BGH, Urteil vom 29.11.2013 - LwZR 8/12
Fundstelle
openJur 2014, 2221
  • Rkr:
Tenor

Auf die Revision des Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln - Senats für Landwirtschaftssachen - vom 31. Juli 2012 aufgehoben.

Die weitergehende Anschlussrevision der Klägerin wegen eines Betrags von 2.855,97 € wird als unzulässig verworfen.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Klägerin verpachtete ihrem Enkel ihr gehörendes Ackerland. Dieser überließ dem Beklagten eine Teilfläche im Wege des Pflugtausches. Später 1 verkaufte die Klägerin das Land an die G. , die den Grundbesitz erschließen und in Teilflächen weiterverkaufen wollte. Das Pachtverhältnis mit dem Enkel wurde Ende des Jahres 2007 einvernehmlich aufgehoben. Nachdem der Beklagte einer Aufforderung zur Räumung der von ihm genutzten Teilfläche nicht nachgekommen war, wurde er im Oktober 2008 rechtskräftig zur Räumung und Herausgabe verurteilt; zudem wurde festgestellt, dass er der Klägerin den Schaden zu ersetzen hat, der ihr infolge der nicht fristgerechten Herausgabe entsteht. Am 18. Dezember 2008 gab der Beklagte die Fläche an die Klägerin heraus.

Die G. bezifferte im August 2009 den ihr entstandenen Schaden wegen verzögerter Erschließung und Weiterveräußerung auf 123.492,99 € und verlangte von der Klägerin die Zahlung dieses Betrags.

Mit der Behauptung, sie habe 100.000 € hinterlegt und davon inzwischen 50.000 € an die G. gezahlt, hat die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 100.000 € nebst Zinsen und zur Freistellung von einer gegen sie gerichteten Forderung der G. von 15.246,56 € verlangt. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat der Klage in Höhe von 2.955,97 € nebst Zinsen und anteiligen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten stattgegeben. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Freistellung von Ansprüchen der G. in Höhe weiterer 112.390,59 € nebst vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, hilfsweise zur Zahlung von 97.044,03 € als Schadensersatz und zur Freistellung von einem Anspruch der G. von 15.246,56 €, beantragt. Das Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - hat den Be-2 klagten verurteilt, die Klägerin über die in dem amtsgerichtlichen Urteil ausgesprochene Zahlung hinaus von einer Schadensersatzforderung der G. bis zu einem Betrag von 65.246,56 € freizustellen.

Mit der von dem Senat zugelassenen Revision will der Beklagte die Zurückweisung der Berufung der Klägerin gegen das amtsgerichtliche Urteil erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels und erstrebt im Wege der Anschlussrevision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, die weitere Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 50.000 €.

Gründe

I.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts besteht der Schaden der Klägerin in der Belastung mit einer Verbindlichkeit, solange sie keinen Schadensersatz an die G. gezahlt hat. Insoweit könne sie den Beklagten nur auf Freistellung in Anspruch nehmen. Zahlung habe die Klägerin - nach ihrem von dem Beklagten bestrittenen Vortrag - nur in Höhe von 50.000 € geleistet. Deshalb sei davon auszugehen, dass die Forderung der G. gegen die Klägerin in Höhe des nach wie vor hinterlegten Betrags von 50.000 € und in Höhe weiterer 15.546,56 € nicht erfüllt sei. Die Freistellungsverpflichtung des Beklagten umfasse auch die Pflicht, etwaige unberechtigte Forderungen der G. gegen die Klägerin abzuwehren. Deshalb komme es nicht darauf an, ob der G. tatsächlich Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin zustünden. 4 Die nach der Behauptung der Klägerin von ihr an die G. gezahlten 50.000 € könne sie nicht von dem Beklagten erstattet verlangen, weil nicht feststehe, dass der Zahlung ein berechtigter Schadensersatzanspruch der G. zugrunde gelegen habe. Dass ein den Betrag von 65.246,56 € übersteigender Anspruch der G. bestehe, habe die Klägerin nicht schlüssig dargetan bzw. sei nicht erwiesen.

II.

Das hält den Revisionsangriffen des Beklagten nicht stand.

1. Ohne Erfolg rügt der Beklagte allerdings einen Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Es kann nicht festgestellt werden, dass es bei der Entscheidungsfindung nicht ordnungsgemäß besetzt war.

a) Der Rechtsstreit betrifft eine Landpachtsache im Sinn von § 1 Nr. 1a LwVG. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LwVG handelt es sich um eine streitige Landwirtschaftssache, in der das Gesetz die Beteiligung von zwei ehrenamtlichen Richtern in allen Instanzen vorsieht (§ 2 Abs. 2 LwVG). Das hat das Berufungsgericht beachtet. Nach dem Protokoll haben an der mündlichen Verhandlung am 10. Mai 2012 zwei ehrenamtliche Richter mitgewirkt, die auch im Eingang des Berufungsurteils aufgeführt sind. Nach dem Eingang eines der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nachgelassenen Schriftsatzes beraumte der Vorsitzende des erkennenden Senats des Berufungsgerichts unter Berücksichtigung des ursprünglich auf den 10. Juli 2012 festgesetzten Termins zur Verkün-6 dung einer Entscheidung einen Beratungstermin für den 9. Juli 2012 an, zu dem die ehrenamtlichen Richter geladen werden sollten. Anhaltspunkte dafür, dass sie nicht geladen wurden und dieser Beratungstermin nicht stattgefunden hat, gibt es nicht. Vielmehr wurde der Verkündungstermin nach dem Eingang eines Schriftsatzes des Beklagten vom 28. Juni 2012 mit Rücksicht darauf, dass die nachgereichten Schriftsätze unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter beraten werden mussten, auf den 24. Juli 2012 verlegt. Dem Berichterstatter wurden die Akten mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 9. Juli 2012, also dem Tag der Beratung, erneut vorgelegt.

b) Eine weitergehende Dokumentationspflicht hinsichtlich der Beteiligung der ehrenamtlichen Richter an der Beratung besteht nicht. Lediglich bei einer im Umlaufverfahren getroffenen Entscheidung muss aus den Akten erkennbar sein, dass die ehrenamtlichen Richter den Urteilsentwurf gebilligt haben. Die Billigung bedeutet zum einen das Einverständnis, dass die Entscheidung so, wie entworfen, verkündet werden kann. Zum anderen ist sie die Bestätigung dafür, dass die ehrenamtlichen Richter bei der Beratung und Beschlussfassung über die Entscheidung mitgewirkt haben. Diese Mitwirkung kann, weil die ehrenamtlichen Richter das Urteil nicht unterschreiben (§ 48 Abs. 1 Satz 2 LwVG), nur durch das Festhalten der Billigung in einer für die Parteien und das Rechtsmittelgericht nachprüfbaren Weise nachgewiesen werden (Senat, Urteil vom 20. April 2012 - LwZR 5/11, NJW-RR 2012, 879, 880 Rn. 12). Erfolgt die Beratung jedoch - wie in der Regel - mündlich im Beisein sämtlicher beteiligten Richter nach Maßgabe von § 193 Abs. 1, § 194 GVG (vgl. Senat, Urteil vom 24. April 2009 - LwZR 3/08, juris Rn. 8, insoweit nicht abgedruckt in GuT 2010, 110; Senat, Urteil vom 28. November 2008 - LwZR 4/08, NJW-RR 2009, 286 f. 10 Rn. 8; Zöller/Lückemann, ZPO, 29. Aufl., § 194 GVG Rn. 1), ist eine solche Dokumentation nicht notwendig. Sie wird auch bei einer im Anschluss an die mündliche Verhandlung durchgeführten Beratung nicht im Protokoll oder an anderer Stelle in den Akten vermerkt.

c) Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass die ehrenamtlichen Richter an der abschließenden Urteilsberatung, die erst nach dem Ablauf der der Klägerin eingeräumten und von ihr ausgenutzten Schriftsatzfrist stattfinden durfte (vgl. Senat, Urteil vom 28. November 2008 - LwZR 4/08, NJW-RR 2009, 286, 287 Rn. 10), weil das Berufungsgericht den Inhalt nachgelassener Schriftsätze nach § 283 Satz 2 ZPO berücksichtigen muss (Senat, Urteil vom 25. April 2008 - LwZR 6/07, NL-BzAR 2008, 301, 302 Rn. 9), teilgenommen und - im Hinblick auf den nachgereichten Schriftsatz des Beklagten - auch an der Entscheidung über eine möglicherweise notwendige Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung - wie geboten - (Senat, Urteil vom 15. April 2011 - LwZR 7/10, NL-BzAR 2011, 270, 271 Rn. 12; Urteil vom 23. November 2007 - LwZR 5/07, NJW 2008, 580, 581 Rn. 8) mitgewirkt haben.

2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch den Beklagten zur Freistellung der Klägerin von Schadensersatzforderungen der G. bis zu einem Betrag von 65.246,56 € verurteilt. Es durfte nicht offen lassen, ob und in welchem Umfang der G. Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin zustehen.

a) Zwar geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass zum Wesen einer auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage bestehenden Freistel-11 lungspflicht nicht nur die Befriedigung begründeter Ansprüche, sondern auch die Pflicht zur Abwehr unbegründeter Ansprüche gehört (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2010 - VIII ZR 86/09, NJW-RR 2011, 479 f. Rn. 12; Urteil vom 24. Oktober 2002 - IX ZR 355/00, BGHZ 152, 246, 255; Urteil vom 19. Januar 1983 - IVa ZR 116/81, NJW 1983, 1729, 1730; Urteil vom 24. Juni 1970 - VIII ZR 268/67, NJW 1970, 1594, 1595). Der Freizustellende soll nach dem Sinn der Freistellung der Gefahr enthoben sein, entweder eine unbegründete Forderung zu erfüllen oder sich wegen einer begründeten Forderung mit einer Klage überziehen zu lassen (BGH, Urteil vom 19. April 2002 - V ZR 3/01, NJW 2002, 2382). Aber hier geht es nicht um eine vertragliche oder gesetzliche Freistellungsverpflichtung, sondern um die auf einem rechtskräftig festgestellten Schadensersatzanspruch der Klägerin beruhende Verpflichtung des Beklagten, die Klägerin von ihren Verbindlichkeiten gegenüber der G. freizustellen. In diesem Fall, in welchem der zu ersetzende Schaden in der Belastung mit einer Verbindlichkeit besteht, setzt der auf Freistellung gerichtete Anspruch voraus, dass die Klägerin tatsächlich mit dieser Verbindlichkeit belastet ist, mithin die Schadensersatzforderung der G. erfüllen muss (BGH, Urteil vom 16. November 2006 - I ZR 257/03, NJW 2007, 1809, 1811 Rn. 20; Urteil vom 30. November 1989 - IX ZR 249/88, NJW 1990, 1366, 1367).

b) Darüber hinaus ist die Verurteilung des Beklagten zur Freistellung der Klägerin von einer Forderung der G. nicht hinreichend bestimmt.

aa) Freistellung bedeutet eine Handlung, durch die der in Anspruch Genommene eine Schuld des Antragstellers zum Erlöschen bringt. Dementsprechend muss eine Verurteilung zur Freistellung die Forderung so genau be-14 zeichnen, dass der Beklagte notfalls im Wege der Zwangsvollstreckung, die sich nach § 887 ZPO richtet (BGH, Urteil vom 19. Juni 1957 - IV ZR 214/56, BGHZ 25, 1, 7), zur Befriedigung des Drittgläubigers angehalten werden kann (BGH, Urteil vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 109/99, NJW 2001, 155, 156; Urteil vom 4. Dezember 1980 - IVa ZR 32/80, BGHZ 79, 76, 77 f.). Ein Vollstreckungstitel, der auf Freistellung von einer Verbindlichkeit gerichtet ist, weist nur dann die für die Zwangsvollstreckung erforderliche Bestimmtheit auf, wenn die Höhe der Zahlungsverpflichtung, von der freigestellt werden soll, eindeutig aus dem Titel hervorgeht (OLGR Stuttgart 2000, 21, 22; OLG Saarbrücken, FamRZ 1999, 110; vgl. Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 253 Rn. 13c). Insoweit bestehen keine Besonderheiten zu anderen Leistungsurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - II ZR 14/10, NJW 2013, 155, 158 Rn. 47; BGH, Urteil vom 25. Januar 2011 - II ZR 171/09, juris Rn. 15; BGH, Urteil vom 4. Juni 1996 - VI ZR 123/95, NJW 1996, 2725, 2726). Die Frage, in welchem Umfang Freistellungsansprüche bestehen, kann nicht dem Vollstreckungsverfahren überlassen werden (Musielak/Lackmann, ZPO, 10. Aufl., § 704 Rn. 8).

bb) Diese Anforderungen erfüllt das angefochtene Urteil nicht. Indem das Berufungsgericht den Beklagten verurteilt hat, die Klägerin von der Schadensersatzforderung der G. bis zu einem Betrag von 65.246,56 € freizustellen, lässt es die genaue Höhe des Freistellungsbetrags offen und setzt lediglich eine Obergrenze fest. Auch aus dem übrigen Urteilsinhalt, der bei der Feststellung des zu vollstreckenden Anspruchs ergänzend heranzuziehen ist (OLGR Stuttgart 2000, 21, 22; OLG Saarbrücken, FamRZ 1999, 110), ergibt sich nicht der Umfang der Freistellungsverpflichtung. Insoweit wird auf die nachstehenden Ausführungen unter c) verwiesen. 16 c) Das Berufungsurteil hat auch deshalb keinen Bestand, weil die der Freistellungsverurteilung zugrunde liegende Berechnung nicht nachvollziehbar ist.

aa) Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz mit ihren Hauptanträgen die Freistellung von einer Forderung von 112.390,59 € verlangt, so dass sich unter Berücksichtigung des bereits von dem Amtsgericht zuerkannten Betrags von 2.955,97 €, der nicht mehr streitgegenständlich war, gegenüber der erstinstanzlich insgesamt verlangten Forderung eine nicht schlüssig dargelegte Differenz in Höhe von 100 € ergibt. Damit hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt. Dieser Betrag deckt sich auch nicht mit dem den Hilfsanträgen zugrunde liegenden Klageziel, mit denen die Klägerin einen weiteren Gesamtschadensersatz von 112.290,59 €, mithin den in erster Instanz nicht zuerkannten Betrag, gefordert hat.

bb) Darüber hinaus ist die Berechnung des Berufungsgerichts im Hinblick auf die einzelnen Schadenspositionen unvollständig. Es wird nicht klargestellt, hinsichtlich welcher Schadenspositionen der Klägerin über den durch das Amtsgericht zuerkannten Zahlungsbetrag hinaus ein Freistellungsanspruch zustehen soll bzw. welche Schadenspositionen im Rahmen der hilfsweise verlangten Zahlung als unbegründet erachtet werden. Damit ist der Umfang der Verurteilung nicht ersichtlich.

(1) Durch Bezugnahme auf das amtsgerichtliche Urteil geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Klägerin folgende Schadenspositionen geltend macht:

Baustillstandskosten 55.136,04 €

Bauzeitunterbrechungskosten 38.471,68 €

zuzüglich der Klageerweiterung zu Pos. 4.4.50 4.331,73 €

Zinsaufwandschaden 5.762,89 €

Verzugsschaden Käufer 3.550,00 €

Bereitstellungszinsen Käufer 1.260,00 €

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Restliche Anwaltskosten der G. 3.778,25 €

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112.290,59 €

Hiervon erachtet es den geltend gemachten Anspruch auf Baustillstandskosten insgesamt als unbegründet, mithin einen Betrag von 55.136,04 €. Gleiches gilt für den Zinsaufwandschaden von 5.762,89 €, den Verzugsschaden der Käufer von 3.550,00 € sowie die bei diesen angefallenen Bereitstellungszinsen von 1.260,00 €. Hinsichtlich der Bauzeitunterbrechungskosten geht das Berufungsgericht nur auf drei Kostenpositionen mit einem Gesamtbetrag von 14.184 € netto - unter Berücksichtigung des abgerechneten Nachlasses von 16.710,17 € brutto - ein, die als unbegründet angesehen werden. Zu den weiteren Positionen der Bauzeitunterbrechungskosten, die unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens zu Position 4.4.50 einen Betrag von insgesamt 25.621,06 € brutto ausmachen, enthält das angefochtene Urteil keine Be-20 gründung. Insbesondere erlaubt die im Zusammenhang mit den Bauzeitunterbrechungskosten gewählte Formulierung, dass jedenfalls die Kostenpositionen der Materialpreis- und Lohnanpassung sowie der kaufmännischen Kosten im dargelegten Umfang nicht gerechtfertigt seien, keinen eindeutigen Rückschluss auf die Begründetheit oder Unbegründetheit der weiteren, nicht erwähnten Kosten. Mit den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der G. , die das Amtsgericht lediglich in Höhe von 502,78 € zuerkannt hatte, so dass im Rahmen der Berufung über einen weiteren Betrag von 3.778,25 € zu entscheiden war, hat sich das Berufungsgericht ebenfalls nicht befasst.

(2) Damit lässt es das Bestehen der geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht nur offen, sondern hält sie in Höhe von jedenfalls 82.419,10 € für unbegründet; hinsichtlich weiterer Positionen in Höhe von 29.399,31 € fehlt es an einer näheren Begründung. Angesichts der mit den Hauptanträgen verfolgten Freistellung in Höhe von 112.390,59 € geht die Verurteilung des Beklagten zu einer Freistellung der Klägerin bis zu einem Betrag in Höhe von 65.246,56 € somit über das Klageziel hinaus.

III.

Die Anschlussrevision der Klägerin ist in Höhe von 2.855,97 € unzulässig. Im Übrigen ist sie zulässig und begründet.

1. Gegenstand des Berufungsverfahrens war nach Maßgabe der von der Klägerin gestellten Anträge ein Betrag von 112.390,59 €. Mit der Anschlussre-22 vision will sie erreichen, den Beklagten zuzüglich zu der Verurteilung des Berufungsgerichts, also der Freistellung bis zu einem Betrag in Höhe von 65.246,56 €, zur Zahlung von 50.000,00 € zu verurteilen. Das geht in Höhe von 2.855,97 € über den Streitgegenstand des angefochtenen Urteils hinaus. Insoweit ist das Rechtsmittel unzulässig. Der Revisionsbeklagte kann mit einer Anschlussrevision nur die Anträge stellen, welche bei einer selbständigen Revision zulässig wären (§ 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Eine Erweiterung auf Ansprüche, die nicht Gegenstand des Berufungsurteils sind, ist mit der Revision nicht möglich (Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 551 Rn. 9), Deshalb kann sich der Revisionsbeklagte dem Rechtsmittel des Gegners nur anschließen, wenn und soweit ihn das Berufungsurteil beschwert (Musielak/Ball, ZPO, 10. Aufl., § 554 Rn. 5). Das ist hier hinsichtlich des übersteigenden Betrags in Höhe der von dem Amtsgericht zuerkannten Forderung (abzüglich der Mehrforderung in der Berufungsinstanz in Höhe von 100 €) nicht der Fall.

2. Im Übrigen ist die Anschlussrevision zulässig und hat im Ergebnis Erfolg.

a) Allerdings hat das Berufungsgericht, anders als die Klägerin meint, ihr zu Recht die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs der G. gegen sie in Höhe von 50.000 € zugewiesen. Anders als bei der Verletzung eines vertraglichen Freistellungsanspruchs, die zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast führt, wenn dem Freistellungsschuldner erfolglos Gelegenheit gegeben wurde, seiner Freistellungsverpflichtung durch Verhandlungen mit dem Drittgläubiger nachzukommen (BGH, Urteil vom 25 19. April 2002 - V ZR 3/01, NJW 2002, 2382), verbleibt es in Fällen wie dem vorliegenden, in denen der im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs geltend gemachte Schaden in der Belastung mit einer Verbindlichkeit besteht, bei dem allgemeinen Grundsatz, dass der Gläubiger darlegen und beweisen muss, worin sein Schaden - hier ein Verzögerungsschaden - besteht und wie hoch dieser ist (Baumgärtel/Repgen, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., § 286 Rn. 15; vgl. MünchKomm-BGB/Ernst, 6. Aufl., § 286 Rn. 168).

b) Da es das Berufungsgericht jedoch rechtsfehlerhaft offen gelassen hat, ob und in welchem Umfang die G. von der Klägerin Schadensersatz verlangen kann (siehe vorstehend unter II. 2. a)), und sich überdies nicht mit sämtlichen streitgegenständlichen Schadenspositionen befasst hat (siehe vorstehend unter II. 2. c)), kann auch der Gegenstand der Verurteilung nicht nachvollzogen werden. Das Berufungsurteil hat daher auch insoweit keinen Bestand, wie es mit der Revision des Beklagten nicht, wohl aber - soweit zulässig - mit der Anschlussrevision der Klägerin angefochten wird. Es ist deshalb vollständig aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).

IV.

Durch die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO) erhält die Klägerin Gelegenheit, die Berechnung ihres Freistellungsanspruchs zu überprüfen. Das Berufungsgericht muss unter Berücksichtigung der Einwände des Beklagten prüfen, ob den geltend gemachten Schadenspositionen berechtigte Forderungen der G. gegenüber der Klägerin zugrunde liegen. Dabei hat es gegebenenfalls zu berücksichtigen, dass der An-27 spruch der Klägerin auf Schadensersatz dem Grunde nach rechtskräftig feststeht. In einem solchen Fall muss der Tatrichter bei Lücken oder Unklarheiten im klägerischen Vortrag zur Schadenshöhe nach pflichtgemäßem Ermessen beurteilen, ob nach § 287 ZPO die Schätzung eines Mindestschadens möglich ist (BGH, Urteil vom 23. Oktober 1991 - XII ZR 144/90, NJW-RR 1992, 202, 203; Urteil vom 6. Juni 1989 - VI ZR 66/88, NJW 1989, 2539).

Stresemann Lemke Czub Vorinstanzen:

AG Bergisch Gladbach, Entscheidung vom 16.06.2011 - 2 Lw 2/10 -

OLG Köln, Entscheidung vom 31.07.2012 - 23 U 5/11 -