BGH, Urteil vom 18.06.2013 - X ZR 103/11
Fundstelle
openJur 2013, 33307
  • Rkr:
Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das am 26. Mai 2011 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Beklagte, die unter anderem Folien und Vliesstoffe für die Bauindustrie herstellt, ist eingetragene Inhaberin des am 27. Mai 2004 angemeldeten europäischen Patents 1 607 339. Es umfasst sechs Patentansprüche, deren erster in der Verfahrenssprache lautet: 1

"Flexibles Verpackungsbehältnis aus Kunststoff, bei welchem mittels Schweiß- oder Klebenähten durch einen Überlapp zwischen den beiden Außenkanten einer zur Herstellung des Verpackungsbehältnisses dienenden Folie ein Bereich mit innerer und äußerer Wandung gebildet ist, wobei in der inneren Wandung Öffnungen vorgesehen sind, die einen Gasaustritt aus dem Inneren des Behältnisses in den Bereich zwischen der inneren und der äußeren Wandung ermöglichen, dadurch gekennzeichnet, dass die den Bereich einschließenden Quer-Schweiß- bzw. Klebenähte zumindest in einem Teilbereich so ausgebildet sind, dass ein kontrollierter Gasaustritt zum Abbau eines während oder nach der Füllung auftretenden Überdruckes gewährleistet ist."

Dieselbe Erfindung ist auch Gegenstand einer unter Inanspruchnahme der Priorität der europäischen Patentanmeldung vom 27. April 2004 getätigten internationalen Patentanmeldung (WO 2005/115856) der Beklagten für zahlreiche Bestimmungsstaaten.

Als Erfinder sind im Streitpatent und in der internationalen Patentanmeldung der Kläger, der früher bei der Beklagten beschäftigt war, sowie H. und L., zwei weitere Angehörige ihres Unternehmens, genannt. Zu ihrer Erfindungsmeldung gab die Beklagte am 26. Juli 2004 eine schriftliche Erklärung ab (Anlage K10). Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte die Diensterfindung mit dieser Erklärung rechtswirksam unbeschränkt in Anspruch genommen hat. Der Kläger hat aus eigenem Recht sowie als Prozessstandschafter für H. und L. Klage erhoben, der das Landgericht im Wesentlichen stattgegeben hat. Es hat die Beklagte unter anderem sinngemäß verurteilt, das Streitpatent bzw., soweit in einzelnen Staaten noch kein Schutzrecht erteilt worden ist, die Rechte aus seiner Anmeldung sowie aus der PCT-Anmeldung WO 2005/115856 auf den Kläger sowie H. und L. zu übertragen, die entsprechenden Registereintragungen zu bewilligen und unter anderem Rechnung über Benutzungshandlungen zu legen. Außerdem hat das Landgericht die Verpflichtung der Beklagten 2 festgestellt, an den Kläger sowie H. und L. jeweils ein Drittel des sich nach der Rechnungslegung ergebenden Betrags verzinst zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage vollständig abgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Zurückweisung der Berufung der Beklagten weiter.

Gründe

I. Das Streitpatent betrifft flexible Verpackungsbehältnisse aus Kunststoff zum Abfüllen von rieselfähigen Materialien, insbesondere von Baustoffen. Diese sind, wie in der Streitpatentschrift erläutert wird, einerseits häufig hygroskopisch, andererseits bildet sich während und nach ihrer Abfüllung ein Überdruck in der Verpackung. Dieser könne zwar bei Verwendung herkömmlicher Papiersäcke entweichen, doch biete dieses Verpackungsmaterial unzureichenden Schutz des Füllgutes gegen die Aufnahme von Feuchtigkeit. Die Streitpatentschrift erläutert mehrere im Stand der Technik bekannte Lösungsansätze und deren Nachteile und schlägt als Lösung des Problems, vor Verunreinigung und/oder Feuchtigkeit zu schützende Füllgüter, bei denen während und/oder nach dem Einfüllen ein Überdruck abzuleiten ist, preiswert und sicher zu verpacken, ein flexibles Verpackungsbehältnis mit den Merkmalen von Patentanspruch 1 vor.

Die nachfolgend eingefügten Figuren 1 und 2 zeigen ein streitpatentgemäßes Verpackungsbehältnis. Die Seitenkanten 2 und 3 einer Endlos-Kunststofffolie, von denen eine mit Perforationen und Prägungen (12, 13) versehen ist, werden überlappend übereinandergelegt und mit 5 Längsnähten 7 und 8 in Längsrichtung durch Verkleben oder Verschweißen fixiert. Quernähte 9 und 10 bilden den Boden und den oberen Abschluss. Figur 2 veranschaulicht im Schnitt, wie infolge der Überlappung und Versiegelung der beiden Außenkanten 2 und 3 der Folie ein Bereich 4 mit einer inneren Wandung 5 und einer äußeren Wandung 6 entsteht. Die mit den Perforationen und Prägungen versehene Außenseite der Folie bildet nach dem Übereinanderlegen der Seitenkanten die innere Wandung 4, so dass ein nach dem Befüllen entstehender Überdruck zunächst in den Bereich zwischen den beiden Wandungen entweichen kann. Zur weiteren Ableitung dieses Überdrucks heißt es in der Patentschrift zum einen, dass die Außenkante 2 der Folie auf der später zum Inneren 14 des Behältnisses 1 gewandten Seite mit einem Trennlack 11 versehen ist, der dazu führt, dass die Schweißnaht 7 einen Gasaustritt ermöglicht (Beschreibung Rn. 31). Zum anderen erläutert die Beschreibung, erfindungsgemäß würden Schweiß- bzw. Klebenähte in Querrichtung gasdurchlässig ausgebildet. Es sei aber zusätzlich möglich, sofern vorhanden, die Schweiß- bzw. Klebenaht in Längsrichtung insgesamt oder in Teilbereichen gasdurchlässig auszubilden. Eine bevorzugte Möglichkeit zur Ausbildung der Gasdurchlässigkeit bestehe darin, die Oberfläche der Folie an den zu verbindenden Stellen oder auch insgesamt durch Aufbringung eines Trennmediums oder durch Corona-Behandlung so zu verändern, dass die Verbindung eine herabgesetzte Festigkeit aufweise. Der Auftrag bzw. die Behandlung könne dabei einseitig oder mehrseitig, vollflächig oder partiell erfolgen. Für die Trennung eigneten sich alle Medien, die ein Verschweißen oder Verkleben der Kunststofffolie verhinderten, wie zum Beispiel Öle, Fette, Farben, Lacke, pulverförmige Feststoffe, usw. (Beschreibung Rn. 17 f.).

II. Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, die Klage sei, soweit der Kläger eigene Rechte geltend mache, unbegründet, weil er nicht Miterfinder sei, und dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger auf der 6 Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen allenfalls für sich in Anspruch nehmen könne, an der Entwicklung einer Überdruckentlüftung mitgewirkt zu haben, bei der sich eine durch ein Trennmedium geschwächte Naht nur im Fall des entsprechenden Druckaufbaus öffne. Darin liege aber nicht der erfinderische Schritt, der zur Schutzfähigkeit des Streitpatents geführt habe. Dieser sei der Patentschrift zufolge in der Positionierung der Sekundärentlüftung in den Quernähten zu sehen, die dem Kläger nicht zuzurechnen sei. Den Einsatz eines Trennmediums zur Schwächung der Naht sehe Patentanspruch 1 gar nicht vor, sondern lasse offen, wie die (Quer-)Nähte auszubilden seien, um den kontrollierten Gasaustritt zum Abbau des Überdrucks zu ermöglichen. Die Verwendung eines Trennmediums (also nicht notwendigerweise von Lack) zur Schwächung sei lediglich als eine bevorzugte Möglichkeit angegeben, alternativ aber auch der Einsatz einer Corona-Behandlung zu diesem Zweck. Dass die Entwicklung einer kontrollierten Überdruckentlüftung unter Einsatz eines Trennmediums nicht Bestandteil der erfindungsgemäßen Lehre sei, ergebe sich auch daraus, dass sowohl Wege zum kontrollierten Ausströmenlassen des Gases (EP 444 261), als auch der Einsatz von Trennmedien auf den Nähten zur Ermöglichung einer Überdruckentlüftung (CH 494 169) vorbekannt gewesen seien. Zwar werde nach der letztgenannten Schrift das Trennmedium mit dem Ziel eingesetzt, die Nähte zu unterbrechen. Jedenfalls in der Gesamtschau beider Schriften liege in dem Einsatz eines Trennmediums zur Schwächung der Nähte aber kein erfinderischer Schritt.

III. Diese Begründung trägt die ausgesprochene Klageabweisung nicht. Sie beruht nach dem Zusammenhang der Gründe auf der Rechtsauffassung, Erfinder oder Miterfinder könne (nur) der sein, dessen Beitrag zu der Erfindung die Qualität einer erfinderischen Tätigkeit aufweise. Damit hat das Berufungsgericht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs missverstanden. 7 1. Bei der Frage, wer (Mit-)Erfinder ist, geht es - losgelöst von der patentrechtlichen Bewertung des Gegenstands der Erfindung - darum, wem ein Recht an diesem Gegenstand zusteht (BGH, Urteil vom 17. Mai 2011 - X ZR 53/08, GRUR 2011, 903, Rn. 13 - Atemgasdrucksteuerung). Der für die Zuerkennung des (Mit-)Erfinderstatus' erforderliche Beitrag braucht nicht selbstständig erfinderisch zu sein und für sich allein betrachtet alle Voraussetzungen einer patentfähigen Erfindung zu erfüllen (BGH, Urteil vom 16. September 2003 - X ZR 142/01, GRUR 2004, 50 - Verkranzungsverfahren). Die Anerkennung als Miterfinder kann nicht mit der Begründung versagt werden, der geleistete Beitrag betreffe "nicht den springenden Punkt" der Erfindung (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2000 - X ZR 223/98, GRUR 2001, 226 f. - Rollenantriebseinheit I). Vielmehr reichen nur solche Beiträge nicht aus, um als (Mit-)Erfinder anerkannt zu werden, die den Gesamterfolg (gar) nicht beeinflusst haben und deshalb für die Lösung unwesentlich sind oder die nach den Weisungen eines Erfinders oder eines Dritten geschaffen wurden (BGH, Urteil vom 5. Juni 1966 - Ia ZR 110/64, GRUR 1966, 558, 559 f. - Spanplatten; Urteil vom 20. Juni 1978 - X ZR 49/75, GRUR 1978, 583, 585 - Motorkettensäge; Urteil vom 17. Januar 1995 - X ZR 130/93, Mitt. 1996, 16, 18 - Gummielastische Masse; Urteil vom 16. September 2003 - X ZR 142/01, GRUR 2004, 50, 51 - Verkranzungsverfahren).

Deshalb darf, wie der Bundesgerichtshof bereits im Urteil "Biedermeiermanschetten" ausgesprochen hat, nicht allein der Gegenstand der Patentansprüche zum Maßstab für eine die Mitberechtigung begründende Beteiligung genommen werden, sondern es ist die gesamte in dem Patent beschriebene Erfindung und deren Zustandekommen in den Blick zu nehmen und zu prüfen, mit welcher Leistung der Einzelne zu der in ihrer Gesamtheit zu betrachtenden Erfindung beigetragen hat (BGH, Urteil vom 20. Februar 1979 - X ZR 63/77, BGHZ 73, 337, 343 f. - Biedermeiermanschetten). Auf die Fassung der Pa-8 tentansprüche kommt es bei der Prüfung der Frage, welche schöpferischen Beiträge von wem geleistet worden sind, nur insofern an, als sich aus ihnen ergeben kann, dass ein Teil der in der Beschreibung dargestellten Erfindung nicht zu dem Gegenstand gehört, für den mit der Patenterteilung Schutz gewährt worden ist. Dabei geht es aber nicht darum, ob der Patentanspruch auf diejenige Ausführungsform beschränkt ist, die in der Beschreibung genannt ist, sondern lediglich darum, ob eine beschriebene Ausführungsform nicht mehr unter den Patentanspruch fällt, also außerhalb des patentrechtlich geschützten Gegenstands liegt und deshalb eine Miterfinderschaft an dem geschützten Gegenstand nicht begründen kann (BGH, GRUR 2011, 903 Rn. 16 - Atemgasdrucksteuerung).

Schließlich ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verfehlt, die einzelnen Merkmale des Patentanspruchs darauf hin zu untersuchen, ob sie für sich genommen im Stand der Technik bekannt sind, und sie bejahendenfalls für einen schöpferischen Beitrag eines Miterfinders auszuschließen (BGH, GRUR 2011, 903 Rn. 21 - Atemgasdrucksteuerung).

Nur wenn diese Grundsätze beachtet werden, ist, wie erforderlich (BGH, GRUR 2011, 903 Rn. 18 - Atemgasdrucksteuerung), gewährleistet, dass Gegenstand und Umfang der schöpferischen Beteiligung an einer Erfindung unabhängig davon bestimmt werden, ob auf diese Erfindung bereits ein Patent erteilt ist, wie breit der Anspruch formuliert ist, mit dem das Patent angemeldet oder erteilt ist, und in welchem Umfang ein breiter Anspruch durch spätere Entscheidungen in einem Einspruchs-, Nichtigkeits- oder Beschränkungsverfahren beschränkt wird.

2. Danach gilt für den Streitfall Folgendes: Nach den vom Berufungsgericht nicht beanstandeten Feststellungen des Landgerichts entwickelten der Kläger und H. aus einem beobachteten Problem, nämlich dass hergestellte 10 Säcke an der Längsnaht nicht hafteten, weil Lack zwischen die Wandungen geraten war, die Überlegung, dies bewusst einzusetzen, um einen Mechanismus für eine Entlüftung zu schaffen. Dabei sollten in der inneren Wandung der doppellagigen Längsnaht Öffnungen vorgesehen werden, die einen Gasaustritt in dem Bereich zwischen der inneren und der äußeren Wandung ermöglichen. Wo genau die sekundäre Öffnung anzuordnen war, blieb abgesehen davon, dass sie möglichst weit entfernt von der primären Entlüftung liegen sollte, zunächst offen.

Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist bei der gebotenen, die gesamte im Streitpatent beschriebene Erfindung und deren Zustandekommen in den Blick nehmenden Würdigung (vorstehend III 1) nicht ersichtlich, dass der dem Kläger zuzurechnende Beitrag den Gesamterfolg gar nicht beeinflusst haben oder nach den Weisungen eines Erfinders oder eines Dritten geschaffen worden sein könnte. Ebenso wenig kann danach angenommen werden, dass dieser Beitrag deshalb keinen unmittelbaren Eingang in Patentanspruch 1 oder einen nachgeordneten Anspruch gefunden hat, weil eine ursprüngliche Ausführungsform fallengelassen worden und der Kläger deshalb aus dem Kreis der Miterfinder auszuscheiden wäre. Vielmehr macht sich die unter Schutz gestellte Lehre ersichtlich nach wie vor den Einsatz von Trennmedien für Entlüftungszwecke zunutze. Dieser kann als Beitrag zu der Erfindung auch nicht mit dem Hinweis abgetan werden, in der Beschreibung lediglich als bevorzugte Möglichkeit erwähnt zu sein - und auch insoweit bereits in einer verallgemeinerten Form gegenüber der vom Kläger und von H. ins Spiel gebrachten konkreten Verwendung von Lack als Trennmedium. Die abstrahierte Fassung von Patentansprüchen ist typischerweise Ausdruck des Bemühens des Anmelders oder seines Patentanwalts, die konkrete Erfindung im naheliegenden Interesse eines weiten Patentschutzes in möglichst allgemeiner Form zum Patent anzumelden (vgl. BGH, GRUR 2011, 903 Rn. 20 - Atemgasdruck-13 steuerung). Das rechtfertigt es aber nicht, einem konkreten Beitrag zur Ausgestaltung der Erfindung die Qualität einer schöpferischen (Mit-)Erfinderleistung abzusprechen. Soweit das Berufungsgericht dies im Hinblick auf vorbekannten Stand der Technik verneinen will (BU 7, vorletzter Abs.), ist seine Auffassung wiederum von der Fehlvorstellung beeinflusst, dass nur Beiträge mit der Qualität einer erfinderischen Tätigkeit den Rang als (Mit-)Erfinder begründen können.

IV. Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und der Berufungsrechtszug wiederzueröffnen. Dazu weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin.

1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die in Prozessstandschaft für die Miterfinder H. und L. erhobene Klage sei unzulässig, weil der Kläger selbst nicht Miterfinder sei, begegnet rechtlichen Bedenken. Ob ihm der Status des Miterfinders zuzuerkennen ist, hängt, da dies zwischen den Parteien streitig ist, vom Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits ab. Träfe die Ansicht des Berufungsgerichts zu, hinge die Zulässigkeit der für die anderen Miterfinder in Prozessstandschaft erhobenen Klage von der Begründetheit der vom Kläger aus eigenem Recht erhobenen Klage ab, was allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen widerspräche.

2. Im wiedereröffneten Berufungsrechtszug wird das Berufungsgericht auch zu überprüfen haben, ob die Beklagte, wie das Landgericht meint, die Erfindung nicht wirksam in Anspruch genommen hat, weil die als Anlage K10 zu den Akten gereichte Erklärung nicht dem Schriftformerfordernis aus § 6 Abs. 2 ArbEG aF in Verbindung mit § 126 BGB genügt.

Das für eine Vielzahl vorformulierte Schriftstück K10 ist zwar so aufgeteilt, dass die Unterschriftsleiste räumlich nur die Erklärung der Beklagten über den Empfang der jeweiligen Erfindungsmeldung abdeckt, während die durch 14 wahlweises Ankreuzen von Feldern abzugebende Erklärung, ob die fragliche Diensterfindung unbeschränkt bzw. beschränkt in Anspruch genommen oder ob sie freigegeben wird, sich darunter befindet. Das Berufungsgericht wird aber zu erwägen haben, ob die durch maschinenschriftliches Ankreuzen abgegebene Erklärung nach den maßgeblichen gesamten Umständen nicht doch durch die Unterschrift gedeckt sein könnte. Dafür kann insbesondere von Bedeutung sein, dass das als "Eingangsbestätigung/Inanspruchnahme/Freigabeerklärung" überschriebene Schriftstück als Empfangsbestätigung seitens der Erfindungsmelder gedacht ist. Es schließt mit der an die Arbeitnehmer gerichteten Bitte, "den Eingang dieses Schreibens durch Unterzeichnen und unverzügliche Rückgabe zu bestätigen", der die Erfindungsmelder im Streitfall auch nachgekommen sind. Es erscheint mit Blick auf diese Ausgestaltung als Empfangsbestätigung fraglich, ob die zergliedernde Betrachtung des Landgerichts dem sozialen Sinngehalt des Geschehensablaufs gerecht wird. Bei dieser Lesart erschöpfte sich der Erklärungsgehalt der Urkunde darin, dass der Arbeitgeber den Empfang der Erfindungsmeldung bestätigt und die Arbeitnehmererfinder ihrerseits den Empfang dieser Empfangsbestätigung quittieren, was mit der Verwendung des Vordrucks ersichtlich, und auch für den Arbeitnehmer erkennbar, nicht allein bezweckt war.

Aus der vom Landgericht herangezogenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur fehlenden Beweiskraft eines Namenszugs als Unterschrift auf einem Banküberweisungsträger oberhalb der die Überweisung betreffenden Daten (sogenannte "Oberschrift", vgl. BGH, Urteil vom 20. November 1990 - XI ZR 107/89, BGHZ 113, 48) bzw. seitlich im oberen Bereich neben einem Quittungstext (BGH, Urteil vom 21. Januar 1992 - XI ZR 71/91, NJW 1992, 829) kann nicht verallgemeinernd abgeleitet werden, dass die Wahrung der Schriftform kategorisch zu verneinen ist, wenn die Unterschrift eine Erklärung nicht in ihrer Gesamtheit räumlich abschließt (vgl. insoweit etwa BGH, Urteil vom 18 13. Oktober 1994 - IX ZR 25/94, NJW 1995, 43). Vielmehr ist eine alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls berücksichtigende Gesamtwürdigung angezeigt (vgl. MünchKomm.BGB/Einsele, 6. Aufl., § 126 BGB Rn. 10).

Meier-Beck Mühlens Gröning Schuster Deichfuß

Vorinstanzen:

LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 28.04.2010 - 2-6 O 696/08 -

OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 26.05.2011 - 6 U 108/10 -