Brandenburgisches OLG, Urteil vom 12.12.2013 - 5 U 27/13
Fundstelle
openJur 2013, 45846
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Vorbehaltsurteil des Landgerichts Potsdam vom 27. Februar 2013 – Az. 52 O 29/12 – abgeändert und die Klage als in der gewählten Prozessart unstatthaft abgewiesen.

Das Versäumnisurteil des Landgerichts Potsdam vom 5. September 2012 wird aufgehoben.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils aufgrund dieses Urteils beizutreibenden Betrages leistet.

Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: bis 110.000,00 €

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin macht gegen den Beklagten aus der notariellen Urkunde des Notars … in W… (Teilflächenkaufvertrag ohne Auflassung) im Wege des Urkundenprozesses eine Restforderung für erbrachte Erschließungsleistungen gemäß Ziffer XII dieser Urkunde in Höhe von noch 82.000,00 € (von insgesamt 1.000.000,00 €) zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer geltend. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

In prozessualer Hinsicht ist zum besseren Verständnis zu ergänzen:

Die Klägerin hatte mit ihrer Klage zunächst die S…-GmbH (im Folgenden: GmbH) in Anspruch genommen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 5. September 2012 (Bl. 114) hatte diese darauf hingewiesen, aus der genannten notariellen Urkunde nicht berechtigt und verpflichtet zu sein. Die Klägerin hat daraufhin in diesem Termin keinen Sachantrag gestellt und auf Antrag der S… GmbH erging am gleichen Tag ein die Klage abweisendes Versäumnisurteil. Die Klägerin legte rechtzeitig mit Schriftsatz vom 20. September 2012 Einspruch ein und beantragte weiter, das Passivrubrum dahingehend zu berichtigen, dass Beklagte die Firma S… ist (Bl. 134). Am 15. November 2012 reichte die Klägerin eine gegen den jetzigen Beklagten gerichtete gleichlautende Klageschrift ein mit dem Antrag, den Beklagten zur Zahlung von 100.000,00 € zzgl. MwSt zu verurteilen. Mit weiterem Schriftsatz vom 21. November 2012 (Bl. 226) beantragte die Klägerin erneut die Berichtigung des Rubrums, weil es sich bei der S…-GmbH um eine sog. Scheinbeklagte handele. Mit Schriftsatz vom 30. November 2012 kündigte die Klägerin den Antrag an, unter Aufhebung des Versäumnisurteils den Beklagten zur Zahlung von 82.000,00 € zzgl. MwSt zu verurteilen. Gleichzeitig erklärte sie hinsichtlich eines Teilbetrages von 18.000 € zzgl. MwSt die Rücknahme der Klage und die teilweise Erledigung (Bl. 343 f. d. A.), weil in dieser Höhe am 29. November 2012 eine Zahlung des Beklagten eingegangen sei. Der Schriftsatz vom 15. November 2012 wurde dem Beklagten am 20. Dezember 2012 zugestellt (Bl. 351 d. A.). Mit Schriftsatz vom 8. Februar 2013 (Bl. 400) erklärte die Klägerin den Rechtsstreit in Höhe von 18.000,00 € zzgl. MwSt für erledigt und stellte klar, dass die Klage insoweit nicht zurückgenommen worden sei.

Mit Beschluss vom 11. Februar 2013 entließ das Landgericht die Scheinbeklagte S…-GmbH aus dem Rechtsstreit und legte der Klägerin insoweit die Kosten des Rechtsstreits auf.

Im Termin vom 13. Februar 2013 hat die Klägerin die Klage dann in Höhe eines Betrages von 18.000,00 € zzgl. MwSt zurückgenommen und im Übrigen den Antrag aus dem Schriftsatz vom 30. November 2012 gestellt. Der Beklagte beantragte, das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten, hilfsweise die Klage als in der gewählten Prozessart unstatthaft abzuweisen. Nach Hinweis des Beklagten, dass die Klägerin nur Zahlung an die M… verlangen könne, stellte die Klägerin ihren Antrag aus dem Schriftsatz vom 30. November 2012 im Termin dahingehend um, dass Zahlung auf das im Notarvertrag angegebene Konto bei der M… verlangt werde. Der Beklagtenvertreter erklärte, er stimme dieser Klageänderung nicht zu.

Das Landgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung der Klage in dem zuletzt beantragten Umfang stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe im Termin vom 13. Februar 2013 nicht ihren Klageantrag geändert, sondern allein den Erfüllungsort, nämlich ihr Konto bei der M… in den Antrag aufgenommen. Der Restbetrag aus dem Vertrag vom 21. Dezember 2010 sei fällig, die insoweit maßgebliche Leistungsabnahme sei am 19. Oktober 2011 mit der Bauabnahme der Straßen durch die Stadt K… erfolgt. Die Fälligkeit sei nicht davon abhängig, dass die Klägerin ein mit Holzpellets zu betreibendes Kleinkraftwerk errichte, eine solche Verpflichtung sei in dem genannten Vertrag nicht enthalten. Die Klägerin könne die Fälligkeit durch Urkunden, nämlich die Abnahmebestätigung der Stadt K…, belegen. Auch hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage habe der Beklagte die Kosten zu tragen. Zwar sei der Anlass für die Klageerhebung vor Rechtshängigkeit entfallen, aber der Beklagte wäre auch hinsichtlich dieses Teilbetrages unterlegen gewesen.

Gegen das ihm am 8. März 2013 zugestellte Vorbehaltsurteil des Landgerichts Potsdam hat der Beklagte mit am 8. April 2013 bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 5. Juni 2013 mit an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Beklagte macht weiterhin mit seiner Berufung geltend, die S…-GmbH sei nicht Scheinbeklagte gewesen. Zudem sei ihm der Beschluss über ihr Ausscheiden erst in der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 2013 bekanntgegeben und am Tag danach gefaxt worden. Er, handelnd unter seiner Firma S…, sei erst in dieser Verhandlung zum Beklagten geworden. Unabhängig davon habe die Klage abgewiesen werden müssen, weil die Beklagten dem subjektiven Parteiwechsel nicht zugestimmt hätten.

Zudem sei er zur Zahlung an die Klägerin verurteilt worden, während in Ziffer XIII 2b) des Vertrages gerade geregelt sei, dass diese gerade nicht Zahlung an sich verlangen könne. Ziffer V des Kaufvertrages, auf den Ziffer XII 2b) verweise, regele, dass gerade nur Zahlung an die M… solle verlangt werden können. Ein Konto bei der M… sei aber gerade kein Konto der M…. Die Klage habe zudem als unstatthaft abgewiesen werden müssen, weil die Forderung nicht fällig sei. Die vom Landgericht in Bezug genommene Leistungsabnahme sei gerade keine solche der Klägerin, sondern eine der Stadt K…. Die Erklärung der Erledigung durch die Klägerin hinsichtlich des genannten Teilbetrages könne nicht in eine Rücknahme der Klage umgedeutet werden.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Vorbehaltsurteils des Landgerichts Potsdam vom 27. Februar 2013 – Az. 52 O 29/12 – die Klage als in der gewählten Prozessart unstatthaft abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Bezugnahme auf diese. Insbesondere sei die Fälligkeit nachgewiesen, denn die Abnahme zwischen der Stadt K… und der ausführenden Firma L… stehe einer Abnahme durch die Klägerin gleich. Die Übersendung dieser Erklärung habe den Aussagewert, dass die Bauleistung als Ganzes abgenommen ist. Schon im Vertragsverhältnis mit der L… stehe die Abnahme durch die Stadt einer Abnahme durch die Klägerin gleich. Eine weitere Abnahme durch die Klägerin habe nicht stattgefunden. Wollte man dies anders verstehen, sei auch nicht nachvollziehbar, warum der Beklagte einen Großteil der Schlussrate bezahlt habe.

II.

Die zulässige Berufung (§§ 517, 519, 520 ZPO) führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung und Abweisung der Klage als in der gewählten Prozessart unstatthaft. Zugleich war klarstellend das in diesem Verfahren ergangene Versäumnisurteil vom 5. September 2012 aufzuheben.

1.

Ohne Erfolg macht allerdings der Beklagte geltend, ein Prozessrechtsverhältnis mit ihm sei nicht wirksam begründet worden.

a) Unabhängig davon, ob und ggf. in welcher Weise die ursprünglich verklagte GmbH aus dem Prozess ausgeschieden ist, ist ein wirksames Prozessrechtsverhältnis mit dem Beklagten durch die Zustellung der weiteren inhaltsgleichen Klageschrift vom 15. November 2012 am 20. Dezember 2012 wirksam entstanden. Im Termin vom 13. Februar 2013 hat die Klägerin dann den modifizierten, die zwischenzeitliche weitere Zahlung des Beklagten berücksichtigenden Antrag aus dem Schriftsatz vom 30. November 2012 gestellt und der Beklagte hierzu den Antrag aus dem Schriftsatz vom 21. Januar 2013, das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten, hilfsweise die Klage in der gewählten Prozessart als unstatthaft abzuweisen.

b) Das Landgericht ist im Übrigen zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei der ursprünglich verklagten GmbH um eine Scheinbeklagte im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung handelte, die durch den Beschluss vom 11. Februar 2013 wirksam aus dem Prozess ausgeschieden ist, ohne dass es insoweit ihres Einverständnisses oder einer Rücknahme der Klage durch die Klägerin bedurft hätte.

aa) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Frage, wer Partei eines Zivilrechtsstreits ist, sich aus der in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung ergibt, die – als Teil einer Prozesshandlung – der Auslegung zugänglich ist. Maßgebend ist, welcher Sinn dieser prozessualen Erklärung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts aus der Sicht der Empfänger beizulegen ist. Bei objektiv unrichtiger oder mehrdeutiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die fehlerhafte Parteibezeichnung betroffen werden soll. Für die Ermittlung der Parteien durch Auslegung ihrer Bezeichnung sind nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern auch der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich beigefügter Anlagen zu berücksichtigen. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhafter Bezeichnung scheitern darf, wenn diese Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keinen vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen. Er greift auch dann, wenn statt der richtigen Bezeichnung irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden juristischen oder natürlichen Person gewählt wird, solange nur aus dem Inhalt der Klageschrift und etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich wird, welche Partei tatsächlich gemeint ist. Entscheidend ist hierbei, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners als Empfänger hat (m. w. Nachw. zuletzt BGH NJW-RR 2013, 394).

Die Zustellung an die falsch bezeichnete tatsächlich existierende Partei führt dann nicht dazu, dass diese durch die Zustellung der Klageschrift die Stellung der beklagten Partei erlangt. Für eine Klageabweisung ist danach kein Raum, vielmehr hat ein Scheinbeklagter lediglich ein schützenswertes Interesse daran, dass er durch eine Entscheidung aus dem Prozess entlassen wird und dem Kläger, soweit dieser die falsche Zustellung veranlasst hat, die Kosten auferlegt werden, die zur Geltendmachung der fehlenden Parteistellung notwendig waren (BGH NJW-RR 2008, 582 ff.).

bb) Diese Voraussetzungen sind vorliegend hinsichtlich der ursprünglich verklagten GmbH erfüllt.

Die Klägerin erklärt eingangs der Klageschrift ausdrücklich, die Klage im Urkundenprozess zu erheben, also die anspruchsbegründenden Tatsachen allein durch Urkunden belegen zu können. Der Anspruch wird nachfolgend ausschließlich auf die notarielle Urkunde vom 21. Dezember 2010 gestützt, die als Vertragspartner eindeutig und ausschließlich den jetzigen Beklagten, d. h. das „Einzelunternehmen S…“ ausweist. Das der Klage vorausgehende Schreiben der Klägerin, mit der die restliche Vergütung für Erschließungsleistungen am 24. November 2011 geltend gemacht wurde, richtet sich ebenfalls an die S… und nicht an die GmbH. In der Klageschrift wird auf S. 7 ausgeführt, der Beklagte befinde sich aufgrund der Zahlungsaufforderung vom 24. November 2013 seit dem 9. Dezember 2012 mit der Zahlung von 119.000,00 € im Verzug. Dagegen fehlen in der Klageschrift Ausführungen (und entsprechende urkundlichen Belege) dazu, dass die GmbH Rechtsnachfolgerin des Beklagten geworden ist oder mit dieser identisch sein soll.

Diese Umstände lassen aus Sicht des Senates nur den Schluss zu, dass sich die Klage von Anfang an gegen den jetzigen Beklagten richten sollte, die GmbH rechtlich also als sog. „Scheinbeklagte“ zu qualifizieren ist.

2.

Ohne Erfolg wendet der Beklagte weiter ein, die Klägerin könne aufgrund der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen nicht Zahlung auf ihr im notariellen Vertrag bezeichnetes Konto bei der M… verlangen.

a) Die maßgebliche Regelung in XIII Ziffer 2 b) des Vertrages hat folgenden Wortlaut:

„Der Auftragnehmer und der Auftraggeber vereinbaren, dass die Vergütung in voller Höhe direkt an die M… auf das in Ziffer V angegebene Konto zu zahlen ist. Diese soll durch die Vereinbarung keinen unmittelbaren Anspruch auf Zahlung erlangen. Der Auftragnehmer hat jedoch insoweit selbst keinen Anspruch auf Zahlung der Vergütung an sich, sondern nur einen Anspruch auf Zahlung an die M…“.

Ziffer V lautet in der maßgeblichen Passage wie folgt:

„Der Kaufpreis ist – soweit dem Notar … und soweit er nicht zur Lastenfreistellung benötigt wird- auf folgendes Konto des Verkäufers zu überweisen:

Bank: M…Bankleitzahl: 160 …Kontonummer: 366 ….“

b) Danach verweist XIII Ziffer 2b) zur Zahlung der Vergütung für die Erschließungsleistungen (der erste Teil des beurkundeten Vertrages hatte den Verkauf einer Teilfläche ohne Auflassung zum Gegenstand) auf das in Ziffer V angegebene Konto der Klägerin bei der M…, auf das nach dem Tenor der angefochtenen Entscheidung die ausgeurteilten 82.000,00 € zzgl. MwSt. zu zahlen sind. Damit ist die Regelung in XIII 2 b) des Vertrages zwar so zu verstehen, dass die Klägerin nicht Zahlung an sich, sondern nur an die M… verlangen können soll, allerdings in der Form, dass die Zahlung auf das Konto der Klägerin bei der M… zu erfolgen hat. Einem etwaigen Sicherungsinteresse der finanzierenden Bank ist damit hinreichend genüge getan. Das Verständnis des Beklagten vom Inhalt dieser vertraglichen Regelungen würde letztlich dazu führen, dass der Verweis auf Ziffer V des Vertrages ohne Bedeutung wäre, da jedenfalls auf dieses Konto die Zahlung gerade nicht erfolgen könnte. Dass dies von den Parteien, die die Regelung in der Vergangenheit auch anders praktiziert haben, gewollt war, lässt sich nicht feststellen.

Der zuletzt gestellte Antrag der Klägerin trägt dieser Regelung in der notariellen Urkunde Rechnung. Die Klägerin verlangt nunmehr ausdrücklich Zahlung auf ihr im Vertrag bezeichnetes Konto bei der M….

3.

Die Klage ist aber in der gewählten Prozessart als unstatthaft abzuweisen, weil die Klägerin nicht mit den im Urkundenverfahren zulässigen Beweismitteln den Nachweis zu führen vermag, dass die geltend gemachte Forderung fällig ist.

a) Nach der Regelung in XIII Ziffer 2 b) bb) des notariellen Vertrages sollte die letzte Teilzahlung von 600.000,00 € erfolgen, wenn die in Ziffer XII vereinbarten Erschließungsleistungen durchgeführt sind (Versorgungsleitungen für Wasser, Abwasser, Entwässerung, Wärme, Strom, Elektro, TV und Telefon sowie die Planstraßen A, B und C samt Einfahrten bis zur Grundstücksgrenze errichtet sind und die Planstraßen mit Einfahrten als öffentliche Verkehrsflächen öffentlich nutzbar sind). Weiter heißt es im Anschluss: „Als Fälligkeitszeitpunkt gilt die Leistungsabnahme der Straßen und Einfahrten, ohne wesentliche Mängel, zwischen Verkäufer und der Tiefbaufirma“.

b) In der von der Klägerin gewählten Prozessart sind die klagebegründenden Tatsachen – hier die Fälligkeit der geltend gemachten Forderung – soweit sie nicht unstreitig sind, durch Urkunden zu beweisen. Hierdurch der Grundsatz der freien Beweiswürdigung indes nicht aufgehoben, d. h. der Beweiswert der um Urkundenprozess zulässigen Beweismittel ist gemäß § 286 Abs. 1 ZPO frei zu würdigen (Zöller/Greger, 29. Aufl. 2012, § 597 ZPO Rdnr. 4 f.).

c) Nach der Regelung in XIII des notariellen Vertrages sollte die Fälligkeit des Restbetrages von 600.000,00 € davon abhängen, dass im Einzelnen aufgeführte Versorgungsleitungen und drei Planstraßen samt Einfahrten bis zur Grundstücksgrenze errichtet werden und als öffentliche Verkehrsflächen öffentlich nutzbar sind. Als Fälligkeitszeitpunkt wurde ausdrücklich die Leistungsabnahme der Straßen und Einfahrten durch die Klägerin als Verkäuferin gegenüber der Tiefbaufirma vereinbart.

Zum Nachweis dieser Abnahme legt die Klägerin ein Abnahmeprotokoll vom 19. Oktober 2011 vor, in dem die Stadt K… drei Straßen, nämlich die R… Straße, die U… Straße und die I…-Straße gegenüber der L…-GmbH abnimmt.

Durch diese Urkunden kann der Nachweis der Fälligkeit der gegenwärtig noch geschuldeten 82.000,00 € zzgl. MwSt aus zwei Gründen nicht geführt werden.

Zum einen ist nach der Regelung in dem notariellen Vertrag für die Fälligkeit eine Abnahme durch die Klägerin als Verkäuferin erforderlich. Die ihrem Wortlaut nach eindeutige Regelung in Ziffer XIII des Vertrages lässt sich auch nicht dahingehend auslegen, dass stattdessen die Abnahme durch die Stadt K… genügt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann eine Abnahme durch die Stadt nicht einer Abnahme durch die Klägerin gleichgestellt werden. Zwar macht die Klägerin geltend, einer Abnahme durch sie selbst bedürfe es nicht mehr, eine solche sei auch nicht erfolgt, weil keine Gründe ersichtlich sind, warum sie, wenn die Stadt die Straßen abgenommen habe, eine solche Abnahme verweigern solle. Dieses Argument kann indes schon deswegen nicht überzeugen, weil nicht ersichtlich ist, dass die gegenüber der Klägerin geschuldete Leistung der ausführenden Tiefbaufirma mit derjenigen identisch, die für die Stadt K… für eine Abnahme maßgeblich ist. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Stadt bei der Abnahme als Vertreterin für die Klägerin aufgetreten ist. Da es sich um ein Bauabnahmeprotokoll handelt, bliebt zudem unklar, in welchem Umfang die L… von der Klägerin einerseits und der Stadt K… andererseits beauftragt war.

Zum anderen ist nach dem vorgelegten Protokoll ausdrücklich zudem lediglich eine Teilabnahme erfolgt, wobei sich dem Protokoll nicht entnehmen lässt, welche Gewerke zu diesem Zeitpunkt noch geschuldet waren.

Als Gewerke sind in dem Protokoll aufgeführt Straßenbau, Gehwege, Regenentwässerung, Straßenbeleuchtung. Die Teilabnahme bezieht sich pauschal auf die drei o. g. Straßen. Ausdrücklich ist noch festgehalten, dass in der 43. KW die Straßenbeleuchtung mit einer Beleuchtungsprobe abgenommen werden soll. Der Umfang der abgenommenen Gewerke lässt sich der Urkunde nicht eindeutig entnehmen. Sicher ist lediglich, dass die Straßenbeleuchtung nicht abgenommen wurde. Da als Gewerk u. a. ausdrücklich „Straßenbau“ in dem Abnahmeprotokoll aufgeführt ist und nachfolgend nur die drei Straßen abgenommen werden, ist ohne weiteres eine Auslegung allein des Wortlauts der Urkunde dahingehend möglich, das die weiteren Gewerke Gehwege, Regenentwässerung und Straßenbeleuchtung an diesem Tag nicht abgenommen worden sind. Die Zweifel gehen insoweit zu Lasten der Klägerin, die mit dieser Urkunde den Nachweis der vollständigen Abnahme gemäß Ziffer XIII des notariellen Vertrages nicht führen kann.

Dass der das Abnahmeprotokoll ebenfalls unterzeichnende Architekt hierbei für die Klägerin gehandelt hat – hierauf hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung hingewiesen –, lässt sich der Urkunde selbst nicht entnehmen, ändert zudem nichts an dem Umstand, dass lediglich eine Teilabnahme urkundlich belegt ist.

d) Der Umstand, dass die Beklagte die letzte Teilzahlung von insgesamt 600.000,00 € bis auf den hier geltend gemachten Rest von 82.000,00 € bereits bezahlt hat, führt nicht dazu, dass der Beklagte nach Treu und Glauben daran gehindert wäre, sich auf den Einwand des fehlenden Nachweises der Fälligkeit zu berufen. Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass er nicht gehindert war, die Forderung auch bereits vor Fälligkeit - überwiegend – zu erfüllen, zumal die Arbeiten unstreitig weitgehend ausgeführt sind. In der gewählten Prozessart genügt es, wenn der Beklagte seinerseits den fehlenden Nachweis der Fälligkeit durch Urkunden rügt und insoweit die Fälligkeitsvoraussetzungen bestreitet, er ist nicht gehalten, seinerseits urkundlich belegt konkrete Umstände vorzutragen, die einer Abnahme entgegenstehen. Die Klägerin muss vielmehr ihrerseits die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen und ggf. beweisen. Danach wären auch Umstände, die nach Treu und Glauben einer Berufung auf den fehlenden Nachweis der Abnahme entgegenstehen, konkret vorzutragen und ggf. entsprechend durch Urkunden zu belegen.

4.

a) Das am 5. September 2012 ergangene Versäumnisurteil unterliegt unabhängig vom Ausgang des Berufungsverfahrens der Aufhebung.

Auf den Antrag der seinerzeit formell verklagten GmbH durfte ein die Klage abweisendes Versäumnisurteil nicht ergehen. Die GmbH als sog. „Scheinbeklagte“ konnte, weil tatsächlich allein die jetzige Beklagte verklagt war, prozessual verlangen, dass festgestellt wird, dass sie an dem Verfahren nicht beteiligt ist und über die ihr entstandenen außergerichtlichen Kosten entschieden wird. Beides ist mit dem Beschluss des Landgerichts vom 11. Februar 2013 erfolgt. Das Versäumnisurteil ist danach schon aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit aufzuheben.

b) Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) bestehen nicht.

c) Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits ebenfalls zu tragen, weil auch insoweit der Antrag im Urkundenverfahren keinen Erfolg gehabt hätte.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.