AG Bad Urach, Urteil vom 29.11.2013 - 1 C 440/13
Fundstelle
openJur 2014, 2366
  • Rkr:

Beim gekündigten Mobilfunkvertrag zum (Teil-) Pauschaltarif muss sich der Anbieter ersparte Terminierungsentgelte (Interconnection-Gebühren) auf die Schadensersatzforderung anrechnen lassen. Die ersparten Aufwendungen können geschätzt werden, wenn der Mobilfunkanbieter zum durchschnittlichen Telefonierverhalten der betreffenden Kundengruppe nichts vorträgt.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 912,30 EUR nebst 4 % Zinsen jährlich seit 01.12.2011 sowie weitere 83,22 EUR zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Streitwert: 1.365,97 EUR

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ein Mobilfunknetz und verlangt Entgelte und Schadensersatz aus zwei gekündigten Mobilfunkverträgen.

Die Beklagte schloss am 12.04.2011 bei der Klägerin einen Vertrag Superflat WE 60/1 ohne Handy zur Nutzung mit eigenem Mobiltelefon im Tarif Superflat WE 60/1 mit "Minutenoption 60 für 39,90 EUR im Monat und am Folgetag, dem 13.04.2011, einen weiteren Vertrag im selben Tarif ohne Minutenoption 60, aber mit Überlassung eines Mobiltelefons für 29,90 EUR im Monat. Zu beiden Verträgen erhielt die Beklagte als vertragliche Gratisleistung je eine "Minutenoption 30". Die Klägerin stellte ihr vier SIM-Karten mit gesonderten Mobilfunknummern zur Verfügung. Die Mindestlaufzeit der Verträge beträgt 24 Monate. Der Tarif Superflat WE erlaubt nach dem Vortrag der Klägerin "kostenloses Telefonieren am Wochenende in einem bestimmten Umfang ohne sonstigen Kosten".

Weil die Beklagte keinerlei Zahlungen leistete, drohte die Klägerin in beiden Verträgen am 19.09.2011 die Kündigung an, stellte zum 25.10.2011 ihre Leistungen ein und berechnete der Beklagten neben den monatlichen Entgelten für sieben Monate (Erfassungszeitraum 12.04.2011 bis 25.10.2011) mit Rechnungen vom 31.10.2011 jeweils Schadensersatz für die restlichen 17 Monate Vertragslaufzeit. Die Beklagte zahlte später einmalig 25,- EUR.

Die Klägerin beziffert ihre Ansprüche in Form von laufendem Entgelt bis 25.10.2011 und Schadensersatz bis April 2013 mit 582,58 EUR (Vertrag vom 13.04.2011) und 783,39 EUR (Vertrag vom 12.04.2011). Beim Schadensersatz bringt sie zunächst den Nettobetrag der Monatspauschale und anschließend zu Gunsten der Beklagten eine "Korrekturgutschrift" in Ansatz und trägt dazu vor, sie lasse sich eine Abzinsung von 3 % gefallen. Außerdem lässt sich die Klägerin je Monat und Vertrag 1 EUR für erspartes Porto abziehen. Wegen etwaiger weiterer Ersparnisse steht die Klägerin aber auf dem Standpunkt, es sei nicht ihre Sache, dazu vorzutragen, auch nicht zu den regelmäßig anfallenden, an fremde Netzbetreiber zu zahlenden Terminierungsentgelten für die Weiterleitung von Gesprächen in deren Netze, auf die das Gericht mehrfach hingewiesen hat. Sie hält es für willkürlich bzw. "unverfroren", in einem Fall wie dem vorliegenden den entstandenen Schaden zu schätzen.

Die Klägerin hat zeitgleich für die Entgelte aus beiden Verträgen getrennte Mahnbescheide beantragt, die auf den Widerspruch der Beklagten an das erkennende Gericht abgegeben und mit Beschluss vom 19.09.2013 verbunden wurden.

Nach Teilrücknahmen bezüglich ursprünglich geltend gemachter Inkasso- und Kontoführungskosten von 92,- EUR und 20,- EUR (vorliegendes Verfahren) bzw. von 95,- EUR und 20,- EUR (ursprüngliches Verfahren 1 C 441/13) beantragt die Klägerin,

1. (im vorliegenden Verfahren 1 C 440/13) die beklagte Partei zu verurteilen, an sie 582,58 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 01.12.2011 nebst 15,- EUR Mahnkosten sowie 8,61 EUR Bankrücklastkosten und 101,40 EUR vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen,

2. (im ursprünglichen, unter Az. geführten 1 C 441/13, jetzt hinzuverbundenen Verfahren) die beklagte Partei zu verurteilen, an sie 582,58 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 01.12.2011 nebst 15,- EUR Mahnkosten sowie 8,61 EUR Bankrücklastkosten und 101,40 EUR vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen.

Die Beklagte hat die Klage durch Schriftsatz vom 28.10.2013 die Klagforderungen teilweise anerkannt, nämlich

- Klagantrag Ziff. 1 in Höhe von 291.29 EUR,- Klagantrag Ziff. 2 in Höhe von 391,17 EUR- sowie die außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe einer 0,8-fachen Gebühr aus einem Gegenstandswert von 600,- EUR.

Im Übrigen hat die Beklagte Klagabweisung angekündigt. Sie ist in der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2013 jedoch säumig geblieben.

Die Beklagte trägt vor, sie habe die Verträge durch Schreiben vom 26.04.0211 widerrufen bzw. angefochten. Sie hält die Nebenforderungen für überzogen und die Berechnung der Klagforderungen für zu hoch, weil es sich um Flatrate-Verträge handle, bei denen die Klägerin nach Einstellung ihrer Leistungen erhebliche Einsparungen erziele.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2013 und die gerichtlichen Hinweisverfügungen vom 19.09.2013 (Bl. 28 ff.) und vom 11.11.2013 (Bl. 78) Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist teilweise begründet.

1.

Soweit die Beklagte die Klage teilweise anerkannt hat, nämlich in Höhe einer Hauptforderung von 682,45 EUR und Anwaltskosten von 36,- EUR (0,8-fache Gebühr aus Gegenstandswert von 600,- EUR, Gebührenrecht in der bis 31.07.2013 gültigen Fassung), beruht die Verurteilung auf dem Anerkenntnis ohne weitere Sachprüfung, § 307 S. 2 ZPO.

Über die darüber hinausgehenden Klagforderung ist im Weg eines (teilweise unechten) Schluss-Versäumnisurteils zu entscheiden.

2.

Für die Zeit bis zur Kündigung der Verträge stehen der Klägerin die laufenden Monatsentgelte für die Erfassungszeiträume von 12.04.2011 bis 25.10.2011 zu. Die Entscheidung ergeht auf der Basis des Sachvortrags der Klägerin, weil die Beklagte im Verhandlungstermin vom 30.10.2013 säumig geblieben ist. Ihr Sachvortrag, sie habe die Verträge widerrufen, bleibt daher unbeachtet (§ 331 Abs. 1 S. 1 ZPO). Diese Monatsentgelte betragen 413,10 EUR und sind vom Teilanerkenntnis abgedeckt.

a) Für den Vertrag vom 13.04.2011 belaufen sich die Monatsentgelte nach den vorgelegten Rechnungen im ersten angefangenen Monat auf 11,126 EUR, für fünf Folgemonate auf je 25,126 EUR und für den letzten unvollständigen Monat auf 21,7758 EUR, mithin 158,32 EUR. Davon geht die Gutschrift aus dem Restguthaben der Callya-Karte von 2,02 EUR netto ab, so dass 156,30 EUR verbleiben. Zuzüglich 29,70 EUR MWSt. ergeben sich 186,- EUR. Abzüglich der unstreitigen Zahlung der Beklagten in Höhe von 25,- EUR verbleiben für die Klägerin 161,- EUR.

b) Beim Vertrag vom 12.04.2011 betragen die laufenden Entgelte im ersten angefangenen Monat 11,3472 EUR für den Grundtarif und 3,795 EUR für die Minutenoption 60, in den fünf Folgemonaten je 25,126 EUR für den Grundtarif sowie 8,4034 EUR für die Option und im letzten unvollständigen Monat 21,7758 EUR für den Grundtarif und 7,2830 EUR für die Option, mithin 211,848 EUR, zuzüglich 40,25 EUR MWSt. folglich 252,10 EUR.

c) Der in jeder Rechnung vorgenommene Aufschlag von 0,99 EUR zzgl. MWSt. für die Zahlung per Überweisung/Scheck bleibt außen vor, denn die Klägerin hat keinen Anspruchsgrund dafür vorgetragen. Die Beklagte hat die Klägerin in beiden Verträgen zur Lastschrift ermächtigt und hat im Übrigen überhaupt nicht bezahlt, also auch keinen Mehraufwand für eine Zahlung per Überweisung oder Scheck verursacht. Die Aufschläge sind auch nicht als Schadensersatz zu erstatten, denn den Schaden durch die Bankrücklastschriften macht die Klägerin gesondert geltend (siehe sogleich).

3.

Die Klägerin hat außerdem Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von 500,- EUR, weil die Beklagte nicht pflichtgemäß bezahlt und die Kündigung der Klägerin schuldhaft verursacht hat, §§ 628 Abs. 2, 314 BGB. Die Kündigung der Klägerin liegt zumindest in der angedrohten Einstellung der Leistungen und der Übersendung der Rechnungen vom 31.10.2011, in denen Schadensersatz für die Restlaufzeit beziffert wird. Die Beklagte hat gemäß § 281 BGB die Klägerin daher so zu stellen, als sei der Vertrag ordnungsgemäß bis zum Ende der Mindestlaufzeit im April 2013 durchgeführt worden. Sie hat der Klägerin als Erfüllungsinteresse insbesondere den entgangenen Gewinn zu ersetzen (§ 252 BGB; BGH v. 12.06.1985, Az. VIII ZR 148/84, BGHZ 95, 39 ff.). Dieser berechnet sich aus dem festen monatlichen Entgelt abzüglich der ersparten Aufwendungen.

a) Bei der Berechnung des entgangenen Gewinns muss sich der Unternehmer, der seine Leistung nicht mehr erbringen kann, auf den Vertragspreis grundsätzlich die besonderen Aufwendungen, die sog. Spezialunkosten, anrechnen lassen, die die Durchführung des Vertrags verursacht hätte (BGH, U. v. 01.03.2001, Az. III ZR 361/99, NJW-RR 2001, 985, juris-Tz. 27; BGH v. 15.05.1979, Az VI ZR 187/78, NJW 1979, 2244). Um den Schadenersatzanspruch schlüssig darzulegen, muss der Unternehmer seine Kalkulation offenlegen und die vom Vertrag verursachten Kosten benennen (Palandt/Grüneberg, 73. Aufl., § 281 Rn. 30). Das hat die Klägerin - auch auf gerichtlichen Hinweis in der Terminsverfügung und auf wiederholten Hinweis in der mündlichen Verhandlung - nicht für nötig befunden, so dass sich die Berechnung der Schadensersatzansprüche nicht nachvollziehen lässt.

Die Klägerin hat lediglich die festen Unkosten der monatlichen Rechnungen von 1,- EUR netto von ihrem Ersatzanspruch abgezogen und darüber hinaus einen weiteren Abzug ("Korrektur wegen Schadensersatz") vorgenommen, den sie mit einer 3%-igen Abzinsung erklärt. Ihr Hinweis darauf, dass es Sache der Beklagten sei, ersparte Aufwendungen darzulegen, trifft für den vorliegenden Fall nicht zu, denn bevor die Klägerin ihre Schadensberechnung nicht schlüssig dargestellt hat, hat die Beklagte weder Anlass noch Möglichkeit, Fehler und Lücken der Berechnung aufzugreifen und zu etwa weiteren Ersparnissen vorzutragen. Das gilt jedenfalls für die hier vorliegenden Teil-Pauschalverträge, in denen die Beklagte mit dem festen Monatsentgelt unter anderem Leistungen der Klägerin einkauft, die diese selbst von Dritten erwerben muss und die daher Aufwendungen bei der Klägerin verursachen (vgl. Böse, MMR-Aktuell 2012, 340082). Ebenso, wie ein Handwerker bei einem gekündigten Pauschalvertrag seinen Schadensersatz nicht darlegen kann, ohne zu den Kosten der Materialien vorzutragen, von denen feststeht, dass sie von dritter Seite zu beschaffen sind, wäre es Sache der Klägerin, ihre Fremdkosten bei einem gekündigten Mobilfunkvertrag darzustellen. Denn dass der Klägerin Fremdkosten zumindest in Form der sogenannten Terminierungsentgelte (Interconnection-Gebühren) entstehen, wenn von ihrem Netz aus Gespräche in fremde Netze geführt werden, steht hier fest, weil es sich um allgemein bekannte, jedenfalls um gerichtsbekannte Tatsachen geht, die zum Gegenstand entsprechender Hinweis an die Klägerin gemacht wurden. Die Klägerin hat dem auch nicht widersprochen. Soweit die Klägerin Schadensersatz geltend macht, ist die Klage daher nicht schlüssig (ebenso AG Hamburg-Barmbek, U. v. 15.07.2011, Az. 822 C 182/10, BeckRS 2011, 23225 für einen ähnlichen Tarif derselben Klägerin; AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, U. v. 05.09.2012, Az. 24 C 107/12, CR 2012, 717; zuletzt AG Bremen, U. v. 22.11.2013, Az. 25 C 0215/13, zitiert nach juris).

Soweit der Klägervertreter darauf verweist, die Klägerin hätte über den Schadensersatz aus den Monatspauschalen hinaus weiteren Schadenersatz für durchschnittlich anfallende Verbindungsentgelte einklagen können, die aufgrund der Kündigung nicht angefallen sind, geht das an der Sache vorbei, denn um solchen Schadensersatz geht es hier nicht. Es erscheint zwar möglich, dass im Fall einer Durchführung des Vertrags die anfallenden Fremdkosten ganz oder teilweise ausgeglichen werden durch der Klägerin zufließenden Terminierungsentgelte für von anderen Netzen eingehende Gespräche (vgl. Böse a.a.O.). Eine Erfahrungssatz dahin, dass stets ungefähr gleich viel Gespräche in fremde Netze hinausgehen wie von fremden Netzen hereinkommen, existiert jedoch soweit ersichtlich nicht. Vor allem hat sich die Klägerin dafür entschieden, ihren Schaden nicht konkret anhand eines durchschnittlichen Nutzerprofils der entsprechenden Tarifgruppe zu berechnen, obwohl entsprechende Zahlen vorhanden sein müssen, sondern sie hat sich für die scheinbar einfache Berechnung auf der Basis der Monatspauschalen entschieden. Dann aber müssen auch die vom Kunden pauschal bezahlten, von der Klägerin aber im Einzelfall aufzuwendenden Fremdkosten berücksichtigt werden. Dass solche Fremdkosten einkalkuliert sind, zeigt sich schon daran, dass die leistungsgleichen Tarife der Klägerin ohne Flatrate um einiges günstiger sind, wie ihre online verfügbaren Tarifübersichten zeigen (ebenso Böse a.a.O.; AG Bremen a.a.O.).

b) Allerdings darf nach der BGH-Rechtsprechung die Klage nicht abgewiesen werden, wenn der Tatrichter im Rahmen des Möglichen nach § 287 ZPO einen Mindestschaden schätzen kann (BGH, U. v. 23.10.1991, Az. XII ZR 144/90, NJW-RR 1982, 202, juris-Tz. 7 unter Hinweis auf BGHZ 54, 45, 55). Das ist hier der Fall.

aa) Zwar ist es Sache des Anspruchstellers, diejenigen Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, die seine Vorstellungen zur Schadenshöhe rechtfertigen sollen. Enthält der diesbezügliche Vortrag Lücken oder Unklarheiten, ist es in der Regel jedoch nicht gerechtfertigt, dem jedenfalls in irgendeiner Höhe Geschädigten jeden Ersatz zu versagen. (BGH a.a.O. mit Verweis auf BGH, Urteil vom 6. Juni 1989 - VI ZR 66/88). Auch wenn die Schätzung mit der Wirklichkeit vielfach nicht übereinstimmt, soll die Schätzung möglichst nahe an diese heranführen. Der Richter muss daher die schätzungsbegründenden Tatsachen feststellen und selbst nicht vorgetragene Tatsachen nach freiem Ermessen berücksichtigen (BGH a.a.O. und BGHZ 3, 162, 175/177; 6, 62). § 287 ZPO versucht zu vermeiden, dass der Geschädigte völlig leer ausgeht, obwohl die Ersatzpflicht des in Anspruch Genommenen für einen erheblichen Schaden feststeht (BGH a.a.O. unter Verweis auf BGH, Urteil vom 16. Dezember 1963 - III ZR 47/63 - NJW 1964, 589, 590). Eine Schätzung scheidet nur dann aus, wenn sie mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte völlig in der Luft hinge und daher willkürlich wäre (BGH a.a.O. und BGHZ 91, 243, 256/257).

bb) Vorliegend sind die Anknüpfungstatsachen zugegebenermaßen dünn. Mit dem immerhin von einem Prozessanwalt eines großen Telekommunikationsunternehmens formulierten, bemerkenswerten Vortrag zum Umfang der vertraglichen Leistungen, wonach "gemäß dem Umfang dieses Tarifs am Wochenende kostenlos telefoniert werden kann, ohne dass sonstige Kosten anfallen, außer der Flat, wobei man aber nicht vergessen darf, dass auch eine Flat nicht alles umfasst, sondern nur einen bestimmten Umfang hat; auch können mit dem Mobilfunktarif sonstige Daten übersandt werden" (Schriftsatz vom 02.10.2013, S. 2, Bl. 42 d.A.), dem keinerlei Konkretisierungen folgen, ist nichts anzufangen.

cc) Freilich ergibt sich aus öffentlich zugänglichen Quellen (z.B. http://www.teltarif.de/ a/v.../; zum Nachfolgetarif der Klägerin "V Superflat Wochenende Basic" auf deren Website vgl. http://www.v...de/infofaxe/556.pdf), dass die "Superflat WE" aus kostenlosen Gesprächen an Samstagen und Sonntagen in alle deutschen Festnetzanschlüsse und ins V...-Netz besteht. Die "Minutenoptionen", von denen die Beklagte je Vertrag 30 Minuten gratis zugesagt bekommen und weitere 60 Minuten im Vertrag vom 12.04.2011 dazu gebucht hat, umfasst kostenlose Telefonate in alle deutschen Netze, d.h. zusammen zwei Stunden pro Monat.

Außerdem sind die Fremdkosten bekannt, die der Klägerin entstehen, wenn einer ihrer Kunden in ein fremdes Netz telefoniert, denn die sog. Terminierungsentgelte bzw. Interconnection-Gebühren werden von der Bundesnetzagentur reguliert. Aus deren Veröffentlichungen geht hervor, dass für Telefonate in andere Mobilfunknetze je nach Anbieter pro Minute zwischen 3,36 und 3,39 ct zu zahlen waren für den Zeitraum ab 01.12.2010 und ab 01.12.2012 einheitlich 1,85 ct (jeweils ohne MWSt.; s.a. MMR-Aktuell 2012, 339461). Bei Telefonaten ins Festnetz der Deutschen Telekom, die bei weitem die meisten Festnetzanschlüsse bereitstellt, fallen Terminierungsentgelte tageszeitabhängig und abhängig von der sogenannten Tarifzone an, je nachdem, auf welcher technischen Ebene die Verbindung übergeben und wieviel Netzkomponenten dabei in Anspruch genommen werden. Diese Festnetz-Terminierungsentgelte betrugen ab 01.07.2011 zwischen 0,32 und 1,24 ct (zuvor lagen sie noch höher) und ab 01.12.2012 zwischen 0,25 ct. und 0,61 ct. (Quelle: www.bundesnetzagentur.de; www.teltarif.de/bundesnetzagentur-festnetz-interconnection-terminierung/news/ 49113.html).

Daneben kann im Rahmen des Schätzungsermessens nicht unberücksichtigt bleiben, dass es angesichts der großen Zahl von Pauschalverträgen mit 24-monatiger Erstlaufzeit massenhaft zu Vertragskündigungen kommt, wie die gerichtliche Praxis zeigt, wodurch die Klägerin bei der Berechnung ihrer Netzkapazität mit einem bestimmten Prozentsatz von vertraglich zugesagten Leistungen rechnen kann, die sie tatsächlich nicht erbringen muss. Auch wenn aufgrund der beiden einzelnen Kündigungen im Fall der Beklagten keine Ersparnis kalkuliert werden kann, sind diese Kündigungen doch Teil eines bestimmten Volumens gekündigter Verträge, die statistisch gesehen fortlaufend zum Geschäft der Klägerin gehören und dadurch zwangsläufig zu weiteren Ersparnissen bei der vorzuhaltenden Netzleistung führen.

Unter diesen Umständen erscheint es unbillig, der Klägerin jeden über das Teilanerkenntnis der Beklagten hinausgehenden Schadensersatz zu versagen, auch wenn dagegen spricht, dass die Klägerin ihre Prozesslage dadurch selbst herbeigeführt hat, dass sie die Komplexität der Rechnungsstellung, die Hilflosigkeit überforderter Ex-Kunden wie der Beklagten und den Erledigungdruck überlasteter Gerichte ausnutzend versucht, ihre Schadensersatzforderungen mit minimalem, nach hiesiger Auffassung unzureichendem Sachvortrag durchzusetzen und sich insbesondere nicht, wie andere Telekommunikationsunternehmen es tun, einen pauschalen Abzug von z.B. 30 % gefallen lassen will. Gegen eine Klagabweisung spricht auch, dass in der Vergangenheit offenbar viele Gerichte Schadensersatzklagen in Flatrate-Fällen wie die vorliegende als schlüssig angesehen haben.

Es ist mit entsprechendem Aufwand möglich und auch sachgerecht, sich dem wirklich entgangenen Gewinn der Klägerin wenigstens zu nähern, indem - für die Klägerin freilich eher ungünstige - Annahmen zum Nutzungsverhalten eines durchschnittlichen Kunden getroffen und die jeweils maximal anfallenden Terminierungsentgelte zu Grunde gelegt werden. Dass dies alles andere als zwingend ist und die Klägerin auch in künftigen Fällen nicht erwarten kann, sich den Aufwand für eine schlüssige Anspruchsdarstellung sparen zu können, dürfte sich allerdings von selbst verstehen.

Der Schätzung im vorliegenden Fall ist zu Grunde zu legen, dass die monatlichen 120 Freiminuten voll für Telefonate in fremde Mobilfunknetze genutzt werden, wodurch im Oktober/ November 2011 monatlich rund 4,- EUR netto Fremdkosten angefallen wären und ab Dezember 2012 monatlich 2,22 EUR. Weiter ist von maximal acht Stunden Verbindungszeit pro Wochenend-Tag in deutsche Festnetze auszugehen, was bei vier ausgegebenen SIM-Karten, d.h. effektiv vier Nutzern, und dem Ziel einer Ermittlung eines Mindestschadens (d.h. bei maximalen Fremdkosten) nicht unrealistisch sein dürfte. Von den Zielnummern liegen nach hiesiger Schätzung nur fünf Prozent im eigenen Festnetz der Klägerin, dem ehemaligen A...-Netz, das rund 1,9 Millionen Anschlüsse von bundesweit rund 50 Millionen Festnetzanschlüssen umfasst (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/A...). Hinzu kommen zwar Anschlüsse im Bereich verbundener Unternehmen wie K... D..., die selbst Festnetzanschlüsse anbieten und für deren Nutzung die Klägerin womöglich geringere Entgelte zu zahlen hat. Für eine Schätzung dieser mutmaßlichen Sonderkonditionen liegen dem Gericht jedoch keine Daten vor, so dass für diese Entscheidung davon auszugehen ist, dass die Klägerin für 90 % der Gespräche in Festnetze Fremdkosten zu entrichten hat. Pro Wochend-Tag fallen daher für alle vier SIM-Karten zusammen 432 Festnetzminuten mit Fremdkosten an (8 * 60 * 90%), die die Klägerin bis zu 0,61 ct pro Minute kosten (der Einfachheit halber nach den Tarifen ab 01.12.2012), d.h. 2,63 EUR. Bei im Jahresdurchschnitt 8,66 Wochenend-Tagen je Monat können der Klägerin daher durch die Wochenend-Flat ins Festnetz für die beiden Verträge der Beklagten zusammen pro Monat 22,82 EUR Fremdkosten entstehen. Zusammen mit den Fremdkosten für die Minuten-Optionen können die Fremdkosten der Klägerin allein durch Terminierungsentgelte daher (ab Dezember 2012) monatlich 25,- EUR betragen, d.h. rund 43 % des Netto-Pauschalentgelts.

Betriebswirtschaftlich ist ein solch vergleichsweise hoher Fremdkostenanteil am Wochenende durchaus plausibel, denn er wird ausgeglichen durch die stattlichen Verbindungspreise unter der Woche von - so weit ersichtlich - 29 ct pro Minute, die gewissermaßen Wochenendgespräche quersubventionieren, und natürlich durch Wenignutzer bzw. Personen, die hauptsächlich innerhalb der Netze der Klägerin telefonieren. Dieser Ausgleich bleibt für die vorliegenden gekündigten Verträge aber außer Betracht, bei denen keine Verbindungskosten anfallen, jedenfalls so lange die Klägerin zu den durchschnittlich erzielten Gewinnen aus Werktag-Verbindungen eines Durchschnittskunden nichts vorträgt.

Nimmt man die oben angesprochenen Einsparungen durch gekündigte Verträge hinzu, die Netzkapazitäten in einplanbarer Weise freisetzen, erscheint für die vorliegenden Teil-Flatrateverträge ein Mindestschaden in Höhe von 50 % der Monatspauschale angemessen. Im Ergebnis rechtfertigt die zahlenmäßige Überprüfung der hier zu beurteilenden Teil-Flatrate-Verträge also die bereits von den Amtsgerichten Berlin-Tempelhof-Kreuzberg und Bremen gefundene, frei geschätzte Lösung eines angemessen Abzugs von 50 % ersparter Aufwendungen.

c) Die Klägerin hat in ihrer Rechnung vom 31.10.2011 im Vertrag vom 12.04.2011 als "Schadenersatz für Basispreis" 627,26 EUR netto geltend gemacht, von denen nach Abzug der Portogutschriften in Höhe von 17,- EUR 610,26 EUR netto übrig bleiben. Beim Vertrag vom 13.04.2011 beträgt der "Schadensersatz für Basispreis" laut Rechnung 470,05 EUR, nach Abzug der Portogutschriften 453,05 EUR. 50 % des Gesamtschadens von 1.063,30 EUR sind 531,65 EUR. Über die Restlaufzeit von 17 Monaten abgezinst mit 3 % p.a. bleiben als von der Beklagten zu leistender Schadensersatz 499,66 EUR übrig, gerundet 500,- EUR (ohne MWSt.).

4. Nach dem oben Gesagten schuldet die Beklagte daher, soweit die Klage schlüssig ist, 413,10 EUR laufende Entgelte und 500,- EUR Mindest-Schadensersatz, zusammen also 913,10 EUR. Über ihr Teilanerkenntnis von 682,45 EUR hinaus ist sie daher aufgrund ihrer Säumnis zu weiteren 230,65 EUR zu verurteilen. Die darüber hinausgehende Klage ist im Weg eines unechten Versäumnisurteils abzuweisen.

5. a) An Nebenforderungen stehen der Klägerin Verzugszinsen in Höhe der vertraglich vereinbarten 4 % ab dem Zeitpunkt der Geltendmachung vom 01.12.2011 zu (§ 286 BGB).

b) Für je drei nach Verzugseintritt versandte Mahnungen pro Vertrag, insgesamt also sechs Mahnungen, kann die Klägerin je 2,50 EUR verlangen, zusammen also 15,- EUR (Palandt/ Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 286 Rn. 45), aber nicht mehr. Hinzu kommen die Bankrücklastkosten wie geltend gemacht mit 8,61 EUR je Vertrag, zusammen also 17,22 EUR.

c) Bei der Schadensposition der vorgerichtlichen Anwaltskosten ist der Schaden der Klägerin begrenzt auf eine 0,5-fache Anwaltsgebühr aus einem Gegenstandswert von 913,10 EUR, also 42,50 EUR zuzüglich 8,50 EUR Auslagenpauschale. Dass die Klägerin pro Vertrag getrennte Mahnungen verschickt, ist auf dem Hintergrund des EDV-gestützten Massenbetriebs als adäquater Verzugsschaden hinzunehmen. Unwirtschaftlich und von der Beklagten nicht zu erstatten sind aber die Mehrkosten, die durch die getrennte Behandlung der Ansprüche aus beiden Verträgen beim Klägervertreter und in den beiden Mahnverfahren entstanden sind. Dies wird nicht nur dazu führen, dass die Prozesskosten im Kostenfestsetzungsverfahren nur in dem Umfang zu erstatten sind, wie sie bei einem Mahnbescheid angefallen wären, in dem die Forderungen aus den beiden parallelen Verträgen zusammengefasst sind. Es führt auch dazu, dass die vorgerichtlichen Anwaltskosten aus einem gemeinsamen Streitwert von 913,10 EUR zu berechnen sind. Die beiden Schreiben vom 21.02.2010 sind Mahnungen von der Stange und wortgleich. Die Sachbehandlung beim Klägervertreter zeigt, dass Forderungen dieser Art én masse abgefertigt werden. Eine vorgerichtliche Tätigkeit mit weniger individuellem Aufwand erscheint praktisch nicht denkbar, so dass die für eine Rechtssache mit bedingtem Prozessauftrag gültige 0,5-fache Mindestgebühr angemessen ist.

6. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3, 708 Nr. 11, 711 S. 1 ZPO. Bei der Bemessung der Kostenquote war vom fiktiven Gesamtstreitwert auszugehen, weil die Klägerin in den beiden Rechtsstreiten Nebenforderungen von weit mehr als 10 % der (aufaddierten) Hauptforderung geltend gemacht und mit diesen nach den Teilrücknahmen im Lauf des Rechtsstreits sogar überwiegend ohne Erfolg geblieben ist (Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 92 Rn. 11). Dies führt dazu, dass die Beklagte, die Nebenforderungen (ohne Zinsen) eingeschlossen, mit 54 % unterliegt. Nachdem die Beklagte jedoch teilweise anerkannt hat und die Kosten des Versäumnisurteils auch von der Klägerin verursacht sind, soweit die teilweise unschlüssige Klage abgewiesen wurde, und nachdem außerdem die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits bewusst niedrig gehalten und keinen Prozessbevollmächtigten eingeschaltet hat, besteht kein Grund, die Beklagte im Weg einer Kostenteilung an den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu beteiligen. Vielmehr spricht alles dafür, dass eine Kostenaufhebung gerecht ist.

7. Die Berufung war zuzulassen (§ 511 Abs. 4 ZPO), weil es bisher an einheitlicher Rechtsprechung zu Schadensersatzklagen gekündigter Telekommunikationsverträge zum - ggf. teilweisen - Pauschaltarif fehlt. Veröffentlicht sind nur wenige Einzelentscheidungen. Dem Gericht ist allerdings bekannt, dass auch im hiesigen Gerichtsbezirk teilweise geringere Pauschalabzüge auf die Monatsentgelte über die Abzinsung und die Portokosten hinaus vorgenommen werden, die von der Klägerin und ihren Wettbewerbern wegen der niedrigen Beschwer jeweils hingenommen werden mussten. Eine Klärung erscheint deshalb geboten.