AG Gelsenkirchen-Buer, Urteil vom 16.11.2011 - 28 C 374/11
Fundstelle
openJur 2013, 33424
  • Rkr:
Tenor

1 Der Beklagte wird verurteilt, den von ihm in der Wohnung I-Weg in H, 2. Obergeschoss links, gehaltenen Hund (Shitzu/Maltester-Mischling) aus der Wohnung zu entfernen.

2 Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, in der vorbezeichneten Wohnung einen Hund zu halten.

3 Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Verpflichtung Ordnungsgeld bis zu 250.000,- € oder für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

4 Die Kosten des Rechtstreits werden dem Beklagten auferlegt.

5 Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 1.800,- € abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung eine Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin vermietete dem Beklagten eine Wohnung im Hause I-Weg in H zum 01.12.2010.

Der Beklagte wies vor der Unterzeichnung des Mietvertrages darauf hin, dass er einen Hund hält.

Am 30.11.2010 unterzeichnete der Beklagte den Mietvertrag.

§ 11 des Mietvertrages enthält Regelungen zur Zustimmungspflichtigen Handlungen des Mitgliedes.

Unter § 11 Abs. 1 d) wurde folgendes vereinbart:

Mit Rücksicht auf die Gesamtheit der Nutzer und dem Interesse einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Gebäudes, des Grundstückes und der Wohnung bedarf das Mitglied der vorherigen Zustimmung der Genossenschaft, wenn es Tiere hält, soweit es sich nicht um übliche Kleintierhaltung handelt (z. B. Fische, Hamster, Vögel), es sei denn, in § 16 ist etwas anderes vereinbart. [...]

In § 16 wurde folgende Vereinbarung aufgenommen:

Das Mitglied ist verpflichtet, keine Hunde und Katzen zu halten [...]

Mit dem Beklagten zog ein Shitzu/Malteser-Mischling in die Wohnung ein.

Am 29.06.2011 forderte die Klägerin per Schreiben den Beklagten zur Entfernung des Hundes auf.

Am 30.06.2011 antwortete der Beklagte der Klägerin schriftlich, dass der Hund aufgrund der Diabetes Mellitus-Erkrankung des Sohnes therapeutische Zwecke für den Sohn des Beklagten hat.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe einen Anspruch auf Entfernung des Hundes aufgrund des vorliegenden Mietvertrages. Der Beklagte habe eine Wohnung anmieten können, die Hunde erlaube. Er habe bei Unterzeichnung gewusst, dass es keine Erlaubnis für die Haltung des Hundes gebe.

Die Klägerin beantragt daher,

1 den Beklagten zu verurteilen, den von ihm in der Wohnung I-Weg in H, zweites Obergeschoss links, gehaltenen Hund (Shitzu/Maltester-Mischling) aus der Wohnung zu entfernen;

2 den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, in der vorbezeichneten Wohnung einen Hund zu halten;

3 dem Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Verpflichtung Ordnungsgeld bis zu 250.000,- € oder für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anzudrohen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die Klauseln des Mietvertrages zur Tierhaltung seien unwirksam, da eine unangemessene Benachteiligung des Mieters darin zu sehen sei. Die Haltung eines Hundes sei vertragsgemäßer Gebrauch eines Mietobjektes. Zumindest falle der hier streitgegenständliche Hund unter die Kleintierhaltungsklausel. Bei der Vorstellung des Beklagten sei der Hund vorgezeigt worden. Es sei dem Beklagten dann zugesagt worden, dass der Hund geduldet werde, wenn er keine Beschwerden verursache.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen T und T1. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2011 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Beklagte ist verpflichtet, den streitgegenständlichen Hund aus seiner Wohnung zu entfernen.

Durch die Haltung des Hundes verstößt der Beklagte gegen die Mietvertragliche Regelung zur Hundehaltung, § 11 Abs. 1 d), § 16.

In § 11 wird die Kleintierhaltung von einem Zustimmungsvorbehalt des Klägers abhängig gemacht.

In § 16 verpflichtet sich der Beklagte keine Hunde und Katzen in der gemieteten Wohnung zu halten.

Gegen die Wirksamkeit dieser Regelung hat das Gericht keine Bedenken.

Sowohl bei § 11 als auch bei § 16 handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Wirksamkeit steht die zitierte Rechtsprechung nicht entgegen. In dem Urteil des BGH vom 14.11.2007 wurde die Unwirksamkeit folgender Klauseln angenommen:

" Jede Tierhaltung, insbesondere von Hunden und Katzen, mit Ausnahme von Ziervögeln und Zierfischen, bedarf der Zustimmung des Vermieters [...]".

Der BGH beanstande an dieser Formulierung, dass ausdrücklich die Ziervögel und Fische erwähnt wurden, nicht allerdings andere Kleintiere wie z. B. Hamster. Dies stellt nach Auffassung des BGH eine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar. Der BGH stellt dabei ausdrücklich klar, dass ein Verbot von Tieren, die natürlicherweise keinen Einfluss auf die schuldrechtliche Beziehung haben, weil von ihnen keine Beeinträchtigung für die Mietsache und Dritte ausgehen können, unwirksam ist. Dies sind insbesondere Tiere, die in Behältnissen leben. Eine solche Klausel liegt hier allerdings gerade nicht vor. Hier sind die Kleintiere in § 11 lediglich beispielhaft aufgezählt worden. Die Regelung ist allerdings nicht abschließend.

Auch § 16 des Vertrages ist nach Auffassung des Gerichts wirksam, da eine unangemessene Benachteiligung des Mieters nicht anzunehmen ist.

Der Vermieter hat ein berechtigtes Interesse daran, darüber zu entscheiden, wie sein Eigentum genutzt wird. Er hat zudem die Belange Dritter, wie z. B. der Nachbarn zu berücksichtigen. Das berechtigte Interesse besteht auch daran, vorbeugend in Form der Vereinbarung von Klauseln tätig zu werden. Es kann dem Vermieter nicht zugemutet werden, zuerst Beeinträchtigungen durch eine Tierhaltung abzuwarten, bevor eine Tierhaltung untersagt wird.

Dem Mieter steht es dagegen grundsätzlich frei, sich eine Wohnung auszusuchen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bekannterweise auch Wohnungen angeboten werden, die ausdrücklich eine Tierhaltung erlauben.

Das Interesse eines Mieters an der Haltung eines Hundes steht hinter dem berechtigten Interesse des Vermieters daher zurück.

Die Klausel ist somit wirksam.

Der streitgegenständliche Hund fällt auch nicht unter die Kleintierklausel nach § 11 des Mietvertrages. Auch wenn es sich hier um einen Hund kleinerer Art und Rasse handelt, so stellt der Hund nach Auffassung des Gerichts unabhängig von seiner Größe zumindest kein Kleintier im Sinne des § 11 des Vertrages dar.

Was Kleintiere sind, wurde bereits unter Heranziehung der Rechtsprechung des BGH zusammengefasst. Dabei handelt es sich insbesondere um Tiere, die das Mietverhältnis nicht beeinträchtigen können. Dies trifft auf einen Hund - unabhängig von der Größe - nicht zu. Nach Auffassung des Gerichts besteht bei jedem Hund zumindest die Gefahr, dass Beeinträchtigungen für das Eigentum des Vermieters bzw. für die Nachbarn entstehen könnten.

Darüberhinaus wäre die Grenzziehung bzgl. der Größe der Hunde und Katzen für die Kleintierhaltung schwierig. Eine klare Grenze ließe sich in diesem Fall nicht ziehen. Es müsste vielmehr für jede Rasse eine individuelle Beurteilung stattfinden. Problemtisch würde dies bereits allerdings bei Mischlingshunden. Zu berücksichtigen wäre zudem, dass nicht jeder Hund - auch innerhalb einer Rasse - immer eine bestimmte Größe erreicht bzw. maximal eine bestimmte Größe erreicht.

Das Halten des Hundes ist auch nicht deshalb unzulässig, da es sich um einen vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache handeln könnte.

Liegt eine vertragliche Vereinbarung bzgl. der Tierhaltung zwischen dem Vermieter und dem Mieter nicht vor oder ist diese unwirksam, so ist unter Berücksichtigung des Einzelfalls darüber zu entscheiden, ob die Hundehaltung einen vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache darstellt, den der Vermieter dann zu dulden hat.

So ist dies auch in dem Urteil des BGH (a.a.O.) geschehen. Da hier allerdings nach Auffassung des Gerichts eine wirksame Vereinbarung bzgl. der Haltung von Hunden getroffen wurde, ist diese Vereinbarung hier vorrangig zu behandeln.

Die Haltung des Hundes ist auch nicht aufgrund einer mündlichen zusätzlichen Vereinbarung zwischen den Parteien, erlaubt worden. Auf eine solche mündliche Vereinbarung hat sich der Beklagte berufen. Eine solche mündliche Zusage wurde von der Klägerin allerdings bestritten. Da eine ausdrückliche mietvertragliche Regelung bzgl. der Haltung von Hunden getroffen wurde und sich der Beklagte nun mit der mündlichen Abrede auf eine Abweichung davon beruft, lag die Beweislast bzgl. einer solchen Abrede auf Beklagtenseite.

Den Beweis erbrachte der Beklagte aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht.

Während die Zeugin T1 erklärte, dass der Herr I1, Mitglied des Vorstandes der Klägerin, ihr gegenüber zugesagt haben soll, dass der Hund erst entfernt werden müsse, wenn eins, zwei oder drei Beschwerden der Nachbarn eingehen würden, so bestätigte die Zeugin T, dass dem Beklagten bzw. der Zeugin T1 noch vor Unterzeichnung des Mietvertrages ausdrücklich mitgeteilt worden sei, dass die Hundehaltung auch im konkreten Fall nach Vorlage von Fotos des streitgegenständlichen Hundes nicht genehmigt werde.

Aufgrund der widersprüchlichen Aussagen der beiden Zeuginnen geht das Gericht bzgl. des Beweises von einem "non liquet" zu Lasten des Beklagten aus. Beide Zeuginnen wirken gegenüber dem Gericht glaubwürdig und die Aussagen der Zeuginnen glaubhaft. Beide Zeuginnen konnten ihre Aussage detailliert widergeben, zeigten dem Gericht allerdings gleichzeitig an, wenn sie sich an gewisse Ereignisse nicht mehr erinnern konnten.

Für die Zeugin T spricht die ausdrückliche Regelung zur Tierhaltung im Mietvertrag. Aus der Formulierung ist jedenfalls ersichtlich, dass die Klägerin einen besonderen Willen dahingehend hat, dass Hunde und Katzen in ihren Wohnungen nicht gehalten werden. Dies ist allerdings nur ein weiteres Indiz und schließt eine mündliche zusätzliche Verabredung nicht aus. Eine solche konnte allerdings aufgrund der vorliegenden Beweisaufnahme nicht festgestellt werden.

Auch der Klageantrag zu 2) ist begründet. Die Wiederholungsgefahr bzgl. des Unterlassungsanspruchs ist aufgrund dessen anzunehmen, dass die Haltung des Hundes bereits auch eine Wiederholungsgefahr für die Zukunft indiziert. Dem Beklagten ist daher aufzugeben, es zu unterlassen, in der Mietwohnung den Hund zu halten.

Für jede Zuwiderhandlung ist entsprechend des Klageantrags zu 3) ein Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft anzudrohen.

Die Klage war daher insgesamt begründet.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 7, 711 ZPO.

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