LG Dortmund, Urteil vom 22.03.2013 - 3 O 7/13
Fundstelle
openJur 2013, 36398
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner der Klägerin Auskunft zu erteilen über Name und Anschrift der Mitgesellschafter/Treugeber der E, Zug um Zug gegen Erstattung der hierfür erforderlichen Aufwendungen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner nach einem Streitwert in Höhe von 12.500,00 €.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin beteiligte sich durch Beitrittserklärung vom 04.02.2004 mit einem Gesellschaftsanteil in Höhe von 50.000,00 EUR zzgl. 5% Agio an der Beklagten zu 1) (Anlage K1, Bl. 15 dA). Die Beteiligung der Klägerin erfolgte dabei nicht unmittelbar als Kommanditistin, sondern über einen gesonderten Treuhandvertrag (Anlage K 14, Bl. 90 ff. dA) mittelbar als Treugeberin über die Beklagte zu 2), welche registerführende Treuhandkommanditistin der Beklagten zu 1) ist.

Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 1) (Anlage K 10, Bl. 46 ff. dA) enthält unter anderem folgende Regelungen:

"§ 8

1.

(...) Treugeber sind berechtigt, das Stimmrecht des Treuhandkommanditisten entsprechend ihrem Anteil selbst auszuüben.

2.

Jeder Gesellschafter/Treugeber hat für je einen eingezahlten Anteil von € 5.000 eine Stimme. Soweit Treugeber nicht selbst abstimmen oder durch einen Dritten abstimmen lassen, nimmt der Treuhandkommanditist sein Stimmrecht entsprechend den Weisungen oder, soweit Weisungen nicht erteilt werden, nach dem mutmaßlichen Interesse der Treugeber gespalten wahr.

(...)"

Der von der Klägerin mit der Beklagten zu 2) abgeschlossene Treuhandvertrag enthält unter anderem folgende Regelungen:

"§ 1

Treuhandgegenstand

(...)

2.

Die Beteiligung des Treuhänders als Treuhandkommanditist erfolgt nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages der Beteiligungsgesellschaft und den Bestimmungen dieses Treuhandvertrages. Der Gesellschaftsvertrag der Beteiligungsgesellschaft ist in seiner jeweiligen Fassung Bestandteil des vorliegenden Treuhandvertrages. Für das Verhältnis zwischen dem Treuhänder und dem Treugeber gelten die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages der Beteiligungsgesellschaft sinngemäß, sofern nicht in diesem Treuhandvertrag abweichende Regelungen getroffen sind.

(...)

§ 2 Zurechnung der Beteiligung, Sicherung des Treugebers

1.

Der Treuhänder hält seine Gesellschafterbeteiligung für die Treugeber im Außenverhältnis als einheitlichen Gesellschaftsanteil. (...)Er übt die den Treugeber betreffenden Gesellschafterrechte und -pflichten gegen über der Beteiligungsgesellschaft nach Maßgabe dieses Treuhandvertrages und des Gesellschaftsvertrages aus. Er nimmt die Rechte des Treugebers in der Gesellschafterversammlung wahr. (...)

§ 7

Versammlung der Treugeber und besondere Beschlussgegenstände

1.

(...) Der Treugeber ist berechtigt, entsprechend seines anteiligen Beteiligung das Stimmrecht des Treuhänders in der Gesellschafterversammlung unmittelbar selbst auszuüben oder von einem Dritten ausüben zu lassen. (...)

§ 10

Treugeberregister, Datenschutz

(...)

2.

Der Treugeber hat keinen Anspruch darauf, dass ihm der Treuhänder Angaben über die übrigen Treugeber macht. Anderen Personen als der Geschäftsführung und den Beiratsmitgliedern darf der Treuhänder keine Auskünfte über Beteiligung und Eintragung im Register erteilen, es sei denn, dass die Offenlegung erfolgt gegenüber dem zuständigen Finanzamt oder im Zusammenhang mit einer eventuellen Eigenkapitalfinanzierung gegenüber einer Bank. (...)

Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage von den Beklagten schriftliche Auskünfte über die Namen und Anschriften der an der Beklagten zu 1) beteiligten anderen Mittgesellschafter und Treugeber.

Sie beantragt,

die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, der Klägerin als Gläubigerin Name und Anschrift der Mitgesellschafter/Treugeber der E, Zug um Zug gegen Erstattung der hierfür erforderlichen Aufwendungen herauszugeben;

hilfsweise,

1. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Einsicht bei der Geschäftsführung des Fonds in die Liste Namen und Anschriften der Mitgesellschafter/Treugeber der E, zu gewähren;

2. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die Möglichkeit zur Anfertigung von Ablichtungen zu geben, Zug um Zug gegen Erstattung der hierfür erforderlichen Kosten.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Ansicht, die Unbegründetheit des Auskunftsanspruch gegenüber der Beklagten zu 1) ergebe sich daraus, dass gemäß § 10 Ziffer 1 des Treuhandvertrages ausschließlich die Beklagte zu 2) das Treugeberregister führt und daher nur diese dazu in der Lage sei, entsprechende Auskünfte zu erteilen. Ein Auskunftsanspruch bestehe insgesamt auch deswegen nicht, weil es zwischen den einzelnen Treugebern und den unmittelbar beteiligten Kommanditisten keine vertraglichen Beziehungen gebe. Durch die Herausgabe von Namen und Adressen an Dritte würde die Beklagte zu 2) daher in schwerwiegender Weise gegen ihre Verpflichtung aus dem Treuhandvertrag verstoßen. Schließlich beruft sich die Beklagte zu 2) auch auf datenschutzrechtliche Bestimmungen, welche ihr mangels Einwilligung der anderen Treugeber die Weitergabe von personenbezogenen Daten untersagten.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen vollumfänglich Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

1.

Die Klägerin hat sowohl gegen die Beklagte zu 1) als Fondsgesellschaft als auch gegen die Beklagte zu 2) als registerführende Treuhandkommanditistin einen Anspruch auf Auskunft über Namen und Anschriften der übrigen Mitgesellschafter und Treugeber.

a)

Der Auskunftsanspruch folgt unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag. Denn der Gesellschafter einer Personen- bzw. Personenhandelsgesellschaft muss berechtigt sein, seine Vertragspartner und somit auch seine Mitgesellschafter, zu kennen. Dies folgt als unentziehbares mitgliedschaftliches Recht aus dem durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnis als solchem. Dieses Auskunftsrecht des Gesellschafters wird lediglich begrenzt durch das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und das Schikaneverbot gemäß § 226 BGB (so schon BGH, Urteil vom 11.01.2011 - II ZR 187/09).

Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich die Kammer vorliegend anschließt, steht dieses Auskunftsrecht aber nicht nur dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter zu. Vielmehr hat dieses Recht auch ein Treugeber, der im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und der Gesellschaft zu den Treugebern einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleichgestellt ist (vgl. BGH, Urt. v. 05.02.2013 - II ZR 134/11).

Durch die Einbeziehung der Klägerin in den Gesellschaftsverband über den Gesellschaftsvertrag und den mit diesem korrespondierenden Treuhandvertrag ist die Klägerin so zu behandeln, als sei sie unmittelbar als Gesellschafterin an der Beklagten zu 1) beteiligt. Diese Gleichstellung findet ihren Niederschlag auch im Gesellschaftsvertrag. Zwar erfolgt keine ausdrückliche Gleichstellung von Treugebern und übrigen Kommanditisten. Jedoch ergibt sich aus § 8 Ziffer 1 des Gesellschaftsvertrages, dass dem Treugeber genau wie dem unmittelbaren Kommanditisten ein Stimmrecht zusteht, welches er selbst ausüben kann. Auch findet sich im gesamten Gesellschaftsvertrag keine Differenzierung zwischen Kommanditisten und Treugebern. Vielmehr nimmt die Beklagte zu 2) die den Treugebern originär zustehenden Gesellschafterrechte lediglich als Stellvertreterin wahr. Dies ergibt sich auch aus dem Treuhandvertrag, wonach die Beklagte zu 2) von den Weisungen des jeweiligen Treugebers abhängig ist.

Nach dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages und unter Berücksichtigung des Treuhandvertrages sowie der von Klägerin abgegebenen Beitrittserklärung handelt es sich bei dem Verhältnis zwischen der Beklagten zu 1) und den unmittelbaren Gesellschaftern einerseits und den Treugebern andererseits nicht um einfache - zweiseitige - Treuhandverhältnisse. Denn bereits in der Beitrittserklärung hat die Klägerin erklärt, sie beteilige sich an der Beklagten zu 1), wobei die Beklagte zu 2) in ihrer Funktion als Treuhänderin nur als rechtstechnisches Mittel zum Zweck erwähnt wird (vgl. BGH, aaO, mwN). Die Klägerin treffen somit dieselben Rechte und Pflichten wie die unmittelbar als Kommanditisten beteiligten Gesellschafter.

b)

Bei diesen durch den Beitritt zustande gekommenen Rechtsverhältnissen zwischen der Klägerin und den unmittelbaren Gesellschaftern handelt es sich auch nicht bloß um schuldrechtliche Beziehungen, sondern um von gesellschaftsrechtlichen Bindungen überlagerte Vertragsverhältnisse (vgl. BGH, aaO). Die Klägerin ist als Treugeberin entsprechend einem unmittelbaren Gesellschafter statutarisch in das Innenverhältnis der Gesellschaft einbezogen. Sie treffen die gleichen gesellschaftsrechtlichen Pflichten wie einen unmittelbaren Gesellschafter. Gleichzeitig stehen ihr aber auch die gleichen Rechte wie einem unmittelbaren Gesellschafter zu.

c)

Die Beklagten haben daher nicht das Recht, der Klägerin die Auskunft aufgrund der Regelungen zum Datenschutz in § 10 des Treuhandvertrages zu verweigern. Denn das Recht, die Vertragspartner des Gesellschaftsvertrages, also auch sämtliche weiteren Mitgesellschafter, zu kennen kann im Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden (vgl. BGH, Urt. v. 11.01.2011 - II ZR 187/09). Dies hat erst recht dann zu gelten, wenn der Ausschluss nicht im Gesellschaftsvertrag selbst, sondern in dem mit diesem verzahnten Treuhandvertrag erfolgt. Eine solche Regelung verstößt gegen § 242 BGB und ist daher unwirksam (vgl. BGH, Urt. v. 05.02.2013 - II ZR 134/11 - mwN).

d)

Diesem Auskunftsrecht können auch weder das Anonymitätsinteresse der einzelnen Anleger noch datenschutzrechtliche Bestimmungen entgegengehalten werden. Denn im Rahmen des zwischen den Treugebern einerseits und den unmittelbaren Gesellschaftern und der Gesellschaft andererseits bestehenden Vertragsverhältnisses sind die Treugeber bei vernünftiger Betrachtung auch die Datenverwendung zur Wahrnehmung ihrer Rechte in der Gesellschaft angewiesen (BGH, aaO).

e)

Auch rechtfertigt es eine abstrakte Missbrauchsgefahr nicht, einem Vertragspartner das Recht zuzugestehen, gegenüber dem anderen seinen Namen und seine Anschrift zu verheimlichen (BGH, Beschl. v. 21.09.2009 - II ZR 264/08). Insbesondere ist es unbedenklich und verstößt nicht gegen das Schikaneverbot i.S.v. § 226 BGB, wenn ein Klägeranwalt im Auftrag seines Mandanten durch die Kontaktaufnahme mit anderen Anlegern z.B. versucht, eine Interessengemeinschaft unter Anlegern zu organisieren (vgl. BGH, Urt. v. 05.02.2013 - II ZR 134/11).

2.

Entgegen der Auffassung der Beklagten bestehen die Auskunftsansprüche sowohl unmittelbar gegenüber der Fondsgesellschaft als auch gegenüber anderen Mitgesellschaftern, also z.B. auch der Beklagten zu 2) als registerführender Treuhandkommanditistin (vgl. BGH aaO).

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 ZPO.