ArbG Gießen, Urteil vom 22.03.2013 - 10 Ca 358/12
Fundstelle
openJur 2013, 36742
  • Rkr:

1.Die Staffelung der Urlaubsdauer nach § 5 Hess Urlaubs VO ist diskriminierend und rechtsunwirksam, soweit für Arbeitnehmer bis zu 50 Jahren die Höhe des Urlaubsanspruchs nach Lebensjahren gestaffelt wird.Diese Staffelung ist erkennbar nicht am Gesundheitsschutz älterer Arbeitnehmer orientiert und somit nicht durch einen sachlichen Grund i. S. v. § 10 AGG gerechtfertigt.

2.Soweit diese Regelung jedoch für Arbeitnehmer über 50 Jahren den Urlaubsanspruch um drei Tage erhöht, ist dies sachlich gerechtfertigt und angemessen i. S. d. § 10 Ziffer 2 AGG.Der Gesetzgeber und die sich daran anlehnenden Tarifvertragsparteien haben damit dem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung getragen.

3.Das Gericht geht davon aus, dass die Urlaubsregelungen des § 5 Hess Urlaubs VO und der anlehnenden Tarifverträge insoweit nur teilnichtig sind.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerseite hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.200,00 EURfestgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerseite begehrt mit ihrer Klage die Nachgewähr von jeweils drei Tagen Erholungsurlaub für die Jahre 2009 bis einschließlich 2012.

Die Klägerseite ist bei der Beklagten im Angestelltenbereich bzw. im Lehrbereich für Pflegeberufe an der „E.“ am Standort M. beschäftigt.

Die Klägerseite war zunächst durch das XY eingestellt. Die Beschäftigung erfolgte bei der Z im Fachbereich 20 (Medizin).

Zwischen den Parteien galt der Bundes-Angestelltentarifvertrag.Hinsichtlich des Urlaubsanspruchs fand auf das Arbeitsverhältnis vor dem Jahr 2007 die Hessische Urlaubsverordnung Anwendung.

Nachdem das XY das U. in zwei und später in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts einbrachte bzw. umgestaltete, ging das Arbeitsverhältnis der Klägerseite im Jahr 2005 im Rahmen der Privatisierung des Klinikums durch das XY per Gesetz auf die Beklagte über.

Zwischen der Klägerseite und dem XY bzw. der Körperschaft des öffentlichen Rechts galt der Bundes-Angestelltentarifvertrag und die ergänzenden und ändernden Tarifverträge in der jeweiligen Fassung unmittelbar und zwingend per Tarifbindung. Außerdem war im Arbeitsvertrag die Geltendmachung des BAT und der ergänzenden Tarifverträge vereinbart worden.

Hinsichtlich des Erholungsurlaubs fand die Urlaubsverordnung für die Beamtinnen und Beamten im Land Hessen (Hessische Urlaubsverordnung) zuletzt in der Fassung vom 12.12.2006Anwendung.

§ 5 Abs. 1 der Hessischen Urlaubsverordnung in der Fassung vom 12.12.2006 sah eine Urlaubsstaffelung nach Lebensjahren vor. Danach betrug die Urlaubsdauer:

- bis zu 30 Jahren26 Arbeitstage- über 30 – 40 Jahre29 Arbeitstage- über 40 – 50 Jahre30 Arbeitstage- über 50 Jahren33 ArbeitstageNach entsprechenden Tarifverhandlungen in den Jahren 2006 und 2007 schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft verdi unter dem 05.12.2007 einen Manteltarifvertrag U. als Hausvertrag ab. Dieser wurde in weiten Teilen ab dem 01.01.2008 in Kraft gesetzt. Er löste die zu diesem Zeitpunkt zumindest vertraglich noch geltenden bzw.nachwirkenden bzw. nachgeltenden Tarifverträge des öffentlichen Dienstes ab.

Im MTV UKGM vom 05.12.2007 sind die Urlaubsansprüche in den §§28, 29 MTV geregelt.

Für die Urlaubsdauer der Arbeitnehmer gelten die Anlagen 1 a und 1 b.In der Anlage 1 b sieht die Urlaubstabelle für Arbeitnehmer ohne Anspruch auf Zusatzurlaub folgende Urlaubsdauer vor:

- 1. bis 3. Beschäftigungsjahr26 Urlaubstage- 4. bis 7. Beschäftigungsjahr28 Urlaubstage- ab dem 8. Beschäftigungsjahr30 Urlaubstage.Weiter ist geregelt:

Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages am 01.01.2008 einen höheren Urlaubsanspruch als nach obiger Tabelle haben, wird dieser Urlaubsanspruch weitergewährt.Gleiches gilt für diejenigen Arbeitnehmer, die zum obigen Zeitpunkt nach der Hessischen Urlaubsverordnung (HUrlVO) vom 12.12.2006 einen höheren Urlaubsanspruch gem. § 5 HUrlVO bzw. § 13 HUrlVOhatten.

Auf die Klägerseite kommt die Urlaubstabelle der Anlage 1 b zur Anwendung.

Die Klägerseite war zum Stichtag noch nicht 50 Jahre alt. Sie hätte das 50. Lebensjahr erst ab dem Jahr 2009 überschritten.

Die Mitarbeiter/innen G., H., B. und S. beanstandeten mit Schreiben vom 24.06.2008 die Ungleichbehandlung der Mitarbeiter unter 50 Jahren gegenüber den Mitarbeitern über 50 Jahren beim Urlaub wie folgt:

„als langjährige Mitarbeiterinnen der E. möchten wir nach der Zustellung des hauseigenen Tarifvertrages zu einer Ungleichbehandlung Stellung nehmen. Bislang galt die Vereinbarung für alle Mitarbeiter, die das 50. Lebensjahr erreicht haben, ein zusätzliches Jahresurlaubskontingent von 3 Tagen in Anspruch nehmen zu dürfen. Mit der neuen tariflichen Regelung betrifft dies nur noch Mitarbeiter, die vor 2009 das 50. Lebensjahr erreichen. Für alle Mitarbeiter, die das 50. Lebensjahr später erreichen, ist dieses zusätzliche Urlaubskontingent ersatzlos gestrichen. Wir empfinden dies als Ungleichbehandlung, da nicht nachvollziehbar ist, weshalb einige Mitarbeiter diese 3 Tage bekommen und andere hingegen nicht. Im Zuge der Gleichbehandlung plädieren wir für eine Lösung, die allen Mitarbeitern mit 50+ dieses zusätzliche Urlaubskontingent zuspricht.

Dabei ist uns auch unklar, ob diese Regelung der zuvor zugesicherten „Besitzstandswahrung“entspricht.“

Ein weiteres Schreiben erfolgte unter dem 23.03.2011.

Die Beklagte lehnte die Gewährung von 33 Urlaubstagen für die Klägerseite ab.

Die Klägerseite ist der Ansicht, dass ihr zum Stichtag 01.01.2008 ein Urlaubsanspruch von 33 Arbeitstagen pro Jahr zugestanden hätte.

Da nur 30 Urlaubstage pro Jahr gewährt worden seien, seien zusätzliche drei Urlaubstage für die Jahr 2009 bis einschließlich 2012 nachzugewähren.

Die Klägerseite ist der Ansicht, dass die nach Lebensalter gestaffelte Urlaubsregelung des § 5 der Hessischen Urlaubsverordnung rechtsunwirksam sei. Diese Regelung verstoße gegen das Verbot der Altersdiskriminierung gemäß den §§ 1 und 3Abs. 2 AGG.

Da die Hessische Urlaubsverordnung alleine nach dem Lebensalter der betroffenen Beamtinnen und Beamten und damit auch der betroffenen Angestellten ausgerichtet sei, liege eine Rechtsunwirksamkeit dieser Urlaubsstaffelung vor.

Es sei deshalb allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und damit auch der Klägerseite zum Stichtag 01.01.2008 der Höchsturlaubsanspruch von 33 Tagen zu gewähren gewesen. Dieser Anspruch habe sich nach der Besitzstandsregelung in der Anlage 1 b zu § 29 Ziffer 3 gegenüber der Beklagten im Arbeitsverhältnis fortgesetzt.

Die Beklagtenseite sei verpflichtet, der Klägerseite ab 2009 den erhöhten Urlaubsanspruch zu gewähren.

Eine umgehende Geltendmachung dieses Anspruchs sei jedenfalls nach Kenntnis des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 20.03.2012erfolgt.

Die Klägerseite beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin/dem Kläger für das Jahr 2009 3 Tage Erholungsurlaub nachzugewähren, für das Jahr 20103 Tage Erholungsurlaub nachzugewähren, für das Jahr 2011 3 Tage Erholungsurlaub nachzugewähren und für das Jahr 2012 ebenfalls 3Tage Erholungsurlaub zu gewähren.

Die Beklagtenseite beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass ein entsprechend erhöhter Urlaubsanspruch der Klägerseite nicht bestehe.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.03.2012 für die Klägerseite nicht einschlägig sei.

In der Protokollnotiz der Anlage 1 b zu § 29 Ziffer 3 MTV UKGMsei lediglich eine Besitzstandswahrung in Bezug auf den Stichtag 01.01.2008 vereinbart worden.

Für diese Besitzstandswahrung seien die Vorschriften des AGGnicht einschlägig. Es seien in der Protokollnotiz nämlich die §§ 5und 13 der Hessischen Urlaubsverordnung nicht in Bezug genommen worden. Es sei nur ein Hinweis auf den Besitzstand erfolgt. Aus diesem Grunde gelte nicht die Hessische Urlaubsverordnung, sondern der MTV UKGM.

Nur die zum 01.01.2008 tatsächlich entstandenen Urlaubsansprüche seien durch die Vereinbarung der Tarifvertragsparteien weiter im Arbeitsverhältnis fortgesetzt worden.

Im Übrigen ist die Beklagtenseite der Ansicht, dass § 5 der Hessischen Urlaubsverordnung nicht unwirksam gewesen sei. Es handele sich um eine Rechtsnorm, nicht um einen Vertrag. § 134 BGBgelte insoweit nicht.

Außerdem habe auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein gesteigertes Erholungsbedürfnis für die Mitarbeiter über 50Jahren ausdrücklich anerkannt. Es besteht deshalb auch ein sachlicher Grund dafür, dass Mitarbeiter über 50 Jahre den erhöhten Urlaubsanspruch für sich geltend machen können.

Im Übrigen aber könne auch eine „Anpassung nach oben“ nicht generell erfolgen.

Die Beklagte beruft sich schließlich darauf, dass ein etwaiger zusätzlicher Urlaubsanspruch der Klägerseite für die Jahre 2009 bis 2012 verfallen sei.

Nach § 29 MTV UKGM sei der Urlaub im laufenden Urlaubsjahr zu nehmen. Eine Übertragung auf das Folgejahr sei nur für die ersten drei Monate zulässig und möglich, wenn betriebliche Gründe dafür vorlägen oder Gründe in der Person der entsprechenden Mitarbeiter.

Eine solche Übertragung habe nicht stattgefunden.Übertragungsgründe seien nicht vorhanden gewesen. Ein etwaiger Zusatzurlaubsanspruch sei deshalb jeweils spätestens zum 31.03. des Folgejahres verfallen gewesen.

Ein Anspruch auf Schadenersatz bestehe nicht. Eine ausreichende Geltendmachung durch die Klägerseite sei nicht erfolgt. Um Schadenersatzanspruch in Bezug auf verfallenen Urlaub geltend machen zu können, hätte der Urlaubsanspruch konkret beantragt werden müssen.

Dies ist aber nicht erfolgt.

Im Übrigen beruft sich die Beklagtenseite auf die Ausschlussfrist des § 34 Ziffer 1 MTV UKGM. Danach bestehe eine Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit für alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

Auch diese Ausschlussfrist sei durch die Klägerseite nicht gewahrt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Streit- und Sachstandes wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 02. Oktober 2012 und vom 22. März 2013 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Sie war deshalb abzuweisen.

A.

An der Zulässigkeit der Leistungsklage bestehen keine Bedenken.

B.

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Sie war deshalb abzuweisen.

I.

Nach § 29 Ziffer 3 MTV UKGM in Verbindung mit der Anlage 1 b und den Anmerkungen zu dieser Anlage steht fest, dass die Tarifvertragsparteien hinsichtlich der Urlaubsdauer eine Besitzstandswahrung für die Mitarbeiter der Beklagten ab dem 01.01.2008 vereinbart hatten.

Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien sollten die Arbeitnehmer, die zum Stichtag 01.01.2008 einen höheren Urlaubsanspruch besaßen, als die Anlage 1 a oder 1 b zu § 29 Ziffer 9 MTV vorsah, diesen höheren Urlaubsanspruch weiter besitzen. Dabei ist den Ausführungen in der Anmerkung zu den Anlagen 1 a und 1 b zu entnehmen, dass der höhere Urlaubsanspruch sowohl aus vertraglichen Quellen stammen kann, wie auch aus der Hessischen Urlaubsverordnung in der Fassung vom 12.12.2006 resultieren konnte.

Wer zum Stichtag 01.01.2008 diesen höheren, über die vorgesehenen Urlaubstage von 26, 28 oder 30 Tagen hinausgehenden Urlaubsanspruch besaß, hat auch weiterhin Anspruch auf die entsprechend höhere Urlaubsdauer.

Damit ist entscheidend die Frage, wie hoch der individuelle oder tarifliche Urlaubsanspruch der einzelnen Mitarbeiter zum Stichtag 01.01.2008 tatsächlich war.

II.

Die im Arbeitsverhältnis der Parteien bis zu diesem Stichtag gültige Urlaubsregelung des § 5 der Hessischen Urlaubsverordnung in der Fassung vom 12.12.2006 sah eine Staffelung der Urlaubsdauer nach Lebensjahren vor, die eine Altersdiskriminierung nach § 1 AGGin Verbindung mit § 3 Abs. 1 AGG enthält.

Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14.08.2006 galt auch für die Parteien.

Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.03.2012– 9 AZR 529/10 – Der Betrieb 2012, S. 1814 ff. findet das AGG auf Tarifverträge und Regelungen Anwendung, die vor Inkrafttreten des AGG abgeschlossen wurden. Maßgebend ist danach alleine der Zeitpunkt der Benachteiligungshandlung.

Der BAT und die in Bezug genommene Regelung der Hessischen Urlaubsverordnung sind vor Inkrafttreten des AGG am 18.08.2006vereinbart worden. Da aber § 33 Abs. 1 AGG insoweit keine Übergangsregelung enthält, findet dieses Gesetz auch auf Tarifverträge Anwendung, die vor Inkrafttreten des AGGabgeschlossen wurden, sofern die Benachteiligung nach Geltung des AGG stattfindet.

Es kommt danach alleine auf den Zeitpunkt der Benachteiligungshandlung an. Hier macht die Klägerseite eine Benachteiligung ab dem Jahr 2008 geltend.

III.

Mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.03.2012geht das erkennende Gericht davon aus, dass die Urlaubsstaffelung,die nach § 5 der Hessischen Urlaubsverordnung bis zum 01.01.2008 im Arbeitsverhältnis der Parteien galt, diskriminierend und rechtsunwirksam ist, soweit es sich um die Urlaubsstaffelung für Arbeitnehmer bis zu 50 Jahren handele.

Die in der Hessischen Urlaubsverordnung vorgesehene Erhöhung des Urlaubsanspruchs von drei Tagen für Arbeitnehmer über 50 Jahren hält das Gericht aber für sachlich gerechtfertigt.

Es ist zunächst festzuhalten, dass § 4 bzw. § 5 der Hessischen Urlaubsverordnung in der Fassung vom 12.12.2006 eine andere Altersstaffelung enthält, als die entsprechende Regelung in § 26Abs. 1 TVöD und auch die Regelung in § 26 TV-H.

In den voranstehend genannten Tarifwerken ist lediglich eine Lebensaltersstaffelung der Urlaubsdauer bis zum vollendeten 30.Lebensjahr, zum vollendeten 40. Lebensjahr und nach dem vollendeten 40. Lebensjahr vorgesehen.

Diese Regelung hat das Bundesarbeitsgericht als Altersdiskriminierung und sachlich nicht gerechtfertigt angesehen,weil mit diesen Tarifvorschriften nicht das Ziel des Gesundheitsschutzes verfolgt wurde.

Soweit die Hessische Urlaubsverordnung die Dauer des Urlaubsanspruchs nach Lebensalter bis zum 30. Lebensjahr, zum 40.Lebensjahr und zum 50. Lebensjahr staffelt, folgt das Gericht dieser Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.03.2012.

Das Gericht hält die Hessische Urlaubsverordnung im Bereich dieser Staffelung ebenfalls für diskriminierend, ohne dass ein sachlicher Grund für diese Diskriminierung ersichtlich oder vorhanden ist.

Es ist – mit dem Bundesarbeitsgericht – nicht erkennbar, weshalb der Mitarbeiter zwischen 30 und 40 Jahren 3Urlaubstage mehr erhält, als der Mitarbeiter bis zu 30 Jahren, der Mitarbeiter zwischen 40 und 50 Jahren dagegen nur einen Urlaubstag mehr erhält.

Diese Staffelung ist erkennbar nicht am Gesundheitsschutz älterer Arbeitnehmer orientiert und nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Ein sachlicher Grund ergibt sich weder aus der Regelung selbst noch aus dem Wortlaut der Hessischen Urlaubsverordnung.

Insoweit ist die Regelung der Hessischen Urlaubsverordnung teilunwirksam wegen unzulässiger Diskriminierung.

Dabei spielt es keine Rolle, dass es sich bei der Hessischen Urlaubsverordnung um eine Rechtsnorm handelt. Auch Rechtsnormen müssen sich an dem Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit im Rahmen der Ziele der Richtlinie 2000/77/EG bewegen.

Das Gericht kommt dagegen zu dem Ergebnis, dass die weitere Steigerung des Urlaubsanspruchs für Arbeitnehmer über 50 Jahren um drei Tage sachlich gerechtfertigt sowohl im Sinne der europarechtlichen Vorschriften wie auch im Sinne des § 10 Ziffer 2AGG ist.

Die nationalen Gerichte haben zu prüfen, ob die entsprechende Regelung oder Maßnahme ein rechtmäßiges Ziel im Sinne des Artikel 6Abs. 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgt.

Ein solches rechtmäßiges Ziel, das eine Diskriminierung rechtfertigen kann, ist auch nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.03.2012 das Ziel des Gesundheitsschutzes, insbesondere für ältere Arbeitnehmer.

Das Gericht geht davon aus, dass die Tarifvertragsparteien bzw.der Hessische Gesetzgeber in der Hessischen Urlaubsverordnung bei der Erhöhung des Urlaubsanspruchs für Arbeitnehmer über 50 Jahren und drei Tage dem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollten.

Dafür spricht auch, dass in der Hessischen Urlaubsverordnung gerade für ältere Arbeitnehmer dieser Zusatzurlaub vorgesehen ist,der z.B. in § 26 Abs. 1 TVöD und in § 26 TV-H nicht vorgesehen ist.

Es ist bekannt, dass der ältere Arbeitnehmer aufgrund längerer Erholungszeiten und eines erhöhten Regenerationszeitraumes auch ein erhöhtes Bedürfnis hinsichtlich der Urlaubsdauer besitzt.

Das Gericht hält es deshalb für sachlich zutreffend und gerechtfertigt, wenn vorliegend die Urlaubsdauer für ältere Arbeitnehmer über 50 Jahren die Urlaubsdauer um drei Tage erhöht würde.

Diese Regelung ist im Sinne des § 10 AGG angemessen und erforderlich, um dem Schutz älterer Arbeitnehmer zu dienen. Die mit Festlegung der Mindestanforderungen an das Alter erfolgte Diskriminierung jüngerer

Arbeitnehmer ist aufgrund der Besonderheiten des Alters gerechtfertigt und angemessen.

Das Gericht geht deshalb davon aus, dass die Urlaubsregelung der Hessischen Urlaubsverordnung insoweit nur teilnichtig ist. Die Zusatzregelung für ältere Arbeitnehmer über 50 Jahren hält das Gericht für rechtmäßig und damit für rechtswirksam.

Damit steht fest, dass die Klägerseite zum Stichtag 01.01.2008keinen Anspruch auf den erhöhten Urlaubsanspruch von 33 Tagen hatte, da die Klägerseite zu diesem Zeitpunkt bzw. auch im Laufe des Jahres 2008 nicht das Lebensalter von 50 Jahren erreichte.

Die Klage war deshalb abzuweisen.

IV.

Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass etwaige Ansprüche der Klägerseite auf Mehrurlaub von drei Tagen pro Jahr im Übrigen auch für die Jahre 2009 bis 2011 verfallen wären.

Der Verfall eines solchen zusätzlichen Urlaubsanspruchs folgt zum einen daraus, dass der Urlaub nach § 29 Ziffer 10 MTV UKGM im laufen Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss. Eine Urlaubsübertragung auf die ersten drei Monate des folgenden Kalenderjahres ist nur im Ausnahmefall zulässig.

Zum anderen wäre ein etwaiger zusätzlicher Urlaubsanspruch der Klägerseite für die Jahre 2008 bis 2011 auch nach der Ausschlussfrist des § 34 Ziffer 1 MTV UKGM verfallen.

Die Klägerseite hat diese Ausschlussfrist nicht gewahrt. Soweit ein Geltendmachungsschreiben vom 24.06.2008 erfolgte, entspricht dieses Schreiben nicht den Voraussetzungen für eine Geltendmachung nach § 34 Ziffer 1 MTV UKGM. In diesem Schreiben hat die Klägerseite lediglich eine Ungleichbehandlung konstatiert, ohne konkret und substantiiert Ansprüche geltend zu machen.

Nur der Vollständigkeit halber ist deshalb anzumerken, dass jedenfalls etwaige Zusatzurlaubsansprüche für die Jahre 2009 bis 2011 unter diesem Gesichtspunkt verfallen wären. Die Klage wäre auch aus diesen Gründen jedenfalls für Ansprüche bis 2011 insoweit abzuweisen gewesen.

C.

Die Klägerseite hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da sie unterlegen ist.

Die im Urteil vorzunehmende Festsetzung des Gegenstandswertes folgt aus § 3 ZPO und ist an der geschätzten Höhe der Urlaubsvergütung für 12 Urlaubstage orientiert.