BGH, Beschluss vom 09.01.2003 - 4 StR 488/02
Fundstelle
openJur 2010, 9217
  • Rkr:
Tenor

1.

Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 26. April 2002, soweit es sie betrifft, in den Maßregelaussprüchen über die Anordnung einer Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis aufgehoben; die Aussprüche entfallen.

2.

Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.

3.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten unter Freisprechung im übrigen wie folgt verurteilt: den Angeklagten D. wegen versuchten schweren Bandendiebstahls, wegen schweren Raubes in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf einen Kraftfahrer und wegen Verabredung zum schweren Raub zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten; den Angeklagten G. wegen versuchten schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlichem Angriff auf einen Kraftfahrer und wegen Verabredung zum schweren Raub zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten und den Angeklagten S. wegen Verabredung zum schweren Raub in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Ferner hat esbestimmt, daß die Verwaltungsbehörde ihnen vor Ablauf von zwei Jahren keine Fahrerlaubnis erteilen darf. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung sachlichen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben nur zum Maßregelausspruch Erfolg.

Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrügen hat zu den Schuldund Strafaussprüchen keinen die Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Anordnungen der isolierten Sperrfristen nach §§ 69 Abs. 1, 69 a Abs. 1 Satz 3 StGB können hingegen nicht bestehen bleiben.

Nach den Feststellungen ließen sich die Angeklagten von der Mitangeklagten Sa. , die als einzige von ihnen im Besitz einer Fahrerlaubnis war, zu den jeweiligen Tatorten fahren, wo sie die Gegenstand dieses Verfahrens bildenden Taten begingen, während die Fahrerin im PKW wartete. Anschließend ließen sie sich von ihr wieder davonfahren.

Das Landgericht hat die Maßregelanordnung hinsichtlich der Angeklagten D. und G. lediglich pauschal damit begründet, sie hätten sich "durch die Tat" als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Hinsichtlich des Angeklagten S. stützt die Strafkammer die Maßregel darauf, daß er "die Taten unter Benutzung eines Kraftfahrzeugs durch Anfahrt zum Tatort und Ausspionieren desselben" begangen habe.

Diese Erwägungen tragen die Maßregelaussprüche nicht. Zwar ist der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, daß § 69 Abs. 1 StGB nicht nur bei Verkehrsverstößen im engeren Sinne, sondern auch bei sonstigen strafbaren Handlungen anwendbar ist, sofern sie im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs begangen werden und sich daraus die mangelnde Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt, zutreffend. Anders als bei Begehung einer der in § 69 Abs. 2 StGB aufgeführten rechtswidrigen Taten begründet jedoch allein der Umstand, daß der Täter ein Kraftfahrzeug zur Begehung einer Straftat benutzt hat, nicht bereits eine (Regel-)Vermutung für seine charakterliche Unzuverlässigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen; deshalb bedarf es in diesen Fällen einer näheren Begründung der Entscheidung aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung (vgl. BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 6 und 7 m.w.N.). An einer solchen fehlt es hier. Darüber hinaus ergeben die Urteilsfeststellungen den nach § 69 StGB erforderlichen -verkehrsspezifischen -Zusammenhang zwischen den abgeurteilten Straftaten und dem Führen eines Kraftfahrzeugs nicht (vgl. hierzu BGH, Beschluß vom 5. November 2002 -4 StR 406/02 m.w.N.), zumal die Angeklagten lediglich in dem von einer anderen Person geführten Kraftfahrzeug mitgefahren sind.

Der Senat schließt aus, daß sich aufgrund neuer Hauptverhandlung solche Feststellungen treffen lassen. Er hebt deshalb in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Maßregelanordnungen auf.

Der geringfügige Teilerfolg der Rechtsmittel gibt keinen Anlaß, die Angeklagten teilweise von den Kosten ihrer Rechtsmittel freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).