OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.07.2013 - 9 A 1290/12
Fundstelle
openJur 2013, 32409
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 2.002,52 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat ungeachtet der Frage seiner Zulässigkeit keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

1 Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Antragsbegründung, auf deren Prüfung der Senat im Zulassungsverfahren beschränkt ist, begründet keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht die Klage gegen den Niederschlagswassergebührenbescheid der Beklagten vom 8. Februar 2011 in der geänderten Fassung vom 28. März 2012 zu Recht abgewiesen hat.Der Kläger problematisiert in seinem Zulassungsantrag rechtliche Fragen, die hinreichend geklärt sind und nicht die Durchführung eines Berufungsverfahrens rechtfertigen.

a. Das Vorbringen des Klägers, das verwaltungsgerichtliche Urteil habe durch die Bezugnahme auf die Entscheidung des Senats vom 7. Oktober 1996 - 9 A 4145/94 -nicht unterschieden, dass im vorliegenden Fall das Niederschlagswasser innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile angefallen sei und damit nicht der Straßenbaulastträger abwasserbeseitigungspflichtig sei, sondern die Gemeinde - hier also die Beklagte -, führt nicht zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel. Denn auf den Umstand, wer abwasserbeseitigungspflichtig ist, kommt es im vorliegenden Fall für die Beantwortung der Frage, ob der Kläger für die Entwässerungsleistung der Beklagten zu Gebühren herangezogen werden kann, nicht an. Dies hat der Senat bereits in dem vom Kläger selbst zitierten Urteil vom 7. Oktober 1996 - 9 A 4145/94 -, entschieden und hierzu auf den Seiten 9/10 des Urteilsabdrucks (juris Rdnr. 5 ff.) ausgeführt:

"Entscheidend ist insoweit ..., dass die Gebührenpflicht ‑ neben der Eigentümerstellung ...‑ nur an die Tatbestandsmerkmale

1. der Inanspruchnahme von

2. städtischen Abwasseranlagen anknüpft.

Die Voraussetzungen für das Vorliegen dieser beiden, die Erhebung kommunaler Benutzungsgebühren auf der Grundlage der §§ 2, 4, 6 und 7 KAG NW rechtfertigenden Tatbestandsmerkmale sind in der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats geklärt.

Vgl. zur Inanspruchnahme: OVG NW, Urteil vom 25. Mai 1990 ‑ 9 A 992/88 -; Urteil vom 25. August 1995 ‑ 9 A 3836/93 -. Zur Widmung einer Anlage als Teil der städtischen Entwässerung: OVG NW, Urteil vom 25. Mai 1990 - 9 A 2194/89 ‑; Urteil vom 3. Juni 1996 - 9 A 3176/93 -.

Für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Inanspruchnahme kommt es danach... lediglich darauf an, ob

1. eine tatsächliche Einleitung von Abwasser in den städtischen Kanal stattgefunden hat,

2. der Nutzer nach den gesamten Umständen des Einzelfalles mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit der tatsächlichen Einleitung rechnen musste, und er

3. in Ansehung dieser Umstände sein Abwasser weiterhin wie zuvor entsorgt hat.

Vgl. OVG NW, Urteile vom 25. Mai 1990 und vom 25. August 1995 a.a.O."

Die Beklagte ist auch befugt, den Kläger als Träger der Straßenbaulaust zu Gebühren heranzuziehen. Denn durch die Gebührenpflicht für die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung wird die Erfüllung der dem jeweiligen Hoheitsträger aus der hiernach bestehenden Straßenbaulast bzw. Abwasserbeseitigungspflicht obliegenden Aufgaben gar nicht berührt. Umgekehrt begründen diese Bestimmungen kein Recht des Trägers der Straßenbaulast, fremde Leitungen (kostenlos) zu benutzen.

Vgl. zur Bundesautobahn: BVerwG, Beschluss vom 6. März 1997 - 8 B 246.96 -, juris Rdnr. 10.

Die Ausführungen des Klägers tragen (weiterhin) dem Umstand nicht Rechnung, dass sich die Gebührenpflicht unabhängig von der Frage der Abwasserbeseitigungspflicht, die hier der Beklagten nach § 53 Abs.1 LWG NRW obliegt, nach der Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlage richtet. Leitet also ein Straßenbaulastträger, der nicht mit der Gemeinde identisch ist, Niederschlagswasser von einer Bundes-, Landes- oder Kreisstraße in die öffentliche Abwasseranlage einer Gemeinde ein, so ist er gebührenpflichtig, weil er die öffentliche Abwasseranlage der Gemeinde nutzt.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Juli 2012 - 9 A 980/11 -, NWVBl. 2013, 35, und vom 10. August 2009 - 9 A 1661/08- , www.nrwe.de.

Auch der Auffassung des Klägers, durch die Verpflichtung der Gemeinde zur Abwasserbeseitigung innerhalb der Ortsdurchfahrten sei die Straßenentwässerung als Teilaufgabe der Straßenbaulast "aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften" im Sinne des § 45 Abs. 1 StrWG auf die Gemeinde übertragen worden und die Beklagte leite nun, soweit sich diese Pflichtenkreise überschnitten, "ihr eigenes Wasser" ein, ist schon im Ansatz auf Grund der obigen Ausführungen nicht zu folgen. Die Beklagte kann den Kläger für die Inanspruchnahme ihrer kostenverursachenden öffentlichen Abwassereinrichtung zu Gebühren auf Grund einer Satzung heranziehen.

Der in diesem Zusammenhang vom Kläger gegebene Hinweis auf das im öffentlichen Finanzwesen geltende "Konnexitätsprinzip" führt nicht weiter. Eine Rechtsgrundlage, aus der sich die Unzulässigkeit der hier streitbefangenen Gebührenerhebung ergeben würde, zeigt die Antragsbegründung nicht auf. Eine solche ist auch nicht ersichtlich. Das in Art. 104a Abs. 1 GG normierte Konnexitätsprinzip betrifft allein die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern. Die Regelung in Art. 78 Abs. 3 LVerf NRW, wonach das Land die Gemeinden oder Gemeindeverbände durch Gesetz oder Rechtsverordnung zur Übernahme und Durchführung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichten kann, wenn dabei gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten getroffen werden,

vgl. dazu ausführlich VerfGH NRW, Urteile vom 23. März 2010 - 19/08 -, OVGE MüLü 53, 214, juris Rdnr. 76 ff., und vom 12. Oktober 2010 - 12/09 -, OVGE MüLü 53, 275, juris Rdnr. 61 ff.,

dient der Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung unter dem Aspekt des Anspruchs auf eine angemessene Finanzausstattung; sie begründet ein Abwehrrecht der Kommune gegen das Land gegen eine Übertragung von Aufgaben ohne entsprechende Kostenregelung. Wie das hier klagende Land aus dem Konnexitätsprinzip ein eigenes Abwehrrecht gegen eine finanzielle Inanspruchnahme auf der Grundlage einer gemeindlichen Gebührenregelung herleiten will, erschließt sich nicht.

Das Kommunalabgabengesetz räumt den Gemeinden und Gemeindeverbänden ausdrücklich das Recht ein, für die Inanspruchnahme ihrer öffentlichen Einrichtungen Benutzungsgebühren zu erheben (§ 4 KAG NRW). Eine Befreiungsregelung zu Gunsten anderer Hoheitsträger sieht das Kommunalabgabengesetz in Bezug auf Benutzungsgebühren, anders als in § 5 Abs. 6 KAG NRW für Verwaltungsgebühren,

vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 15. Januar 2013 - 9 A 2899/11 -, juris,

nicht vor.

Deshalb verweist das Verwaltungsgericht zu Recht in seinen Entscheidungsgründen darauf, dass das Kommunalabgabengesetz des Landes Nordrhein-Westfalen - auch wenn es in anderen Bundesländern andere Regelungen zu Gunsten des Straßenbaulastträgers und dann eventuell zu Lasten des Gebührenschuldners geben mag - keine Regelung kennt, der zufolge Eigentümer öffentlicher Straßen und Träger der diesbezüglichen Straßenbaulasten von Niederschlagswasserentsorgungsgebühren freigestellt werden sollten.

Soweit der Kläger unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. März 2004 - 9 B 10.04 -, meint, dass die Nichterhebung von Straßenentwässerungsgebühren nicht zu einer höheren Abgabenbelastung der sonstigen Grundstückseigentümer führe, weil die Kosten der Straßenentwässerung ausschließlich aus dem allgemeinen Gebührenhaushalt zu finanzieren seien, ist dem auch nicht zu folgen. Das Bundesverwaltungsgericht hat einen solchen Rechtssatz nicht aufgestellt. Außerdem hat das Bundesverwaltungsgericht über einen anderen, mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbaren Sachverhalt entschieden. Da die in jenen Verfahren beklagte Gemeinde rechtlich gehindert war, für die Straßenentwässerung Gebühren zu erheben, musste sie unter dem Gesichtspunkt der Gebührengerechtigkeit die entsprechenden Kosten aus der Gebührenkalkulation aussondern. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass eine unterlassene Gebührenerhebung für die Straßenoberflächenentwässerung nicht zu Lasten der übrigen Grundstückseigentümer gehen darf. Wieso der Kläger hieraus Rückschlüsse auf das Nichtbestehen einer Gebührenpflicht zieht, erschließt sich nicht.

Zu dem Einwand des Klägers, dass er als Straßenbaulastträger durch die Entwässerung der Straße keinen Sondervorteil i.S.d. § 6 Abs. 1 KAG NRW erlange, hat der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 7. Oktober 1996 - 9 A 4145/94 - (juris Rdnr. 21) Folgendes ausgeführt:

"Schließlich steht der Begründung der Gebührenpflicht für die Klägerin als Straßenbaulastpflichtige und Eigentümerin von im Stadtgebiet gelegenen Autobahnen auch nicht entgegen, dass die Allgemeinheit einen Nutzen davon hat, dass das auf der Autobahn anfallende Niederschlagswasser ordnungsgemäß abgeleitet und damit die Verkehrssicherheit der Autobahn gewährleistet wird. Der die Gebührenpflicht rechtfertigende Sondervorteil (§ 6 Abs. 1 Satz 1 KAG NRW) des Hoheitsträgers wird hierdurch nicht aufgehoben. Denn der straßenbaulast- und abwasserbeseitigungspflichtige Hoheitsträger, wie die Klägerin, hat nach wie vor einen die eigene Pflichtenstellung unmittelbar betreffenden Vorteil durch die Einleitung des Niederschlagswassers in städtische Abwasserbeseitigungsanlagen, weil er sich hierdurch der Pflicht zur Straßenentwässerung und Abwasserbeseitigung (§§ 3 Abs. 1, 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG, 53 Abs. 4 LWG a.F.) durch eigene Anlagen entledigt und damit die mit dem Bau und der Unterhaltung der Straßenentwässerungsanlagen verbundenen Aufwendungen auf Dauer erspart."

Gleiches gilt im vorliegenden Fall, auch wenn der Kläger nicht abwasserbeseitigungspflichtig, sondern nur der verantwortliche Straßenbaulastträger ist und er das auf der Straßenoberfläche anfallende Niederschlagswasser in die gemeindliche Abwasseranlage einleitet bzw. einleiten muss.

b. Das Vorbringen des Klägers, der Gebührenerhebung stehe jedenfalls die zwischen den Beteiligten geschlossene vertragliche Vereinbarung entgegen, nach der sich die Beklagte verpflichtet habe, das Straßenoberflächenwasser auf Dauer unentgeltlich in ihren Kanal aufzunehmen, begründet ebenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

Soweit der Kläger meint, durch die vertraglich vereinbarte unentgeltliche Mitbenutzung der Entwässerungsanlage sei zum Ausdruck gekommen, dass dem klagenden Land nicht nur ein vertragliches, sondern auch ein dingliches, d.h. widmungsrechtlich gesichertes Recht zur gleichberechtigten Mitbenutzung der Kanalanlage eingeräumt worden sei, ist dem nicht zu folgen.

Zwar ist nach der Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass der Gebührentatbestand der Inanspruchnahme einer städtischen Abwasseranlage (vgl. § 4 Abs. 2 KAG NRW) nicht erfüllt ist, wenn die Anlage auch zu anderen als städtischen Zwecken gewidmet ist und zu diesen anderen Zwecken genutzt wird,

OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2012

- 9 A 980/11 ‑, nrwe, m.w.N.

Anhaltspunkte für eine Mischnutzung mit entsprechender Widmung sind aber weder vom Kläger dargelegt noch ersichtlich. Aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den hier Beteiligten vom 22. August 2000 wegen der unbefristeten unentgeltlichen Nutzung der Abwasseranlage folgen weder ausdrückliche noch zumindest erkennbare konkludente Umwidmungen von Bestandteilen der Abwasseranlage der Beklagten in Bestandteile der Straßenoberflächenentwässerungsanlage des Klägers. Der Kläger zeigt auch nicht ansatzweise auf, dass eine zweifache Widmung des Kanals gegeben sein könnte. Er verweist vielmehr nur auf die Nutzung des Kanals in Erfüllung seiner Straßenbaulast. Jedenfalls irrt er, wenn er meint, dass allein die - gebührenpflichtige - Inanspruchnahme der Abwasseranlage der Beklagten gleichzeitig eine Umwidmung zu Zwecken des Straßenbaulastträgers beinhalten könnte.

Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2012 - 9 A 980/11 -, nrwe.

Der Kläger legt auch keine ernstlichen Zweifel an der Auffassung des Verwaltungsgerichts dar, dass allein der generelle, vertraglich vereinbarte Gebührenverzicht auf unbestimmte Zeit ohne rechnerische Berücksichtigung des wirtschaftlichen Wertes der Gegenleistung zur Nichtigkeit der Vereinbarung führt.

Hat eine Behörde vertraglich zugesagt, sich im Zeitpunkt des künftigen Entstehens eines Gebührenanspruchs in bestimmter Weise zu verhalten, nämlich konkret auf den Anspruch zu verzichten, sind die Vereinbarungen nichtig. Die Beklagte darf dieses Versprechen nicht erfüllen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 1983 - 8 C 174.81 -, juris Rdnr. 13.

Öffentliche Abgaben dürfen grundsätzlich nur nach Maßgabe der Gesetze erhoben werden. Diese strikte Bindung an das Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 3 Abs. 1 GG) ist im Abgabenrecht von besonderer und gesteigerter Bedeutung. Dies schließt es aus, dass Abgabengläubiger und Abgabenschuldner von den gesetzlichen Regelungen abweichende Vereinbarungen treffen, sofern nicht das Gesetz dies ausnahmsweise gestattet. Der Grundsatz, dass die Abgabenerhebung nur nach Maßgabe der Gesetze und nicht abweichend von den gesetzlichen Regelungen aufgrund von Vereinbarungen zwischen Abgabengläubiger und Abgabenschuldner erfolgen kann, ist danach "für einen Rechtsstaat so fundamental und für jeden rechtlich Denkenden so einleuchtend, dass seine Verletzung als Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zu betrachten ist, das Nichtigkeit zur Folge hat,"

vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1982 - 8 C 24.81 ‑, juris Rdnr. 15.

Das schließt eine gegenleistungslose, außerhalb eines Vergleichsvertrages vorgenommene Vereinbarung, die die Wirkung eines Verzichts hat, ohne Vorliegen eines gesetzlichen Erlassgrundes nach § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. a) KAG NRW i.V.m. § 227 AO aus,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. März 2002 - 15 A 4043/00 -, NWVBl. 2013, 60, juris Rdnr. 24 f.,

so dass Vereinbarungen nichtig sind, sofern nicht der Abgabenschuldner eine andere, seiner Benutzung der öffentlichen Einrichtung äquivalente Leistung erbringt, die eine Belastung der übrigen Abgabenschuldner mit dem seiner Benutzung entsprechenden Kostenanteil ausschließt. Das bedeutet, dass eine Vereinbarung in Bezug auf die Abgabenerhebung lediglich in engen Grenzen zulässig ist. Der Gebührengläubiger kann nur für einen begrenzten Zeitraum auf die Veranlagung von Kanalbenutzungsgebühren verzichten, wobei sich der künftige Zeitraum nach dem wirtschaftlichen Wert der Gegenleistung des Abgabeschuldners bemessen muss. Die Vereinbarung aus dem Jahr 2002 erfüllt nicht die Voraussetzungen eines wirksamen Gebührenverzichts, da die Beteiligten hierin in der Sache eine Vereinbarung auf unbestimmte Zeit getroffen haben, der keine äquivalente Gegenleistung des Klägers gegenüberstand. Soweit die Beteiligten vertraglich bestimmt haben, dass die Beklagte sich verpflichtet, das Straßenwasser unentgeltlich in ihre Abwasseranlage aufzunehmen und schadlos abzuführen, hat die Beklagte gegenüber dem Kläger zugesagt, inhaltlich auf unbestimmte Zeit Abwassergebühren nicht zu erheben.

Weiter kommt es nicht entscheidend darauf an, in welcher Höhe die Leistung des Klägers sowie die Gegenleistung der Beklagten in Form der unentgeltlichen Ableitung des Straßenoberflächenwassers seit Bestehen der jeweiligen Vereinbarungen für die Vergangenheit konkret zu beziffern sind. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Wirksamkeit der Vereinbarung maßgeblich daran geknüpft ist, dass eine äquivalente Gegenleistung kumulativ zu einer zeitlichen Befristung des Gebührenverzichts vorliegen muss. Vorliegend hat die Beklagte indes generell und ohne zeitliche Befristung auf die Erhebung von Gebühren für die Entwässerung der streitgegenständlichen Straßenflächen verzichtet. Allein diese generelle Vereinbarung auf unbestimmte Zeit ohne konkrete rechnerische Berücksichtigung des wirtschaftlichen Wertes der Kostenbeteiligung führt zur Nichtigkeit der entsprechenden Vereinbarungen entsprechend § 59 Abs. 1 VwVfG NRW i.V.m. § 134 BGB.

Der Hinweis, dass zunächst die öffentliche Vereinbarung geschlossen worden sei und die Beklagte erst jetzt einen Gebührenmaßstab eingeführt habe, der erstmals zur Erhebung von Gebühren für die Entwässerung von Straßenland geführt habe, führt auch nicht weiter. Denn der Senat hat bereits in seiner oben genannten Entscheidung vom 16. November 2009 - 9 A 2045/08 - ausgeführt, das es insoweit unschädlich ist, dass die im Tatbestand wiedergegebene Vereinbarung wörtlich nicht von einer Zusage oder gar einem Gebührenverzicht spricht.

"Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass die Beklagte zum Zeitpunkt ihres Abschlusses noch keine getrennte Regenwassergebühr erhoben hat und die Beteiligten daher die Frage nach einer etwaigen Gebührenpflicht des Klägers nicht einbezogen haben. In Bezug auf die Auslegung der vertraglichen Erklärungen der Beteiligten und ihrer subjektiven Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses kommt es nämlich auf eine etwaige tatsächlich bestehende Gebührenpflicht nicht an."

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. November 2009 - 9 A 2045/08 -, juris Rdnr. 4.

Im Übrigen spricht der Umstand, dass die Beklagte die gesonderte Niederschlagswassergebühr erst nach Abschluss der Vereinbarung aus dem Jahr 2000 eingeführt hat, gegen die Annahme des Klägers, es handele sich um einen Vergleichsvertrag i.S.d. § 55 VwVfG NRW, durch den sich die Vertragspartner die konkrete Ermittlung der abflusswirksamen Flächen hätten ersparen wollen.

Soweit der Kläger geltend macht, es liege ein gesetzlicher Erlassgrund nach § 12 Abs. 1 Nr. 5 a KAG NRW i.V.m. § 227 AO vor, ist diesen Darlegungen auch nicht zu folgen. Nach der sinngemäßen Anwendung der Vorschrift können die Behörden Ansprüche aus dem Benutzungsverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden. Warum ein solcher Erlassgrund in der Vereinbarung über die Mitbenutzung und Kostenbeteiligung zu sehen sein soll, erschließt sich aus den Ausführungen des Klägers nicht. Vielmehr meint der Kläger, dass bereits für den Abschluss und den Vollzug solcher Vereinbarungen gewichtige Sach- und Billigkeitsgründe sprächen. Dem kann schon im Ansatz nicht gefolgt werden.

Gewichtige Billigkeitsgründe sind weder in der Einsparung von Kosten für die Ermittlung der abflusswirksamen Flächen zu sehen noch darin, dass ein Straßenbaulastträger die Abwasseranlage einer Gemeinde nutzt bzw. nutzen muss. Auch in den vom Kläger behaupteten "beiderseitigen Vorteilen" der Mitbenutzungs- und Kostenbeteiligungsvereinbarung sind keine Gründe für einen Gebührenerlass zu sehen. Zu Recht verweist die Beklagte in ihrer Erwiderung darauf, dass reine Zweckmäßigkeitserwägungen nicht zu einem Erlassgrund nach § 12 Abs. 1 Nr. 5 a KAG NRW i.V.m. § 227 AO führen können, zumal Billigkeit Gerechtigkeit im Einzelfall sei.

Auch legt der Kläger nicht dar, dass die "Mitbenutzungs- und Kostenbeteiligungsvereinbarung" über 57.364,00 DM eine seiner Benutzung der öffentlichen Einrichtung angemessene Leistung beinhalten könnte. Der pauschale Hinweis auf die hypothetischen Kosten in Anlehnung an Nr. 14 Abs. 2 der auch für die Landesstraßen geltenden Richtlinien für die Behandlung von Ortsdurchfahrten von Bundesfernstraßen (ODR), die dem Kläger durch Anlage und Unterhaltung einer eigenen Entwässerungsanlage entstehen würden, reicht insoweit nicht aus, zumal im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Höhe der Gebühr noch völlig ungewiss und damit die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung gar nicht feststellbar gewesen ist.

Vgl OVG NRW, Beschluss vom 16. November 2009 - 9 A 2045/08 -, juris Rdnr. 8 f. m.w.N.

Im Übrigen betrifft der vom Kläger in Bezug genommene Beschluss des OVG Thüringen vom 18. November 2008 - Az. 4 EO 129/06 - zu § 23 Abs. 5 ThürStrG eine nicht mit der nordrheinwestfälischen Gesetzeslage vergleichbare, landesspezifische Regelung, die ausdrücklich eine Kostenbeteiligung des Straßenbaulastträgers bei der Herstellung und Erneuerung der Abwasseranlage vorsieht, die Heranziehung zu einem Entgelt für die Inanspruchnahme aber ausschließt.

2. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine für die Entscheidung des Streitfalls im Rechtsmittelverfahren erhebliche klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft. Die Darlegung dieses Zulassungsgrundes setzt die Formulierung einer bestimmten, noch nicht geklärten und für die Rechtsmittelentscheidung erheblichen Frage und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll.

Vorliegend fehlt es schon an der substantiierten Darlegung der genannten Voraussetzungen. Der Kläger hat nicht einmal eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage bezeichnet. Im Übrigen ist die Frage der Nichtigkeit der Gebührenverzichtsvereinbarung jeweils bezogen auf den konkreten Einzelfall zu beurteilen. Entscheidungserhebliche verallgemeinerungsfähige Fragen sind durch die vorliegende Konstellation nicht aufgeworfen.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen Abweichung zuzulassen (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Der Kläger hat bereits keinen Rechtssatz bezeichnet, den das beschließende Gericht oder das Bundesverwaltungsgericht aufgestellt haben und von dem das Verwaltungsgericht abgewichen sein soll. Es ist auch nicht dargelegt, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zur Nichtigkeit der vertraglichen Vereinbarung zur gebührenbefreiten unbefristeten Niederschlagswassereinleitung von einem Rechtssatz des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. März 2004 - 9 B 10.04 - abweichen könnte. Der Beschluss enthält keine Ausführungen zur Nichtigkeit von vertraglichen Vereinbarungen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).