OLG Oldenburg, Beschluss vom 21.12.2010 - 13 WF 158/10
Fundstelle
openJur 2010, 7416
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 1 F 176/10 VKH2

Angaben des Antragstellers im Verfahrenskostenhilfe- oder Prozesskostenhilfeverfahren zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, die erst im Beschwerdeverfahren erfolgen, sind grundsätzlich auch dann zu berücksichtigen, wenn dem Antragsteller die Angaben auch schon in der Vorinstanz möglich gewesen wären.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Papenburg vom 10. September 2010 dahingehend geändert, dass die Antragsgegnerin Raten auf die Verfahrenskosten nur in Höhe von 15 € zu zahlen hat.

Gründe

Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet.

Die Antragsgegnerin hat mit der sofortigen Beschwerde unter Vorlage einer aktuellen Gehaltsabrechnung vorgetragen, dass sie ihre Arbeitszeit reduzieren musste und deshalb nur noch über ein geringeres Einkommen verfügt. Ferner hat sie im Beschwerdeverfahren erstmals Kinderbetreuungskosten und Fahrtkosten, die durch wöchentliche Fahrten zur Psychologischen Kinderambulanz in B… entstehen, geltend gemacht und entsprechende Belege vorgelegt.

Dieses Vorbringen ist zu berücksichtigen. Es führt zur Reduzierung der von der Antragsgegnerin auf die Verfahrenskosten zu zahlenden Raten auf 15 €. Die Fahrtkosten sind dabei mit 144 € monatlich (4 x 240 km x 0,15 €) angesetzt worden. Die von der Antragsgegnerin veranschlagte Pauschale von 0,30 € erscheint nicht angemessen, weil zusätzlich die Belastungen durch die PkwFinanzierung in Höhe von monatlich 150 € geltend gemacht werden.

Der Senat folgt nicht der vom Bezirksrevisor bei dem Landgericht Osnabrück in seiner Stellungnahme vom 2. Dezember 2010 vertretenen Auffassung, Unterlagen zur Verfahrenskostenhilfe, die im Beschwerdeverfahren nachgereicht werden, seien grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen, es sei denn es lägen ausreichende Gründe für die Verspätung vor.

Zwar wird dies, wie der Bezirksrevisor zutreffend ausführt, vom Landesarbeitsgericht SchleswigHolstein vertreten (Beschluss vom 16. Februar 2006 - 1 Ta 184/05, juris, Rn. 8 m.w.N.). Es ist aber nicht ersichtlich, worauf diese Rechtsprechung gestützt wird. Denn gemäß § 76 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit § 127 Abs. 2, § 571 Abs. 2 ZPO kann die sofortige Beschwerde auf neue Angriffs und Verteidigungsmittel gestützt werden. Das gilt grundsätzlich auch, soweit diese auf neuem tatsächlichen Vorbringen beruhen, das auch schon in der Vorinstanz möglich gewesen wäre (Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 571 Rn. 2 m.w.N.).

Das gilt nicht nur für die - die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder verteidigung betreffenden - Angaben zur Sache, sondern auch für die Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers im Verfahrenskostenhilfe oder Prozesskostenhilfeverfahren. Die vom Landesarbeitsgericht SchleswigHolstein angenommene Präklusion ergibt sich weder aus der Vorschrift des § 117 Abs. 2 ZPO, nach der dem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe oder Prozesskostenhilfe eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen sind, noch aus der des § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO, nach der das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ablehnt, als der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet. Vielmehr wird sogar angenommen, dass auch nach rechtskräftiger Ablehnung von Verfahrenskostenhilfe oder Prozesskostenhilfe ein wiederholter Antrag zulässig ist, wenn die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse oder Belege im ersten Verfahren nicht vorgelegt worden sind (Zöller/Geimer, aaO, § 117 Rn. 6 m.w.N.).