Bayerischer VGH, Beschluss vom 16.01.2014 - 1 ZB 13.301
Fundstelle
openJur 2014, 2509
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die Darlegungen des Klägers sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu wecken.

a) Dies gilt zunächst, soweit das Verwaltungsgericht das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage verneint hat, weil die Beklagte in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll zugesichert hat, die Gartenlaube auf der Grundlage der angefochtenen Duldungsanordnung nicht zu betreten. Es handelt sich hierbei nicht nur - wie der Kläger meint - um eine „bloße Erklärung“ der Beklagten, sondern um eine verbindliche Zusage, so dass der Kläger insoweit durch die Duldungsanordnung nicht mehr beschwert ist.

b) Die Beklagte hat nicht gegen Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG verstoßen. Der Kläger wurde nicht nur mit Schreiben vom 12. Juli 2011 aufgefordert, zeitnah einen Termin für die Ortsbesichtigung zur Überprüfung der baulichen Anlagen auf seiner Grundstücksparzelle zu benennen. Bei einem Gespräch vor Ort am 21. Juli 2011 wurde ihm von einem Bediensteten der Beklagten auch mitgeteilt, dass eine Verfügung erlassen werde, wenn er den Zutritt verweigere (vgl. Bl. 4 der VG-Akte). Vor diesem Hintergrund war nach dem Inhalt des Schreibens vom 22. Juli 2011, mit dem der Kläger unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er mit einem Betreten seiner Grundstücksparzelle durch Bedienstete der Beklagten nicht einverstanden ist („Bei Zuwiderhandlungen werde ich verwaltungsgerichtliche und strafrechtliche Schritte einleiten“), eine weitere Anhörung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten (vgl. Art. 28 Abs. 2 BayVwVfG). Sie hätte an der Verweigerungshaltung des Klägers offenkundig nichts geändert.

Demnach kommt es nicht darauf an, ob - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - eine etwaige Verletzung des Anhörungsrechts die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Ohnehin wird vom Kläger nicht geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe die Anwendbarkeit des Art. 46 BayVwVfG zu Unrecht bejaht (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

c) Die Beklagte hat zur Begründung des angefochtenen Bescheids zu Recht das am 19. April 2005 beschlossene Neuordnungskonzept herangezogen. Dieses Konzept bezieht sich ausdrücklich nicht nur auf die damals bereits vorhandenen, sondern auch auf die „geplanten“, also erst in der Zukunft entstehenden baulichen Anlagen. Nach dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist die Beklagte sogar gehalten, „Altanlagen“ und neue Anlagen gleich zu behandeln.

Nach Art. 54 Abs. 2 Satz 1 BayBO haben die Bauaufsichtsbehörden die Aufgabe darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Da die „Kleingartenanlage K... Straße“ im Außenbereich (§ 35 BauGB) liegt, sind bauliche Anlagen im Sinn von § 29 BauGB, die nicht dem Neuordnungskonzept der Beklagten entsprechen, bauplanungsrechtlich unzulässig, weil sie die (weitere) Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen oder zumindest dem Charakter der vorhandenen Gartensiedlung widersprechen (vgl. BayVGH, B.v. 14.1.2014 –1 ZB 13.303 – juris). Im Einklang damit hat der Bauausschuss der Beklagten die Verwaltung beauftragt, die baulichen Anlagen, die nicht genehmigt sind und nicht den Vorgaben des Neuordnungskonzepts entsprechen, aufzugreifen und die Beseitigung zu veranlassen. Hierzu ist aber das Betreten der Grundstücksparzellen erforderlich, weil sich vielfach von außen keine sicheren bzw. „gerichtsfesten“ Erkenntnisse gewinnen lassen. Die Erforderlichkeit entfällt bei der Parzelle des Klägers nicht deshalb, weil dort am 9. Juli 2009 eine „stichprobenweise Baukontrolle“ stattgefunden hat. Es ist bereits fraglich, ob damals der Baukontrolleur den eingezäunten Bereich betreten und eine umfassende Kontrolle vorgenommen hat. Selbst wenn man dies unterstellt, ist zu klären, ob der Kläger seitdem bauliche Veränderungen vorgenommen hat. Zwar ist er der Beseitigungsanordnung vom 30. November 2009 nachgekommen und hat den Carport entsprechend zurückgebaut, wie die Baukontrolle am 10. Juni 2011 ergeben hat. Er hat jedoch kurz darauf unzulässigerweise die baulichen Anlagen errichtet, die Gegenstand der Beseitigungsanordnung vom 15. November 2011 sind, wobei der beim Carport neu errichtete Sichtschutzzaun stark der ursprünglich am Carport angebrachten Holzlattung ähnelt.

Das Betreten der Parzelle ist demnach erforderlich, um zu ermitteln, ob über die bereits erlassenen bauaufsichtlichen Maßnahmen hinaus weitere Maßnahmen geboten sind. Damit ist die streitgegenständliche Duldungsanordnung verhältnismäßig. Bedenken im Hinblick auf Art. 13 GG bestehen schon deshalb nicht, weil die Beklagte rechtlich verbindlich zugesagt hat, die Gartenlaube auf der Grundlage dieser Duldungsanordnung nicht zu betreten. Selbst wenn auch das Nebengebäude vom Schutzbereich des Art. 13 GG erfasst würde, würde es sich bei dem einmaligen und zeitlich begrenzten Betreten nicht um einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff handeln (vgl. BVerfG, B.v. 13.10.1971 – 1 BvR 280/66BVerfGE 32, 54/75 ff.).

d) Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen, weil er unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 2 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).