Bayerischer VGH, Urteil vom 25.07.2013 - 4 B 13.144
Fundstelle
openJur 2013, 33574
  • Rkr:

Ein Steuersatz für sogenannte Kampfhunde in Höhe von 2.000 Euro jährlich zielt angesichts der für die Haltung eines solchen Hundes in der Regel erforderlichen Aufwendungen nicht mehr auf die Einnahmeerzielung, sondern auf ein faktisches Verbot der Kampfhundehaltung; er entfaltet damit eine erdrosselnde Wirkung.Erhöhter Steuersatz für Kampfhund (Rottweiler); erdrosselnde Wirkung der Steuer Hundesteuersatzung

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 27. September 2012 (Az. M 10 K 11.6018) wird aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 28. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. November 2011 wird aufgehoben, soweit darin eine Hundesteuer festgesetzt wird, die den Betrag von 75 Euro übersteigt.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger hielten seit dem 10. April 2011 im Gemeindegebiet der Beklagten eine Rottweilerhündin, für die die Beklagte am 12. April 2011 den Klägern das Negativzeugnis nach § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit zunächst befristet bis einschließlich Februar 2012, anschließend am 12. März 2012 unbefristet, erteilte.

Die Beklagte hat ihre am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Satzung für die Erhebung der Hundesteuer (HStS) am 7. Dezember 2010 beschlossen und bekannt gemacht. Im Mai 2011 änderte die Beklagte mit der ersten Satzung zur Änderung der HStS § 5 Abs. 2 HStS rückwirkend zum 1. Januar 2011 dahingehend, dass Hunde, die zum Zeitpunkt des Satzungserlasses bereits gehalten wurden und für die ein Negativzeugnis vorliegt, von der Kampfhundeeigenschaft ausgeschlossen seien. Besteuert wird nach der HStS das Halten eines über vier Monate alten Hundes im Gemeindegebiet. Der Steuersatz beträgt für den ersten Hund 75,- Euro, für den zweiten und jeden weiteren Hund 160,- Euro und abweichend hiervon für sogenannte Kampfhunde je 2.000,- Euro jährlich. Kampfhunde sind nach § 5 Abs. 2 HStS Hunde, bei denen aufgrund rassenspezifischer Merkmale, Zucht und Ausbildung von einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren auszugehen ist. Kampfhunde im Sinne dieser Vorschrift sind alle in § 1 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 10. Juli 1992 in der jeweils geltenden Fassung genannten Rassen und Gruppen von Hunden. Nach § 8 Abs. 3 HStS wird für Kampfhunde keine Steuerbefreiung und/oder Steuerermäßigung gewährt.

Mit Bescheid vom 28. April 2011 setzte die Beklagte gegenüber den Klägern für das Kalenderjahr 2011 eine erhöhte Hundesteuer in Höhe von 2.000,- Euro fest. Nach erfolglosem Widerspruch hiergegen erhoben die Kläger im Dezember 2011 Klage, die das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 27. September 2012 abwies. Die Hundesteuersatzung sei formell und materiell-rechtlich rechtmäßig. Die Satzung beruhe auf der Ermächtigungsgrundlage des Art. 105 Abs. 2 a GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 KAG. Die Grenzen der hiernach zulässigen Lenkungssteuer würden durch die Satzung nicht überschritten. Zulässiger Lenkungszweck bei der Besteuerung der Hundehaltung sei die Eindämmung der Hundehaltung generell wie auch die Eindämmung der Haltung bestimmter Hunderassen wegen ihres abstrakten Gefährdungspotentials. Die Steuersatzung wäre nur dann nicht mehr von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 105 As. 2 a Satz 1 GG gedeckt, wenn die Steuer in ihrer konkreten Ausgestaltung nach Gewicht und Auswirkung einem unmittelbaren sachlichen (außerfiskalischen) Ge- oder Verbot gleichkäme, wenn also das Steuergesetz unter Missbrauch der Form in Wahrheit ausschließlich die entsprechende Sachregelung und nicht mehr die Erzielung von Einnahmen bezweckte. Für die Frage nach der erdrosselnden Wirkung einer Steuer sei unerheblich, ob aus der subjektiven Sicht eines einzelnen Hundehalters diesem die persönliche Hundehaltung wirtschaftlich nicht mehr möglich sei. Der notwendige steuerliche Zweck der Einnahmeerzielung sei nur dann nicht vorhanden, wenn sich die Besteuerung faktisch wie ein Verbot der Hundehaltung auswirkte. Hierbei verbiete sich aber eine isolierte Betrachtung der Haltung von sogenannten Kampfhunden, weil im Hinblick auf die Prüfung der Einhaltung der Gesetzgebungskompetenz zur Besteuerung auf den Steuertatbestand der Hundesteuersatzung abzustellen sei. Bei der von der Beklagten erhobenen Steuer für die Haltung von Hunden im Gemeindegebiet (Steuertatbestand) liege die dauerhafte Einnahmeerzielungsabsicht vor. Die von der Beklagten erhobene Hundesteuer für die Haltung von Hunden mache die Hundehaltung generell im Gemeindegebiet wirtschaftlich nicht unmöglich und laufe dadurch dem steuerlichen Hauptzweck der Einnahmeerzielung nicht zuwider. Da sich der Jahressteuersatz für die Haltung eines „normalen“ Hundes auf 75,- Euro belaufe, werde einerseits die Hundehaltung im Gemeindegebiet nicht faktisch verboten und andererseits sei an der Einnahmeerzielungsabsicht nicht zu zweifeln. Im Hinblick auf die erhöhte Kampfhundesteuer bestehe kein Widerspruch zur Erlaubnispflicht für das Halten gefährlicher Hunde nach Art. 37 LStVG. Die Lenkungsfunktion der höheren Hundesteuer für Kampfhunde erschöpfe sich in der Minimierung der Anzahl der nach ihrer Rasse als gefährlich geltenden Hunde im Gemeindegebiet. Das ordnungsrechtliche Instrumentarium nach Art. 37 LStVG habe demgegenüber einen anderen Zweck. Die von der Beklagten gewählte Gestaltung und Definition der Regelung des Steuermaßstabs für Kampfhunde begegne keinen rechtlichen Bedenken. Der gewählte Steuermaßstab widerspreche auch nicht dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG. Dem Steuergesetzgeber stehe in Bezug auf die fehlende Differenzierung innerhalb der Kampfhundebesteuerung ein weites Ermessen zu. Dabei werde die Hundepopulation, die zurückgedrängt werden solle, nicht durch die individuelle Gefährlichkeit der Tiere, sondern durch Gruppenmerkmale charakterisiert, die auf eine vorhandene genetische Veranlagung schließen ließen, welche der Satzungsgeber als Gefährdungspotential einstufe. Dabei dürfe typisierend auf alle in der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit genannte Hunderassen abgestellt werden. Dies gelte auch ohne Rücksicht darauf, dass bei einem Teil der dort genannten Rassen in gefahrenabwehrrechtlicher Hinsicht durch Erlangung eines Negativzeugnisses für einen der Rasse angehörenden einzelnen Hund die Vermutung der Kampfhundeeigenschaft entkräftet werden könne. Die Höhe des Steuersatzes von 2.000,- Euro für das Kalenderjahr für die Haltung eines Kampfhundes im Gemeindegebiet der Beklagten sei nicht zu beanstanden. Die Gemeinde könne die Höhe der Steuer nach ihrem Ermessen bestimmen. Sie habe dabei einen weitreichenden Gestaltungsspielraum, bei dessen Ausübung vor allem kommunal- und finanzpolitische Überlegungen eine Rolle spielten. Hinsichtlich der erdrosselnden Wirkung der Steuer sei bei der Hundesteuer als örtlicher Aufwandsteuer ausschließlich zu prüfen, ob ein Verstoß gegen Art. 2 GG – allgemeine Handlungsfreiheit – vorliege. Ein verfassungsrechtlich unverhältnismäßiger Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit liege bei dem genannten Steuersatz jedoch nicht vor. Bei umgerechnet rund 167 Euro pro Monat werde die Haltung eines Kampfhundes nicht ausgeschlossen.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter. Sie beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 27. September 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landratsamts Garmisch-Partenkirchen vom 23. November 2012 insoweit aufzuheben, als darin eine 75 Euro übersteigende Hundesteuer festgesetzt ist.

Der Hundesteuerbescheid beruhe auf einer rechtswidrigen Steuersatzung der Beklagten. Die festgelegte Steuer für Kampfhunde in Höhe von 2.000,- Euro jährlich sei wegen ihrer erdrosselnden Wirkung unzulässig, da insoweit keinerlei fiskalische Zwecke verfolgt würden, sondern vielmehr ein faktisches Haltungsverbot für Hunde im Sinne des § 1 der Verordnung für Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit (Kampfhunde-VO) geschaffen werden solle. Gegenstand der Beurteilung der Erdrosselungswirkung sei nur die in § 5 Abs. 2 der Satzung geregelte Kampfhundesteuer. Für die Frage der Einnahmeerzielungsabsicht könne gerade nicht auf die allgemeine Hundesteuer der Beklagten abgestellt werden. Die Satzung der Beklagten stelle sich als verfassungswidriger Formenmissbrauch dar, weil der Gemeinde die Satzungsgebungskompetenz für ein Kampfhundeverbot fehle. Die Erhebung der Hundesteuer werde somit nicht mehr von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 105 Abs. 2 a Satz 1 GG gedeckt. Bei einem Kampfhundesteuersatz in Höhe von 2.000,- Euro jährlich trete der erforderliche Zweck der Einnahmeerzielung gegenüber dem außerfiskalischen Zweck der Zurückdrängung von Kampfhunden vollständig zurück. Eine Einnahmeerzielungsabsicht liege bei der Beklagten insoweit gar nicht vor. Das Erstgericht verkenne, dass eine mögliche Einnahmeerzielungsabsicht bei der Besteuerung von „normalen“ Hunden gerade nicht als Begründung für das Vorliegen einer Einnahmeerzielungsabsicht bei der vorliegenden Besteuerung von Kampfhunden herangezogen werden könne. Das Lenkungsziel der Kampfhundebesteuerung sei dabei im vorliegenden Fall schlicht die Tatbestandsvermeidung. Seit Erlass der Steuersatzung im Gemeindegebiet der Beklagten sei außer dem klägerischen Tier nicht ein einziger Kampfhund im Sinne der Satzung angemeldet worden. Die Kläger seien daher die einzigen Rechtsunterworfenen, welche zur Entrichtung der Kampfhundesteuer der Beklagten herangezogen werden sollten. Die Kläger hätten im Übrigen aufgrund der übermäßigen Steuerbelastung den streitgegenständlichen Hund mittlerweile durch Schreiben vom 31. Oktober 2012 an die Beklagte abgemeldet. Die Beklagte erziele daher durch die Kampfhundesteuer keine Einnahmen mehr und werde dies auch künftig nicht tun. Dass nach der Satzung der Beklagten keinerlei Befreiungs- und Ausnahmetatbestände für Kampfhunde vorgesehen seien, belege, dass keine realistische Alternative bestehe, dem faktischen Kampfhundeverbot auszuweichen. Darüber hinaus zeige der Steuersatz der Beklagten für normale Hunde mit seiner Höhe von 75,- Euro pro Jahr, dass dieser Betrag aus Sicht der Beklagten unter kommunal- und finanzpolitischen Gesichtspunkten für die Hundehaltung im maßgeblichen Gebiet ausreichend und angemessen sei. Die demgegenüber 26-fach erhöhte Steuer für Kampfhunde stelle sich auch unter diesem Aspekt als bloße Lenkungsmaßnahme im Gewand eines Steuergesetzes dar. Der Steuersatz lasse keine aufwandsbezogene Orientierung mehr erkennen. Schließlich sei der tatsächliche Aufwand für die Kampfhundehaltung nicht höher als bei einem normal großen anderen Hund.

Des Weiteren verstoße die Besteuerung gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG. Die Beklagte besteuere pauschal alle Kampfhunde und differenziere damit nicht zwischen Hunden der Kategorie I, welche als unwiderlegbar gefährlich gelten, und Hunden der Kategorie II, bei denen die Gefährlichkeit widerlegt werden könne und vorliegend auch widerlegt worden sei. Es sei sachlich nicht vertretbar, Hunde wie das streitgegenständliche Tier, bei dem die Ungefährlichkeit durch Sachverständigengutachten und das daraufhin von der Beklagten erteilte Negativattest erwiesen sei, unterschiedslos in den Steuertatbestand aufzunehmen.

Indem die Beklagte negativ getestete Hunde der Kategorie II, die zum Zeitpunkt des Satzungserlasses bereits gehalten worden seien, von der Kampfhundeigenschaft in § 5 Abs. 2 der Satzung ausnehme, offenbare sie, dass sie für negativ getestete Hunde tatsächlich ein geringeres Gefahrenpotential annehme als für nicht negativ getestete Hunde sowie für Hunde der Kategorie I. Es liege eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu solchen negativ getesteten Tieren vor, die bereits vor Satzungserlass gehalten worden seien. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, warum negativ getestete Hunde der Kategorie II abhängig vom Zeitpunkt ihrer Anschaffung besteuert werden sollten.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 27. März 2013

die Berufung zurückzuweisen.

Die Grenzziehung zwischen der unzulässigen Erhebung einer Kampfhundesteuer mit erdrosselnder Wirkung ohne Einnahmeerzielungsabsicht und der Erhebung einer zulässigen Kampfhundesteuer ohne erdrosselnde Wirkung, jedoch mit der Verfolgung des Lenkungszwecks, die Haltung von Kampfhunden im Gemeindegebiet zurückzudrängen, werde bereits durch die ober- und höchstrichterliche Rechtsprechung vorgegeben. Ausschlaggebend sei allein, ob die Kampfhundesteuer einem ausschließlich außerfiskalischen Verbot der Kampfhundehaltung gleichkomme. Nur in diesem Fall sei die Absicht der Einnahmeerzielung in Frage gestellt. Höchstrichterlich geklärt sei dabei auch, dass die Absicht der Einnahmeerzielung neben dem gleichzeitig verfolgten weiteren Lenkungszweck der Zurückdrängung von Kampfhunden im Gemeindegebiet deutlich in den Hintergrund treten dürfe. Eine erdrosselnde Wirkung komme der Erhebung einer Hundesteuer in Höhe von 2.000.- jährlich, was einer monatlichen Belastung von 167,- Euro entspreche, nicht zu. Setze man die Kampfhundesteuer in Relation zu den weiteren Kosten, die einem Halter eines Kampfhundes zwangsläufig entstünden, so beliefen sich allein die Futterkosten auf 90,- bis 120,- Euro im Monat. Hinzu kämen Kosten für Hundezubehör, Tierarzt, Unkosten für Haftpflichtversicherung. Diese Kosten, welche die Kampfhundehaltung ohnedies bereits mit sich bringe, beliefen sich auf mehr als 2.000,- Euro jährlich, ohne dass dies etwa einem Kampfhundeverbot gleichkäme. Dabei sei unabhängig von den finanziellen Verhältnissen des einzelnen Hundehalters eine abstrakte Betrachtung aller Halter geboten. Im Hinblick auf den steuerlichen Lenkungszweck, die Anzahl der im Gemeindegebiet gehaltenen Kampfhunde und das damit einhergehende Gefährdungspotential zu verringern, stelle sich die erhöhte Besteuerung von Kampfhunden auch nicht etwa deshalb als gleichheitswidrig dar, weil Hundehalter von Hunden, die nicht in der Kampfhunderasseliste enthalten seien, sich aber individuell sicherheitsrechtlich als gefährlich erwiesen hätten, nicht ebenfalls mit einer erhöhten Hundesteuer belegt würden. Der Lenkungszweck könnte durch eine solche Satzungsbestimmung nämlich nicht mehr erreicht werden. Die Beklagte dürfe die Eindämmung von Gefahren durch Hunde, die sich individuell als gefährlich erwiesen hätten, ausschließlich dem Ordnungs- bzw. Sicherheitsrecht überlassen.

Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligt, ohne sich zur Sache zu äußern.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zugelassene Berufung der Kläger hat Erfolg. Der Hundesteuerbescheid der Beklagten vom 28. April 2011, der für den von den Klägern gehaltenen Rottweiler eine Hundesteuer in Höhe von 2.000 Euro für das Jahr 2011 festsetzt, ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO. Das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts und der Hundesteuerbescheid waren daher im tenorierten Umfang aufzuheben.

1. Der Klägervertreter hat in der ersten Instanz und auch noch während des Berufungsverfahrens Antrag auf vollumfängliche Aufhebung des Hundesteuerbescheides gestellt. Der Begründung seines Klagebegehrens war jedoch klar zu entnehmen, dass er nicht gegen die Hundesteuer generell, sondern lediglich gegen den stark erhöhten Steuersatz für sogenannte Kampfhunde vorgehen wollte. Nach einem Hinweis des Vorsitzenden gemäß § 86 Abs. 3 VwGO hat die Klägerseite ihren Klageantrag insoweit präzisiert.

2. Der streitgegenständliche Hundesteuerbescheid beruht auf § 5 Abs. 2 HStS, der für sogenannte Kampfhunde einen Steuersatz von 2.000 Euro jährlich festsetzt. Diese Satzungsvorschrift verstößt gegen höherrangiges Recht. Zwar kann eine Gemeinde für einen sogenannten Kampfhund einen erhöhten Steuersatz festsetzen (a). Wenn der Steuersatz allerdings so hoch angesetzt wird, dass damit die Haltung bestimmter Hunderassen faktisch unterbunden wird, entfaltet der Steuersatz erdrosselnde Wirkung. Für ein Hundehaltungsverbot, das sich auf bestimmte Rassen bezieht, fehlt der Gemeinde jedoch die Regelungskompetenz (b).

a) Entgegen der Auffassung der Kläger kann eine Gemeinde für einen sogenannten Kampfhund einen erhöhten Hundesteuersatz festsetzen. Dies gilt nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BayVGH B.v. 13.12.2012 – 4 B 12.567 – juris Rn. 29 m.w.N.; BayVGH B.v. 6.11.2012 – 4 C 11.2699 – juris; BayVGH B.v. 15.1.2013 – 4 ZB 12.540 – juris, für einen Rottweiler) auch dann, wenn der Halter des betreffenden Hundes gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit über einen Nachweis darüber verfügt, dass der Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist. Denn der positive Wesenstest lässt nur die sicherheitsrechtliche Erlaubnispflicht entfallen (Art. 37 Abs. 1 LStVG), ändert aber nichts daran, dass es sich um Hunde handelt, bei denen von einer abstrakten Gefährlichkeit auszugehen ist. Ein rechtfertigender sachlicher Grund für den Erlass einer Lenkungssteuer mit dem Ziel der Minimierung einer als gefährlich vermuteten Hundepopulation besteht selbst dann, wenn nach dem einschlägigen Gefahrenabwehrrecht nur solche Hunde der in einer Kampfhundeliste verzeichneten Rassen gehalten werden dürfen, die nachweislich keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweisen (BVerwG vom 28.6.2005 NVwZ-RR 2005, 844/845). Dass damit auch im Einzelfall als ungefährlich anzusehende Hunde der erhöhten Steuer unterworfen sind, verstößt nicht gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit, sondern ist vom Gestaltungs- und Typisierungsspielraum des Normgebers gedeckt. Die spezielle Besteuerung von "Kampfhunden" nach Maßgabe der in der Hundesteuersatzung enthaltenen Rasselisten dient nicht der konkreten Gefahrenabwehr, sondern zielt darauf ab, ganz generell und langfristig im Gemeindegebiet solche Hunde zurückzudrängen, die aufgrund ihres Züchtungspotentials in besonderer Weise die Eignung aufweisen, ein gefährliches Verhalten zu entwickeln, sei es auch erst nach Hinzutreten anderer Faktoren (BVerwG vom 19.1.2000 BVerwGE 110, 265/275 = NVwZ 2000, 929/931). Die Anknüpfung der erhöhten Steuerpflicht an die Zugehörigkeit zu bestimmten Rassen ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Müssten in bestimmten Einzelfällen Ausnahmen von der höheren Besteuerung gewährt werden, so würde das dem Ziel, den Bestand an potentiell gefährlichen Hunden möglichst gering zu halten, zuwiderlaufen (BVerwG a.a.O.). Da aus der nur potentiellen Gefährlichkeit bei Hinzutreten anderer Faktoren jederzeit eine akute Gefährlichkeit erwachsen kann, ist es jedenfalls unter dem Blickwinkel des steuerlichen Lenkungszwecks sachgerecht, bereits an dem abstrakten Gefahrenpotential anzuknüpfen. Die Widerlegung der Vermutung der Kampfhundeeigenschaft nach der entsprechenden sicherheitsrechtlichen Verordnung muss demnach nicht zwingend auf die Höhe des Steuersatzes durchschlagen; vielmehr kann der Satzungsgeber davon absehen, ausschließlich konkret gefährliche Hunde dem erhöhten Steuersatz zu unterwerfen (BayVGH vom 23.11.2005, NVwZ-RR 2007, 57/58; vom 24.6.2009 Az. 4 ZB 08.2507 <juris>).

Die erhöhte Besteuerung der Hunde bestimmter Rassen erweist sich entgegen der Auffassung der Kläger nicht deshalb als gleichheitswidrig, weil die Halter von Hunden, die zwar in keiner Liste verzeichnet sind, sich aber individuell als gefährlich gezeigt haben, nicht ebenfalls einer erhöhten Besteuerung unterworfen werden. Da der Lenkungszweck der Steuer bei solchen konkret gefährlichen Hunden nicht greifen kann, darf der Steuersatzungsgeber die Behandlung der von ihnen ausgehenden Gefahren dem Ordnungsrecht überlassen (vgl. BVerwG vom 22.12.2004 NVwZ 2005, 598/600).

b) Die in der Rechtsprechung festgestellte Zulässigkeit erhöhter Hundesteuersätze für sogenannte Kampfhunde bedeutet aber nicht, dass die Gemeinde den betreffenden Steuersatz beliebig hoch ansetzen kann. Der unter a) beschriebene (zulässige) Lenkungszweck schlägt nämlich ab einer gewissen Höhe der Steuerbelastung in ein (faktisches) Verbot der Haltung dieser Tiere um. Die rechtsetzende Gemeinde betreibt dann Formenmissbrauch, weil sie im Gewand einer Aufwandsteuervorschrift das Ziel verfolgt, die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen, ohne dabei noch die ernste Absicht der Einnahmeerzielung zu haben (vgl. OVG Rh-Pf. U.v. 14.6.2005 – 6 C 10308/05 – juris Rn. 25):

aa) Dabei kommt es entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht darauf an, ob die Gemeinde auch noch einen moderaten Steuersatz für „normale“ Hunderassen vorgesehen hat und damit die Hundehaltung als solche im Gemeindegebiet wirtschaftlich nicht unmöglich gemacht ist, so dass der Gemeinde insoweit auch noch eine Einnahmeerzielungsabsicht unterstellt werden kann. Denn die Gemeinde definiert zwar in ihrer Steuersatzung in § 1 zunächst den Steuertatbestand allgemein als das Halten eines über vier Monate alten Hundes im Gemeindegebiet, schafft dann aber in § 5 ihrer Satzung einen besonderen erhöhten Steuersatz für Kampfhunde, für den die Gemeinde ebenfalls eine Regelungskompetenz vorweisen können muss (vgl. Ecker, KommunalPraxis 1994, 12/15: keine erdrosselnde Wirkung des einzelnen Steuersatzes). Ist das nicht der Fall, kann ein Bescheid auf diese Regelung nicht gestützt werden, auch wenn die Haltung anderer Hunderassen in der Gemeinde in zulässiger Höhe besteuert wird.

bb) Die Gemeinde darf mit einer Hundesteuersatzung neben der Einnahmeerzielungsabsicht auch einen Lenkungszweck verfolgen, der üblicherweise darin besteht, die Zahl der in der Gemeinde gehaltenen Hunde und besonders auch die Haltung sogenannter Kampfhunde wegen ihrer abstrakten Gefährlichkeit einzudämmen. Der Lenkungszweck darf aber dabei nicht so dominieren, dass der Zweck, Einnahmen zu erzielen, völlig zurücktritt. Dies ist dann der Fall, wenn die Steuerregelung aufgrund der Höhe des Steuersatzes ersichtlich darauf abzielt, die Erfüllung des Steuertatbestandes durch eine „erdrosselnde Wirkung“ praktisch unmöglich zu machen (vgl. OVG RhPf U.v. 14.5.2013 – 6 C 11221/12 – juris Rn. 25 mit Hinweis auf BVerwG, B.v. 19.8.1994 – 8 N 1.93BVerwGE 96,272 ff.; BVerfG, U.v. 22.5.1963 – 1 BvR 78/56BVerfGE 16, 147 <161>).

Auf eine erdrosselnde Wirkung in diesem Sinne kann vorliegend aber noch nicht daraus geschlossen werden, dass nach unbestrittenem Klägervortrag ihr Hund der einzige in der Gemeinde gewesen ist, der unter die Regelung des § 5 Abs. 2 HStS gefallen ist und den die Kläger wegen der Höhe der Steuer hätten weggeben müssen. Zwar können Bestandszahlen vor und nach einer Steuererhebung oder Steuererhöhung ein wichtiges Indiz dafür sein, ob nur von einer erlaubten Lenkung oder schon von einer unerlaubten Erdrosselung auszugehen ist (vgl. OVG RhPf, U.v. 14.5.2013 – 6 C 11221/12 – juris Rn. 26 für eine Hundesteuererhöhung in der Stadt Mainz). Dies setzt aber größere Hundebestandszahlen in der jeweiligen Gemeinde voraus. Bei einer sehr kleinen Zahl von Kampfhunden innerhalb einer Gemeinde sind keine klaren Rückschlüsse auf das Verhalten eines typisierten Hundehalters möglich. Denn es kommt nicht darauf an, ob – wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargestellt hat – dem einzelnen Hundehalter die persönliche Hundehaltung aus seiner subjektiven Sicht wirtschaftlich nicht mehr möglich ist. Bei nur einem einzigen Rechtsunterworfenen ist eine statistisch valide Aussage nicht möglich.

Auch der von der Klägerseite betonte erhebliche Steigerungsfaktor des Steuersatzes im Vergleich zum Steuersatz für einen normalen Hund kann zwar ein gewichtiges Indiz, jedoch für sich allein nicht der ausschlaggebende Faktor für die Bejahung einer erdrosselnden Wirkung der Steuer sein. Im vorliegenden Fall hat die Gemeinde für einen Kampfhund den Betrag, der für einen Nicht-Kampfhund an jährlicher Steuer verlangt wird, um das 26-fache erhöht. Der Steigerungsfaktor 26 wäre etwa dann ohne große Aussagekraft, wenn eine Gemeinde für einen nicht gelisteten Hund einen sehr niedrigen Hundesteuerbetrag verlangte. Allerdings gibt die Beklagte mit ihrem gewählten nicht allzu niedrigen Steuersatz für einen Nicht-Kampfhund, worunter auch durchaus große Hunde fallen können, zu erkennen, was sie in Bezug auf den vom Hundehalter getriebenen Aufwand für die Haltung eines (großen) Hundes an Aufwandsteuer für gerechtfertigt hält. Selbst unter Berücksichtigung der Zulässigkeit eines höheren Steuersatzes für sogenannte Kampfhunde ist eine Steigerung gleich um das 26-fache ein deutliches Indiz dafür, dass Halter dieser Hunde in einer Weise getroffen werden sollen, die das Halten der betreffenden Hunde angesichts der üblicherweise für die Hundehaltung anfallenden Kosten gänzlich uninteressant machen soll.

Ohne weitere Anhaltspunkte rechtfertigt auch der Steuerbetrag von 2.000 Euro als solcher nach Auffassung des Senats noch keinen Rückschluss auf eine erdrosselnde Wirkung. Es greift zu kurz, wenn man nach Umrechnung dieses Jahresbetrages auf die Monatsbelastung (gerundet 167 Euro) oder die Tagesbelastung (5,48 Euro) feststellt, dass damit die Haltung eines Kampfhundes im Sinne der Steuersatzung noch nicht unmöglich gemacht wird, weil davon ausgegangen wird, dass ein durchschnittlicher Hundehalter irgendwie auch noch diese Beträge aus seinen freien verfügbaren Mitteln aufbringen könnte, wenn er nur wollte. Denn es kommt auch darauf an, was üblicherweise für die Haltung eines Hundes aufzuwenden ist.

In die Betrachtung muss daher einbezogen werden, dass die Hundesteuer eine kommunale Aufwandsteuer ist, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit desjenigen treffen will, der für die Haltung eines Hundes finanziellen Aufwand treibt. Da die Hundesteuer auf das Halten eines Hundes im Gemeindegebiet abhebt, bezieht sie sich zudem nur auf den hier regelmäßig entstehenden Aufwand und nicht auf alle für den Hund anfallenden Kosten (vgl. BayVGH B.v. 15.1.2013 – 4 ZB 12.540 – juris Rn. 11 zur örtlichen Radizierung der Hundesteuer). Für die Anschaffung und Haltung eines Hundes ist für die Halter neben dem reinen nicht bezifferbaren Affektionsinteresse vor allem die Höhe der mit der Hundehaltung verbundenen laufenden Kosten von entscheidender Bedeutung. Nach einer – den Streitparteien im Verfahren übergebenen – Untersuchung „Ökonomische Gesamtbetrachtung der Hundehaltung in Deutschland“ von Prof. Dr. Ohr und Dr. Zeddies, Göttingen 2006 (http://www.uni-goettingen.de/de/aktuelles/65380.html, dort S.25 ff.) ist davon auszugehen, dass von einer jährlichen finanziellen Belastung von im Bundesdurchschnitt 900 bis 1.000 Euro pro Hund ausgegangen werden kann (die im übrigen die Hundesteuer schon enthält). Die Untersuchung erscheint angesichts der dort für die einzelnen denkbaren Kostenpositionen veranschlagten Kostenrahmen plausibel; sie verifiziert das aus Befragungen ermittelte Ergebnis durch Schätzungen der Zeitschrift test sowie durch Angaben etwa des Vereins für Deutsche Schäferhunde. Die Beklagte hat demgegenüber im Laufe des Verfahrens zwar höhere Kosten, die für die Haltung eines Rottweilers anfallen sollen, beziffert, ohne jedoch ihre Annahme in irgendeiner Weise plausibel zu machen oder zu belegen.

Eine Steuerbelastung, die den anzunehmenden jährlichen Aufwand für die Hundehaltung deutlich übersteigt und wie im vorliegenden Streitfall im Endergebnis etwa zu einer Verdreifachung des bundesdurchschnittlichen Haltungsaufwandes führt, kann jedenfalls nicht mehr mit einem zulässigen Lenkungszweck gerechtfertigt werden. Diese Steuerbelastung wirkt bezogen auf den durchschnittlichen und weithin akzeptierten Haltungsaufwand in einer Weise prohibitiv, dass nicht mehr von einer Einnahmeerzielungsabsicht der diesen Steuersatz aufstellenden Gemeinde ausgegangen werden kann. Der Steuersatz für Kampfhunde in § 5 Abs. 2 HstS kommt in seiner Wirkung einem unmittelbaren und gezielten Verbot gleich, solche Hunde zu halten. Er steht außer Verhältnis zu dem vom Halter betriebenen Aufwand. Damit fehlt es für Art. 5 Abs. 2 HStS an der Regelungskompetenz aus Art. 105 Abs. 2a GG, Art. 3 Abs. 1 KAG. Für ein sicherheitsrechtliches Verbot der Haltung bestimmter Hunderassen auf ihrem Gemeindegebiet fehlt der Gemeinde jedoch die Regelungskompetenz. Diese steht nach Art. 70 abs. 1 GG insoweit für das Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (vgl. BayVerfGH v. 12.10.1994 – Vf. 16-VII-92VerfGHE 47, 207, juris Rn. 121) dem Freistaat Bayern zu, der davon auch mit Art. 37 LStVG in Verbindung mit der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit bereits Gebrauch gemacht hat. Im Ergebnis konnte der streitgegenständliche Hundesteuerbescheid von der Beklagten daher nicht auf § 5 HStS gestützt werden, weil es an einer wirksamen Satzungsregelung zur Bestimmung eines höheren Steuersatzes für Kampfhunde fehlt.

Da die Kläger jedoch im streitgegenständlichen Zeitraum mit ihrem Rottweiler einen Hund gehalten haben, greift der in § 5 Abs. 1 HStS geregelte Steuersatz in Höhe von 75 Euro. Der Bescheid der Beklagten war daher antragsgemäß aufzuheben, soweit darin ein Hundesteuerbetrag festgesetzt ist, der den Betrag von 75 Euro übersteigt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

4. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung hat dabei die Rechtsfrage, ob bei der Beurteilung der erdrosselnden Wirkung eines Hundesteuersatzes auf den für die Haltung eines Hundes typischerweise erforderlichen Aufwand als objektiven Anhaltspunkt abgestellt werden kann.  

Beschluss

Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 1.925 Euro festgesetzt.