LG Duisburg, Urteil vom 08.09.2009 - 1 O 399/07
Fundstelle
openJur 2013, 32436
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Durch Vertrag vom 01.08.2000 gewährte die Beklagte der T1 GmbH (Insolvenzschuldnerin) ein Universaldarlehen in Höhe von 100.000,00 DM (51.129,20 €). Entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen sollte das Darlehen durch Abbuchung monatlicher Raten von 1.666,93 DM (852,29 €) zurückgezahlt werden. Die Möglichkeit zur vorzeitigen Rückzahlung war nicht vorgesehen.

Am 19.02.2001 erteilte die Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin ihrem Ehemann, Herrn G C1, Vollmacht zur Vertretung für alle Rechtsgeschäfte mit der Beklagten. Die monatlichen Raten wurden bis zum 30.01.2004 vom Geschäftskonto der Insolvenzschuldnerin abgebucht.

Auf dem Geschäftskonto der Insolvenzschuldnerin bei der Beklagten befand sich am 01.02.2004 ein Guthaben in Höhe von 57.943,03 €. Für dieses Konto war der Insolvenzschuldnerin darüber hinaus ein Kontokorrentrahmen von 50.000,00 € eingeräumt. Auf einem weiteren Konto der Insolvenzschuldnerin bei der Q1 befand sich am 01.02.2004 ein Guthaben in Höhe von 50.629,99 €.

Am 02.02.2004 schlossen der Ehemann der Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin und die Beklagte eine Aufhebungsvereinbarung, nach welcher der Darlehensvertrag vom 01.08.2000 zur vorzeitigen Rückzahlung bis zum 15.02.2004 fällig gestellt wurde gegen Zahlung von 26.198,99 €. Am 04.02.2004 zahlte die Insolvenzschuldnerin an die Beklagte 25.566,42 €.

Unter dem 04.03.2004 stellte die Insolvenzschuldnerin einen beim Amtsgericht Duisburg am folgenden Tag eingegangenen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Durch Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 01.05.2004 (AZ: 63 IN 149/05) wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

Mit Schreiben vom 13.07.2004 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 28.07.2004 zur Rückzahlung der streitgegenständlichen Zahlung auf.

Der Kläger behauptet, die Insolvenzschuldnerin sei spätestens ab dem 01.02.2004 zahlungsunfähig gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hätten dem liquiden Aktivvermögen der Insolvenzschuldnerin fällige Verbindlichkeiten von 192.666,83 € entgegengestanden, welche bis zur Eröffnung des Verfahrens nicht beglichen worden seien. Auf die von der Klägerin im Rahmen der Klageschrift vom 25.10.2007 auf den Seiten acht bis neun aufgelisteten fälligen Verbindlichkeiten (Blatt 16 und 17 der Akte) wird Bezug genommen.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte auf die außerplanmäßige Tilgung keinen Anspruch gehabt habe. Der Aufhebungsvertrag sei nicht wirksam zustande gekommen, da dieser nicht von der allein zeichnungsberechtigten Geschäftsführerin, der Insolvenzschuldnerin unterzeichnet worden sei. Der geschlossene Aufhebungsvertrag führe darüber hinaus zu einer inkongruenten Deckung. Schließlich lasse die Rückführungsvereinbarung auf die Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit schließen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 25.566,42 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.05.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, keine Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder von Umständen, die auf eine solche schließen lassen, gehabt zu haben. Zudem habe zum Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrags nach dem Vorbringen des Klägers keine Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin vorgelegen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass aus dem Aufhebungsvertrag vom 02.02.2004 der Anspruch auf die außerplanmäßige Tilgung folge. Die Zahlung am 04.02.2004 habe ihr eine kongruente Deckung verschafft.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt stehen dem Kläger die gegen die Beklagte erhobenen Ansprüche zu.

Der Kläger kann weder die außerplanmäßige Darlehenstilgung der Insolvenzschuldnerin vom 04.02.2004 in Höhe von 25.566,42 € noch den Abschluss der Tilgungsvereinbarung vom 02.02.2004 wirksam anfechten und Auszahlung des Betrags an die Insolvenzmasse gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO fordern.

Die Tilgung vom 04.02.2004 beruhte auf einer wirksamen Vereinbarung zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten vom 02.02.2004. Soweit nicht die Insolvenzschuldnerin durch ihre Geschäftsführerin, sondern deren Ehemann Herr G C1 den Vertrag geschlossen hat, ist dies unschädlich, da dieser ausweislich einer erteilten Bankvollmacht vom 19.02.2001 zum einen zum Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung bevollmächtigt war und zum anderen spätestens durch die erfolgte Tilgung am 04.02.2004 eine schlüssige Genehmigung der Vereinbarung durch die Insolvenzschuldnerin erfolgte.

Zwar liegt hinsichtlich der abgeschlossenen Tilgungsvereinbarung und der daraufhin erfolgten Zahlung, die einheitlich zu beurteilen sind, eine inkongruente Deckung vor, weil die Beklagte zum Zeitpunkt der Vereinbarung keinen Anspruch auf eine vorzeitige Rückführung hatte.

Einer wirksamen Anfechtung gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO steht jedoch entgegen, dass der Kläger trotz Hinweises nach wie vor nicht hinreichend zur Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin vorgetragen hat. Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit richtet sich nach § 17 Abs. 2 InsO. Sie liegt vor, wenn der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, seine Zahlungspflichten zu erfüllen. Insoweit sind auf die Zahlungspflichten abzustellen, welche von Rechts wegen einwendungsfrei bestehen und fällig i.S.d. § 271 Abs. 2 BGB sind. Der Kläger trägt vor, dass zum 01.02.2004 dem liquiden Vermögen der Insolvenzschuldnerin fällige Forderungen in Höhe von 192.666,83 € gegenüber standen. Aus den von dem Kläger mit Schriftsatz vom 13.05.2008 überreichten Unterlagen ergeben sich jedoch nur fällige Forderungen in Höhe von 43.790,61 €, da es hinsichtlich der Forderung der E GmbH in Höhe von 152.029,94 € an einem schlüssigen Vortrag fehlt. So erschließt sich aus der vorgelegten Aufstellung weder der Grund des Anspruchs noch seine Fälligkeit. Zwar kann die Vorlage von Listen über Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners in Verbindung mit ergänzenden Anlagen zur Substantiierung genügen, wenn sich aus diesen die notwendigen Informationen über den jeweiligen Anspruch und seine Fälligkeit entnehmen lassen (BGH MDR 2007, 1450). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Der hierzu überreichten Anlage K 25 zum Schriftsatz des Klägers vom 13.05.2008 ist nur allgemein zu entnehmen, dass der Verbleib bestimmter abredewidrig vereinnahmter Gelder aus Geschäftsbeziehungen mit der Insolvenzschuldnerin ungeklärt sei. Grund und Höhe etwaiger Ansprüche der E1 gegen die Insolvenzschuldnerin können anhand dieser Unterlagen jedoch nicht nachvollzogen werden, zumal weder der Gesellschaftsvertrag noch die in Bezug genommenen Rechnungen vorgelegt wurden.

Hinsichtlich der Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO hat der Kläger nicht den ihm obliegenden Nachweis erbracht, dass die Beklagte Kenntnis von einer Benachteiligung der Insolvenzgläubiger bei Abschluss der Vereinbarung hatte. Kenntnis im Sinne dieser Vorschrift setzt für sicher gehaltenes Wissen voraus, dass die Handlung die Befriedigungsaussichten der anderen Insolvenzgläubiger verschlechtert. Der begünstigte Gläubiger muss in diesem Rahmen die Vorstellung haben, dass die Handlung das zur Gläubigerbefriedigung verfügbare Vermögen schmälert und dieses voraussichtlich nicht mehr ausreichen wird, um alle Insolvenzgläubiger zu befriedigen (BGHZ 157, 242, 250; BGH NJW-RR 2004, 1563, 1565). Dieser Kenntnis steht die Kenntnis von Umständen gleich, welche auf die Benachteiligung schließen lassen, § 131 Abs. 2 Satz 1 InsO. Es genügt, wenn der Begünstigte auf Grund der ihm bekannt gewordenen Tatsachen die Liquiditäts- und Vermögenslage des Schuldners als so unzulänglich einschätzt, dass dieser in absehbarer Zeit voraussichtlich nicht mehr in der Lage sein wird, alle seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen und dass dann Gläubiger wenigstens teilweise leer ausgehen (BGHZ 157, 242, 250 = NJW 2004, 1385, 1386f.). Diese Voraussetzungen waren bei der Beklagten nicht gegeben. Zum einen handelt es sich bei einer frühzeitigen Tilgung eines Darlehens nicht um ein unübliches Geschäft, welches den Schluss auf eine Zahlungsunfähigkeit oder eine Benachteiligung von anderen Gläubigern zulässt. Zum anderen bestand zum Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäfts auf dem Geschäftskonto der Insolvenzschuldnerin, geführt bei der Beklagten, nach dem Vortrag des Klägers ein Guthaben in Höhe von 57.943,03 €. Auch dieser Umstand wies aus der Sicht der Beklagten nicht auf eine unzulängliche Liquiditäts- und Vermögenslage der Insolvenzschuldnerin hin.

Eine Anfechtung aus § 133 Abs. 1 S. 1 InsO scheidet aus den gleichen Gründen aus, da der Kläger zu der erforderlichen Kenntnis nicht hinreichend vorgetragen und einen entsprechenden Nachweis erbracht hat.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf 25.566,42 € festgesetzt.