LG Düsseldorf, Urteil vom 01.10.2013 - 2b O 183/12 U.
Fundstelle
openJur 2013, 43973
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger, welcher einen Kiosk betreibt und zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, ist seit dem 24.08.2007 Halter des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen D-..., welches bei der Firma U GmbH finanziert ist. Der Beklagte zu 1) war am 24.02.2012 als Fahrer mit dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen HH-... unterwegs, dessen Halter die Beklagte zu 2) ist und welches bei der Beklagten zu 3) versichert ist.

Das klägerische Fahrzeug weist die folgende Unfallhistorie auf:

Verkehrsunfall vom 15.10.2008: gesamte rechte Fahrzeugseite, reguliert: Reparaturkosten EUR 7.749,79, Wertminderung EUR 1.100,00;
Verkehrsunfall vom 24.04.2009: Frontschaden mit Bruttoreparaturschaden von EUR 3.202,65, Wertminderung EUR 900,00;
Verkehrsunfall vom 20.08.2010: Seitenbereich rechts, Schaden EUR 2.552,09

Am 24.02.2012 kam es zu der polizeilichen Aufnahme eines Verkehrsunfalls auf der Benrather T-Allee. Wegen der Einzelheiten wird auf die in Kopie als Anlage K 1 zur Gerichtsakte gereichten Unfallmitteilung (vgl. Anlagenband) Bezug genommen. Die Beklagte zu 3) lehnte die seitens des Klägers geltend gemachten Ansprüche aus diesem Vorfall mit Schreiben vom 31.05.2012 (vgl. Anlage K 6, Anlagenband).

Nach dem streitgegenständlichen Verkehrsunfallereignis wurden zwei weitere Haftpflichtschäden mit dem klägerischen Fahrzeug vom 09.03.2012 sowie vom 10.10.2012 gemeldet.

Der Kläger behauptet, es sei am 24.02.2012 gegen 17:45 Uhr zu einem Verkehrsunfall gekommen, an dem er sowie der Beklagte zu 1) beteiligt gewesen und bei dem das von ihm geleaste Fahrzeug beschädigt worden sei. Er habe zum fraglichen Zeitraum die Benrather Schlossallee von Holthausen kommend in Richtung Benrath befahren. An der rechten Straßenseite habe vor der Hausnummer 96 das Fahrzeug der Beklagten zu 2) gestanden. Der Beklagte zu 1) sei zu dem Zeitpunkt, als er, der Kläger, an dessen Fahrzeug vorbei gefahren sei, plötzlich vom Fahrbahnrand losgefahren und nach links in die Bahn des Klägers gezogen. Aufgrund dessen sei es zu einer Kollision gekommen, wobei der Beklagte zu 1) mit der linken Vorderseite des Beklagtenfahrzeugs gegen die rechte Seite des klägerischen Fahrzeugs gefahren sei und einen Streifschaden über die gesamte rechte Seite des Fahrzeugs zugefügt habe. Trotz der Vielzahl der Unfälle, an die der Kläger teilweise keine entsprechende detaillierte Erinnerung mehr habe (Bl. 37 d.A.), sei nicht davon auszugehen, dass diese getürkt seien. Bis zum Zeitpunkt des hier streitgegenständlichen Unfallereignisses seien sämtliche Schäden vom Kläger ordnungsgemäß behoben worden. Der hierzu als Zeuge benannte Sachverständige Hulich könne auch bestätigen, dass der hier streitgegenständliche Verkehrsunfall nicht etwa einen bislang vorhandenen und nicht reparierten Schaden vertieft habe; dies gelte insbesondere hinsichtlich des Vorschadens aus dem Jahr 2008. Der Kläger ist weiter der Ansicht, er sei aktivlegitimiert und behauptet hierzu, er sei gegenüber seiner Leasingnehmerin vertraglich verpflichtet, deren Ansprüche auf eigene Rechnung geltend zu machen, jedoch mit Zahlungsziel an die Toyota Leasing GmbH.

Der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

1. an die U GmbH, T...-Allee 5, ... Köln, diese vertreten durch den Geschäftsführer, Herrn Q, Herrn S, Herrn T V, ebenda, einen Betrag in Höhe von EUR 8.331,45 nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.04.2012 zu zahlen,
2. an ihn einen Betrag in Höhe von EUR 712,39 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.04.2012 zu zahlen sowie
3. an ihn vorgerichtliche Kosten von Rechtsanwalt H... gemäß Kostennote 2178 über netto EUR 749,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2012 zu zahlen.

Die Beklagten zu 2) und 3) beantragten –im Wege der Nebenintervention auch für den Beklagten zu 1) –,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten im Wesentlichen, bei dem streitgegenständlichen Vorfall handele es sich um ein sog. manipuliertes Schadensereignis. Aus technischer Sicht bestünden deutliche Anhaltspunkte dafür, dass der vermeintliche Unfallverursacher jeglichen Versuch, eine Kollision durch Vollbremsung oder Ausweichmanöver zu vermeiden, unterlassen hat. Auch die beteiligten Fahrzeuge seien typisch für ein manipuliertes Unfallereignis, ebenso die Unfallhistorie des klägerischen Fahrzeugs. Zudem fehle es bei dem Beklagtenfahrzeug – insoweit ebenfalls typisch – an einem relevanten Eigenschaden. Hinzu komme, dass die geltend gemachten Schäden nicht zumindest zum Teil nicht auf dem behaupteten Verkehrsunfall beruhen würden, so habe der Kläger relevante Vorschäden aus dem Jahr 2008, die ebenfalls die gesamte rechte Fahrzeugseite beträfen, verschwiegen. Sie bestreiten mit Nichtwissen, dass der Kläger die mit der Klage geltend gemachten Sachverständigenkosten sowie die Rechtsanwaltsgebühren bereits bezahlt hat.

Das Gericht hat Hinweise erteilt und den Kläger sowie den Beklagten zu 1) anlässlich der öffentlichen Sitzung vom 26.07.2013 informatorisch gemäß § 141 ZPO angehört. Wegen des Inhaltes der Hinweise und des Ergebnisses der informatorischen Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 53-58 d.A.) verwiesen.

Zur Vervollständigung des Vorbringens der Parteien zum Sach- und Streitstand wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagten als Gesamtschuldner nicht zu.

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung von Reparaturkosten in Höhe von insgesamt EUR 8.331,45 gegen die Beklagten als Gesamtschuldner aus § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG i.V.m. den §§ 7, 18 StVG.

Es kann vorliegend dahinstehen, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall um ein sog. manipuliertes Unfallereignis gehandelt hat. Der geltend gemachte Anspruch ist bereits aufgrund nicht ermittelbarer und damit nicht abgrenzbarer Vorschäden ausgeschlossen.

1. Ist – wie hier – streitig, ob der geltend gemachte Fahrzeugschaden durch eine Verkehrsunfall entstanden ist und wie hoch der Sachschaden zu beziffern ist, so hat das Gericht nach § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu entscheiden. Der Geschädigte ist jedoch verpflichtet, die tatsächlichen Grundlagen und geeignete Schätzungsgrundlagen, die Anhaltspunkte für eine Einschätzung des Schadens und seiner Höhe bieten, beizubringen und zu beweisen. Dies gilt insbesondere für die Darlegung und den Nachweis, dass der Schaden nach Art und Umfang insgesamt auf das behauptete Unfallereignis zurückzuführen ist. Fehlt es an einer ausreichenden Schätzungsgrundlage und ist eine zuverlässige Ermittlung auch nur eines unfallbedingten Teilschadens aufgrund der Wahrscheinlichkeit erheblicher Vorschäden nicht möglich, so hat diese Unsicherheit die vollständige Klageabweisung zur Folge (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.07.2012 – I-1 W 19/12 mit Verweis auf die ständige Rspr. des Senats, vgl. Anlage B 4, Bl. 42 f. d.A.).

2. So liegt der Fall hier. Unstreitig hatte das klägerische Fahrzeug bereits am 15.10.2008 sowie am 20.08.2010 Vorschäden im Bereich der rechten Fahrzeugseite erlitten. Die diesbezüglichen Reparaturkosten sind mit EUR 7.749,79 bzw. EUR 2.552,09 beziffert worden. Von dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall soll ebenfalls die gesamte rechte Seite des klägerischen Fahrzeugs betroffen gewesen sein. Damit überlagern sich die Schadensbereiche der drei Unfälle zumindest teilweise.

Ob bzw. inwiefern aber durch den streitgegenständlichen Unfall ein neuer oder anderer Schaden entstanden sein soll, lässt sich anhand des klägerischen Vorbringens nicht ermitteln. In einem solchen Fall bedarf es der genauen Darlegung der Vorschäden und deren Reparaturen in allen Einzelheiten, da sich der Ersatzanspruch lediglich auf den Ersatz derjenigen Kosten erstreckt, die zur Wiederherstellung des fortbestehenden Zustands erforderlich sind. Diesen Anforderungen genügt der klägerische Vortrag nicht. Die pauschale Behauptung einer sachgerechten Reparatur ohne Darlegung der einzelnen Reparaturschritte reicht hierbei ebenso wenig aus wie die bloße Bezugnahme auf Gutachten oder Kostenvoranschläge. Zu den übrigen Vorschäden fehlt es bereits an substantiiertem Vorbringen zu den konkret erlittenen Schäden. Substantiierter Vortrag zu den Einzelheiten der Reparaturschritte und dem Zustand des Fahrzeugs vor dem streitgegenständlichen Unfall fehlen völlig. Hierauf ist der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 26.07.2013 hingewiesen worden (vgl. Sitzungsprotokoll, Bl. 57 f. d.A.), ohne dass er seinen Vortrag im Folgenden im Rahmen der nachgelassenen Schriftsatzfrist ergänzt hätte.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Gutachtens des Privatsachverständigen Hulich. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass dem Privatgutachter Vorschäden oder Altschäden nicht mitgeteilt worden sind (vgl. Blatt 4 des Gutachten, Anlage K 9 im Anlagenband).

II. Aus dem oben genannten Gründen steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten in Höhe von EUR 687,39 netto sowie der Auslagenpauschale in Höhe von EUR 25,00 zu.

Eine Ersatzpflicht hinsichtlich der Gebühren eines zur Ermittlung der Reparaturkosten eingeholten Gutachtens ist ausgeschlossen, wenn der Geschädigte – wie hier – gegenüber dem von ihm beauftragten Privatsachverständigen erhebliche Vorschäden verschweigt und dieser deshalb zu einem fehlerhaften Ergebnis gelangt (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 14.08.2006 – 12 U 324/05, zitiert nach juris).

III. Mangels eines Anspruch in der Hauptsache besteht auch kein Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten aus den §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 BGB sowie kein Anspruch auf Zinsen aus den §§ 288 Abs. 1 Satz 1 und 2, 286 Abs. 1, 280 Abs. 1 und 2 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Der Streitwert wird auf 8.331,45 EUR festgesetzt.

Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte