VG München, Urteil vom 17.07.2013 - M 25 K 10.3314
Fundstelle
openJur 2013, 36625
  • Rkr:
Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger geht gegen die Löschung einer Eintragung eines im Ausland erworbenen akademischen Grades im Melde- und Passregister sowie gegen die Einziehung von Personalausweis und Reisepass vor.

Am 24. März 2005 erhielt der am ... 1969 geborene Kläger von der ... International Business School MBS in .../Schweiz eine Urkunde über die Verleihung des akademischen Grades „Doctor of Business Administration“.

Am 26. Mai 2005 meldete der Kläger seinen neuen Wohnsitz im ... 1, ... bei der Gemeinde .../Freistaat Sachsen an. In diesem Zusammenhang beantragte er auch einen neuen Personalausweis sowie einen Reisepass. Die bisherige Wohnung in der ... 1c in ... wurde als Nebenwohnung beibehalten. Im Anmeldeformular sowie den Anträgen zur Ausstellung eines neuen Reisepasses und Personalausweises gab der Kläger an, er führe einen Doktorgrad. Dies wurde entsprechend von der Meldebehörde der Gemeinde ... in das dortige Melderegister eingetragen.

Am 10. November 2008 ging bei der Staatsanwaltschaft ... eine Strafanzeige gegen den Kläger ein, wonach dieser unberechtigt einen akademischen Grad führe. Die Ermittlungen wurden daraufhin aufgenommen. Mit Verfügung vom 4. Dezember 2008 wurde das Verfahren gegen den Kläger zunächst eingestellt. Mit Schreiben vom 15. Januar 2010 wand sich die Staatsanwaltschaft ... an die Beklagte, um anzufragen, ob die Beklagte beabsichtige, sich vom Kläger die entsprechende Promotionsurkunde vorlegen zu lassen. Mit Schreiben vom 21. Januar 2010 forderte die Beklagte den Kläger auf, zum Nachweis der Führungsberechtigung des Doktortitels die Promotionsurkunde sowie den Personalausweis vorzulegen. Da der Kläger dieser Aufforderung nicht nachkam, erfolgte eine zweite Aufforderung mit Schreiben vom 17. Februar 2010. Am 22. März 2010 erschien der Kläger bei der Beklagten und legte eine von der ... International Business School MBS in .../Schweiz ausgestellte Urkunde über die Verleihung des akademischen Grades „Doctor of Business Administration“ vor. Die Beklagte forderte daraufhin zur Prüfung der Führungsberechtigung eines ausländischen akademischen Grades die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen mit Schreiben vom 23. März 2010 auf, zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Diese antwortete mit Schreiben vom 26. März 2010, dass eine Führung des streitgegenständlichen Titels in der Bundesrepublik Deutschland nicht in Betracht komme, da die MBS nicht auf der Hochschulliste der Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten (CRUS) verzeichnet sei.

Die Beklagte ordnete daraufhin mit Bescheid vom 17. Juni 2010 an, dass die Eintragung des im Ausland erworbenen akademischen Grades des Klägers im Melde- und Passregister der Beklagten von Amts wegen gelöscht werde (Ziffer 1). In Ziffer 2 ordnete sie die Einziehung des Personalausweises sowie des Reisepasses des Klägers an und forderte diesen auf, die Ausweisdokumente bis zum 5. Juli 2010 vorzulegen. In Ziffer 3 des Bescheides wurde die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 angeordnet. Schließlich drohte sie für den Fall der Nichtvorlage ein Zwangsgeld in Höhe von 150,-- € an (Ziffer 4).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Doktortitel allein aufgrund der Eintragung im Personalausweis, ausgestellt am 24. Juni 2005 von der Gemeinde ..., in das Melde- und Passregister der Beklagten übernommen wurde. Durch die Information der Staatsanwaltschaft ... vom 15. Januar 2010 sei die Beklagte darauf aufmerksam geworden, dass bei der Anmeldung des Wohnsitzes in der Gemeinde ... am 26. Mai 2005 der Doktortitel erstmals verwendet worden sei, ohne dass eine entsprechende Promotionsurkunde vorgelegt worden sei. Die Prüfung der am 22. März 2010 vom Kläger bei der Beklagten vorgelegten Promotionsurkunde habe daraufhin ergeben, dass der Kläger nicht zum Führen des Doktortitels berechtigt sei. Die Beklagte habe deswegen das Melde- und Passregister gemäß Art. 10 Abs. 1 S. 1 MeldeG i.V.m. § 22 Abs. 4 PassG zu berichtigen. Ferner sei der Reisepass und der Personalausweis nach § 12 Abs. 1 i.V.m. § 11 Nr. 2 PassG und Art. 8 i.V.m. Art. 6 Nr. 3 AGPersPassG einzuziehen.

Der Kläger hat am 13. Juli 2010 beim Verwaltungsgericht München Klage gegen diesen Bescheid erhoben mit dem Antrag,

den Bescheid vom 17. Juni 2010 aufzuheben.

Gleichzeitig beantragte er, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.

Zur Begründung von Klage und Eilantrag führte der Kläger u.a. aus, die Beklagte habe kein Recht, diesbezüglich eigenständig Nachforschungen anzustellen. Die Stellungnahme des Sekretariats der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder sei falsch; eine Genehmigung zur Führung eines Titels sei nicht mehr erforderlich. Zudem liege sowohl ein Verstoß gegen die europarechtliche Personenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit vor als auch eine Ungleichbehandlung. Ein Grund für ein überwiegendes Vollzugsinteresse sei nicht gegeben, der Kläger habe einen Anspruch nach Art. 5 des Äquivalenz-Abkommens Schweiz-Bundesrepublik Deutschland.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO lehnte das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 18. Januar 2011 ab (M 25 S 10.3067). Rechtsmittel wurden dagegen nicht erhoben.

Im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2011 erhob das Gericht Beweis zu der Frage, ob und ggf. in welcher Form der Kläger berechtigt ist, den ihm von der ... International Business School in ... verliehenen akademischen Grad „Doctor of Business Administration“ in der gesamten Schweiz sowie in Deutschland zu führen, durch Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Kultusministerkonferenz). Auf die Auskunft des Sekretariats vom 1. September 2011, in der festgestellt wurde, dass dem Kläger eine solche Titelführung in Deutschland nicht ohne Zusätze gestattet sei, wird verwiesen.

In der erneuten mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2012 einigten sich die Parteien auf eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren, nachdem beide Parteien Gelegenheit zu weiteren schriftlichen Stellungnahmen erhielten.

Hinsichtlich der übrigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten, insbesondere auf die zahlreichen sehr umfangreichen Schriftsätze des Klägers Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt letztlich in der Sache ohne Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Über den Rechtsstreit konnte ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem sich die Parteien gemäß § 101 Abs. 2 VwGO damit einverstanden erklärt haben.

1. Ziffer 1 des Bescheides vom 17. Juni 2010 ist rechtmäßig, da die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 S. 1 MeldeG i.V.m. § 22 Abs. 4 PassG vorliegen. Hiernach hat die Beklagte das Melde- und Passregister bei Unrichtigkeiten von Amts wegen zu berichtigen.

Nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 MeldeG ist der Doktorgrad Teil der Daten, die im Melderegister gespeichert werden. Für im Ausland erworbene Doktortitel kann dieser Titel nach Anl. 1b Nr. 2 DVMeldeG nur in das Melderegister eingetragen werden, wenn der Titelinhaber auch in der Bundesrepublik Deutschland zum Führen des Titel „Dr.“ berechtigt ist. Entsprechendes gilt auch für das Passregister. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 PAuswG enthält der Pass auch die Angaben über den Doktorgrad. Nach Nr. 4.1.3 der PassVwV darf als akademischer Grad nur der Doktorgrad eingetragen werden, wenn der Inhaber des Titels diesen ohne weiteren Zusatz zu führen berechtigt ist. Nach § 22 Abs. 4 PassG können die Daten des Melde- und Passregisters jeweils wechselseitig verwandt werden. Im hier vorliegenden Fall besitzt der Kläger jedoch nicht die Befugnis, den Titel „Dr.“ in der Bundesrepublik Deutschland zu führen.

a) Aus Art. 68 Abs. 4 BayHSchG in Verbindung mit dem Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich vom 20. Juni 1994 ergibt sich kein Anspruch auf Führung des streitgegenständlichen Doktortitels durch den Kläger. Nach Auffassung des Gerichts definiert Art. 1 dieses Abkommens den Anwendungsbereich. Somit finden alle nachfolgenden Artikel nur Anwendung, wenn es um die Anerkennung von Titeln im Hochschulbereich geht, wie im Übrigen auch schon der Titel des Abkommens nahelegt. Somit ergibt sich eine etwaige Führungsberechtigung aus Art. 5 des Abkommens lediglich nur bei Titeln von Hochschulen nach Art. 1 des Abkommens. Nach Art. 1 Abs. 2 des Abkommens sind nur solche Hochschulen davon umfasst, die in den entsprechenden Listen aufgeführt sind. Dass die Listen nicht Teil des Abkommens sind, ist unerheblich, da dies keinen Einfluss auf deren Rechtsverbindlichkeit hat, sondern hiermit nur sichergestellt wird, dass eine Änderung der Listen keine Änderung des Abkommens bedeutet. Die ... International Business School ist jedoch in der Schweizer Liste der Hochschulen im Sinne des Abkommens nicht aufgeführt.

b) Auch aus Art. 9 des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedsstaaten andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juli 1999 ergibt sich kein Anspruch des Klägers zum Führen des begehrten Titels im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Hieraus lässt sich kein unmittelbarer Anerkennungsanspruch des Klägers ableiten, da der Art. 9 seinem Wortlaut nach schon keinen Anspruch gewährt, sondern lediglich die Vertragsparteien verpflichtet, den Zugang zu unselbstständigen und selbstständigen Erwerbstätigkeiten und sowie zur Erbringung von Dienstleistungen durch entsprechende Maßnahmen zu erleichtern.

c) Somit richtet sich die Befugnis, einen ausländischen Doktortitel führen zu dürfen, allein nach Art. 68 BayHSchG. Hieraus ergibt sich jedoch, dass der Kläger zum Führen des Titels „Dr.“ nicht berechtigt ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 68 Abs. 1 S. 1 BayHSchG sind nicht erfüllt.

Der akademische Grad wurde nicht von einer in der Schweiz anerkannten Hochschule verliehen. Welche Hochschulen in der Schweiz anerkannt sind, lässt sich der Hochschulliste der Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten (CRUS) entnehmen. In dieser Liste ist die ... International Business School nicht enthalten (vgl. www.crus.ch, Stand: 18.01.2011). Ferner wurde der Titel auch nicht nach Art. 68 Abs. 1 S. 1 BayHSchG von einer anderen Stelle, die zur Verleihung dieses Grades berechtigt ist, verliehen. Die vom Kläger als Anlagen A6 und A7 vorgelegten Dokumente enthalten keine Aussage darüber, dass die ... International Business School zur Verleihung des streitgegenständlichen Doktortitels berechtigt ist. Die als Legalitätsbescheinigung betitelte, vom Schweizer Kanton ... ausgestellte Bescheinigung besagt nur, dass die Errichtung von Privatschulen grundsätzlich zugelassen ist und der Betrieb der Einrichtung keiner besonderen Bewilligung des Departments Hochschulen des Kantons ... bedarf (Anlage A6). Hieraus geht jedoch nicht hervor, dass die ... International Business School berechtigt ist, akademische Grade zu verleihen. Für diese Auslegung spricht auch die vom Kläger als Anlage A14 vorgelegte Bestätigung des Kantons Uri für die „Universität Educatis“, die jedoch das vorliegende Verfahren nicht betrifft. Aus dieser Bestätigung geht ausdrücklich hervor, dass die „Universität Educatis“ vom Kanton Uri anerkannt ist und sie zum Verleihen der in diesem Schreiben genannten akademischen Titel berechtigt ist. Eine solche ausdrückliche Anerkennung durch den Kanton ..., verbunden mit der Befugnis verschiedene akademische Grade zu verleihen, fehlt bezüglich der ... International Business School. Aus dem als Anlage A6 vorgelegten Schriftstück ergeben sich diese Punkte gerade nicht. Auch die als Anlage A7 vorgelegte „Bestätigung über den rechtlichen Status“ der ... International Business School vermag keinen Nachweis dafür zu erbringen, dass diese zur Verleihung des Doktorgrades berechtigt ist. Hierin wird lediglich bescheinigt, dass die ... International Business School bei „verschiedenen Organisationen akkreditiert“ ist und es sich um eine „virtuelle Web-Institution mit dem Status einer privaten Fernuniversität“ handelt. Ferner wird bestätigt, dass die Einrichtung legitimiert ist, Studiengänge auf dem Gebiet der post-sekundären Bildung durchzuführen. Die Tatsache, dass die Einrichtung legitimiert ist, bedeutet aber nicht, dass es sich um eine staatlich anerkannte Einrichtung handelt. Legitimiert bedeutet, dass sich die Einrichtung im Rahmen der Gesetze hält, dass ihr Betrieb in der Schweiz also nicht illegal ist. Mit Blick auf die vom Kläger vorgelegten Auszüge aus der Staatsverfassung des Kantons ... (Anlage A8) und dem Erziehungsgesetz des Kantons ... (Anlage A9) ergibt sich, dass Privatschulen, welche nicht das Gebiet der Volksschulen betreffen, grundsätzlich zugelassen sind. Eine staatliche Anerkennung als Hochschule oder Stelle, welche zur Verleihung akademischer Grade berechtigt ist, ist hiermit gerade nicht verbunden. Weitere Dokumente hat der Kläger bezüglich dieser Frage nicht vorgelegt.

Im Übrigen spricht die Stellungnahme des Sekretariats der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland - Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen vom 26. März 2010 für die eben dargelegte Begründung. Hieraus ergibt sich, dass der Kläger einen Titel führen möchte, der schon keine eidgenössische Anerkennung im Hochschulbereich in der Schweiz hat.

2. Die in Ziffer 2 des angegriffenen Bescheides vom 17.06.2010 angeordnete Einziehung verbunden mit der Vorlageverpflichtung ist rechtmäßig.

Die Einziehung der Ausweisdokumente richtet sich nach § 12 Abs. 1 S. 1 PassG i.V.m. Art. 8 AGPersPassG. Hiernach kann ein nach § 11 PassG ungültiger Pass eingezogen werden. Aus § 11 Abs. 1 Nr. 2 PassG i.V.m. Art. 6 Nr. 3 AGPersPassG ergibt sich, dass ein Pass ungültig ist, wenn er Eintragungen nach dem PassG enthält, die unzutreffend sind. Wie schon dargelegt, hat der Kläger keine Berechtigung zum Führen des begehrten Titels „Doctor of Business Administration“. Die Prüfung durch die Beklagte ist auch nicht zu beanstanden, da diese gemäß Art. 24 VwVfG den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln hat. Da der Kläger nicht zum Führen des Doktorgrades befugt ist, ist die Eintragung eines solchen Titels in den Reisepass bzw. Personalausweis nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 PassG bzw. Art. 6 Nr. 3 AGPersPassG unzutreffend mit der Folge der Einziehbarkeit der Dokumente. Die Vorlagepflicht bezüglich der Ausweisdokumente gegenüber der Beklagte ergibt sich aus § 15 Nr. 1 PassG i.V.m. Art. 7 Abs. 2 Nr. 6 AGPersPassG.

Die Einziehung ist auch nicht unverhältnismäßig. Mit einem in den Ausweispapieren eingetragenem Dr.-Titel gehen Dritte bei Vorlage der Papiere in der Regel davon aus, dass diese Eintragung richtig ist, und werden davon möglicherweise beeinflusst. Die Anordnung der Einziehung ist daher das einzig wirksame Mittel, dieser Gefahr zu begegnen. Eine Unverhältnismäßigkeit liegt auch nicht darin, dass der Kläger dann ohne Ausweisdokumente wäre, da jederzeit ein neuer Reisepass, sowie Personalausweis ohne den eingetragenen Doktorgrad beantragt werden kann.

3. Die streitentscheidenden pass- und ausweisrechtlichen Regelungen verstoßen auch nicht gegen höherrangiges Recht. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG, sowie gegen die gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten der Art. 45 ff., 49 ff., 56 ff. AEUV liegt nicht vor, da der Kläger keinen Nachweise erbracht hat, dass er in der Schweiz zum Führen des Doktorgrades berechtigt wäre. Weil diese Führungsbefugnis schon für das Staatsgebiet der Schweiz nicht nachgewiesen werden konnte, kommt eine Führungsbefugnis im Rahmen einer Gleichstellung ausländischer mit inländischen akademischen Graden schon nicht in Betracht. Die Tatsache, dass bisher der Titel des „Dr.“ in den Ausweispapieren eingetragen war, ändert nichts daran. Personalausweis und Reisepass dienen nicht dem Nachweise des Erwerbs akademischer Grade oder der Darstellung erworbener akademischer Auszeichnungen, sondern allein dem Nachweis der Identität des Passinhabers (so BVerwG, Beschl. vom 29.06.1992, Az. 1 B 113/92), so dass sich hieraus keine irgendwie geartete Führungsbefugnis ableiten ließe.

4. Die weiteren vom Kläger vorgebrachten Argumente im Anschluss an diesen Beschluss und an die beiden mündlichen Verhandlungen haben das Gericht nicht von der gegenteiligen Rechtsauffassung überzeugen können, sondern vielmehr in der Überzeugung bestärkt, dass der Kläger über die Argumente im Beschluss des Gerichts vom 18. Januar 2011 hinaus auch deshalb nicht zur unbeschränkten Führung des Doktortitels in Deutschland berechtigt ist, weil ihm diese Befugnis auch für das Staatsgebiet der Schweiz und insbesondere für den Kanton ... fehlt. Nach Überzeugung des Gerichts kann von einer fehlenden Führungsbefugnis im Land der Titelverleihung jedenfalls nicht, auch nicht über eine Assoziierung EU/Schweiz, auf eine unbeschränkte Titelführungsbefugnis in der Bundesrepublik Deutschland bzw. in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union geschlossen werden.

a) Zentrales Erkenntnismittel in diesem Verfahren stellt die vom Kläger im weiteren Verfahrensverlauf vorgelegte Auskunft des Kantons ..., Dienststelle Hochschulbildung, Kultur und Sport vom 16. März 2011 dar, in der es heißt:

„Die von Ihnen erwähnte Institution war und ist keine vom Kanton ... anerkannte Bildungsstätte. Folglich sind die von ihr verliehenen Bildungsabschlüsse auch nicht staatlich anerkannt. Solange staatlich nicht anerkannte Abschlussbezeichnungen nicht in irreführender Weise verwendet werden, dürfen diese im Kanton ... allerdings ohne weiteres geführt werden. Um einem allfälligen Vorwurf der ungerechtfertigten Titelanmaßung vorzubeugen, empfehlen wir Ihrem Mandanten deshalb, bei der Verwendung der Ausbildungsabschlüsse ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass diese von einer nicht staatlich anerkannten Bildungsinstitution verliehen worden sind.“

Mit dieser Auskunft korrespondiert ein Straftatbestand des Kantons ... (§ 25 Übertretungsstrafgesetz vom 14.9.1976, SRL Nr. 300, vorgelegt in dem Grundlagenpapier „Titelschutz“ des Eidgenössischen Departements des Innern EDI, Staatssekretariat für Bildung und Forschung SBF vom Januar 2006), der bestimmt:

„..., wer unberechtigt einen Titel oder eine Berufsbezeichnung (einen akademischen Titel, Diplom, Patent usw.) führt, um den Anschein besonderer Auszeichnungen oder Fähigkeiten zu erwecken, wird mit Haft oder Buße bestraft.“

 

Daraus ist zu schließen, dass der Kanton ... die Führung eines Doktorgrades, der von einer staatlich nicht anerkannten Bildungsstätte verliehen worden ist, mit strafrechtlichen Sanktionen belegt, solange im Außenverhältnis nicht hinreichend deutlich wird, dass es sich um keinen staatlich anerkannten Doktorgrad handelt. Diese Sachverhaltskonstellation trifft auch auf die Person des Klägers zu.

Diese Rechtsauffassung wurde bestätigt in dem Kurzgutachten der Kultusministerkonferenz vom 11. Juli 2011 im Rahmen des Beweiserhebungsverfahrens. Über die bisherigen Stellungnahmen der Kultusministerkonferenz hinaus sei festzuhalten, dass die genannte Institution selbst nach schweizerischem eidgenössischem Recht generell nicht zur Titelverleihung befugt sei. Von einem nicht vorhandenen Recht im Herkunftsstaat könne sich kein Rechtsanspruch im Aufnahmestaat begründen. Dem Schreiben des Bildungs- und Kulturdepartements des Kantons ... vom 16. März 2011 sei zu entnehmen, dass es sich um keinen staatlich anerkannten Titel handle und eine Titelführung auch in der Schweiz nur unter Hinweis auf die verleihende Institution empfohlen werde. Zwar seien im Gegensatz zur deutschen Regelung akademische Grade in der Schweiz nicht umfassend geschützt und eine Titelführung in der Regel nicht illegal, solange nicht der Tatbestand des unlauteren Wettbewerbs, des Betruges oder der arglistigen Vermögensschädigung vorliege. Für Hochschulgrade von anderen als den eidgenössisch anerkannten Hochschulen und von ausländischen Institutionen bestehe keine nationale Regelung, aber die Gepflogenheit, den Titel in der Originalform mit zusätzlichem Verweis auf die verleihende Institution zu führen.

Soweit danach festzuhalten bleibt, dass der Kläger selbst in der Schweiz im Allgemeinen sowie im Kanton ... im Besonderen nicht dazu berechtigt ist, seinen Doktorgrad ohne Angabe der verleihenden Institution zu führen, sind die weiteren vom Kläger im Verfahren vorgebrachten Argumente unbehelflich.

b) Insbesondere die Äußerungen des Klägers im Schriftsatz vom 12. Oktober 2011, in welchem er sich mit der Auskunft der Kultusministerkonferenz auseinandersetzt, gehen inhaltlich an der Sache vorbei und sind nicht geeignet, das Gericht von einer anderen rechtlichen Einschätzung zu überzeugen. Ein rechtswidriges oder gar strafbares Verhalten der Gutachterin, wie vom Kläger postuliert, kann das Gericht nicht erkennen. Das vom Kläger zitierte Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 14. März 2011, Az.: 19 A 3006/06, betrifft einen anderen Sachverhalt und ist auf das vorliegende Verfahren nicht übertragbar.

c) Soweit sich der Kläger auf die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen beruft, verhilft dieses Argument seiner Klage ebenfalls nicht zum Erfolg.

Diese Richtlinie gibt „Personen, die ihre Berufsqualifikationen in einem Mitgliedsstaat erworben haben, Garantien hinsichtlich des Zugangs zu demjenigen Beruf und seiner Ausübung in einem anderen Mitgliedsstaat“ (Präambel Abs. 3). Sie ist auf den Kläger jedoch nicht anwendbar, weil der „Doctor of Business Administration“ nicht in die von der Richtlinie reglementierten Berufe fällt, weil es sich nicht um einen reglementierten Beruf, sondern um einen akademischen Grad handelt.

d) Auch die übrigen vom Kläger vorgelegten Urkunden und Unterlagen vermögen nicht die Rechtsauffassung des Gerichts zu erschüttern. Insbesondere gilt dies für die zahlreichen vom Kläger zuletzt vorgelegten Qualifikationsnachweise (u. a. Reifezeugnis mit Abitur, Reifezeugnis Betriebsschule der ehemaligen DDR, Urkunde zur Ausbildung zum Facharbeiter Maschinenbau in der DDR, Studienbuch Maschinenbau über zwei Semester, Fachausbildungszertifikate etc.). Sie sind nicht geeignet, das Führen eines Doktorgrades mit oder ohne erläuternde Zusätze zu begründen, da es sich bei ihnen nicht um Nachweise einer wissenschaftlichen Leistung im Sinne der dritten Stufe der Bologna-Studiengänge handelt.

e) Die Argumente des Klägers in seinem Schriftsatz vom 23. April 2012, die sich im Grunde in einer Wiederholung seiner bisherigen Standpunkte erschöpfen, gehen an der Sache vorbei. Das Gericht weist noch einmal auf die Tatsache hin, dass der Kläger in der Schweiz bzw. im Kanton ... eben nicht zur unbeschränkten Führung des Titels berechtigt ist (vgl. Ausführungen unter 2.).

f) Das vom Kläger vorgelegte Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der Europäischen Region, BGBl. II Nr. 15 vom 22. Mai 2007 ist ebenfalls auf den Kläger nicht anwendbar. Wie sich aus Abschnitt 1 Art. 1 (Begriffsbestimmungen) ergibt, ist unter Hochschuleinrichtung im Sinne dieses Übereinkommens eine Einrichtung definiert, die Hochschulbildung vermittelt und von der zuständigen Behörde einer Vertragspartei als zu ihrem Hochschulsystem gehörend anerkannt ist. Dies ist bei der vom Kläger besuchten Institution, wie ausführlich dargelegt, ebenfalls nicht der Fall.

g) Es bleibt festzuhalten, dass - abschließend - die vom Kläger vorgebrachten Argumente einen gültigen, anerkannten Titel in dem Land der Verleihung voraussetzen. Gerade daran fehlt es jedoch im vorliegenden Fall.

Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.  

Beschluss

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).