LG Krefeld, Urteil vom 22.01.2010 - 7 O 28/08
Fundstelle
openJur 2014, 1469
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist selbständiger Transportunternehmer und verlangt von den Beklagten Schmerzensgeld für eine Verletzung durch die Tür eines von ihm beförderten Fracht-Containers sowie Ersatz von aufgrund der Verletzung eingetretener Folgeschäden.

Die Beklagte zu 1. betreibt am E Hafen einen so genannten "Containerterminal”, d.h. eine Anlage, an der Container zwischen Containerschiffen und Landtransportmitteln umgeschlagen werden. Die Beklagte zu 1. wurde von der H & T M & Co. KG beauftragt, einen Container aufzunehmen, zu der Beklagten zu 3. zu transportieren, diesen dort beladen zu lassen und mit der Ladung "HARMLESS CHEMICALS” zurück zu ihrem eigenen Betriebsgelände transportieren zu lassen. Der Container steht im Eigentum der Beklagten zu 4., einer in L ansässigen Reederei.

Die Beklagte zu 1. beauftragte den Kläger, den Container zum Betriebsgelände der Beklagten zu 3. und nach dem Beladen von dort wieder zurück zu transportieren. Für seine Transporttätigkeit setzte der Kläger wie gewöhnlich seine eigene Sattelzugmaschine und ein Chassis zum Transport von Containern ein, welches er zur Durchführung von Transportaufträgen bei der Beklagten zu 1. angemietet hatte. Der Kläger verankerte den leeren Container auf dem Chassis und beförderte ihn auf das Betriebsgelände der Beklagten zu 3.. Bei Übernahme des Containers am 26.06.2007 unterschrieb der Kläger eine Übergabe-Umschlagsquittung. Wegen der Einzelheiten wird auf den von dem Kläger unterschriebenen, und von der Beklagten zu 1. als Anlage 2 zur Gerichtsakte gereichten Frachtbrief (47 GA) und auf die von dem Kläger unterschriebene und von der Beklagten zu 1. als Anlage 3 zur Gerichtsakte gereichte Übergabe-/Umschlagsquittung (Bl. 48 GA) Bezug genommen.

Bei der Beklagten zu 3. angekommen, öffnete der Kläger die Containertüren, sicherte die rechte Containertür, indem er diese mit einem Tau an dem Container festband, und setzte mit dem Container rückwärts an ein Rolltor. Die linke Containertür musste nicht gesichert werden, da sich auf der linken Seite eine Wand befand. Der Container wurde sodann von Mitarbeitern der Beklagten zu 3. beladen. Aufgrund von starken Windes riss das Sicherungstau und die rechte Containertür schlug zu. Dabei traf die Containertür den Kläger im Gesicht und fügte ihm multiple Gesichtsfrakturen zu. Wegen dieser Gesichtsfrakturen wurde der Kläger noch am gleichen Tag in das T. K. in L eingewiesen und stationär behandelt. Er leidet seither an Beeinträchtigungen wie Taubheitsgefühlen im Gesicht und migräneähnlichen Kopfschmerzen. Infolge der stationären Krankenhausbehandlung stand sein Sattelzug 7 Tage lang still. Anschließend setzte der Kläger einen Aushilfsfahrer ein.

Der Kläger behauptet, die Beklagte zu 4. habe den Container an die Beklagte zu 1. vermietet. Dabei sei das später gerissene Sicherungstau bereits an dem Container angebracht gewesen. Als er die rechte Containertür auf dem Betriebsgelände der Beklagten zu 3. mit dem Tau gesichert habe, sei das Sicherungstau nach seinem äußeren Anschein funktionstüchtig gewesen. Eine Gefahr durch die heftigen Windböen habe er nicht erkannt. Er habe sich im Radius der Containertür befunden, da er das Frachtgut bzw. dessen Übereinstimmung mit dem Frachtbrief kontrolliert habe. So genannte Checker hätten den Container bei der Beklagten zu 1. geprüft bzw. zu prüfen gehabt. Der aus dem siebentägigen Betriebsstillstand des Lkw resultierende Schaden betrage 2.882,55 EUR zuzüglich 120,- EUR für eine weitere Fracht, die er am Schadenstag nicht mehr habe ausführen können. Abzuziehen sei ein ersparter Treibstoffaufwand von 482,33 EUR. Die Kosten für den anschließend eingesetzten Aushilfsfahrer hätten 1.840,- EUR betragen.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten zu 1. bis 4. als Gesamtschuldner zu verurteilen,

a) 4.360,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung an ihn zu zahlen;

b) ein Schmerzensgeld an ihn zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des erkennenden Gerichts gestellt ist und das mindestens 25.000,- EUR betragen soll;

c) eine Schmerzensgeldrente an ihn zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt ist und das mindestens 250,- EUR monatlich betragen soll;

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen, die dem Kläger dadurch entstanden sind und noch entstehen werden, dass der Kläger am 26.06.2007 auf dem Gelände der Beklagten zu 3. von einer in Folge eines gerissenen Sicherungsseils umschlagenden Containertüre im Gesicht getroffen wurde und erhebliche Verletzungen erlitt.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Sie ist unschlüssig.

Die Beklagten hatten bereits keine Verpflichtung gegenüber dem Kläger, für geeignete Mittel zur Sicherung der Containertüren zu sorgen bzw. die Geeignetheit der vorhandenen Sicherungsmittel zu überprüfen und zu gewährleisten.

Ein Beförderer - hier der Kläger - ist verpflichtet, das Transportmittel zu sichern, während be- und entladen wird, um so Schaden vom Absender oder Empfänger abzuwenden (OLG Stuttgart Urteil vom 22.01.2003 - 3 U 168/02 - zitiert nach juris). Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit darin, dass der Container im Verhältnis der Beklagten zu 1.als Spediteurin und der Beklagten zu 3. als Versenderin eher Transportmittel ist, während der Container im Verhältnis der Beklagten zu 1. als Absenderin und dem Kläger als Frachtführer eher zu transportierendes Gut ist. In der konkreten Situation auf dem Gelände der Beklagten zu 3. war der Container jedoch auf dem Chassis verankert und stellte somit Teil des Transportmittels dar, so dass der Kläger für die Sicherung während der Beladung verantwortlich war. Jedenfalls war die Verteilung der Pflichten hinsichtlich des Containers zwischen der Beklagten zu 1. und dem Kläger vertraglich dahin geregelt, dass dieser den ordnungsgemäßen Zustand des Containers zu überprüfen hatte. Dies ergibt sich aus dem Frachtvertrag, wonach von dem Kläger "bei Leercontainer der Empfang des Containers im einwandfreien Zustand" bescheinigt wird. Nach dem Frachtbrief und nach der ebenfalls von dem Kläger unterzeichneten Übergabe- und Umschlagsquittung übernimmt der Kläger als Frachtführer jede nur denkbare Verpflichtung im Hinblick auf den Container. U.a. hatte der Kläger nach dem Frachtbrief "Sicherheitsvorkehrungen für Be- oder Entladung im abgesattelten Zustand zu treffen". Dies muss verständigerweise auch für den aufgesattelten Container gelten. Nach den vertraglichen Beziehungen zwischen der Beklagten zu 1. und dem Kläger war also der Kläger der Beklagten zu 1. zur Prüfung und Sicherung des Containers verpflichtet und nicht umgekehrt. Dies spricht für die Ausführungen der Beklagten zu 4., dass es im internationalen Containergeschäft üblich ist, dass die Verantwortlichkeit für den Container umfassend auf denjenigen Beförderer übertragen wird, in dessen Obhut sich der Container gerade befindet. Dies ist auch durchaus sinnvoll, da Container weltweit vielfach umgeschlagen werden und es daher tatsächlich nicht möglich ist, dass der Eigentümer bzw. einzelne Beförderer gegenüber nachfolgenden Beförderern für den Zustand der Container einstehen.

Nach den vertraglichen Regelungen zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. haftete letztere dem Kläger also nicht für den Zustand des Containers. Dies ist naheliegend, da die Beklagte zu 1. auch dann verständigerweise keine Verantwortung für die von ihr umgeschlagenen, fremden Container übernehmen kann, wenn ihre so genannten Checker eine Sichtkontrolle vornehmen.

Auch die Beklagte zu 3. war dem Kläger offensichtlich nicht für die Sicherung der Containertür verantwortlich, auch wenn der Unfall auf ihrem Betriebsgelände erfolgte. Die Beklagte zu 3. war Versenderin. Ihre Aufgabe war es lediglich, das Transportgut in den vom Kläger geöffneten Container zu verbringen. Die Sicherung der Containertür gehörte hingegen nicht zum Beladen und somit auch nicht zum Pflichtenkreis der Beklagten zu 3. Im Gegenteil war der Kläger gegenüber der Beklagten zu 3. zur Sicherung der Containertür verpflichtet. Es ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht ersichtlich, dass er ein objektiv fremdes Geschäft der Beklagten zu 3. durchgeführt hätte, welches Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag begründen könnte, als er von der Containertür getroffen wurde. Seine Ausführungen in dem Schriftsatz vom 29.10.2009 auf Seite 13f., dass die Beklagte zu 3. als Absenderin verschuldensunabhängig für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der in den Frachtbrief aufgenommenen Angaben zu haften gehabt hätte, gehen bereits deshalb ins Leere, da Absender gegenüber dem Kläger die Beklagte zu 1. als dessen Vertragspartnerin war und die Beklagte zu 3. mit dem vom Kläger korrigierten Frachtbrief nichts zu tun hatte. Dass der Kläger ein eigenes Geschäft führte, als er sich bei Schadenseintritt im Radius der Tür befand und von dieser getroffen wurde, hat der Kläger schließlich im gleichen Schriftsatz auf Seite 6 ausgeführt: "Allein aus diesen dem Kläger als Frachtführer obliegenden Verpflichtungen hielt sich der Kläger im hinteren Ladebereich auf."

Die Beklagte zu 4. war dem Kläger schließlich auch nicht für den Zustand des Containers verantwortlich. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, in den Schutzbereich eines von ihm behaupteten Mietvertrages zwischen der Beklagten zu 4. als Eigentümerin und der Beklagten zu 1. einbezogen worden zu sein, hat er Abschluss und Inhalt dieses Mietvertrages weder substantiiert vorgetragen, noch unter Beweis gestellt. So lässt sich zum Beispiel auch nicht beurteilen, welcher nationalen Rechtsordnung ein derartiger Mietvertrag unterfallen sollte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte zu 4. deliktsrechtliche Verkehrssicherungspflichten gegenüber dem Kläger gehabt hätte. Die Container der Beklagten zu 4. sind in aller Welt unterwegs. Sie befinden sich nicht unter der Kontrolle der Beklagten zu 4., sondern praktisch ausschließlich unter der Kontrolle der Beförderer. Diese können daher nicht darauf vertrauen, dass die Beklagte zu 4. den Container ständig auf seinen jeweils aktuellen Zustand überprüft.

Aber selbst wenn man unterstellt, die Beklagten hätten die von dem Kläger angeführten Verkehrssicherungspflichten gehabt, wäre die Klage unschlüssig. Denn der Kläger hat keine Tatsachen vorgetragen, die zu einer schuldhaften Pflichtverletzung der Beklagten führen würden. Er hat nämlich nicht vorgetragen, dass die Beklagten die von ihm behauptete Untauglichkeit des Sicherungstaus hätten erkennen und den Schadenseintritt somit verhindern können. Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass das Sicherungstau nach seinem äußeren Anschein funktionstüchtig war, als er die Containertür sicherte. Es ist nicht nachvollziehbar, wie die behauptete Untauglichkeit des Sicherungstaus dann für die Beklagten erkennbar gewesen sein soll. Die Checker der Beklagten zu 1. führen eine Sichtkontrolle durch, bei der sie auch nicht mehr erkennen können als der Kläger. Das Verladepersonal der Beklagten zu 3. konnte ebenfalls nicht mehr erkennen als der Kläger. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte zu 4. eine Untauglichkeit des Sicherungstaus hätte erkennen können. Hierzu wäre eine Materialprüfung erforderlich gewesen, die keiner der Beklagten - auch nicht der Beklagten zu 4. - abzuverlangen war. Dies offenbart, dass der Kläger tatsächlich auf eine verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten hinauswill, die jedoch nicht gegeben ist.

Streitwert: 46.908,00 Euro