BGH, Urteil vom 14.01.2000 - V ZR 386/98
Fundstelle
openJur 2010, 8000
  • Rkr:
Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 17. September 1998 aufgehoben, soweit zum Nachteil des Klägers entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Mit notariellem Vertrag vom 29. Mai 1996 kaufte der Kläger von der Beklagten ein Hausgrundstück in V. zum Preis von 770.000 DM. Am gleichen Tag wurde in einer gesonderten Urkunde der Beklagten ein Wiederkaufsrecht eingeräumt, das innerhalb von drei Jahren nach Vertragsschluß jederzeit durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Kläger ausgeübt werden konnte. Diesem sollten in diesem Fall die Gebühren und Kosten, die entrichtete Grunderwerbsteuer und die mit der Finanzierung des Kaufpreises anfallenden Notar- und Grundbuchkosten ersetzt werden. Nach der Zahlung des unter Berücksichtigung einer vereinbarten Anrechnung in Höhe von insgesamt 120.000 DM noch verbleibenden Kaufpreises von 650.000 DM durch den Kläger machte die Beklagte mit Schreiben vom 14. Juli 1997 von ihrem Wiederkaufsrecht Gebrauch.

Der Kläger hat Klage auf Auflassung und Bewilligung seiner Eintragung in das Grundbuch erhoben. Während des auf Antrag beider Parteien vom Landgericht angeordneten Ruhens des Verfahrens hat der Kläger die Beklagte zur Zahlung des Wiederkaufpreises zuzüglich der entstandenen Kosten bis zum 9. Februar 1998 aufgefordert. Da die Beklagte keine Zahlung leistete, hat der Kläger schließlich mit Schreiben vom 10. Februar 1998 eine letzte Frist bis zum 20. Februar 1998 gesetzt und mitgeteilt, daß er nach Ablauf der Frist die "von ihm" zu erbringende Leistung ablehnen werde. Da die Beklagte auch auf diese Aufforderung hin nicht zahlte, hat der Kläger mit Schreiben vom 23. Februar 1998 den Rücktritt vom Wiederkaufvertrag erklärt. Nach dem Wiedereintritt in das streitige Verfahren hat der Kläger sein Klageziel weiterverfolgt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Gründe

I.

Das Berufungsgericht ist mit dem Landgericht der Ansicht, durch die Ausübung des der Beklagten vertraglich eingeräumten Wiederkaufsrechts habe sich zugleich der ursprünglich geschlossene Kaufvertrag in seiner Rechtswirkung erledigt. Auch wenn der Kläger später wirksam vom Wiederkaufvertrag zurückgetreten sei, habe die hierdurch bewirkte Umgestaltung des Wiederkaufvertrags in ein Rückabwicklungsverhältnis nicht zum Wiederaufleben der vertraglichen Verpflichtungen der Parteien aus dem Kaufvertrag geführt.

Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nur zum Teil stand.

II.

1. Rechtlich zutreffend ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe durch die Ausübung des Wiederkaufsrechts den Eintritt des Wiederkaufsfalls wirksam herbeigeführt.

a) Die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechts im Sinne von § 497 Abs. 1 BGB stellt eine neben den eigentlichen Kaufvertrag tretende Rückkaufabrede dar, die dem Verkäufer einen aufschiebend bedingten Anspruch auf (Rück-) Übereignung des Kaufgegenstands gewährt. Durch die Wiederkaufserklärung wird -unabhängig von ihrer Rechtsnatur (Staudinger/Mader, BGB [1995] Vorbem. zu §§ 497 ff Rdn. 7; Palandt/Putzo, BGB 59. Aufl. § 497 Rdn. 3) - der bereits bedingt abgeschlossene Wiederkaufvertrag mit dem Eintritt der Bedingung wirksam (BGHZ 29, 107, 110 ff; 38, 369, 371; 58, 78, 80; BGBRGRK/Mezger, 12. Aufl. § 497 Rdn. 2; Staudinger/Mader aaO; MünchKommBGB/Westermann, 3. Aufl. vor § 497 Rdn. 4; Soergel/Huber, BGB 12. Aufl. vor § 497 Rdn. 8, 9; Erman/Grunewald, BGB 9. Aufl. § 497 Rdn. 3; vgl. auch -allerdings ohne ausdrückliche Einordnung der Wiederkaufserklärung als Ausübung eines Gestaltungsrechts -RGZ 69, 281 ff; 121, 367, 369 ff; RGZ 126, 308, 312; Palandt/Putzo, aaO). Eine solche vertragliche Abrede braucht nicht in der Kaufvertragsurkunde selbst enthalten sein, sondern kann -wie hier -auch Inhalt einer gesonderten, auf den Kaufvertrag Bezug nehmenden notariellen Urkunde sein (RGZ 126, 309, 311; BGH, Senatsurt. v. 2. Februar 1951, V ZR 15/50, LM BGB § 497 Nr. 1; Palandt/Putzo, aaO § 497 Rdn. 6).

b) Die Beklagte hat durch das Schreiben vom 14. Juli 1997 innerhalb der vereinbarten Dreijahresfrist von ihrem Wiederkaufsrecht Gebrauch gemacht und hierdurch wirksam den Wiederkaufsfall ausgelöst. Denn im Gegensatz zu der Vereinbarung des Wiederkaufsrechtes unterliegt die Wiederkaufserklärung im Hinblick auf den -auch nach der Änderung des § 313 BGB unverändert gebliebenen -eindeutigen Wortlaut des § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB und unter Berücksichtigung des Umstands, daß die wesentliche Bindung der Parteien schon mit dem der notariellen Beurkundungspflicht unterworfenen bedingten Abschluß des Wiederkaufvertrags begründet wird, nicht dem Formerfordernis des § 313 BGB (RGZ 121, 367, 369 ff; 126, 308, 312; BGB-RGRK/Mezger, aaO § 497 Rdn. 6; MünchKomm-BGB/Westermann, aaO § 497 Rdn. 10; Soergel/Huber, aaO § 497 Rdn. 14; Palandt/Putzo, aaO § 497 Rdn. 7; für den Fall gemeinderechtlicher Vorschriften vgl. BGHZ 29, 107, 111 ff; vgl. hierzu auch für den Fall eines Wiederverkaufsrechts BGHZ 140, 218, 221; a.A. Staudinger/Mader, aaO § 497 Rdn. 18; Staudinger/Wufka, BGB [1995] § 313 Rdn. 78; Wufka, DNotZ 1990, 339, 350 ff; Einsele, DNotZ 1996, 835, 859 ff).

2. Mit dem Berufungsgericht ist ferner davon auszugehen, daß die Rechte und Pflichten aus dem ursprünglichen Kaufvertrag im Wiederkaufsfall nicht mehr geltend gemacht werden können. Nicht gefolgt werden kann jedoch der weiteren Annahme, daß dies auch im Fall eines Rücktritts vom Wiederkaufvertrag (weiter) gelten soll.

a) Der Senat hat zwar mit Urteil vom 17. Dezember 1958 (BGHZ 29, 107, 110) ausgeführt, daß mit dem Eintritt der der Wiederkaufsabrede anhaftenden aufschiebenden Bedingung der Wiederkaufvertrag wirksam und damit zugleich der ursprüngliche Kaufvertrag aufgelöst wird. Dieser rechtlichen Beurteilung hat sich auch die Literatur - soweit sie zu dieser Frage überhaupt Stellung bezieht - angeschlossen (Fikentscher, Schuldrecht 9. Aufl. § 70 Rdn. 745 a; BGB-RGRK/Mezger, aaO § 497 Rdn. 2; MünchKomm-BGB/Westermann, aaO § 497 Rdnr. 4, der insoweit von Erledigung spricht). Die genannte Entscheidung betrifft einen Fall, in dem es darum ging, ob nach wirksamer Ausübung des Wiederkaufsrechts noch ein Rücktritt vom Kaufvertrag möglich ist. Dies hat der Senat verneint, weil der Kaufvertrag hierfür keine Grundlage mehr bietet. Mit der hier maßgeblichen Frage, ob der Käufer nach einem Rücktritt vom Wiederkaufvertrag wieder die Rechte aus dem alten Kaufverhältnis beanspruchen kann, hatte sich der Senat damals nicht zu befassen. Dies ist jetzt zu bejahen.

b) In welchem Umfang sich das Wirksamwerden des Wiederkaufvertrages auf den Kaufvertrag auswirkt, ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Aus der Entstehungsgeschichte läßt sich nur entnehmen, daß die Regelungen über den Wiederkauf auf dem Gedanken beruhen, daß durch den Abschluß des Wiederkaufs der frühere Kauf für die Vergangenheit nicht außer Kraft tritt (Motive, Band 2 S. 342). Die Parteien können jedoch die Auswirkungen des Wiederkauffalles auf den Kaufvertrag regeln. Haben sie dies nicht getan, läßt sich aus dem auf Eingehung eines neuen Vertragsverhältnisses gerichteten Willen nur schließen, daß die Rechtsbeziehungen mit Wirksamwerden des Wiederkaufs nach den Konditionen dieses Schuldverhältnisses zu beurteilen sind. Dagegen ist nicht anzunehmen, daß die Parteien den Kaufvertrag unabhängig vom Schicksal des Wiederkaufs für die Zukunft endgültig aufheben wollten. Denn Kauf und Wiederkauf ermöglichen durch ihre jeweils eigenständige gesetzliche Ausgestaltung ein Nebeneinander beider Rechtsverhältnisse unter Vorrang des Wiederkaufsrechts. Solange der Wiederkaufvertrag Geltung beansprucht, steht einem Rückgriff auf den ursprünglichen Kaufvertrag der Einwand des Wiederkaufs entgegen (so wohl auch MünchKomm-BGB/Westermann, aaO). Wird das Wiederkaufsverhältnis dagegen beendet, steht der Abwicklung des Kaufvertrags nichts mehr im Wege. Soweit der Entscheidung vom 17. Dezember 1958 etwas anderes entnommen werden könnte, wird daran nicht festgehalten.

3. Ohne Rechtsfehler nimmt das Berufungsgericht an, der Kläger sei wegen Zahlungsverzugs der Beklagten mit dem von ihr geschuldeten Wiederkaufpreis wirksam nach § 326 BGB vom Wiederkaufvertrag zurückgetreten.

a) Es ist allgemein anerkannt, daß der Wiederverkäufer nach § 326 BGB vorgehen kann, wenn der Wiederkäufer den ihm aus dem Wiederkaufvertrag obliegenden Pflichten nicht nachkommt (BGH, Urt. v. 23. September 1958, VIII ZR 125/57, WM 1958, 1366; MünchKomm-BGB/Westermann, aaO § 498 Rdnr. 3).

b) Der Kläger hat mit Schreiben vom 23. Februar 1998 den Rücktritt vom Wiederkaufvertrag erklärt. Hierzu war er berechtigt, weil die Beklagte trotz Fälligkeit des Wiederkaufpreises sowohl die ihr im Schreiben vom 28. Januar 1998 gesetzte Zahlungsfrist als auch die ihr mit Schreiben vom 10. Februar 1998 bis 20. Februar gesetzte Nachfrist mit Ablehnungsandrohung hat verstreichen lassen, ohne Zahlung zu leisten. Auch wenn im letztgenannten Schreiben sowie im Rücktrittsschreiben davon die Rede ist, daß der Kläger die "von ihm" zu erbringende Leistung im Falle der Nichtzahlung ablehnen werde, war für die Beklagte bei der nach den §§ 133, 157, 242 BGB gebotenen Würdigung des Inhalts des Schreibens vom 10. Februar 1998 zweifelsfrei ersichtlich, daß der Kläger bei fruchtlosem Fristablauf am Wiederkaufvertrag nicht mehr festhalten und dessen Erfüllung insgesamt ablehnen wird. Dies genügt für eine wirksame Ablehnungsandrohung nach § 326 Abs. 1 BGB (vgl. MünchKomm-BGB/ Emmerich, aaO § 326 Rdn. 89; Erman/Battes, aaO § 326 Rdn. 24, 25).

c) Ob die Beklagte in Höhe eines Betrags von 153.684,18 DM zur Aufrechnung befugt war und sich damit hinsichtlich dieses Teilbetrags möglicherweise nicht in Verzug befand, kann hier dahin stehen. Da die vom Kläger zu erbringende Gegenleistung (Zustimmung zur Löschung der eingetragenen Auflassungsvormerkung) nicht teilbar ist und der Kläger dementsprechend an einer Teilzahlung der Beklagten kein Interesse besitzt, erstrecken sich seine Rechte nach den §§ 326 Abs. 1 Satz 3, 325 Abs. 1 Satz 2 BGB auf das gesamte Schuldverhältnis. Der Kläger war also berechtigt, vom Wiederkaufvertrag insgesamt zurückzutreten (vgl. RGZ 50, 138, 143; Palandt/Heinrichs, aaO § 326 Rdn. 29; Erman/Battes, aaO § 326 Rdn. 44; vgl. auch für den Fall, daß die zu erbringende Leistung unteilbar ist, BGH, Urt. v. 27. Juni 1990, VII ZR 72/89, NJW-RR 1990, 1462, 1464 m. w. N.).

II.

Der Senat ist zu einer abschließenden Entscheidung selbst nicht in der Lage, weil es weiterer Feststellungen durch das Berufungsgericht bedarf. Dieses hat sich, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, nicht mit der Frage befaßt, ob die Beklagte dem Auflassungsbegehren des Klägers ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB im Hinblick auf die durch den Vollstreckungsbescheid vom 17. Juni 1998 titulierte Forderung über 153.684,18 DM entgegen setzen kann (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 10. September 1998 i. V. m. Schriftsatz vom 30. Juli 1998). Die Beklagte hat zwar mit dieser Forderung die Aufrechnung gegen den Wiederkaufpreisanspruch erklärt. Mit dem Rücktritt vom Wiederkauf hat sie insoweit einen Anspruch auf Rückgewähr (§ 346 Satz 1 BGB). Deswegen kommt es darauf an, ob er besteht (rechtskräftig tituliert oder materiell-rechtlich begründet ist) und die nach § 273 BGB erforderliche Konnexität zum Auflassungsanspruch vorliegt. Daneben wird das Berufungsgericht zu klären haben, ob sich die Beklagte trotz des Wortlauts der in § 5 des Kaufvertrags vom 29. Mai 1996 enthaltenen Klausel mit Erfolg gemäß § 320 BGB auf eine noch ausstehende Kaufpreisforderung in Höhe von 40.000 DM (angerechnete Kaution) berufen kann.