OLG Celle, Urteil vom 17.07.2013 - 14 U 202/12
Fundstelle
openJur 2013, 36289
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 28. November 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung restlichen Architektenhonorars in Höhe von 56.681,73 € in Anspruch. Wegen der Einzelheiten der zwischen den Parteien bestehenden Vertrags- und Auftragsverhältnisse nimmt der Senat auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug.

Grundlage der klägerischen Forderung ist die mit Schriftsatz vom 19. April 2012 zu den Akten gereichte (neue) Schlussrechnung vom 16. April 2012 (Bl. 142 f. d. A.), in der als anrechenbare Kosten für die Berechnung der nach dem klägerischen Vortrag erfolgten Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 ein Betrag von 1.810.000 € angesetzt ist. Ausweislich der dieser Schlussrechnung als Anlage Nr. 1 beigefügten Aufstellung liegt diesem Wert die Kostenberechnung vom 12. Juli 2010 zugrunde, wonach die Gesamtkosten der Kostengruppen 300 und 400 in eben dieser Höhe angesetzt werden, der Anteil der Kostengruppe 300 nämlich mit 1.455.000 € netto und der Anteil der Kostengruppe 400 mit 355.000 € netto. Diese Kostenberechnung vom 12. Juli 2010 ist der Schlussrechnung als Anlage K 2 beigefügt. In der in dieser enthaltenen Anmerkung 1 wird darauf hingewiesen, dass die Kosten der Kostengruppe 400 auf Erfahrungswerten früherer Bauvorhaben beruhten.

Die Beklagte hält der klägerischen Forderung sowohl den Einwand der fehlenden Prüfbarkeit dieser Schlussrechnung, als auch deren sachliche Unrichtigkeit entgegen. Außerdem wendet sie mangelhafte Leistungserbringung durch die Kläger ein, weswegen sie gegenüber deren Honoraransprüchen im Wege der Hilfsaufrechnung eigene Ersatzansprüche, darüber hinaus ein Zurückbehaltungsrecht geltend macht.

Wegen der Einzelheiten der erhobenen Mängelrügen wird auf das schriftsätzliche Vorbringen der Beklagten Bezug genommen.

Im Verhandlungstermin vom 25. September 2012 hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die Fälligkeit des geltend gemachten Klageanspruchs bestünden, weswegen beabsichtigt sei, die Klage als derzeit unbegründet abzuweisen. Zur Erläuterung hat es ausgeführt, dass sich dies insbesondere aus dem Hinweis in der Kostenberechnung vom 12. Juli 2010 begründe, wonach die Kosten der Kostengruppe 400 auf „Erfahrungswerten früherer Bauvorhaben“ beruhten. Da die Kammer diese Erfahrungswerte nicht habe, seien die dort angesetzten anrechenbaren Kosten nicht nachvollziehbar.

Die Kläger haben daraufhin im Rahmen der ihnen gewährten Stellungnahmefrist mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2012 zu diesem Hinweis des Landgerichts weiter vorgetragen, außerdem als Anlage K 21 (Bl. 216 d. A.) eine Aufstellung zu den Akten gereicht. Aus dieser - so das Vorbringen der Kläger - ergebe sich, dass der Kostenberechnung vom 12. Juli 2010 Kennwerte eines in vergleichbarer Größenordnung errichteten Objekts „Neubau eines Fachmarktzentrums“ in H. an der H. Straße (ehemaliges B. Grundstück) zugrunde lägen. Außerdem habe der bei den Kostengruppen 300 und 400 angesetzte Betrag von 1.810.000 € den eingeholten Generalunternehmer-Angeboten der Firmen M., I. W. und E. GmbH & Co. KG entsprochen.

Die Firma M. habe nämlich mit Angebot vom 3. August 2010 in den Kostengruppen 300 und 400 ein Angebot von insgesamt 1.855.243,64 € abgegeben, die Firma I. W. mit Angebot vom 11. August 2010 eines in Höhe von 1.828.600 € und die Firma E. GmbH & Co.KG, die letztendlich von der Beklagten als Generalunternehmerin beauftragt worden sei, mit Angebot vom 3. August 2010 eines in Höhe von 1.848.730 €. Da der Beklagten diese Angebote bekannt gewesen seien, habe sie die von den Klägern in der Honorarschlussrechnung eingestellten Angaben zu den Kostengruppen 300 und 400 problemlos nachvollziehen können.

Die Beklagte hat mit gleichfalls nachgelassenem Schriftsatz vom 23. November 2012 zu diesen Ausführungen der Kläger Stellung genommen. Sie hat u. a. die Auffassung vertreten, dass es unzulässig sei, für die Belegung der Kosten der Kostengruppe 400 ein ihr unbekanntes Objekt und den dort angesetzten Quadratmeterpreis heranzuziehen, da ihr unter diesen Umständen die Prüfung einer Vergleichbarkeit gar nicht möglich sei.

Sie hat außerdem beanstandet, dass nicht nachvollziehbar sei, warum das Angebot der Firma E. GmbH & Co. KG aussagekräftig für die nach ganz anderen Kriterien zu erstellende Kostenberechnung habe sein sollen. Denn das Generalunternehmerangebot beziehe sich auf die Leistungsphase 7, die geschuldete Kostenberechnung hingegen auf die Leistungsphase 3. Eine Bezugnahme auf das vom Generalunternehmer erstellte Angebot für die Kostengruppe 400 sei jedenfalls unzulässig, weil es sich um ein Globalpauschalpreisangebot gehandelt habe, was für die Beklagte gänzlich intransparent gewesen sei. Dementsprechend sei für sie nicht erkennbar, welche Kosten auf die einzelnen 400er-Kostengruppen entfielen.

Das Landgericht hat im Anschluss die Klage der Kläger als derzeit unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die von den Klägern erstellten Honorarrechnungen, insbesondere auch die vom 16. April 2012, seien auch nach dem weiteren klägerischen Vorbringen aus dem nachgelassenen Schriftsatz vom 11. Oktober 2012 nicht prüfbar, da dieser weitere Vortrag nicht nachvollziehbar sei. So hätten die Kläger Bezug genommen auf Angebote verschiedener Unternehmen (Anlage K 21); allerdings sei nicht ersichtlich, was diese mit dem vorliegenden Bauvorhaben zu tun hätten. Schließlich hätten die Kläger selbst ausgeführt, dass es sich insoweit um ein anderes Bauvorhaben gehandelt habe; ob dieses mit dem vorliegenden vergleichbar sei, sei nicht ersichtlich. Da die Beklagte bestritten habe, das von den Klägern genannte Referenzobjekt zu kennen, habe sie sich daher zu Recht auf eine mangelnde Nachvollziehbarkeit der von diesen angesetzten anrechenbaren Kosten berufen.

Der Verweis auf Drittobjekte sei keine geeignete Methode zur Ermittlung der anrechenbaren Kosten im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 HOAI 2009. Denn insoweit handele es sich nicht um fachlich allgemein anerkannte Regeln der Technik oder Kostenvorschriften der Verwaltung auf der Grundlage ortsüblicher Preise. Außerdem genüge eine solche Vorgehensweise auch nicht der Kostenermittlung unter Ansatz der DIN 276 (Dezember 2008). Demzufolge stehe daher der Klageforderung der Einwand mangelnder Fälligkeit entgegen, weswegen die Klage als zur Zeit unbegründet abzuweisen sei.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung.

Mit dieser machen sie geltend, das Landgericht habe verkannt, dass sie mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2012 nachvollziehbar erläutert hätten, wie sich die der Kostenberechnung vom 12. Juli 2010 zugrunde gelegten Kosten zusammensetzten und worauf die in dieser Berechnung genannten Erfahrungswerte beruhten. Auch die Vergleichbarkeitsberechnungen für das Referenzobjekt in der H. Straße seien zur Erläuterung der Erfahrungssätze, auf die sie sich in ihrer Kostenberechnung vom 12. Juli 2010 bezogen hätten, ausreichend und geeignet.

Was dabei die in Anlage K 21 enthaltene Aufstellung zur Erläuterung der Kostenberechnung vom 12. Juli 2010 betreffe, habe das Landgericht missverstanden, dass die dort aufgeführten Angebote der Firmen M., I. W. und E. GmbH & Co. KG sich nicht etwa auf andere Objekte, sondern auf eben das hier streitgegenständliche Fachmarktzentrum in I. bezogen hätten. Insoweit seien lediglich falsche Jahreszahlen hinsichtlich der Erstellungsdaten der Angebote im Text angegeben worden. Ein solches Missverständnis hätten die Kläger jedoch, wenn das Landgericht darauf hingewiesen hätte, aufklären können, weswegen dem Landgericht ein rechtsfehlerhaftes Unterlassen von Hinweisen vorzuwerfen sei und es sich bei der ergangenen Entscheidung um eine Überraschungsentscheidung handele.

Auch der Umstand, dass das Landgericht seiner Entscheidung den umfangreichen Schriftsatz der Beklagten vom 23. November 2012 zugrunde gelegt habe, ohne den Klägern vorab Gelegenheit zu geben, hierzu Stellung zu nehmen, begründe einen Verstoß gegen den Grundsatz auf rechtliches Gehör. Denn andernfalls hätten die Kläger klarstellen können, dass die Beklagte anhand der das streitgegenständliche Objekt betreffenden Angebote der Firmen I. W., M. sowie E. GmbH & Co.KG sehr wohl die Kosten der Kostengruppen 300 und 400 im Einzelnen hätte überprüfen können.

Darüber hinaus könne sich die Beklagte allein deswegen nicht auf eine fehlende Nachvollziehbarkeit dieser Werte berufen, da dieser bei Legung der Schlussrechnung vom 16. April 2012 infolge der ihr zu diesem Zeitpunkt schon seit ca. seit einem Dreivierteljahr vorliegenden Schlussrechnung des beauftragten Generalunternehmens E. GmbH & Co. KG die Kosten der Baumaßnahme bekannt gewesen seien. Der Schlussrechnungsendbetrag dieser Schlussrechnung stimme dabei mit den Kosten der Kostengruppen 300 und 400 nahezu punktgenau überein. Mithin habe die Beklagte bei Erhalt der Honorarschlussrechnung der Kläger positiv gewusst, dass die Kostenberechnung vom 12. Juli 2010 zutreffend sei.

Im Übrigen sei der Beklagten schon aus formalen Gründen, nämlich wegen Zeitablaufs, der Einwand der fehlenden Prüfbarkeit abgeschnitten. Die der Honorarschlussrechnung vom 16. April 2012 beigefügte Kostenberechnung sei ihr nämlich bereits mit Schreiben vom 12. Juli 2010 übersandt worden, weswegen die zweimonatige Frist zur Erhebung der Einrede der fehlenden Prüfbarkeit zum Zeitpunkt ihrer Geltendmachung längst verstrichen gewesen sei.

Im Übrigen scheitere der Einwand der fehlenden Prüffähigkeit an der Tatsache, dass die Beklagte die Rechnung faktisch sehr wohl geprüft habe. So habe sie sich bereits erstinstanzlich inhaltlich mit der Honorarschlussrechnung der Kläger und den dort enthaltenen einzelnen Leistungsprozenten für die jeweiligen Leistungsphasen auseinandergesetzt, was ein Prüfen der Schlussrechnung darstelle.

Die Kläger beantragen,

die Entscheidung des Landgerichts Hannover, Az.: 14 O 8/12, vom 28. November 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,

1. an die Kläger als Gesamtgläubiger 56.681,73 € zzgl. 8 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 7.235,20 € seit dem 28. September 2011 und zzgl. Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf weitere 49.446,53 € ab Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagten weiter zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger weitere 661,16 € (außergerichtliche Rechtsanwaltskosten) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins zu zahlen;

sowie hilfsweise,

3. die Entscheidung des Landgerichts Hannover, Az.: 14 O 8/12, vom 28. November 2012 aufzuheben und zur weiteren Verhandlung an das Landgericht Hannover zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

1. die Berufung der Kläger zurückzuweisen,

sowie hilfsweise,

2. den Rechtsstreit an das Gericht des ersten Rechtzugs zurückzuverweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie meint, die Kläger übersähen, dass die anrechenbaren Kosten nicht mit dem Betrag aus der Generalunternehmer-Schlussrechnung identisch seien, der zudem im vorliegenden Fall um 54.000 € über dem vereinbarten Generalunternehmer-Pauschalpreis gelegen habe.

Gemäß der Rechtsprechung würden die anrechenbaren Kosten vom Umfang und Inhalt der Vertragsleistungen des Architekten bestimmt und begrenzt. Insoweit könnten sich die Kläger daher nicht darauf berufen, dass die Beklagte die Schlussrechnung des Unternehmers gekannt habe und auch die entsprechenden Vergleichsangebote. Deshalb seien, selbst wenn das Landgericht erkannt hätte, dass die Vergleichsangebote sich auf das streitgegenständliche Objekt und nicht auf ein anderes Gebäude bezogen hätten, die Höhe der anrechenbaren Kosten damit nicht nachvollziehbar dargelegt worden.

Im Übrigen sei auch der Einwand der Kläger, dass das Landgericht gegen den Grundsatz auf rechtliches Gehör verstoßen habe, unbegründet. Die Beklagte habe bereits vor ihrem schriftsätzlichen Vorbringen vom 23. November 2012 mehrfach und ausführlich die fehlende Transparenz und Prüfbarkeit der Kostenberechnung gerügt und Einwände gegen die Schlussrechnung geltend gemacht. Da das Landgericht seine Entscheidung nicht auf den neuen Sachvortrag der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 23. November 2011 gestützt habe, käme es auf den Umstand, dass die Kläger zu diesem nicht weiter hätten vortragen können, nicht an, weil sich diese Tatsache jedenfalls nicht ausgewirkt habe.

Im Übrigen beruft sich die Beklagte ausführlich und unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens darauf, dass die Klage auch aus anderen Gründen keinen Erfolg haben könne und trägt hierzu im Einzelnen zu vermeintlichen Planungs- und Überwachungsfehlern der Kläger vor.

Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2013 haben die Kläger als Anlage BK 2 eine überarbeitete Kostenberechnung nach DIN 276 (2008) (Bl. 424 ff.) zu den Akten gereicht.

Diesbezüglich wendet die Beklagte ein, dass eine nachvollziehbare Kostenermittlung eine Trennung nach verschiedenen Leistungsphasen voraussetze, die nunmehr vorgelegte diesem Grundsatz aber nicht entspreche. Da im Übrigen die für die Kostengruppe 400 genannten Zahlen mit denen in der Kostenermittlung vom 12. Juli 2010 genannten identisch seien, bringe auch die nunmehr eingereichte Kostenermittlung keine ausreichende Klarheit, wie sich die Kosten dieser Kostengruppe zusammensetzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Vorbringen der Parteien in den zur Akte gereichten Schriftsätzen samt Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Kläger erweist sich in der Fassung ihres Hilfsantrags als begründet, weswegen der Rechtsstreit gem. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen ist.

Dass der Antrag auf Zurückverweisung nur hilfsweise gestellt worden ist, ist dabei ohne Bedeutung (OLG Koblenz, Urteil v. 14. November 2012, 5 U 465/12 unter Verweis auf OLGR Düsseldorf 2004, 138; OLGR Frankfurt 2003, 388), da eine Sachentscheidung des Senats im Sinne des Hauptantrags mangels Entscheidungsreife des Rechtsstreits nicht möglich ist.

Das angefochtene Urteil beruht auf einer Verletzung des Anspruchs der Kläger auf rechtliches Gehör. Damit leidet es an einem wesentlichen Mangel, der eine Zurückverweisung rechtfertigt, da zunächst eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig ist.

Im Einzelnen:

1. Zu Recht rügen die Kläger im Rahmen ihrer Berufung, dass die landgerichtliche Entscheidung auf einem Verfahrensfehler beruhe.

a) Allerdings ergibt sich ein solcher nicht aus dem Umstand, dass das Landgericht es unterlassen hat, den Klägern weitere Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem schriftsätzlichen Vorbringen der Beklagten aus deren nachgelassenen Schriftsatz vom 23. November 2012 zu gewähren.

Dieser Schriftsatz erweist sich zwar als relativ umfangreich und enthält auch in der Sache neues Vorbringen. Da das Landgericht den Sachvortrag der Beklagten aus diesem Schriftsatz seiner Entscheidung aber nur insoweit zugrunde gelegt hat, wie diese angegeben hat, eine Vergleichbarkeit des benannten Referenzobjekts mangels näherer Kenntnis desselben nicht beurteilen zu können - was ja ersichtlich auch zutrifft -, hat sich die unterlassene Gewährung einer weiteren Möglichkeit zur Stellungnahme für die Kläger jedenfalls nicht auf die angefochtene Entscheidung ausgewirkt.

b) Ein Verfahrensverstoß begründet sich aber dadurch, dass das Landgericht das klägerische Vorbringen aus deren nachgelassenen Schriftsatz vom 11. Oktober 2012 grundlegend missverstanden hat.

aa) Mit ihrem darin enthaltenen Vortrag wollten die Kläger zum einen unter Bezugnahme auf das Referenzobjekt in H.-D. belegen, welche Kennwerte den in der Kostenberechnung vom 12. Juli 2010 erwähnten „Erfahrungswerten“ zugrunde gelegen haben. Insoweit haben sie zur Erläuterung ihres schriftsätzlichen Vorbringens die Anlage K 21 (Bl. 216 d. A.) vorgelegt, die unter „Hinweis 2“ die für das Referenzobjekt in der H. Straße angefallenen Kosten in den Kostengruppen 300 und 400 ausweist und den Quadratmeterpreis für diese ermittelt, der seinerseits dann bei der Berechnung der anrechenbaren Kosten für diese Kostengruppen für das hier streitgegenständliche Objekt berücksichtigt wird.

Zum anderen wollten die Kläger allerdings auch dokumentieren, dass der in ihrer Kostenberechnung vom 12. Juli 2010 für die Kostengruppen 300 und 400 angesetzte Wert mit den sich aus den eingeholten Generalunternehmerangeboten der Firmen M., I. W. und E. GmbH & Co. KG angegebenen Beträgen beinahe identisch ist, so dass der Beklagten deswegen entgegen ihrer Behauptung sehr wohl bekannt gewesen sei, dass anrechenbare Kosten in einer der Schlussrechnung zugrunde liegenden Größenordnung entstanden seien und wie sich diese zusammensetzten. Aus diesem Grund haben sie in Anlage K 21 unter „Hinweis 1“ die einzelnen Vergleichsangebote - freilich unter teilweise falscher Benennung des Erstellungsdatums - einander gegenüber gestellt.

bb) Demgegenüber ist das Landgericht davon ausgegangen, die von den Klägern in Bezug genommenen Vergleichsangebote der drei vorstehend genannten Unternehmen bezögen sich möglicherweise auf das Objekt in der H. Straße oder ein sonstiges Referenzobjekt, jedenfalls aber nicht auf das hier zu beurteilende Projekt in I., weswegen es - in Anbetracht eines solchen Verständnisses des Klägervortrags nachvollziehbar, zumindest folgerichtig - in seiner Entscheidung darauf hingewiesen hat, dass nicht ersichtlich sei, was diese Angebote mit dem hiesigen Bauvorhaben zu tun hätten und die Beklagte sich nicht auf ihr unbekannte Vergleichsobjekte zu verweisen lassen brauche.

cc) Dieses Missverständnis des klägerischen Vorbringens begründet einen Verstoß gegen den Grundsatz auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 GG; denn das Landgericht hat das Klägervorbringen zwar durchaus zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung auch berücksichtigt, es hat jedoch den Kern dieses Vorbringens verkannt.

Die Kläger hatten in ihrem Schriftsatz vom 11. Oktober 2012 ausdrücklich darauf hingewiesen, das Angebot der Fa. E. sei eben dasjenige, das von der Beklagten selbst beauftragt worden sei (Bl. 214 d. A.). Schon in der Klageschrift hatten die Kläger dargelegt, die Fa. E. sei für das streitbefangene Bauvorhaben als Generalunternehmerin beauftragt worden. Beides war unstreitig. Aus dem Zusammenhang ergab sich damit eindeutig, dass die mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2012 vorgelegten Angebote das Bauvorhaben ´Fachmarktanlage O., I.` betrafen.

Eine vermeintlich fehlende Eindeutigkeit des klägerischen Vorbringens hätte das Landgericht jedenfalls zum Anlass nehmen müssen, die Kläger zu Klarstellung aufzufordern, auf welches Objekt sich die eingeholten Vergleichsangebote beziehen sollten. Angesichts der Behauptung der Kläger, dass der Beklagen diese Angebote bekannt gewesen seien und die Beklagte selbst auf der Grundlage des Angebotes der Fa. E. dieser den Auftrag erteilt habe, wäre zumindest eine solche Nachfrage geboten gewesen.

Dementsprechend hat das Landgericht den Kern des klägerischen Vorbringens, insbesondere aus dem Schriftsatz vom 11. Oktober 2012, verkannt, was einer Übergehung des wesentlichen Teils des Klagevortrags gleichsteht. Dies begründet einen Verstoß gegen den Grundsatz auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 538 Rdnr. 10 unter Verweis auf BGH NJW 1998, 2053; Senat, Urteil v. 7. Dezember 2011 - 14 U 130/11 für den Fall einer fehlerhaften Behandlung von Parteivorbringen durch das Gericht) und damit einen zum Erfolg der Berufung führenden Verfahrensfehler.

2. Gleichfalls unzutreffend erweist sich die Auffassung des Landgerichts, die Beklagte könne sich zu Recht auf eine fehlende Prüffähigkeit der Schlussrechnung vom 16. April 2012 berufen.

a) Der Verweis auf eine mangelnde Prüfbarkeit scheitert allerdings - anders als die Kläger meinen - nicht bereits an dem eingetretenen Zeitablauf.

Insoweit ist zwar zutreffend, dass in analoger Anwendung von § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B der Auftraggeber nach Treu und Glauben nach Ablauf einer Frist von zwei Monaten nach Zugang der Rechnung mit Einwendungen gegen deren Prüfbarkeit ausgeschlossen ist (BGH, BauR 2005, 316). Diese Frist hat die Beklagte jedoch eingehalten, da sie mit Schriftsatz vom 1. Juni 2012 beanstandet hat, die Schlussrechnung vom 16. April 2012, die im Rahmen des Prozesses vorgelegt worden ist, sei nicht prüfbar.

Der Einhaltung dieser Frist steht auch nicht entgegen, dass ihr die Kostenberechnung, auf die sich die vorstehend genannte Schlussrechnung stützt und die dieser als Anlage beigefügt ist, schon weit länger als zwei Monate zuvor bekannt gewesen ist.

Die Zwei-Monatsfrist in § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B bezieht sich nämlich ausschließlich auf die Schlussrechnung, und nicht auf etwaige sonstige Unterlagen, die dem Rechnungsempfänger zusammen mit dieser überlassen worden sind; infolgedessen kommt es auf den Umstand, dass im vorliegenden Fall die der Schlussrechnung vom 16. April 2012 zugrunde liegende Kostenberechnung bereits aus dem Jahr 2010 stammt, nicht weiter an.

Unter dieser Maßgabe ist das Landgericht daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagten die Einrede der fehlenden Prüfbarkeit nicht abgeschnitten ist.

b) Auch der Umstand, dass das Landgericht den Verweis auf Drittobjekte nicht als geeignet angesehen hat, um die vom Architekten grundsätzlich geschuldete Ermittlung der anrechenbaren Kosten auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 HOAI (2009) zu ersetzen, ist aus Sicht des Senats nicht zu beanstanden.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 HOAI (2009) sind die anrechenbaren Kosten entweder nach fachlich allgemein anerkannten Regeln der Technik - faktisch also gemäß DIN 276 (2008) - oder nach Verwaltungsvorschriften auf der Grundlage ortsüblicher Preise zu ermitteln. Insoweit ist die Auffassung des Landgerichts, der Verweis auf „Erfahrungswerte“ aus früheren Bauverfahren genüge diesen Anforderungen des § 4 Abs. 1 HOAI (2009) nicht, grundsätzlich zutreffend, da für einen das Referenzobjekt nicht kennenden Dritten diese „Erfahrungswerte“ im Regelfall nicht durchschaubar sind.

c) Anders als das Landgericht meint, begründet sich eine mangelnde Prüfbarkeit der Schlussrechnung allerdings nicht aus einer vermeintlich fehlenden Transparenz und Nachvollziehbarkeit der seitens der Kläger für die Kostengruppe 400 angesetzten anrechenbaren Kosten.

aa) Nach § 6 Abs. 1 HOAI (2009) richtet sich das Architektenhonorar nach den anrechenbaren Kosten des Objekts auf der Grundlage der Kostenberechnung oder, soweit eine solche nicht vorliegt, auf der Grundlage der Kostenschätzung. Die nach altem Recht erforderliche Differenzierung unter Ansatz eines Kostenanschlags für die Leistungsphasen 5 - 7 und der Kostenfeststellung für die Leistungsphasen 8 und 9 sieht die HOAI 2009 nicht mehr vor (Koeble, in Locher/Koeble/Frik, HOAI, § 4 Rdnr. 2). Dementsprechend wird die eigentlich als Entscheidungsgrundlage für den Auftraggeber dienende Kostenermittlung auf Grundlage der DIN 276 gleichsam für die Ermittlung der anrechenbaren Kosten zur Bestimmung des Architektenhonorars für alle Leistungsphasen „zweckentfremdet“ (Seifert, in Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 8. Aufl., § 4 Rdnr. 32).

bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss bei der Kostenermittlung nicht zwangsläufig das Formblatt der DIN 276 verwendet werden (BGH NJW-RR 1999, 1541). Auch die Einhaltung des Gliederungsschemas der DIN 276 ist nicht zwingend erforderlich. Ausreichend ist stattdessen, dass der Architekt zu den einzelnen Kostengruppen - und somit auch zur Kostengruppe 400 - Angaben macht (vgl. Koeble, a. a. O., § 4 Rdnr. 24).

cc) Diesem Erfordernis ist im hiesigen Fall bereits durch die Anlage Nr. 1 zur Kostenberechnung vom 12. Juli 2010 (Bl. 146 ff. d. A.) Genüge getan. Hieraus ergibt sich, welche Kosten die Kläger für die Positionen 410, 420, 430 und 440 der Kostengruppe 400 in ihre Berechnung eingestellt haben. Soweit zu den sonstigen Positionen der Kostengruppe 400 keine Angaben vorhanden sind, ist hierdurch automatisch klargestellt, dass sich nach ihrer Berechnung für diese Positionen keine Kosten ergeben, mithin also von einem Kostenansatz von 0,- € auszugehen ist. Unter dieser Maßgabe hätte es daher auch der - grundsätzlich zulässigen (BGH, Urteil v. 9. Oktober 2003 - VII ZR 335/03; Koeble, in: Locher/Koeble/Frik, HOAI, § 6 Rdnr. 17 m. w. N) - Nachholung einer Kostenberechnung im Rahmen des Berufungsverfahrens gemäß DIN 276 (2008) unter Verwendung des entsprechenden Formulars nicht bedurft.

dd) Soweit die Beklagte - und mit ihr auch das Landgericht - die Auffassung vertreten, dass in Bezug auf die in der Kostengruppe 400 anfallenden Kosten der klägerische Vortrag nicht ausreiche, um eine Prüfbarkeit der Schlussrechnung zu gewährleisten, weil durch ein Abstellen auf „Erfahrungswerte“ nicht nachgewiesen werde, ob die angesetzten Kosten auch tatsächlich für das streitbefangene Objekt anfielen, kann dem nicht gefolgt werden. Insoweit verkennen sie nämlich, dass der gegebenenfalls unberechtigte Ansatz zu hoher Kosten im Rahmen der Kostenermittlung und damit deren inhaltliche Unrichtigkeit nicht die Prüffähigkeit der Honorarabrechnung betrifft; hierbei handelt es sich vielmehr um eine Frage, inwieweit diese sachlich richtig ist.

d) Darüber hinaus ist es der Beklagten, unabhängig davon, dass die Angaben in Anlage 1 zur Kostenberechnung vom 12. Juli 2010 den Anforderungen der DIN 276 genügt haben, auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwehrt, sich auf eine fehlende Nachvollziehbarkeit der für die Kostengruppe 400 angesetzten Positionen zu berufen.

aa) Wie das Landgericht selbst zutreffend ausgeführt hat, bedeutet Prüffähigkeit, dass der Auftragnehmer in der Lage ist, die erteilte Rechnung „sachlich und rechnerisch auf ihre Richtigkeit hin“ zu überprüfen (so auch Wirth in Korbion/Mantscheff/Vygen, a. a. O., § 15 Rdnr. 29). Dementsprechend muss er also in der Lage sein, der Schlussrechnung entnehmen zu können, welche Leistungen im Einzelnen berechnet worden sind und auf welchem Weg und unter Zugrundelegung welcher - gleichfalls überprüfbaren - Parameter die Berechnung vorgenommen worden ist. Dabei dürfen die Anforderungen allerdings nicht überspannt werden. Insbesondere stellt die Prüffähigkeit keinen Selbstzweck dar, sondern rechtfertigt sich lediglich aus dem Informations- und Kontrollinteresse des Auftraggebers.

Gemessen daran richtet sich die Frage der Prüffähigkeit deshalb nach dem Einzelfall und auch der jeweiligen Sachkunde auf Seiten des Auftraggebers.

bb) Unter dieser Maßgabe erweist sich der Umstand, dass - was zwischen den Parteien mittlerweile unstreitig ist - der Beklagten zum Zeitpunkt des Zugangs der klägerischen Schlussrechnung vom 16. April 2012 sowohl die in Anlage K 21 erwähnten Vergleichsangebote verschiedener Unternehmen, nach denen sich die für die hier relevante Kostengruppe 400 angesetzten Beträge auf eine Summe zwischen 341.480,04 € und 475.200 € beliefen, als auch die Schlussrechnung der von ihr beauftragten Generalunternehmerin E. GmbH & Co. KG vorlagen und infolgedessen bekannt waren, entgegen ihrer Auffassung sehr wohl von Bedeutung. Aufgrund dessen war ihr nämlich durchaus bekannt, in welcher Größenordnung im Bereich der Kostengruppe 400 Kosten anfallen würden.

cc) Richtig ist zwar, dass die anrechenbaren Kosten nicht automatisch identisch sind mit den Baukosten der Kostengruppen 300 und 400 im Sinne der DIN 276 und diese deswegen selbständig zu ermitteln sind (Seifert, in Korbion/Mantscheff/Vygen, a. a. O., § 4 Rdnr. 6).

Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Beklagte jedenfalls auf der Grundlage dieser Angebote, darüber hinaus anhand der Schlussrechnung der Firma E. GmbH & Co. KG in der Lage war, den im Bereich der Kostengruppe 400 vorgenommenen Kostenansatz von insgesamt 355.000 €, gem. Anlage 1 zur Kostenberechnung vom 10. Juli 2010 verteilt auf die Positionen Wärmeversorgungsanlagen/lufttechnische Anlagen (218.000 €), Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen (23.000 €) sowie Starkstromanlagen und fernmelde- und informationstechnische Anlagen (114.000 €) auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen und sich damit mit der Schlussrechnung inhaltlich auseinander zu setzen. Ob der dabei vorgenommene Kostenansatz richtig, also tatsächlich angefallen bzw. angemessen ist, betrifft, wie bereits oben erwähnt, keine Frage der Prüffähigkeit, sondern der sachlichen Richtigkeit der Schlussrechnung.

dd) Zwar handelt es sich, wie sich aus den vom Klägervertreter im Verhandlungstermin vor dem Senat überlassenen Unterlagen ergibt, bei dem Generalunternehmerangebot der Firma E. GmbH & Co. KG um ein Globalpauschalpreisangebot. Dass die Beklagte dieses in dieser Form angenommen hat, belegt allerdings, dass sie mit der darin in Höhe von 446.050,- € (netto) für die Kostengruppe 400 angesetzten Kosten offensichtlich einverstanden war, und zwar auch ohne dass ihr die Generalunternehmerin die Einzelheiten ihrer Kalkulation offengelegt hat. Unter dieser Voraussetzungen gleichwohl den Klägern entgegen zu halten, dass es für den von ihnen angesetzten, im Vergleich zu dem Generalunternehmerangebot geringeren Kostenaufwand an hinreichenden Anknüpfungstatsachen fehle, stellt daher ein treuwidriges Verhalten dar.

3. Im Hinblick darauf ist das angefochtene Urteil, soweit es die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen hat und deshalb mit der Berufung angegriffen worden ist, aufzuheben und der Rechtsstreit in die erste Instanz zurückzugeben.

Die Voraussetzungen des § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO sind erfüllt, weil nicht nur mit einer umfangreichen Verfahrensfortführung, sondern insbesondere auch mit einer umfangreichen Beweisaufnahme gerechnet werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 - II ZR 76/12).

Dabei wird die Kammer zunächst eine Entscheidung über die Frage der sachlichen Richtigkeit der Schlussrechnung zu treffen sowie anschließend zu prüfen haben, ob der Honorarforderung der Kläger gegebenenfalls Gegenansprüche der Beklagten gestützt auf vermeintliche Planungs- und Überwachungsfehler entgegenstehen, mit denen diese bereits erstinstanzlich sowie erneut zweitinstanzlich die Hilfsaufrechnung erklärt hat. Zur Klärung dieser Fragen wird es voraussichtlich verschiedener Sachverständigengutachten - nämlich zumindest zu dem Aspekt des tatsächlichen Anfalls der angesetzten anrechenbaren Kosten und zur Berechtigung des geltend gemachten Mängeleinwands - bedürfen, darüber hinaus der Vernehmung mehrerer, von beiden Parteien angebotener Zeugen.

Angesichts dieses Umfangs der bevorstehenden Beweisaufnahme hält es der Senat für sachgerecht, dass dies im Rahmen einer erneuten Verhandlung vor dem Landgericht geschieht, zumal mit einer raschen Erledigung des Rechtsstreits vor diesem Hintergrund nicht zu rechnen ist.

III.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens obliegt dem Landgericht im Rahmen seiner neuerlichen Entscheidung.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.