OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.09.2013 - 16 B 976/13
Fundstelle
openJur 2013, 34944
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 23. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkte Überprüfung durch den Senat führt zu keinem für den Antragsteller günstigeren Ergebnis.

Der Antragsteller wendet sich ohne Erfolg dagegen, dass die Fahrerlaubnisbehörde und ihr folgend das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner eigenen Einlassungen gegenüber der Polizei von einem gemäß Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV fahreignungsausschließenden Amphetaminkonsum des Antragstellers ausgegangen sind. Denn die Angaben, die der Antragsteller im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung gemacht hat, konnten im fahrerlaubnisrechtlichen Verfahren gegen ihn verwendet werden. Abgesehen davon, dass der Antragsteller ein Vernehmungsprotokoll unterzeichnet hat, aus dem auch eine vor der Vernehmung erfolgte Belehrung über seine Rechte als Beschuldigter hervorgeht, würde ein etwaiger Verstoß gegen strafprozessuale Bestimmungen nicht zu einem Verwertungsverbot im präventivpolizeilichen fahrerlaubnisrechtlichen Verfahren führen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats

vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 3. September 2010 ‑ 16 B 382/10 ‑, juris, Rn. 2 f., und vom 7. Mai 2013 ‑ 16 B 410/13 ‑

und auch anderer Obergerichte

vgl. OVG MV, Beschluss vom 20. März 2008 ‑ 1 M 12/08 ‑, juris, Rn. 7; OVG Berlin‑Bbg., Beschluss vom 3. November 2009 ‑ 1 S 205.09 ‑, Blutalkohol 47 (2010), 40 = juris, Rn. 3; Nieders. OVG, Beschluss vom 16. Dezember 2009 ‑ 12 ME 234/09 ‑, NZV 2010, 371 = DAR 2010, 221 = Blutalkohol 47 (2010) = juris, Rn. 5; Bay. VGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 ‑ 11 CS 09.1443 ‑, juris, Rn. 23 ff.; OVG Rheinl.-Pf., Beschluss vom 29. Januar 2010 ‑ 10 B 11226/09 ‑, Blutalkohol 47 (2010), 264 = juris, Rn. 8 ff.; Sächs. OVG, Beschluss vom 1. Februar 2010 ‑ 3 B 161/08 ‑, juris, Rn. 7; VGH Bad.‑Württ., Beschluss vom 21. Juni 2010 ‑ 10 S 4/10 ‑, juris, Rn. 11.

können die strafverfahrensrechtlichen Maßstäbe über die Rechtsfolgen etwaiger Mängel der Beweiserhebung nicht unbesehen auf das ordnungsrechtliche Fahrerlaubnisverfahren übertragen werden, da dieses andere Zielsetzungen verfolgt und anderen Verfahrensbestimmungen unterliegt. Soweit ‑ wie im Fahrerlaubnisrecht ‑ ein ausdrückliches Beweisverwertungsverbot nicht besteht, ist vielmehr im Einzelfall zwischen dem Integritätsinteresse des von dem Eingriff betroffenen Grundrechtsträgers und dem Gewicht der sonst zu beachtenden Belange abzuwägen. Diese Abwägung fällt im Fahrerlaubnisrecht in aller Regel und so auch vorliegend zu Lasten des jeweiligen Fahrerlaubnisinhabers bzw. Fahrerlaubnisbewerbers aus. Während nämlich Beweisverwertungsverbote im vorrangig repressiven Zwecken dienenden Strafprozess dem Spannungsverhältnis zwischen dem staatlichen Strafverfolgungsanspruch einerseits und dem Grundrechtsschutz des Betroffenen andererseits Rechnung tragen, sind im rein präventiven, auf keine Bestrafung gerichteten Fahrerlaubnisverfahren mit erheblichem Gewicht auch Rechtsgüter einer unbestimmten Zahl Dritter, namentlich Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer, zu beachten. Mit dem Schutz der Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrerlaubnisinhabern wäre es nicht zu vereinbaren, wenn die Fahrerlaubnisbehörden an der Berücksichtigung (eventuell) strafprozessual fehlerhaft gewonnener Erkenntnisse allgemein gehindert wären bzw. wegen eines außerhalb ihres Verantwortungsbereichs begangenen Verfahrensfehlers sehenden Auges die gravierenden Gefahren hinzunehmen hätten, die mit der Verkehrsteilnahme eines derzeit kraftfahrungeeigneten Fahrerlaubnisinhabers verbunden sind.

Soweit der Antragsteller begehrt, das Verfahren bis zum Abschluss des gegen ihn gerichteten Strafverfahrens auszusetzen, wendet er sich sinngemäß gegen die Berücksichtigung von Erkenntnissen aus dem laufenden Strafverfahren im Verfahren wegen der Entziehung der Fahrerlaubnis. Damit kann der Antragsteller schon deshalb nicht durchdringen, weil er sich nicht mit den ausführlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Beschluss zu diesem Punkt auseinandersetzt (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2 sowie 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).