Ist der künftige Auszahlungsanspruch eines Ehegatten aus einer betrieblichen Altersversorgung (Direktversicherung) im Wege der Zwangsvollstreckung gepfändet, ist der interne Wertausgleich anlässlich der Ehescheidung nicht durchführbar. Die Anrechte des betroffenen Ehegatten sind gegebenenfalls im Wege des schuldrechtlichen Versorgungausgleichs zu berücksichtigen.
I. Auf die Beschwerde der S. Versicherung wird der Beschluss des Amtsgerichts Ulm - Familiengericht - vom 06.09.2012 (3 F 918/11) in den Ziffern 2, 3 und 4 der Entscheidungsformela b g e ä n d e r t :Hinsichtlich der für den Antragsteller bei der S. Versicherung bestehenden Anrechte aus betrieblicher Altersversorgung (Versicherungs-Nr. xxx, xxx und xxx) findet ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt.
II. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller und die Antragsgegnerin die Gerichtskosten jeweils zur Hälfte; ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten selbst.
III. Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens: 1.260,-- EUR
1.
Mit Beschluss vom 06.09.2012 hat das Familiengericht die Ehe zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin geschieden (Ziffer 1 des Beschlusstenors) und zwischen ihnen den Versorgungsausgleich der von den Eheleuten in der maßgeblichen Ehezeit (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) vom 01.08.2002 bis 31.08.2011 erworbenen Anrechte durchgeführt (Ziffern 2-7 des Beschlusstenors). Dabei hat es in den Ziffern 2-4 Anrechte des Antragstellers bei der S. Versicherung aus einer betrieblichen Altersversorgung (Direktversicherung) intern geteilt und der Antragstellerin hieraus Anrechte in Höhe von 16.819,05 EUR, 968,88 EUR und 2.017,66 EUR (unter Berücksichtigung von 250,-- EUR Teilungskosten je Anrecht) übertragen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die erstinstanzliche Entscheidung sowie die der Entscheidung zugrunde gelegten Auskünfte der S. Versicherung vom 13.02.2012 verwiesen (Bl. 52/69).
Gegen die ihr am 04.10.2012 zugestellte Entscheidung des Familiengerichts hat die S. Versicherung am 31.10.2012 Beschwerde eingelegt, mit der sie geltend macht, der Wertausgleich der Anrechte des Antragstellers bei ihr finde nicht statt, da die Ansprüche des ausgleichsverpflichteten Antragstellers auf Zahlung der Versicherungsleistungen entsprechend den abgeschlossenen Verträgen von der B. Bank wegen einer Forderung über 84.749,85 EUR gegen den Antragsteller durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Ehingen vom 10.05.2012 (M 640/12), zugestellt an die S. Versicherung am 21.05.2012, gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen worden seien. Nach ihrer Teilungsordnung (siehe Bl. 55/57) finde eine Teilung nicht statt, soweit die Anrechte abgetreten, beliehen, verpfändet oder gepfändet sind. Die Beschwerdeführerin hat für den Fall, dass ihren Anträgen nach den Ziffern 1-4 nicht stattgegeben wird, hilfsweise beantragt (Anträge Ziffer 5 und 6), darüber zu entscheiden, ob die Pfändung der Anrechte des Antragstellers durch die B. Bank sich auch auf die im Wege der internen Teilung zugunsten der Antragsgegnerin zu übertragenden Anrechte erstreckt sowie neben der Bezeichnung der Rechtsgrundlage für die interne Teilung, (nämlich die Ordnung für die interne Teilung von Lebensversicherungen aufgrund des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (Teilungsordnung) bei der S. Versicherung vom August 2010) die Berechtigung der Beschwerdeführerin aufzunehmen, die auf die Antragsgegnerin zu übertragenden Anrechte in einem Vertrag zu bündeln und anzugeben, dass das zu übertragende Anrecht jeweils als Kapitalwert ausgewiesen ist. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung der S. Versicherung vom 31.10.2012 Bezug genommen (Bl. 137/144).
Der ausgleichsverpflichtet Antragsteller hat mitgeteilt, dass mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung Einverständnis besteht; in der Sache hat er keine Stellungnahme abgegeben. Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde entgegen; sie ist unter Hinweis auf die Entscheidungen des OLG Nürnberg vom 15.11.2011 (7 UF 1463/11) und des OLG Saarbrücken vom 26.01.2012 (9 UF 161/11) der Auffassung, dass die Anrechte trotz der erfolgten Pfändung zu teilen sind. Auch sie ist mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden.
Der Senat hat im Beschwerdeverfahren die B. Bank beteiligt; sie hat sich mit Schriftsatz vom 23.07.2013, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 163/164), unter Hinweis auf die Entscheidung des OLG Hamm vom 06.06.2013 (II-2 UF 250/12) der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin angeschlossen. Der Senat hat darüber hinaus die Akten des Amtsgerichts Ehingen (M 640/12) beigezogen.
Der Senat entscheidet über die Beschwerde ohne weitere mündliche Verhandlung, nachdem der Sachverhalt aufgeklärt ist und ausschließlich über eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, zu der sich die Beteiligten äußern konnten.2.
Die Beschwerde der S. Versicherung ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig, da sie insbesondere rechtzeitig eingelegt worden ist. Die Beschwerdeführerin ist als Versorgungsträgerin einer in den Versorgungsausgleich einbezogenen Altersversorgung auch beschwerdeberechtigt (§ 59 Abs. 1 FamFG), da sie geltend macht, die vom Familiengericht vorgenommene Regelung entspreche nicht dem materiellen Recht und stelle damit einen Eingriff in ihre Rechtstellung dar. Dabei kommt es nicht darauf an, ob mit dem Eingriff in ihre Rechtstellung eine finanzielle Mehrbelastung verbunden ist (Beschluss des BGH vom 31.10.2012 - XII ZB 588/11 -).
Da sich die Beschwerde der S. Versicherung nur gegen die Einbeziehung der bei ihr zugunsten des Antragstellers bestehenden Anrechte richtet, ist die Entscheidung des Familiengerichts dem Beschwerdegericht auch nur hinsichtlich dieser Anrechte zur Überprüfung angefallen (BGH FamRZ 2011, 547); Im Übrigen ist der Beschluss des Familiengerichts vom 06.09.2012 rechtskräftig.3.
Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet; sie führt zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung dahin gehend, dass in entsprechender Anwendung von § 19 Abs. 1 VersAusglG von einem Wertausgleich der Anrechte bei der Scheidung abzusehen ist.3.1.
Die in Rede stehenden Anrechte unterliegen nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG dem Versorgungsausgleich. Zwar handelt es sich ausweislich der Auskünfte der S. Versicherung vom 13.02.2012 i.V.m. den Erläuterungen im Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 23.07.2013 (Bl. 170/171) nicht um Rentenversicherungen, sondern um kapitalbildende Versicherungen auf den Todes- und Erlebensfall. Da die Anrechte allerdings im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung in Form von Direktversicherungen gebildet worden sind, handelt es sich um Anrechte im Sinne des Betriebsrentengesetzes, die unabhängig von der Leistungsform dem Versorgungsausgleich unterliegen. Einzubeziehen sind die Anrechte mit ihrem Ehezeitanteil, der in den Auskünften der Beschwerdeführerin vom 13.02.2012 mit 33.888,09 EUR (Versicherungs-Nr. xxx), 2.187,75 EUR (Versicherungs-Nr. xxx) und 4.285,32 EUR (Versicherungs-Nr. xxx) angegeben werden. Einwände gegen die Richtigkeit der Auskünfte wurden von den (geschiedenen) Ehegatten nicht geltend gemacht.
Durch die erfolgte Pfändung des künftigen Auszahlungsanspruchs des Antragstellers gegen die S. Versicherung aus den genannten Verträgen unterliegt die Beschwerdeführerin einem Zahlungsverbot mit der Folge, dass sie nach Eintritt des Versicherungsfalls keine Leistungen aus den Versicherungen an den Antragsteller vornehmen darf, da hierdurch das Pfändungspfandrecht der B. Bank beeinträchtigt würde (§§ 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO, 135, 136 BGB). Zwar ist nach § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG eine vorzeitige Kündigung der Versicherungen zur Realisierung des Rückkaufwerts unzulässig; der Bundesgerichtshof hat jedoch durch Beschluss vom 11.11.2010 (VII ZB 87/09) entschieden, dass der Anspruch des (ehemaligen) Arbeitnehmers auf Auszahlung der Versicherungssumme aus einer Firmendirektversicherung bereits vor Eintritt des Versicherungsfalles als zukünftige Forderung pfändbar ist. Die rechtliche Veränderung der Anrechte, die durch die nach dem Ende der Ehezeit, aber vor Schluss der mündlichen Verhandlung wirksam erfolgte Pfändung eingetreten ist, ist auch gem. §§ 5 Abs.2 Satz 2, 19 Abs.1 Satz 2 VersAusglG zu berücksichtigen. Dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Ehingen vom 10.05.2012 liegt eine Forderung der B. Bank gegen den Antragsteller über 84.749,85 EUR (tituliert durch ein Urteil des Landgerichts Berlin vom 09.12.2010 sowie des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Landgerichts Berlin vom 25.05.2011 -10 O 212/09-) zugrunde. Die Werte der drei Versicherungen belaufen sich nach den vorliegenden Auskünften der S. Versicherung auf rund 90.000,-- EUR. Soweit der Antragsteller die Forderung der Gläubigerin nicht aus weiteren Quellen bedienen kann (nach dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss sind außerdem die zukünftigen Forderungen des Antragstellers gegenüber E. aus dort bestehenden Lebensversicherungsverträgen gepfändet), wird der ganz überwiegende Teil der Vermögenswerte aus der betrieblichen Altersversorgung zur Schuldentilgung benötigt und damit nicht als Altersversorgung zur Verfügung stehen.
Da die gepfändete Forderung dem Pfändungsgläubiger (lediglich) zur Einziehung überwiesen wurde, bleibt sie unverändert Vermögensbestandteil des ausgleichspflichtigen Antragstellers und unterliegt als solcher, wie der Bundesgerichtshof unter Geltung der §§ 1587 ff. BGB a.F. (für den Fall der Besicherung eines Immobiliendarlehens; FamRZ 2011, 963) bereits entschieden hat, trotz Bestehens der Pfändung dem Versorgungsausgleich. Allerdings ist der Wertausgleich anlässlich der Ehescheidung nicht durchführbar, weil er in das Sicherungsrecht eingreift und auch der Wert des Anrechts nicht abschätzbar ist, solange nicht geklärt ist, ob und in wie weit der Pfändungspfandgläubiger im Versicherungsfall seine Rechte tatsächlich ausübt. Bis dahin würde eine nach den §§ 10 ff. VersAusglG vorzunehmende Teilung der Anrechte des Antragstellers dazu führen, dass sich der Anspruch des ausgleichspflichtigen Antragstellers gegenüber der Beschwerdeführerin vermindert und stattdessen insoweit ein Anspruch der ausgleichsberechtigten Antragsgegnerin (aufgrund eines neuen Vertragsverhältnisses) begründet wird. Fraglich wäre in diesem Fall, ob die Rechtsposition des Pfändungsgläubigers erhalten bleibt, sich also auch an dem durch die interne Teilung zugunsten des ausgleichsberechtigten Ehegatten gebildeten Anrecht fortsetzt. Um den Vorrang des Sicherungsrechts vor einer lastenfreien Begründung des Anrechts zu schützen, müsste in der Entscheidung des Familiengerichts zum Versorgungsausgleich (in analoger Anwendung der §§ 412, 401 BGB) das weiterbestehende Sicherungsrecht in die Beschlussformel mit aufgenommen werden (vgl. zu den Abwicklungsrisiken in diesem Fall Borth, Ausgleich eines zur Sicherheit abgetretenen Anrechts im reformierten Versorgungsausgleich, FamRZ 2013, 837). Darüber hinaus würde das Pfändungspfandrecht der B. Bank, die im übrigen einer Teilung des Sicherungsrechts nicht zugestimmt hat, im Falle einer internen Teilung aber bereits dadurch beeinträchtigt, dass nach § 13 VersAusglG i.V.m. der Teilungsordnung der Beschwerdeführerin je Anrecht 250,-- EUR in Abzug zu bringen sind. Hinzu kommt, dass der Zugriff für den Sicherungsnehmer durch die Aufspaltung des Sicherungsrechts in zwei selbstständige Rechte (aufgrund der internen Teilung) erschwert wird, selbst wenn man der Auffassung folgt, dass das neu begründete Anrecht mit dem Sicherungsrecht belastet bleibt. Es bleibt das Faktum, dass sich der Sicherungsgeber nach der Teilung zwei Rechtsinhabern gegenüber sieht, die ihm u.U. mehr Schwierigkeiten bereiten können als ein Einzelner. Zudem kann sich auch das Risiko der Inanspruchnahme der Altersvorsorge nach der Aufteilung wesentlich ändern (vgl. Gutdeutsch, FamRB 2012, 187).3.2.
Im Hinblick auf diese Schwierigkeiten hat der Senat bereits mit Beschluss vom 16.07.2012 (11 UF 19/12) und ebenso der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart mit Beschluss vom 21.09.2012 (15 UF 172/12) im Falle der Abtretung von Anrechten aus einer privaten Rentenversicherung zur Sicherung eines Immobiliendarlehens entschieden, dass das Anrecht in entsprechender Anwendung des § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG nicht dem Ausgleich bei der Scheidung unterliegt, weil derzeit noch nicht mit Sicherheit absehbar ist, ob und in welchem Umfang die Sicherheit realisiert wird und sich deshalb auch nicht feststellen lässt, ob das Versorgungsanrecht endgültig und ggf. in welcher Höhe beim ausgleichspflichtigen Ehegatten verbleibt. Der Senat folgt dieser Auffassung auch für den Fall der Pfändung der in den Versorgungsausgleich fallenden Anrechte durch einen Drittgläubiger vor Entscheidung über den Versorgungsausgleich und schließt sich damit der Auffassung des Kammergerichts (Beschluss vom 10.02.2012, FamRZ 2012, 1218) und des OLG Hamm (Beschluss vom 06.06.2013 - II-2 UF 250/12) an. Der Senat hat in den genannten Entscheidungen ausgeführt, dass er den Oberlandesgerichten Saarbrücken und Nürnberg nicht folgt, weil diese bei ihrer Darlegung, dass der Sicherungsnehmer keinen Nachteil erleide, nicht berücksichtigt haben, dass die Sicherheit immerhin um die abzuziehenden Teilungskosten vermindert wird. Dem gegenüber hat der Senat darauf abgestellt, dass die Begründung eines durch Sicherungsrechte belasteten Anrechts dem Versorgungsausgleich als gesetzliches Ausgleichssystem fremd ist (so auch OLG Schleswig, Beschluss vom 16.04.2012 - 10 UF 322/11). Dem entsprechend findet nach der Teilungsordnung der Beschwerdeführerin eine Teilung von Anrechten nicht statt, soweit sie abgetreten, beliehen, verpfändet oder gepfändet sind. Regelungen, die den geschilderten Besonderheiten bei abgetretenen bzw. gepfändeten Forderungen Rechnung tragen würden, sind nicht geschaffen worden. Dies rechtfertigt es, in entsprechender Anwendung von § 19 Abs. 1 VersAusglG von einem Wertausgleich bei der Scheidung abzusehen. Soweit die Regelung in § 19 Abs. 1 VersAusglG voraussetzt, dass die Versorgung der Höhe nach nicht hinreichend verfestigt ist, besteht bei der Pfändung bzw. Sicherungsabtretung eine vergleichbare Interessenlage, weil auch in diesen Fällen nicht mit der gebotenen Gewissheit beurteilt werden kann, ob, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe der Ausgleichspflichtige sein Anrecht, von dem sich dasjenige des ausgleichsberechtigten Ehegatten ableitet, wieder erlangen wird.3.3.
Die hiernach nicht dem Wertausgleich bei der Scheidung unterfallenden Anrechte des Antragstellers bei der S. Versicherung verbleiben somit für mögliche Ausgleichsansprüche der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller auf eine schuldrechtliche Ausgleichsrente (§ 224 Abs. 4 FamFG, § 20 VersAusglG). Über die Hilfsanträge der Beschwerdeführerin ist nicht zu befinden, nachdem die Hauptanträge in der Sache begründet sind.4.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 150 Abs. 1 und 3 FamFG.
Die Festsetzung des Verfahrenswerts beruht auf § 50 Abs. 1 FamGKG.
Im Hinblick auf die uneinheitliche Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und wegen der grundsätzlichen Bedeutung wird gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FamFG die Rechtsbeschwerde zugelassen zur Klärung der Frage, ob Anrechte aus einer betrieblichen Altersversorgung, die der internen Teilung unterliegen und von einem Gläubiger gepfändet worden sind, in den Ausgleich bei Scheidung einbezogen werden müssen.