OLG München, Beschluss vom 05.11.2013 - 34 Wx 388/13
Fundstelle
openJur 2013, 42780
  • Rkr:

Ein Grundstückseigentümer hat keinen Anspruch auf Umschreibung des Grundbuchblatts, damit eine rechtmäßig eingetragene, aber zwischenzeitlich wieder gelöschte Zwangshypothek sowie Zwangsversteigerungsvermerke aus dem (aktuellen) Grundbuch nicht mehr ersichtlich sind (Anschluss an OLG Celle FGPrax 2013, 146).

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Pfaffenhofen an der Ilm vom 12. September 2013 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Beteiligte ist als Grundstückseigentümer im Grundbuch eingetragen. Das Grundbuchblatt enthält im Bestandsverzeichnis acht Grundstücke, weitere 19 sind abgetragen. Abteilung II enthält drei eingetragene Rechte (Leibgeding und Wasserrohrleitungsrechte). 19 Einträge sind gelöscht. In Abteilung III sind zehn Grundpfandrechte eingetragen, acht weitere sind gelöscht. Zu den gelöschten Rechten in Abteilungen II und III gehören eine Sicherungshypothek aus dem Jahr 2006 sowie neben zwei Zwangsverwaltungsvermerken aus dem Jahr 2006 acht Zwangsversteigerungsvermerke aus dem Jahr 2008 und ein weiterer aus dem Jahr 2010. Alle diese im Wege der Zwangsvollstreckung vorgenommenen Eintragungen wurden in den Jahren 2007 bis 2011 wieder gelöscht.

Mit Schreiben vom 27.8.2013 beantragte der Beteiligte die Bereinigung des Grundbuchs wegen Unübersichtlichkeit. Aufgrund der vormaligen Eintragung der Sicherungshypothek sowie der Zwangsversteigerungsvermerke bereite es ihm Probleme, einen neuen Kredit zu erhalten. Diese Eintragungen seien Folge einer Bürgschaft, die er einer GmbH gewährt habe und aus der er in Anspruch genommen worden sei.

Den Antrag hat das Amtsgericht - Grundbuchamt - am 12.9.2013 zurückgewiesen. Der Beteiligte hat am 1.10.2013 Beschwerde eingelegt, der das Grundbuchamt am 2.10.2013 nicht abgeholfen hat.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen (vgl. § 73 GBO) zulässig. Sie hat jedoch aus den bereits im Beschluss des Grundbuchamts dargelegten Gründen in der Sache keinen Erfolg. Der Beteiligte hat nach der Löschung verschiedener Eintragungen grundsätzlich und auch in diesem Fall keinen Anspruch auf Umschreibung des Grundbuchs durch Anlegung eines neuen Grundbuchblatts.

1. Die Voraussetzungen, unter denen nach der Grundbuchverfügung (GBV) ein Grundbuchblatt umgeschrieben werden muss oder nach dem Ermessen des Grundbuchamts umgeschrieben werden kann, sind in den §§ 23, 28 GBV geregelt, hier aber nicht erfüllt. Eine Unübersichtlichkeit der Rangverhältnisse ist nicht gegeben. Auch im Übrigen liegen angesichts der geringen Anzahl von eingetragenen Rechten die Voraussetzungen der Unübersichtlichkeit nicht vor.

2. Einen Anspruch auf Grundbuchumschreibung nur zu dem Zweck, die gelöschten Eintragungen von Zwangshypotheken oder von Zwangsversteigerungsvermerken in der Weise zu beseitigen, dass sie auch bei Einsichtnahme in das Grundbuch nicht mehr wahrgenommen werden können, sehen diese Bestimmungen nicht vor.

a) Zwar wird in der Literatur vertreten, die Beseitigung überholter Zwangseintragungen in entsprechender Anwendung von § 28 Abs. 1 GBV zuzulassen (Hügel/Holzer GBO 2. Aufl. § 3 Rn. 8; Meikel/Böttcher GBO 10. Aufl. § 28 GBV, Rn. 6 ff.; KEHE/Eickmann GBO 6. Aufl. § 28 GBV Rn. 3; Böhringer Rpfleger 1989, 309). Begründet wird dies unter anderem mit dem Persönlichkeitsschutz. Es stelle eine Benachteiligung des Eigentümers dar und sei unverhältnismäßig, wenn Zwangseintragungen unbegrenzt, also auch noch mehr als drei Jahre nach der Löschung, durch Grundbucheinsicht von Dritten zur Kenntnis genommen werden könnten.

b) Diese Ansicht verkennt jedoch, dass ein Recht des Beteiligten, die Umschreibung nur deshalb verlangen zu können, um eine frühere Eintragung aus einem Zwangsvollstreckungsverfahren über die erfolgte Löschung hinaus gänzlich aus dem Grundbuch zu entfernen, der Aufgabe des Grundbuchs widersprechen würde. Denn das Grundbuch muss nicht nur über gegenwärtige, sondern auch vergangene Rechtsverhältnisse am Grundstück zuverlässig Auskunft geben (vgl. § 39 GBO). So bleiben Eintragungen nach ihrer Löschung weiterhin bedeutsam, etwa für mögliche Kreditgeber des Grundstückseigentümers, und dienen damit auch im weiteren dem Schutz des Rechtsverkehrs. Dabei ist es unerheblich, ob der Grund der (berechtigten) Eintragung einer Zwangshypothek oder eines Zwangsversteigerungsvermerks in eigenen oder fremden Schulden etwa als Folge einer Bürgschaft zu suchen ist.

Auch aus dem aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG hergeleiteten Recht auf informationelle Selbstbestimmung (BVerfGE 65, 1 ff.) lässt sich ein Anspruch auf Umschreibung nicht ableiten. Jedenfalls für den Regelfall, dass die gelöschte Eintragung ursprünglich rechtmäßig zustande gekommen war, besteht kein Anlass, weitere Umschreibungstatbestände zu schaffen und dem Beteiligten einen entsprechenden Anspruch auf Umschreibung zuzubilligen. Hinzu kommt, dass auch nach Umschreibung das Einsichtsrecht sich auf das Blatt erstreckt, aus dem der dann aktuelle Bestand umgeschrieben wurde (siehe Waldner in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 3 Rn. 13).

c) Der Senat schließt sich aus diesen Gründen der in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung an (siehe BayObLGZ 1992, 127; OLG Celle FGPrax 2013, 146; OLG Düsseldorf NJW 1988, 975; Demharter GBO 28. Aufl. § 3 Rn. 12; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 613 a).

3. Da der Beteiligte seinen Antrag auf Anlegung eines neuen Grundbuchblatts nicht darauf stützt, dass die ursprüngliche Eintragung ohne die gesetzlichen Voraussetzungen stattfand, sondern darauf, dass trotz zwischenzeitlicher Löschung die ursprüngliche Eintragung noch aus dem Grundbuch bei Einsichtnahme ersichtlich ist und daher auch nach Löschung noch nachteilige Auswirkungen davon ausgehen, kann es offen bleiben, ob ein Anspruch auf Umschreibung im Fall einer unrechtmäßigen Eintragung bejaht werden könnte (siehe auch OLG Celle FGPrax 2013, 146).

III.

Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 61 Abs. 1 und 2 sowie § 36 Abs. 1 und Abs. 3 GNotKG.

Zur Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein Anlass, weil der Senat mit seiner Entscheidung - wie dargelegt - mit der (obergerichtlichen) Rechtsprechung im Einklang steht und abweichende Stimmen in der Literatur vereinzelt geblieben sind.