VG Göttingen, Beschluss vom 11.10.2013 - 2 B 806/13
Fundstelle
openJur 2013, 40877
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

Gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG in der hier anzuwendenden Fassung des Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (sog. Qualifikationsrichtlinie) vom 28. August 2013 (BGBl. I Nr. 54 vom 5. September 2013, S. 3474), die nach Art. 7 Satz 2 dieses Gesetzes am Tag nach der Verkündung - somit dem 6. September 2013 - in Kraft getreten ist, ordnet das Bundesamt, sofern ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Absatz 2 der geänderten Fassung des § 34a AsylVfG sind Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig.

Das Bundesamt hat vorliegend mit Bescheid vom 20. Juni 2013, der den Antragstellern ausweislich der zu den Akten befindlichen Postzustellungsurkunde erst am 24. August 2013 zugestellt wurde, entschieden, dass die von den Antragstellern in Deutschland am 24. Januar 2013 gestellten Asylanträge gem. § 27a AsylVfG unzulässig sind (Ziffer 1.) und die Abschiebung der Antragsteller nach Belgien angeordnet wird (Ziffer 2.). Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit ihrer in der Hauptsache - 2 A 805/13 - anhängigen Klage, die am 6. September 2013 beim erkennenden Gericht eingegangen ist. Zeitgleich haben sie um Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage nachgesucht. Die Klage ist somit innerhalb der 2-wöchigen Frist des § 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylVfG erhoben worden; ob eine Verkürzung der Klagefrist auf eine Woche gem. § 74 Abs. 1 Halbs. 2 AsylVfG seit Inkrafttreten der Änderung des § 34a Abs. 2 AsylVfG mit Wirkung vom 6. September 2013 erfolgt ist, kann im vorliegenden Verfahren folglich offen bleiben. Da der angefochtene Bescheid den Antragstellern vor diesem Datum bekanntgegeben wurde, waren sie auch noch nicht gehalten, ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage binnen einer Woche zu stellen. Bescheide, die vor Inkrafttreten der e.g. Gesetzesänderung bekanntgegeben wurden, können von dieser naturgemäß nicht erfasst werden. Selbst wenn man dies anders beurteilen wollte, würde vorliegend zugunsten der Antragsteller die Jahresfrist gem. § 58 Abs. 2 VwGO greifen, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes führt gemäß § 34a Abs. 2 AsylVfG a.F. noch aus, dass die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat nicht nach § 80 oder § 123 VwGO ausgesetzt werden dürfe und eine Klage binnen zwei Wochen zu erheben sei.

Das erkennende Gericht folgt der bislang zu § 34a Abs. 2 AsylVfG n.F. ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht erst bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes erfolgen darf, wie dies in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrages als unbeachtlich oder offensichtlich unbegründet gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG vom Gesetzgeber vorgegeben ist. Das VG Trier hat hierzu in seinem Beschluss vom 18. September 2013 - 5 L 1234/13.TR -, zit. nach juris, eingehend dargelegt, dass eine derartige Einschränkung der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis in Anlehnung an § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG gerade nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprach; eine entsprechende Initiative zur Ergänzung des § 34a Abs. 2 AsylVfG n.F. fand im Bundesrat keine Mehrheit (a.a.O., Rn. 7 ff.). Dementsprechend ist vorliegend eine reine Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses der Beklagten mit dem privaten Aussetzungsinteresse der Antragsteller vorzunehmen, die sich maßgeblich - aber nicht ausschließlich - an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientiert, soweit diese sich bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes abschätzen lassen. Diese Interessenabwägung fällt vorliegend zulasten der Antragsteller aus, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Die Antragsteller haben im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung durch das Bundesamt und durch Vorlage belgischer Dokumente eingeräumt, bereits im Juni / Juli 2012 in Belgien einen Asylantrag gestellt zu haben, der durch Bescheid des Federale Overheidsdienst Binnenlandse Zaken vom 12. Dezember 2012 abgelehnt wurde; sie seien darin zur Ausreise aus Belgien binnen 30 Tagen aufgefordert worden. Hiermit korrespondiert die Erklärung der belgischen Behörden vom 2. Mai 2013 gegenüber dem Bundesamt, die Antragsteller gem. Art. 16 Abs. 1 e) VO (EG) 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und des Verfahrens zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl. EU L 50 vom 25. Februar 2003, S. 1) - sog. Dublin-II-Verordnung -, geändert durch VO (EG) 1103/2008 vom 22. Oktober 2008 (ABl. EU L 304 vom 14. November 2008, S. 80), nach Maßgabe des Artikels 20 dieser Verordnung wiederaufzunehmen, weil sich die Antragsteller nach Ablehnung ihrer Asylanträge in Belgien unerlaubt im Bundesgebiet aufhalten würden. Die Antragsteller haben im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergänzend ausgeführt, ihr gerichtliches Verfahren gegen die ablehnende Entscheidung der belgischen Asylbehörden hätte keinen Erfolg gehabt, sodass sie unter Befolgung einer weiteren Ausreisefrist von 10 Tagen am 14. Januar 2013 in das Bundesgebiet eingereist seien und hier am 24. Januar 2013 einen weiteren Asylantrag gestellt hätten. Die Zuständigkeit Belgiens für die Antragsteller nach Maßgabe der Dublin-II-Verordnung kann somit nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden.

Dies gilt auch in Ansehung der von den Antragstellern herangezogenen Vorschrift des Art. 16 Abs. 4 VO (EG) 343/2003. Danach erlöschen die Verpflichtungen nach Art. 16 Abs. 1 Buchstaben d) und e) auch, wenn der für die Prüfung des Antrags zuständige Mitgliedsstaat nach der Rücknahme oder der Ablehnung des Antrags die notwendigen Vorkehrungen getroffen und tatsächlich umgesetzt hat, damit der Drittstaatsangehörige in sein Herkunftsland oder in ein anderes Land, in das er sich rechtmäßig begeben kann, zurückkehrt. Daraus folgt - anders als die Antragsteller meinen - nicht, dass die Verpflichtung Belgiens zur Wiederaufnahme der Antragsteller bereits dadurch erloschen ist, dass diese in Erfüllung der ihnen gesetzten Ausreisefrist freiwillig das Gebiet Belgiens verlassen und das Bundesgebiet - wie sie selbst zugeben - unerlaubt betreten haben. In der bloßen Setzung einer Ausreisefrist von 30 bzw. 10 Tagen liegt weder das Treffen der notwendigen Vorkehrungen für eine Rückkehr der Antragsteller in ihr Heimatland, noch kann von einer tatsächlichen Umsetzung der hierfür notwendigen Vorkehrungen gesprochen werden. Der zuständige Mitgliedsstaat muss vielmehr auch im Falle einer freiwilligen Ausreise des Asylbewerbers sicherstellen, dass dieser tatsächlich im Zielstaat ankommt. Hierfür erscheint ausreichend, den Betroffenen mit einer Grenzübertrittsbescheinigung auszustatten, wenn er nachweislich einen Direktflug in sein Heimatland gebucht hat und hierdurch dokumentiert, dass er das Flugzeug auch tatsächlich besteigen wird. An notwendigen Vorkehrungen fehlt es hingegen, wenn der Betroffene - wie hier die Antragsteller - lediglich das Gebiet des zuständigen Mitgliedsstaates auf dem Landweg durch Überschreiten der Landesgrenze verlässt, indem er sich unerlaubt in einen benachbarten Mitgliedsstaat begibt (vgl. Funke-Kaiser in: Gemeinschaftskommentar zum AsylVfG, Loseblatt, Stand 97. Erg.lfg. Februar 2013, § 27a Rn. 268).

Die Einwände der Antragsteller gegen die Entscheidung des Bundesamtes, dementsprechend ihre Abschiebung nach Belgien gem. § 27 a i.V.m. § 34a Abs. 1 AsylVfG anzuordnen, greifen nicht durch.

Eine Zuständigkeit der Antragsgegnerin gem. Art. 3 Abs. 2 VO(EG) 343/2003 besteht nicht; das Selbsteintrittsrecht der Antragsgegnerin hat sich nicht zu einer Selbsteintrittspflicht verdichtet.

Soweit die Antragsteller einwenden, die Antragsgegnerin habe ihr Selbsteintrittsrecht ausgeübt, indem das Bundesamt sie - die Antragsteller - am 6. Februar 2013 persönlich zu ihren Asylgründen insgesamt und nicht nur zu ihrem Reiseweg angehört habe und damit in eine sachliche Prüfung des Asylantrags vom 24. Januar 2013 eingetreten sei, hat die Kammer zu dieser Frage in ihrem Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 A 652/12 -, zit. nach juris Rn. 26, im Anschluss an die Rechtsprechung des Bay. VGH (Beschluss vom 3. März 2010 - 15 ZB 10.30005 -, InfAuslR 2010, S. 467 f.) bereits entschieden, dass eine - wie im vorliegenden Fall - bloß routinemäßige, an die Befragung zu Herkunft und Modalitäten der Einreise sowie die Erforschung des Reisewegs sich nahtlos unmittelbar anschließende Anhörung des Asylbewerbers zu den Gründen der Verfolgungsfurcht für sich genommen regelmäßig nicht hinreichend zum Ausdruck bringe, die Bundesrepublik Deutschland habe bereits den Entschluss gefasst, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, das Asylverfahren abweichend vom Regelfall in seiner "Gesamtheit" in eigener Verantwortung durchzuführen. Dies gelte insbesondere in den Fällen, in denen das Bundesamt den Vorgang im Anschluss an die Anhörung nicht sachlich weiter bearbeite, sondern unmittelbar intern zur Bestimmung des nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaates weiterleite (Bay. VGH, a.a.O., zit. nach juris Rn. 5 m.w.N.). Demzufolge blieb aus Sicht der Antragsteller nach ihrer persönlichen Anhörung zunächst offen, ob ihr (weiterer) Asylantrag vom Bundesamt inhaltlich geprüft und entschieden wird. Die vorläufige - aus ihrer Sicht negative - Beantwortung dieser Frage erfolgte erst mit dem Schreiben des Bundesamtes vom 24. April 2013, in dem ihnen mitgeteilt wurde, die weitere Bearbeitung ihres Asylantrages erfolge nunmehr im Referat 431 - Dublin-Referat - in Dortmund. Hieran ist auch in Ansehung der von den Antragstellern zitierten gegenläufigen, ohnehin älteren Rechtsprechung einzelner Verwaltungsgerichte weiter festzuhalten.

Soweit die Antragsteller unter Berufung auf die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 -, InfAuslR 2012, S. 108 ff., zit. nach juris) und unter Vorlage des National Country Report Belgium der Asylum Information Database (aida) - Stand 30. April 2013 - weiter einwenden, dass in Belgien - speziell im flämischen Teil dieses Landes - systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber bestehen und daher die Annahme gerechtfertigt sei, sie liefen tatsächlich Gefahr, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EUGrdRCh ausgesetzt zu werden, vermag das erkennende Gericht dieser Einschätzung nicht zu folgen. Es liegen dem erkennenden Gericht keinerlei Erkenntnismittel vor, die den Schluss der Antragsteller rechtfertigen, Belgien halte die in der Grundrechtscharta der EU, der EMRK oder der GFK verbrieften Rechte der Asylbewerber nicht ein. Allein aus der Tatsache, dass der Bericht aus aida auf Seite 6 eine Entscheidungsstatistik enthält, der sich für das Jahr 2012 entnehmen lässt, dass von 1.470 Gesuchen russischer Asylbewerber lediglich 198 zur Zuerkennung des Flüchtlingsstatus geführt haben und subsidiärer Schutz in keinem dieser Fälle gewährt worden sei, lässt sich kein belastbares Indiz herleiten, die belgischen Behörden verweigerten unionsrechtswidrig russischen Asylbewerbern generell den subsidiären Schutz. Die Behauptung der Antragsteller, ihnen sei aber zwingend subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen, ist daher nicht ansatzweise geeignet, systemische Mängel in Belgien zu belegen. Denn ob ihr Asylgesuch in Deutschland zumindest teilweise, d.h. im Hinblick auf subsidiären Schutz, erfolgreich wäre, erscheint nach Aktenlage derzeit fraglich und hängt maßgeblich von der Einstufung ihres bisherigen Vorbringens als glaubhaft durch die zur inhaltlichen Entscheidung berufenen Personen ab. Auch die Behauptung, die flämischen Kammern entschieden nach den Ausführungen des Berichtes aus aida generell deutlich strenger als die französischen, sodass bereits fraglich sei, ob die Entscheidungen flämischer Kammern rechtsstaatlichen Normen entsprächen, ist nicht ansatzweise geeignet, systemische Mängel des belgischen Asylverfahrens darzutun. In jedem Mitgliedsstaat der EU - auch in Deutschland - werden sich regionale Unterschiede im Hinblick auf die Erfolgsquote behördlicher oder gerichtlicher Entscheidungen über Asylgesuche ausmachen lassen, ohne dass den Verwaltungsbehörden und den Gerichten mit geringerer Erfolgsquote berechtigterweise der Vorwurf mangelnden rechtsstaatlichen Verhaltens gemacht werden könnte. Das erkennende Gericht ist in diesem Zusammenhang nicht dazu berufen, dem Vorwurf der Antragsteller nachzugehen, sie hätten in Belgien kein faires behördliches und gerichtliches Asylverfahren bekommen, weil ihre Asylgesuche nicht ernsthaft geprüft worden seien. Hierbei handelt es sich um bloße Behauptungen ohne jedwede Substanz. Ob die Antragsteller bei ihrer Rücküberstellung nach Belgien in Haft genommen werden, erweist sich derzeit ebenfalls als rein spekulativ. Anhaltspunkte für die Annahme, die Erkrankungen der Antragsteller (u.a. Hepatitis C, depressive Störungen und Tumorerkrankung) würden nach ihrer Überstellung nach Belgien trotz entsprechenden Verlangens nicht adäquat weiterbehandelt, bestehen ebenfalls nicht; insoweit greift das sog. System der normativen Vergewisserung.

Die Antragsgegnerin ist auch nicht deshalb für die inhaltliche Prüfung des Asylantrags der Antragsteller vom 24. Januar 2013 zuständig geworden, weil das Bundesamt nach Auffassung der Antragsteller die 3-Monats-Frist des Art. 17 Abs. 1 VO (EG) 343/2003 versäumt habe, indem es erst am 24. April 2013 um 14:23 Uhr gegenüber den belgischen Stellen das Wiederaufnahmeersuchen angebracht habe. Abgesehen davon, dass die Frist des Art. 17 Abs. 1 VO (EG) 343/2003 im vorliegenden Sachverhalt nach allgemeinen Grundsätzen zur Fristberechnung bei Ereignissen erst am 24. April 2013 um 24:00 Uhr abgelaufen wäre (vgl. § 188 Abs. 2 i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB), das Bundesamt somit am letzten Tag der 3-Monats-Frist - mithin noch rechtzeitig - gehandelt hätte, verkennen die Antragsteller schon im Ansatz, dass für sie als in Belgien abgelehnte Asylbewerber die dortige Wiederaufnahme nach Art. 16 Abs. 1 e) i.V.m. Art. 20 VO (EG) 343/2003 erfolgt; für das Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 20 VO (EG) 343/2003 existieren indes keine festen Ausschlussfristen, in denen das Wiederaufnahmegesuch bei dem anderen Mitgliedsstaat anzubringen ist (vgl. Funke-Kaiser, a.a.O., § 27a Rn. 242). Die Kammer hat hierzu in ihrem Urteil vom 25. Juli 2013 (a.a.O., zit. nach juris Rn. 26 ff.) bereits ausgeführt, dass die 3-Monats-Frist des Art. 17 Abs. 1 VO (EG) 343/2003 lediglich Aufnahmen gemäß Art. 16 Abs. 1 a) VO (EG) 343/2003 betrifft, die aus den in den Kapiteln III und IV der Dublin-II-Verordnung genannten Zuständigkeitskriterien erfolgen. Die Kammer hat allerdings auch entschieden (a.a.O.), dass das Bundesamt die Stellung eines Wiederaufnahmegesuchs nach Art. 20 VO (EG) 343/2003 nicht unangemessen lange verzögern dürfe und eine unzumutbare Verzögerung mit der Folge einer Selbsteintrittspflicht gem. Art. 3 Abs. 2 VO (EG) 343/2003 angenommen, wenn der Zeitraum von der Stellung des Asylantrags beim Bundesamt bis zur Stellung des Wiederaufnahmegesuchs den 3-Monats-Zeitraum aus Art. 17 Abs. 1 UA 2 VO (EG) 343/2003 um ein Vierfaches überschreitet. Ein solcher Sachverhalt liegt hier ersichtlich nicht vor.

Schließlich ist die Antragsgegnerin auch nicht deshalb für die Prüfung des (weiteren) Asylantrags der Antragsteller zuständig geworden, weil die Entscheidungsformel und die Rechtsbehelfsbelehnung des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes vom 20. Juni 2013 - so jedenfalls der Vortrag der Antragsteller - unter Verletzung des § 31 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG nur fehlerhaft bzw. unvollständig in die russische Sprache übersetzt worden ist. Ein solcher Fehler führt nicht schon zur formellen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides etwa im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG oder das Begründungserfordernis des § 39 Abs. 1 VwVfG, denn die insoweit verbindliche Urschrift des Bescheides in deutscher Sprache weist derartige formelle Mängel ersichtlich nicht auf. Die fehlende oder nur mangelhafte Übersetzung von Entscheidungsformel und/oder Rechtsbehelfsbelehrung führen lediglich dazu, dass dem betroffenen Asylbewerber eine etwaige Versäumung der gesetzlichen Klagefrist gem. § 74 Abs. 1 AsylVfG oder der Antragsfrist des § 34a Abs. 2 AsylVfG n.F. - die vorliegend aus den eingangs genannten Gründen ohnehin nicht in Rede steht - nicht als schuldhaft anzulasten ist, mit der Folge, dass ein Wiedereinsetzungsgesuch des betroffenen Asylbewerbers gem. § 60 VwGO begründet wäre (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 17. Mai 2011 - A 4 K 634/11 -, InfAuslR 2011, S. 311 ff., zit. nach juris Rn. 4). Im Hinblick auf die Entscheidungsbefugnis des Bundesamtes gem. Art. 3 Abs. 2 VO (EG) 343/2003 sind hieraus ebenfalls keine Weiterungen zu ziehen.

Die Abschiebungsanordnung gem. § 34a Abs. 1 AsylVfG ist im vorliegenden Fall nicht aufzuheben bzw. zu suspendieren, weil Art. 7 Abs. 1 VO (EG) 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur VO (EG) 343/2003 (ABl. EU L 222 vom 5. September 2003, S. 3) verschiedene Modalitäten der Überstellung eines Asylbewerbers an den zuständigen Mitgliedsstaat vorsieht, darunter gem. Art. 7 Abs. 1 a) der Durchführungsverordnung eine freiwillige - unbegleitete - Ausreise aus dem Mitgliedsstaat innerhalb einer vorgegebenen Frist. Zwar werden insoweit Bedenken an der Unionsrechtskonformität des § 34a Abs. 1 AsylVfG geltend gemacht (hierzu näher: Funke-Kaiser, a.a.O., § 27a Rn. 4 und § 34a Rn. 51 ff. m.w.N.). Diese Bedenken greifen auf den vorliegenden Sachverhalt jedoch nicht durch, denn die Antragsteller haben weder im verwaltungsbehördlichen noch gerichtlichen Verfahren glaubhaft geltend gemacht bzw. zu erkennen gegeben, dass sie bereit sind, sich freiwillig innerhalb kürzester Zeit nach Feststellung des Bundesamtes, dass ihr (weiterer) Asylantrag gem. § 27a AsylVfG unzulässig ist, wieder nach Belgien oder - was näher liegt, da der dortige Asylantrag offenbar schon rechtskräftig abgelehnt wurde - in ihr Heimatland (Russische Föderation) zu begeben. Der Antragsteller zu 1.) hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung beim Bundesamt u.a. zugegeben, er habe im November (gemeint wohl Dezember) 2012 ein Schreiben der belgischen Behörden bekommen, in dem gestanden habe, er solle das Land verlassen. Daraufhin sei er nach Deutschland mit dem Auto gefahren. Aus den von den Antragstellern hier vorgelegten belgischen Dokumenten ergibt sich indes weiter, dass die Antragsteller u.a. auch darüber belehrt worden sind, dass sich ihre Ausreispflicht auch auf die Gebiete anderer Mitgliedsstaaten der EU, namentlich Deutschland, erstreckt (vgl. Seite 3 des Bescheids des Federale Overheidsdienst Binnenlandse Zaken vom 12. Dezember 2012: „evenals het grondgebied van Duitsland …“). Es liegt damit auf der Hand, dass die Antragsteller nicht bereit sind, jedenfalls freiwillig das Gebiet der Mitgliedsstaaten der EU zu verlassen, sondern sich - wie geschehen - unter Umständen durch ein sog. „Hopping“ von Mitgliedsstaat zu Mitgliedsstaat begeben, um der Vollstreckung ihrer Ausreisepflicht zu entgehen. Unter diesen Umständen erscheint es verhältnismäßig, wenn das Bundesamt - der national-gesetzlichen Vorgabe folgend - gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG die Abschiebung der Antragsteller angeordnet hat und somit auf eine begleitete Rückführung derselben nach Belgien setzt.

Eine andere rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Nachfolgeverordnung zur Dublin-II-Verordnung, die Verordnung (EU) 604/2013 des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. EU L 180 vom 29. Juni 2013, Seite 31) - sog. Dublin-III-Verordnung -, ausweislich ihres Artikels 49 Abs. 1 bereits am 19. Juli 2013 in Kraft und damit die Dublin-II-Verordnung außer Kraft getreten ist, denn gemäß Art. 49 Abs. 2 der Dublin-III-Verordnung ist diese erst auf Anträge auf internationalen Schutz bzw. Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern anwendbar, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Bis dahin bleiben die Bestimmungen der Dublin-II-Verordnung anwendbar. Aus künftigen Verbesserungen bzw. Straffungen des sog. Dublin-Verfahrens können somit die Antragsteller derzeit nichts für sich herleiten.

Da die (weiteren) Asylanträge der Antragsteller gem. § 27a AsylVfG unzulässig sind, können sie eine Sachprüfung durch das Bundesamt mit dem Ziel der Zuerkennung von Abschiebungsverboten gem. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht beanspruchen und damit auch nicht im vorliegenden gerichtlichen Verfahren erstreiten. Sie sind vielmehr darauf zu verweisen, im Zuge ihrer Überstellung an die belgischen Behörden gegenüber denselben ggf. einen Asylfolgeantrag mit dem Ziel der Zuerkennung subsidiären Schutzes zu stellen.

Gemäß §§ 166 VwGO, 114 Satz 1 ZPO ist Prozesskostenhilfe demjenigen zu gewähren, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, denn der Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer in der Hauptsache anhängigen Klage hat aus den vorstehenden Gründen keine hinreichenden Erfolgsaussichten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylVfG nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).