LG Dortmund, Urteil vom 03.07.2012 - 6 O 431/09
Fundstelle
openJur 2013, 41049
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagten werden verurteilt, durch geeignete Maßnahmen zu

verhindern, dass von dem Teich auf ihrem Grundstück G1 Geräuschimmissionen durch Froschquaken auf das Grundstück des Klägers einwirken.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,00 €, für die Beklagten in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien sind Grundstücksnachbarn.

Der Kläger ist zusammen mit seiner Ehefrau, die ihn zur Geltendmachung und zur alleinigen Prozessführung ermächtigt hat, Miteigentümer des Grundstücks G2.

Die Beklagten sind Grundstückseigentümer des Grundstücks G1, beide bebaut jeweils mit Reihenhäusern. Entweder im Jahre 2005 oder im Jahre 2006 haben die Beklagten auf ihrem Grundstück einen Gartenteich angelegt, in dem sich nach kurzer Zeit Frösche angesiedelt haben bzw. angesiedelt wurden.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.06.2006 forderten der Kläger und seine Ehefrau die Beklagten auf, durch geeignete Maßnahmen Sorge dafür zu tragen, dass deren Belästigung durch Froschlärm auf ein erträgliches Maß reduziert werde. Die Beklagten haben insoweit keine Maßnahmen ergriffen.

Auf Veranlassung der Kläger erteilte der Kreis Unna den Beklagten mit Bescheid vom 06.07.2009 eine auf den 31.12.2010 befristete Befreiung gemäß § 62 Abs. 1 Ziffer 1 Buchst. a) BNatSchG von den Verboten des § 42 Abs. 1 Ziffer 1 BNatSchG. Die Befreiung wurde für den Fang von Fröschen aus dem Gartenteich auf dem Grundstück G1 erteilt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Vermeidung Wiederholungen verwiesen auf die entsprechende Anlage zur Klageschrift (Blatt 26 f. der Gerichtsakten).

Mit der vorliegenden Klage nimmt der Kläger die Beklagten auf Ergreifung von Maßnahmen in Anspruch, die verhindern, dass von dem Teich auf ihrem Grundstück Geräuschemissionen durch Froschquaken auf das Grundstück des Klägers einwirken.

Weiterhin nimmt der Kläger die Beklagten auf Zahlung einer sogenannten Mietminderung für die Jahre 2007 bis 2009 in Höhe von jeweils 330,00 € in Anspruch. Darüber hinaus begehrt er von den Beklagten Zahlung eines Schmerzensgeldes, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wurde, jedoch pro Jahr 1.000,00 € betragen soll.

Der Kläger trägt vor:

Die Anlage des Nachbarteiches sei im Jahr 2006 erfolgt.

Der von den Fröschen in dem Gartenteich der Beklagten herrührende Froschlärm sei erheblich. Der Emissionswert von 40 dB(A) zur Nachtzeit werde überschritten. Die Entfernung des Froschlärmes von seinem, des Klägers, Schlafzimmer, betrage 14 m.

Für die Zeit 2007 bis 2009 sei eine "Mietminderung" in Höhe von 330,00 € pro Jahr gerechtfertigt.

Der von dem Gartenteich der Beklagten herrührende Froschlärm führe bei ihm zu psychischen Beeinträchtigungen, die seinen Körper, im weitesten Sinne in einen pathologischen, somatisch objektivierbaren Zustand, vor allem auch nervlicher Art, versetzten.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten zu verurteilen,

1. durch geeignete Maßnahmen zu verhindern, dass von dem

Teich auf ihrem Grundstück G1 Geräuschimmissionen durch Froschquaken auf das Grundstück des Klägers einwirken;

2. an den Kläger 990,00 € nebst 5 %-Punkten über dem Ba-

siszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. an den Kläger ein angemessenes, der Höhe nach in das

Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie tragen vor:

Die Anlage des Teiches sei im Jahre 2005 erfolgt.

In der Nachbarschaft existierten vier Teiche, aus denen ebenfalls Froschquaken zu vernehmen sei. Die körperlichen Beeinträchtigungen des Klägers könnten mannigfaltige Ursachen haben.

Auch etwaige depressive Verstimmungen könnten mannigfaltige Ursachen haben. Eine Verursachung durch Froschgequake werde bestritten.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens, das schriftlich und mündlich erläutert wurde.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen X vom 28.06.2011, seine schriftliche Erläuterung vom 06.06.2012 (Blatt 139/140 der Gerichtsakten) sowie auf die mündliche Erläuterung des Sachverständigen im Termin vom 03.07.2012, in dem auf Sequenzen des von dem Sachverständigen analysierten Froschgequakes akustisch "in Augenschein" genommen wurde.

Weiterhin hat das Gericht eine Auskunft von der Stadt Unna zur Frage eingeholt, in welchem Bebauungsgebiet das Grundstück der Beklagten liegt. Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen auf das Schreiben der Kreisstadt Unna vom 25.06.2012 (Blatt 141 der Gerichtsakten).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle verwiesen.

Gründe

Die Klage hat teilweise Erfolg.

I.

Die Beklagten sind verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen zu verhindern, dass von dem Teich auf ihrem Grundstück Geräuschimmissionen durch Froschquaken auf das Grundstück des Klägers einwirken.

Die Verpflichtung ergibt sich aus den §§ 1004 i.V.m. § 906 BGB. Der Sachverständige X hat nachvollziehbar, in sich widerspruchsfrei und überzeugend dargelegt, dass in der Nacht vom 25. bis 26. Mai 2011 in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr jeweils Froschquaken von dem Gartenteich der Beklagten vor dem Fenster des Hauses des Klägers und dessen Ehefrau im ersten Obergeschoss festzustellen war, und zwar in Häufigkeiten von ein bis dreizehn Mal pro Stunde. Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen auf die entsprechende Seite 12 des schriftlichen Gutachtens vom 28.06.2012.

Nach den weiteren nachvollziehbaren und überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen war in dem Zeitraum 3.00 Uhr bis 4.00 Uhr dreizehn Mal ein von dem Gartenteich der Beklagten herrührendes Froschquaken vor dem klägerischen Fenster festzustellen, und zwar in einer Einwirkungszeit 749 Sekunden. In dieser sogenannten Einwirkungszeit betrug die durchschnittliche Lautstärke des Froschquakens 53,6 dB(A). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass in den anderen Sequenzen kein Froschquaken festzustellen und noch eine Reflexion an den Fassaden festzustellen war, ergibt sich daraus ein mittlerer Geräuschpegel von 44 dB(A) in dem Zeitraum von 3.00 bis 4.00 Uhr nachts, herrührend von dem Froschquaken auf dem Grundstück der Beklagten.

Dieses Geräusch haben die Kläger nicht zu dulden. Denn damit werden die Immissionsrichtwerte für allgemeine Wohngebiete für den Nachtzeitraum von 40 dB(A) überschritten.

Dabei liegt das Grundstück der Beklagten gemäß der eingeholten Auskunft der Kreisstadt Unna vom 25.06.2012 in einem als "allgemeines Wohngebiet" ausgewiesenen Bereich.

Die Lautstärke des von dem Grundstück der Beklagten herrührenden Froschgequakes ist auch nicht als unwesentlich zu bezeichnen.

Dieses ergibt sich zum einen aus dem gemessenen Durchschnittswert. Zum anderen ergibt sich dieses aus der eigenen Wahrnehmung des Gerichts.

Das Gericht hat im Zusammenhang mit der Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständige X sich insgesamt drei Sequenzen des von dem Grundstück der Beklagten herrührenden Froschgequakes in Originallautstärke vorspielen lassen. Das Froschgequake war gut zu hören.

Den Beklagten ist auch möglich, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, und zwar insbesondere auch durch Fangen der Frösche aus ihrem Gartenteich.

Mit Bescheid des Kreises Unna vom 06.07.2009 ist ihnen bereits eine Befreiung gem. § 62 Abs. 1 Ziffer Buchstabe a) BNatSchG von den Verboten des § 42 Abs. 1 Ziffer 1 BNatSchG erteilt worden, in Form des Fangens von Fröschen aus ihrem Gartenteich. Dass diese Befreiung zwischenzeitlich beendet wurde aufgrund Befristung vom 31.12.2010 ist unerheblich. Es ist nicht in Ansätzen ersichtlich, dass eine entsprechende Befreiung nicht erneut erteilt werden kann. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass bisher die Befreiung von Klägerseite veranlaßt wurde und die Beklagten sich gegen die Befreiung gewendet haben. Da die Befreiung - sogar auf Initiative des Klägers - erteilt wurde, ist nicht in Ansätzen ersichtlich, dass die Beklagten, bei eigenem Antrag, diese nicht nochmals erhalten.

II.

Dagegen kann der Kläger von den Beklagten nicht die Zahlung der für den Zeitraum 2007 bis 2009 geltend gemachten s.g. "Mietminderung" verlangen.

Insoweit ist keine Anspruchsgrundlage ersichtlich.

Eine unmittelbare Anwendung des einzig in Betracht kommenden § 906 Abs. 2 BGB scheidet schon deshalb aus, weil das Froschgequake durch geeignete Maßnahmen verhindert werden kann.

Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift kommt ebenfalls nicht in Betracht.

Dieses wäre allenfalls möglich, wenn der Kläger aus besonderen Gründen rechtlich oder tatsächlich gehindert gewesen wäre, den ihm zustehenden Primärrechtsschutz geltend zu machen (vgl. BGH NJW 1933, 925 Rd. 29 zitiert nach Juris).

Wie bereits ausgeführt, steht jedoch dem Kläger primär ein Abwehranspruch zu. In diesem Fall kann er keinen weiteren Ausgleich in Geld verlangen (vgl. BGH, a.a.O., Rd. 25).

III.

Schmerzensgeld kann der Kläger von den Beklagten gleichfalls nicht verlangen.

Zum einen ist nicht ersichtlich, dass die von dem Kläger behaupteten körperlichen Beeinträchtigungen auf das Froschquaken zurückzuführen sind. In dem eingereichten ärztlichen Attest vom 21.06.2007 (Blatt 31 der GerichtsGerichtsakten) ist ausgeführt, dass sich der Kläger bereits seit Mai 2000, also weit vor der Errichtung des Gartenteichs durch die Beklagten, wegen rezidivierender depressiver Verstimmungen in ambulanter Behandlung befindet.

Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die Beklagten bis zur erstmaligen Erteilung der Befreiung durch den Bescheid der Stadt Unna vom 30.07.2009 gehindert waren, die Frösche aus ihrem Gartenteich durch Abfangen zu entfernen und die daraus resultierenden Lärmimmissionen zu beseitigen.

IV.

Die Entscheidung über die Kosten der damit teilweise erfolgreichen Klage ergibt sich aus den §§ 91, 92 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO.

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