AG Augsburg, Beschluss vom 26.08.2013 - 01 M 6899/13
Fundstelle
openJur 2013, 34579
  • Rkr:
Tenor

Auf die Vollstreckungserinnerung der Gläubigerin vom 13.08.2013 wird die Gerichtsvollzieherin im Verfahren 31 DR 1083/13 angewiesen, den Aufenthaltsort des Schuldners nach § 755 Absatz 2 Satz 1 ZPO zu ermitteln.

Gründe

Im Verfahren 31 DR 1083/13 erteilte die Gläubigerin mit Schreiben vom 12.06.2013 Zwangsvollstreckungsauftrag, wobei zunächst die Anschrift des Schuldners nach § 755 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO ermittelt werden sollte, weil dieser aufgrund Auskunft aus dem Melderegister seit 05.11. 2012 unbekannt verzogen ist. Die Vollstreckung erfolgt aufgrund eines Vollstreckungsbescheides, in dem als geltend gemachter Anspruch steht: I. Hauptforderung in Höhe von 352,79 €, II. Kosten wie nebenstehend in Höhe von 74,75 €, III. Nebenforderungen in Form von Mahnkosten in Höhe von 10 € sowie Anwaltsvergütung für vorgerichtliche Tätigkeit aus 352,79 € in Höhe von 70,20 € und IV: laufende Zinsen in Höhe von 14,80 €, Summe: 522,54 € sowie laufende Zinsen. Die Gerichtsvollzieherin lehnte den Auftrag wegen der Höhe der Forderung mit Schreiben vom 27.06.2013 ab.

Mit Schreiben vom 13.08.2013 hat die Gläubigerin hiergegen Vollstreckungserinnerung eingelegt. Maßgeblich sei die im Vollstreckungsbescheid ausgewiesene Gesamtforderung, also 522, 54 €, weshalb der in § 755 Absatz 2 Satz 2 geforderte Wert von 500 € überschritten werde.

Die Vollstreckungserinnerung ist nach § 766 Absatz 2 ZPO zulässig und auch begründet, weil hier der Wert der zu vollstreckenden Ansprüche im Sinne von § 755 Absatz 2 Satz 2 Halbsatz 1 ZPO 522,54 € beträgt, also die Mindestgrenze von 500 € erreicht wird.

Bei der Berechnung der 500 € - Grenze ist zunächst von dem Begriff „vollstreckbare Ansprüche“ auszugehen (§ 755 Absatz 2 Satz 2 Halbsatz 1 ZPO). Danach ist der in einem Vollstreckungsbescheid ausgewiesene Gesamtbetrag, also hier 522,54 € maßgeblich. Soweit nun bei der Berechnung des Mindestwertes von 500 € Nebenforderungen und die Kosten der Vollstreckung außer Acht gelassen werden müssen, wenn sie nicht allein Gegenstand des Vollstreckungsauftrages sind (§ 755 Absatz 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO), fallen darunter nicht betragsmäßig titulierte Nebenforderungen (Mroß DGVZ 2012, 177; AnwBl 2013, 21; a.A. BeckOK zum gleichlautenden § 802 l ZPO RdNr. 5; Harnacke u.a. DGVZ 2013, 3, Fall 13). Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut, jedoch gebietet der aus der Gesetzesbegründung zu entnehmende Gesetzeszweck, dass titulierte Kosten der Zwangsvollstreckung und Nebenforderungen nicht von § 755 Absatz 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO erfasst werden. Insoweit setzt die teleologische Auslegung der sprachlich-grammatikalischen Auslegung Grenzen (vgl. BGH NUW 2003, 290). So wird in der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses für die gewählte Formulierung angegeben „Durch die gegenüber dem Bundesrats-Entwurf geänderte Formulierung des Satzes 2 wird klargestellt, dass es bei der Wertgrenze auf den Betrag der titulierten Forderung ankommt“(Bundesdrucksache 16/13432 Seite 45 linke Spalte 5. Absatz, Satz 1 Halbsatz 1). Außerdem wird gesagt „Durch bloßes Zuwarten und Auflaufenlassen von Zinsen als Nebenforderung kann die Wertgrenze ebenfalls nicht erreicht werden“ (Bundesdrucksache 16/13432 Seite 45 linke Spalte 5. Absatz, Satz 2). Es wird demnach einmal auf die Titulierung und zum anderen auf die Nichtbeeinflussbarkeit abgestellt, so dass betragsmäßig titulierte Nebenforderungen zu berücksichtigen sind.

Dieses Ergebnis bedeutet auch Klarheit für den Gerichtsvollzieher, weil er sich dann nicht mehr die Frage stellen muss, ob ein in einem Titel betragsmäßig ausgewiesene Forderung eine Nebenforderung darstellt. Andernfalls könnte es gerade bei Vergleichen zu Auslegungsschwierigkeiten kommen.

Eine Kostenentscheidung ergeht nicht, da der Schuldner nicht beteiligt wurde.