Erteilung bzw. Verlängerung (vgl. § 8 Abs. 1 AufenthG) scheitert grundsätzlich bereits an der Vorschrift des § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, wonach die Erteilung eines Aufenthaltstitels (ebenso wie dessen Verlängerung) zu versagen ist, wenn einer der Ausweisungsgründe nach § 54 Nr. 5 bis 5b vorliegt. Von diesem Verbot kann gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 AufenthG in Ausnahmefällen abgesehen werden, wenn sich der Ausländer gegenüber den zuständigen Behörden offenbart und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand nimmt. Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben, wie bereits unter 3.2. ausgeführt wurde. Weder hat er sich gegenüber der Ausländerbehörde offenbart noch hat er sich von seiner Unterstützungstätigkeit für die Ansar al-Islam glaubhaft distanziert. Allein deshalb ist die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis weder nach § 104a Abs. 1 AufenthG noch die Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG zulässig.

Im Übrigen ist die Ausreise des Klägers nicht aus rechtlichen Gründen im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG unmöglich, weil einer Ausreise Art. 8 EMRK entgegenstünde. Dies wäre lediglich dann der Fall, wenn die Verwurzelung des Klägers in Deutschland infolge fortgeschrittener beruflicher und sozialer Integration bei gleichzeitiger Unmöglichkeit seiner (Re-)Integration im Herkunftsland dazu führte, dass das geschützte Privatleben nur noch im Bundesgebiet geführt werden könne bzw. seine irakischen Familienmitglieder derart im Bundesgebiet verwurzelt wären, dass ihnen eine Rückkehr in ihr Heimatland unzumutbar wäre. Diese Voraussetzungen sind vorliegend aber nicht gegeben. Insoweit kann auf die Ausführungen zu 2.2.3. verwiesen werden.

Aus diesen Gründen war die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.  

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt (§ 47, § 52 Abs. 2 GKG).