VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 17.10.2013 - 7 L 1289/13
Fundstelle
openJur 2013, 41877
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

2. Der Antrag auf Regelung der Vollziehung wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.

3. Der Streitwert wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbeschadet der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Antragstellers abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung, wie sich aus Nachstehendem ergibt, keine hinreichenden Aussichten auf Erfolg bietet, § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i. V. m. § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung - ZPO -.

Der sinngemäß gestellte Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers 7 K 4607/13 gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 27. August 2013 wiederherzustellen,

hat keinen Erfolg. Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus, weil die Ordnungsverfügung zur Entziehung der Fahrerlaubnis bei summarischer Prüfung mit großer Wahrscheinlichkeit rechtmäßig ist. Zur Begründung verweist die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im angegriffenen Bescheid des Antragsgegners, denen sie folgt (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO).

Ergänzend ist mit Rücksicht auf das Klage- und Antragsvorbringen Folgendes auszuführen:

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller zu Recht die Fahrerlaubnis gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz - StVG - i.V.m. § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung - FeV - entzogen. Danach ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Der Antragsteller hat sich jedenfalls deshalb als ungeeignet erwiesen, weil er Amphetamin und Kokain eingenommen hat.

Ungeeignet ist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wer Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV aufweist, welche die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließen. Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV schließt der Konsum von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes die Kraftfahreignung aus. Amphetamin und Kokain sind Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes. Die Einnahme von solchen sog. harten Drogen schließt die Kraftfahreignung unabhängig davon aus, ob unter der Wirkung dieser Droge ein Kraftfahrzeug geführt worden ist oder nicht (Nr. 9.1 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV; vgl. auch: Nr. 3.12.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung des gemeinsamen Beirats für Verkehrsmedizin beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und beim Bundesministerium für Gesundheit, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch-Gladbach, November 2009). Schon der einmalige Konsum sog. harter Drogen ist ausreichend, um die Kraftfahreignung zu verneinen,

so auch OVG NRW, Beschluss vom 6. März 2007 ‑ 16 B 332/07 ‑; OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 16. Februar 2004 ‑ 12 ME60/04 ‑ und 16. Juni 2003 ‑ 12 ME 172/03 ‑, DAR 2003, 432 f.; OVG Brandenburg, Beschluss vom 22. Juli 2004 ‑ 4 B 37/04 ‑; OVG Saarland, Beschluss vom 30. März 2006 ‑ 1 W 8/06 ‑; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. November 2004 ‑ 10 S 2182/04 ‑, VRS 108 (2005), 123 ff.; HessVGH, Beschluss vom 31. März 2012 ‑ 2 B 1570/11 ‑.

Dass der Antragsteller diese Drogen konsumiert hat, ist forensisch belegt durch das Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Münster, vom 3. Juli 2013, das im Blut des Antragstellers eine Konzentration von 48 ng/ml Amphetamin sowie das Kokain-Abbauprodukt Benzoylecgonin und damit die Aufnahme von Kokain feststellt. Dass dieses Abbauprodukt nur in einer sehr geringen Konzentration unterhalb der Bestimmungsgrenze von 50 ng/ml vorhanden war, stellt den Substanznachweis als solchen nicht infrage, sondern schließt lediglich die - im vorliegenden Zusammenhang unerhebliche - exakte Quantifizierung aus,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Mai 2013 - 16 B 465/13 -.

Soweit der Antragsteller im Antrag vom 24. September 2013 vortragen lässt, er habe sich am Vorabend der polizeilichen Kontrolle von Freunden zum Konsum eines ihm unbekannten weißen Pulvers überreden lassen, ohne dass ihm bewusst gewesen sei, welches Betäubungsmittel er konsumiere, gilt Folgendes: Nach dem Vortrag des Antragstellers war ihm grundsätzlich bewusst, dass es sich um Betäubungsmittel handelte. Die genaue Kenntnis, welches Betäubungsmittel konsumiert wird, ist nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV nicht erforderlich.

Da der Konsum harter Drogen die Kraftfahreignung unabhängig davon ausschließt, ob unter der Wirkung der Droge ein Kraftfahrzeug geführt wurde, kommt es auch nicht darauf an, ob der Antragsteller zum Zeitpunkt des Fahrantritts aus seiner Sicht nicht mehr unter dem Einfluss der Betäubungsmittel stand oder ihm seine Freunde mitgeteilt haben, die Folgen seien nach einer gewissen Zeit nicht mehr nachzuweisen. Auch eine mögliche Gefährdung des Straßenverkehrs durch den Antragsteller ist nicht erforderlich.

Ein Ermessen steht der Antragsgegnerin bei feststehender Ungeeignetheit nicht zu. Angesichts dessen bestehen auch keinerlei Bedenken gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung. Die vom Antragsteller ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit erscheint zu groß, als dass sie bis zur Entscheidung der Hauptsache hingenommen werden könnte. Etwaige berufliche und private Nachteile hat der Antragsteller daher hinzunehmen. Es bleibt ihm unbenommen, den Nachweis der Drogenfreiheit in einem späteren Wiedererteilungsverfahren durch eine medizinischpsychologische Untersuchung zu führen, die zwingend vorgeschrieben ist (vgl. § 14 Abs. 2 FeV).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes und entspricht der Rechtsprechung des OVG NRW bei Streitigkeiten um eine Fahrerlaubnis in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren, vgl. Beschluss vom 4. Mai 2009 ‑ 16 E 550/09 ‑, juris/nrwe.de.