VG München, Beschluss vom 08.07.2013 - M 11 E 13.2597
Fundstelle
openJur 2014, 1829
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,-- € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt Maßnahmen wegen angeblicher Brandschutzmängel im Gebäude der Justizvollzugsanstalt (JVA) ... auf dem Grundstück FlNr. ..., Gemarkung ...

Mit Schriftsatz vom 1. Juni 2013, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am 10. Juni 2013, beantragte der Antragsteller

eine sofortige richterliche Entscheidung wegen Gefahr in Verzug aufgrund fehlenden Brandschutzes in der JVA ..., die Entziehung der Betriebserlaubnis.

Zur Begründung führte er aus, dass in dem Gebäude der JVA ... der durch einschlägige Regelungen geforderte Brandschutz nicht gewährleistet sei. Er wies hierzu auf aus seiner Sicht bestehende Mängel in Bezug auf den baulichen Brandschutz wie auch organisatorische Maßnahmen wie Hinweisschilder für Flucht- und Rettungswege, Feuerlöscher und Rauchmelder hin.

Mit Schreiben vom 19. Juni 2013 trat der Antragsgegner dem Antrag entgegen. Die „Klage“ sei bereits unzulässig, da weder der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei, noch der Markt ... der richtige Beklagte sei.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

Das Rechtsschutzziel des Antragstellers ist dahingehend auszulegen (§ 88 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO), dass er den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO gegenüber dem Antragsgegner begehrt. Zwar bezeichnet sich der Antragsteller im Schreiben vom 1. Juni 2013 als „Kläger“ und spricht von einem „Klagegrund“; in der Sache jedoch hält er eine „sofortige richterliche Entscheidung wegen Gefahr in Verzug“ für erforderlich. Effektiver Rechtsschutz könnte angesichts der behaupteten Dringlichkeit im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gewährt werden. Weiter ist davon auszugehen, dass der Antragsteller ein Tätigwerden der örtlich zuständigen Unteren Bauaufsichtsbehörde begehrt. Würde er dagegen darauf abzielen, dass die Justizvollzugsanstalt selbst tätig werden sollte, hätte es näher gelegen, dass sich der Antragsteller gemäß § 108 Strafvollzugsgesetz – StVollzG an die Anstaltsleitung bzw. an die Aufsichtsbehörde gewandt oder einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung bei der zuständigen Strafvollstreckungskammer gemäß §§ 109, 113 StVollzG gestellt hätte. Auch entspräche ein bauaufsichtliches Einschreiten wohl eher der begehrten „Entziehung der Betriebserlaubnis“ als ein Tätigwerden der Justizvollzugsanstalt selbst.

Der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist vorliegend eröffnet. Der Antragsteller begehrt die „Entziehung der Betriebserlaubnis“ für die Justizvollzugsanstalt ... wegen angeblicher Brandschutzmängel. Antragsgegenstand ist damit keine unterlassene Maßnahme einer Strafvollzugsbehörde auf dem Gebiet des Strafvollzugs nach §§ 109, 110 StVollzG. Vielmehr ist sein Rechtsschutzbegehren auf ein bauaufsichtliches Tätigwerden im Rahmen der Aufgaben nach Art. 54 Abs. 1, 2 Bayerische Bauordnung - BayBO - gerichtet.

Der Antrag nach § 123 VwGO ist jedoch unzulässig, da der Antragsteller keine Antragsbefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog geltend machen kann. Ein Anspruch darauf, dass die Untere Bauaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen über ein bauaufsichtliches Tätigwerden bezüglich der JVA ... zu entscheiden hat, kommt nicht in Betracht. Es ist im Einzelnen zweifelhaft, inwieweit Bauaufsichtsbehörden in Bezug auf gemäß Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayBO von der Bauüberwachung freigestellte Anlagen wie Justizvollzugsanstalten Aufgaben der allgemeinen Bauaufsicht nach Art. 54 BayBO wahrnehmen können (vgl. hierzu Schwarzer/König, Kommentar zur BayBO, 4. Auflage 2012, RdNr. 11 zu Art. 73). Diese Frage bedarf jedoch vorliegend keiner Klärung. Voraussetzung für einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten ist jedenfalls, dass der Einzelne geltend machen kann, durch die Errichtung, Änderung oder Nutzung einer baulichen Anlage in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt zu sein. Der Einzelne kann nicht im Wege des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes die allgemeine Aufgabenwahrnehmung der Bauaufsichtsbehörden einfordern. Da der Antragsteller zum einen nicht in der JVA ... untergebracht ist, scheidet aus, dass er wegen der behaupteten Mängel des dortigen Brandschutzes in individuellen Rechten z.B. auf Schutz seiner Gesundheit betroffen sein könnte. Zum anderen räumen bauaufsichtliche Vorschriften nur Grundstückseigentümern und ihnen gleichgestellten Personen subjektiv-öffentliche Rechte auf ermessensfehlerfreie Entscheidungen der Bauaufsichtsbehörden ein (Dirnberger in Simon/Busse, Kommentar zur BayBO, Stand 111. EL 2013, RdNr. 100 zu Art. 54). Bewohner von Gebäuden dagegen können ggf. Ansprüche gegenüber dem jeweiligen Gebäudeverantwortlichen geltend machen. Dem Antragsteller stünde – soweit sein Anliegen seine eigene Unterbringung betreffen würde – die Möglichkeit offen, sich nach § 108 StVollzG an die Anstaltsleitung zu wenden und ggf. gemäß §§ 109, 113 StVollzG einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung bei der zuständigen Strafvollstreckungskammer zu stellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG, wobei im Eilverfahren die Hälfte des Streitwerts des Hauptsacheverfahrens anzusetzen war.

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