OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.06.1995 - 7 B 1413/95
Fundstelle
openJur 2013, 46064
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,-- DM fest gesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsge richt hat dem - sinngemäßen - Antrag des Antragstellers,

die aufschiebende Wirkung seines Wider spruchs vom 20./28. _Februar 1995 gegen die der Beigeladenen erteilte Baugeneh migung vom 5. Dezember 1994 zur Errich tung eines Mehrfamilienwohnhauses (fünf Wohneinheiten) und fünf Pkw-Garagen auf dem Grundstück Gemarkung .. ., Flur

• , Flurstück • •• ( ),

anzuordnen und den Antragsgegner zu verpflichten, die Bauarbeiten bis zur bestands- bzw. rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch stillzulegen,

zu Recht stattgegeben. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt

der Senat gemä? 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO zunächst Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, das hin sichtlich des Abstandes der südlichen Giebelwand zur Grenze des Grundstücks des Antragstellers einen Verstoß gegen§ 6 BauO NW angenommen hat.

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist hier zur Ermittlung der Wandhöhe der südlichen Giebelwand nach § 6 Abs. 4 BauO NW nicht auf die vor der Baumaßnahme vorhandene natürliche Geländeoberfläche abzustellen; maßgebend ist vielmehr die sich aus der Baugenehmigung vom 5. Dezember 1994 ergebende (vgl. § 2 Abs. 4 BauO NW), mithin herzustellende Geländeober fläche.

Die sich aus einer Baugenehmigung durch eine zur Genehmigung gestellte Abgrabung ergebende (geringere) Höhe der Geländeober fläche ist allerdings dann nicht relevant, wenn die Vertiefung lediglich einen Teil des Baukörpers selbst darstellt, diesem unmittelbar zugeordnet ist, technisch mit ihm in Verbindung

steht und der Funktion des angrenzenden Raumes unmittelbar dient (z.B. bei einem Kellerlichtschacht oder einer Kellerein gangstreppe).

Vgl. OVG NW, Beschluß vorn 25. Juli 1994

- 7 B 1389/94 -.

Entscheidend ist hiernach zum einen die untergeordnete und un selbständige Funktion der Abgrabung und zum anderen der unmit telbare Bezug der Abgrabung zu bestimmten Funktionalitäten in nerhalb des Baukörpers, um dessen Abstand zur Grenze es letzt lich geht.

Eine hiernach erforderliche funktionelle Zuordnung Gelände- oberfläche besitzt die hier an der Grenze zum Grundstück des An tragstellers geplante Abgrabung objektiv nicht. Die Abgrabung dient im wesentlichen allein der Herstellung einer ebenerdig zur Straße gelegenen Garagenzufahrt und ist folglich in ihrer Funktion allein der Garage, nicht aber dem Wohngebäude und ins besondere nicht der•südlichen Giebelwand zugeordnet. Auf die Zuordnung der Abgrabung zu Funktionalitäten, die unmittelbaren Bezug zu dieser Giebelwand bzw. der innerhalb des Baukörpers hinter dieser Giebelwand vorhandenen Räumlichkeiten haben, kommt es aber gerade entscheidend an, da die Höhe dieser Giebelwand den von der Grenze zum Grundstück des Antragstellers einzuhaltenden Abstand des Wohngebäudes bestimmt. Zur Ermitt lung der Wandhöhe der südlichen• Giebelwand ist daher von der

herzustellenden Geländeoberfläche auszugehen.

Auch unter dem Aspekt, daß die•Abgrabung zur Herstel1ung der Garagenzufahrt Teil der den gesamten straßennahen Bereich des Baugrundstücks erfassenden Absenkung der Geländeoberfläche ist, durch die das Profil des Baugrundstücks nicht nur punktuell und im Verhältnis zur übrigen Grundstücksfläche in untergeordnetem Umfang, wie etwa bei Lichtschächten, sondern in großräumigem Zusammenhang eine deutliche Veränderung erfahren soll, ergibt sich keine andere Wertung. Eine praktisch wie eine allgemeine

• Absenkung des gesamten Baugrundstücks wirkende Veränderung des Grundstücksniveaus hat auch zur Folge, daß das aufstehende Gebäude mit seinen Höhenmaßen auf dieses Niveau zu beziehen

ist. Einer solchen Absenkung fehlt die individuelle Beschränkung auf konkrete, innerhalb des generellen Niveaus des Hauses liegende Funktionalitäten, die allein eine Nichtberück sichtigung der dadurch bedingten Vertiefungen bei der Bemessung

der Wandhöhe des Gebäudes rechtfertigt.

Ist danach für die Ermittlung der Wandhöhe der südlichen Gie belwand von der herzustellenden Geländeoberfläche auszugehen, ist allerdings festzustellen, daß in der zu den genehmigten Bauvorlagen gehörenden und hier maßgebenden Schnittzeichnung der Verlauf der Zufahrt zeichnerisch nicht dargestellt ist, und auf die Zufahrt bezogene Höhenangaben bis auf die an der Westecke der südlichen Giebelwand ermittelte Höhe von 109,29 m ü. NN fehlen. Der Senat geht unter Berücksichtigung des in der Schnittzeichnung für den ebenen Boden der Garage ausgewiesenen Höhenpunktes 109,04 m ü. NN davon aus, daß die im Mittel etwa•8 m lange Zufahrt mit einem leichten, gleichmäßigen Gefälle von der Westecke der südlichen Giebelwand (109,29 m ü. NN) bis zur Garage (109,04 m ü. NN) verlaufen wird und anschließend die Ge ländehöhe von 109,04 m ü. NN bis zum östlichen Ende der südli chen Giebelwand unverändert bleibt.

Das leichte Gefälle von 0,25 m auf der Garagenzufahrt •bei einer Länge der Zufahrt von der Westecke der südlichen Giebelwand bis zur Westecke der Garage von 7,75 m kann hier - anders als im Falle stark divergierender Neigungsgrade

vgl. OVG NW, Beschluß vom 2. März 1993

- 7 B 3764/92 -,

bei der Ermittlung der mittleren Wandhöhe nach § 6 Abs. 4 BauO NW vernachlässigt werden, so daß die Bildung von Wandab schnitten nicht erforderlich ist. Folglich ist lediglich auf die Schnittpunkte der West- und der Ostecke der südlichen Gie belwand mit der Geländeoberfläche abzustellen.

Nach der maßgebenden Schnittzeichnung ist die Firsthöhe mit (122,05 m ü. NN - 109,04 m ü. NN =) 13,01 m, und sind die Wandhöhen an der Westecke mit (114,58 m ü. NN. - 109,24 m ü. NN =)

5,34 m und an der Ostecke der südlichen Giebelwand mit (116,83 m ü. NN - 109,04 m ü. NN =) 7,79 m anzusetzen.

Bei einer entsprechend den vorstehenden Maßen asymmethrischen Giebelfläche kann bei der Berechnung der Abstandfläche die "Wandhöhe" einmal in der Weise berechnet -werden, daß auf die Wandhöhe " im Mittel" abgestellt wird und auch die gemäß § 6 Abs. 4 Satz 4 Nr. 2 3. Variante BauO NW mit 1/3 anzusetzende Giebelhöhe von dieser mittleren Wandhöhe aus berechnet wird.

Vgl.• OVG NW, Beschlüsse vom 3. September 1994 - 7 B 1452/84 -,StGRat 1985, 227,•Beschluß vom 8. Juli 1987 - 7 B 1182/87 und Beschluß vom 3. Februar 1992 - 7 B 98/92 -.

Die hiernach auf der Grundlage der oben angegebenen Maße er rechnete Wandhöhe (H) beträgt aufgerundet 8, 72 m. Multipliziert mit dem Faktor•0,8 H (§ 6 Abs. 5 Satz 1 BauO NW) errechnet sich eine Tiefe der Abstandfläche von aufgerundet 6,98 m, die nach § 6 Abs. 6 Satz 1 BauO NW (Schmalseitenprivileg) auf 3,49 m reduziert werden kann. Der tatsächliche Abstand der südlichen Giebelwand von dem Grundstück des Antragstellers beträgt jedoch nur 3,0 m, so daß der erforderliche Abstand um 0,49 m unterschritten wird.

Geht man von der nach Gaedtke/Böckenförde/Temme•(Kommentar zur Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen, § 6 Rdnr. 62 und 64) und in Nr. 6 Punkt 4 der VV zu § 6 BauO NW vorgesehenen Berech- nungsmethode aus, dann errechnet sich die Wandhöhe nach dem Schnittpunkt der Wandkante mit dem höher liegenden, östlichen Dachteil. Hiernach wäre für den östlichen Wandteil eine Abstandfläche von 3,81 m und für den westlichen Wandteil von aufgerundet 2,47 m, mithin 3,0 m (§ 6 Abs. 5 Satz 1 BauO NW), ein zuhalten. Da der tatsächliche Abstand der südlichen Giebelwand zur Grenze des Grundstücks des Antragstellers durchgehend le diglich 3,0 m beträgt, wird der erforderliche Abstand entlang des östlichen Teils der Giebelwand auf einer Länge von 11,9 m, gemessen von der Ostecke der Giebelwand nach Westen, um 0,81 m unterschritten.

Die Erteilung einer Befreiung nach § 68 Abs. 3 BauO NW für das nach § 6 BauO NW unzulässige Vorhaben der Beigeladenen kommt schon angesichts der trotz des Geländeanstiegs auf dem Baugrundstück gegebenen Bebaubarkeit nicht in Betracht.

Unterschreitungen der nach § 6 BauO NW zu errechnenden Abstand flächen lösen regelmäßig nachbarliche Abwehransprüche aus. Der Landesgesetzgeber hat in § 6 BauO NW für die Frage, welche Min- destabstände zur Grundstücksgrenze bei Gebäuden zu wahren sind, in Abkehr von den Regelungen in der Landesbauordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Januar 1970 (GV NW S. 96) und der Abstandflächenverordnung vom 20. März 1970 (GV NW S. 249) feste und durch Messung überprüfbare Maße bestimmt. Dies erfolgte in dem Bewußtsein, daß ein in Grenznähe stehender Baukörper zwar immer, also auch wenn die in § 6 BauO NW verlangte Abstandfläche gewahrt wird, eine Beträchtigung der Nachbarn zur Folge haben wird, daß dem Nachbarn aber im Hinblick auf sein Betroffensein nur dann Abwehrrechte eingeräumt werden sollen, wenn die in § 6 BauO NW verlangten Abstandsmaße unterschritten werden. Bei dieser Regelung unterstellt der Gesetzgeber somit nicht, daß eine Beträchtigung des•Nachbarn bei einem die Abstandflächenregelungen nicht vollständig ausnutzenden Bauwerk völlig fehlt und erst dann abrupt einsetzt, wenn die Abstandswerte unterschritten werden. Es wurde lediglich gesetzlich verankert, daß das Heranrücken eines Bauwerks und die damit verbundene Beeinträchtigung des Nachbarn erst dann rechtlich mit der Folge des Entstehens eines nachbarlichen Abwehranspruchs relevant wird, wenn die gesetzlich festgelegten Abstandswerte unterschritten werden.

Vgl. OVG NW, Urteil vom 14. Januar 1994

- 7 A 2002/94 -.

Für den vorliegenden Fall besagt dies, daß die tatsächliche Be einträchtigung des Antragstellers bei einer geringen Unter schreitung der einzuhaltenden Abstandsmaße nicht etwa gegen Null tendiert und erst dann ernstzunehmende Dimensionen an nimmt, wenn auch die Unterschreitung der Abstandfläche in deutlich sichtbaren Größenordnungen erfolgt. Sie ist vielmehr als Beeinträchtigung in der gegebenen Situation unbeschadet des

exakten Vor- und Zurückspringens vor oder hinter das entscheidende Abstandsmaß in einer objektiv bereits spürbaren Größenordnung vorhanden,•wird jedoch erst rechtlich "verwertbar", wenn das rechtlich festgeschriebene Abstandsmaß unterschritten wird.•Das bedeutet, daß einer nicht bedeutsamen Unterschreitung der Abstandswerte der Landesbauordnung nicht mit dem Argument begegnet werden kann, diese sei vom Nachbarn hinzunehmen, weil sie nicht ohne weiteres quantitativ ins Gewicht falle und deshalb de facto nicht beeinträchtigend sei.

Besteht hiernach bereits wegen des zu geringen Abstandes der

südlichen Giebelwand zum Grundstück des Antragstellers ein nachbarliches Abwehrrecht des Antragstellers, kommt es auf die Frage, ob der Vorbau im ersten Obergeschoß als Erker anzusehen ist oder nicht, nicht entscheidend an. Der Senat weist aber vorsorglich darauf hin,•daß er die Auffassung des Verwaltungs gerichts insoweit nicht teilt, sondern den Vorbau als Erker•im Sinne des § 6 Abs. 7 BauO NW ansieht.

Die Annahme,•daß es sich um einen Erker handelt, scheitert nicht bereits daran, daß, wie das Verwaltungsgericht es angedeutet hat, das südwestliche Viertel des Vorbaus mangels Bezugspunkt zur westlichen bzw. südlichen Außenwand nicht als "vor die Außenwand vortretender Bauteil" im Sinne des § 6 Abs. 7 BauO NW anzusehen ist. Die von dem Verwaltungsgericht vorgenommene Aufsplitterung der Bestandteile des Vorbaus in drei Viertelstücke widerspricht dem einheitlichen Charakter dieses Gebäudeteils, der bei natürlicher Betrachtungsweise als - wie bei Erkern geradezu typischer – Eckvorbau sowohl vor die•westliche Traufwand als auch vor die südliche Giebelwand vortritt.

Ein Erker ist ein aus der Gebäudewand vorspringender und nicht aus dem Boden aufsteigender Vorbau,•der der Verbesserung des Ausblicks und der Belichtungsverhältnisse sowie der Fassadenge staltung dient.

Vgl. OVG NW, 29. November 1985

BRS 44 Nr. 101,

17. Dezember 1992 -

Beschluß vom

- 7 B 2402/85 -,

Urteil vom

10 A 2055/89 -; Ur

teil vom 11. Juni 1991

- 10 A 1783/88 -; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 1987 - 6 A 96/85 -

BRS 47 Nr. 96 m.w.N.

§ 6 Abs. 7 BauO NW bevorzugt Erker, weil sie wie die übrigen dort beispielhaft genannten Bauteile - im Verhältnis zum übrigen Baukörper - die durch die Abstandflächenregelung geschützten Belange typischerweise allenfalls geringfügig beeinträchtigen. Die Privilegierung wird durch die Maßangaben des § 6 Abs. 7 BauO NW begrenzt. Dabei fällt auf, daß - anders als bei Dachgaupen und Dachaufbauten - (vgl. § 6 Abs. 4 Satz 4 Nr. 2 2. Alternative BauO NW) eine an der Gebäudewand orientierte Begrenzung der Gesamtbreite fehlt. Dessen ungeachtet mag es aber vortretende Bauteile geben, die schon wegen der von ihnen in Anspruch genommenen Wandbreite nicht mehr als Erker anzusprechen sind und deshalb nicht an der von § 6 Abs. 7 BauO NW gewollten Privilegierung teilhaben.

Vgl. z.B. OVG NW, Beschluß vom

14. Februar 1992 - 7 B 3706/91 -.

Davon kann im vorliegenden Fall jedoch nicht ausgegangen werden. Während nämlich die Breite der gesamten südlichen Giebelwand ohne den Erker 14,11 m beträgt, ist der im ersten Obergeschoß zugelassene Erker nur 2,75 m breit.

Auch in funktionaler Hinsicht kann gegen die Privilegierung dieses Bauteils. nichts eingewandt werden. Der Senat verneint die Anwendbarkeit des § 6 Abs. 7 BauO NW unter diesem Gesichtspunkt, wenn die Abstandflächen durch einen Vorbau in Anspruch genommen werden, um dadurch erst einen entsprechend seiner Zweckbestimmung noch nutzbaren Raum zu schaffen. In• einem derartigen Fall dient der Vorbau ausschließlich dem Zweck, weitere Wohnfläche zu gewinnen, und nicht mehr dem - vom Gesetzgeber gebilligten - Zweck einer Verbesserung des Ausblicks, der Belichtung und der Fassadengestaltung.

Vgl. z.B. OVG November 1985

a. a.O.; Urteil

a. a.o.

NW, Beschluß vom 29.

- 7 B 2402/85 -

vom 17. Dezember 1992

Vorliegend kann jedoch davon nicht die Rede sein. Das Erkerzim-

mer (Wohnzimmer und Küche) hat auch ohne die zusätzliche Wohn- fläche, die durch den Vorbau in der Abstandfläche geschaffen worden ist, mit 28,8 qm eine Größe, die seiner Zweckbestimmung genügt; der Erker•mit .eine.m Zugewinn an Wohnfläche von 3,4 qm

. '

(0,8 m x 2,5_ m 1,0 m x 1,4 m) besitzt demgegenüber eine deut-

lich untergeordnete Funktion.•

. Vgl. OVG NW, Urteil vom

17. Dezember 1992 in einem ähnlich ge lagerten Fall. •

Hieran ändert auch der Umstand nichts, daß der Zugewinn an

Wohnfläche (3,4 qm) im Verhältnis zur Gesamtwohnfläche der Woh nung Nr. 3 im ersten Obergeschoß (60,01 qm) insgesamt 5,67 %

• beträgt. Der von dem Verwaltungsgericht insoweit in Bezug ge nommene Beschluß des 11. Senates des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. März 1993 -11 B 713/93 -, BRS 55 Nr. 112, ist auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht zu übertragen, weil der dort zu bewertende Vorbau jeweils im Erdgeschoß, Obergeschoß und im Dachgeschoß zu einem Wohnflächenzuwachs führte, während hier der Erker lediglich im ersten Obergeschoß vorgesehen ist. Darüberhinaus ist in die Bewertung einzustellen, daß § 6 Abs. 7 BauO NW Erker privi legiert, soweit sie nicht mehr als 1,5 m vortreten, was hier eingehalten ist (Vortritt: 1,4 m zur westlichen Traufwand und 1,0 m zur südlichen Giebelwand). Bei nicht unüblichen Breiten

solcher Vorbauten zwischen 2 m und 3 m sind je nach Außenmauer- werk aufgrund des zugelassenen Vortritts vor die Wand Wohnfl? chenzugewinne zwischen 2 qm und 4 qm praktisch vorgegeben und mithin vom Gesetzgeber als in der Abstandfläche für zumutbar erachtet worden, so daß nicht ohne weiteres allein auf den prozentualen Anteil der Wohnfläche an der bisherigen Gesamtwohn

fläche abgestellt werden kann. Maßgebend ist, ob der vortre . .

tende Bauteil seinen äußeren Dimensionen und seiner Funktion

nach gegenüber dem eigentlichen Baukörper eine deutlich unter- geordnete Bedeutung besitzt, was eine wertende Betrachtung aller Umstände erfordert. Dabei mag der mathematisch zu ermittelnde prozentuale Wohnflächenzugewinn eines derartigen Vorbaus als ein Indiz•unter vielen in die Betrachtung miteinfließen,

entscheidende Bedeutung kommt diesem Umstand allein jedoch nicht zu.

Ist die Beschwerde der Beigeladenen nach dem oben Dargelegten bereits wegen des Verstoßes der Baugenehmigung gegen die Ab standflächenregelung des § 6 BauO NW. zurückzuweisen, bedarf es keiner Entscheidung, ob die von dem Antragsteller darüberhinaus vorgetragenen Gesichtspunkte ebenfalls ein baurechtliches Ab wehrrecht begründen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes aus §§ 20 Ab' s. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.