OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.06.2013 - 6 A 63/12
Fundstelle
openJur 2013, 32379
  • Rkr:

Erfolgreiche Berufung einer Polizeikommissarin, die mit ihrer Klage Schadensersatz wegen unterbliebener Beförderung begehrt.

Eine Auswahlentscheidung, die auf eine noch nicht bekanntgegebene Beurteilung zurückgreift, ist rechtlich fehlerhaft.

Zur Plausibilität einer Beurteilung, die von einem den überwiegenden Beurteilungszeitraum erfassenden Beurteilungsbeitrag sowohl im Gesamtergebnis als auch in den Hauptmerkmalen jeweils um einen Punkt abweicht.

Die Beurteilungen von um eine Beförderungsstelle konkurrierenden Bewerbern sind - in zeitlicher Hinsicht - nicht hinreichend miteinander vergleichbar, wenn die jeweiligen Beurteilungszeiträume sich nicht einmal überschneiden und überdies durch einen langen Zeitraum, hier von elf Monaten, getrennt sind.

Bedarf es im Rahmen eines Schadensersatzbegehrens für die Ermittlung des hypothetischen Kausalverlaufs bei rechtmäßigem Verhalten des Dienstherrn der Nachzeichnung zahlreicher weiterer, komplexer und in der Sphäre des Dienstherrn liegender Verfahrensschritte bzw. Entscheidungsprozesse, die sich nicht mehr aufklären lassen, findet eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Klägers statt.

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Das beklagte Land wird unter Aufhebung des Bescheides des Landrates als Kreispolizeibehörde X. vom 19. Februar 2009 verurteilt, die Klägerin dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als wäre sie im Februar 2008 in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 BBesO befördert worden.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die am 7. Mai 1968 geborene Klägerin steht seit ihrer Ernennung zur Polizeimeisteranwärterin am 5. April 1994 als Polizeivollzugsbeamtin im Dienst des beklagten Landes und macht mit ihrer Klage Schadensersatz wegen unterlassener Beförderung geltend. Sie wurde mehrfach befördert, zuletzt am 28. Februar 2005 zur Polizeikommissarin (Besoldungsgruppe A 9 BBesO), und bestand im August 2006 die II. Fachprüfung. Danach wurde sie mit Wirkung vom 1. September 2006 dem Institut für Aus- und Fortbildung der Polizei NRW (LAFP NRW) zugewiesen. Mit Wirkung vom 1. September 2007 wurde sie zur Kreispolizeibehörde X. versetzt.

Mit Datum vom 30. Januar 2008 beurteilte der Landrat als Kreispolizeibehörde X. (Landrat) die Klägerin nach Nr. 4.2 BRL Pol (Beurteilung im Eingangsamt der Laufbahn) für den Zeitraum vom 1. September 2006 bis zum 30. November 2007 mit der Gesamtnote "die Leistung und Befähigung entsprechen voll den Anforderungen" (3 Punkte). Die Hauptmerkmale wurden bei überwiegender Benotung der zugehörigen Submerkmale mit 3 Punkten ebenfalls mit "entspricht voll den Anforderungen" beurteilt. In die Beurteilung einbezogen worden war ein Beurteilungsbeitrag vom 18. Dezember 2007 über ihre Tätigkeit beim LAFP NRW vom 1. September 2006 bis zum 31. August 2007. Die Submerkmale des Hauptmerkmals "Leistungsverhalten" waren darin überwiegend mit 4 Punkten (5x4 Punkte und 2x3 Punkte) und die Submerkmale der Hauptmerkmale "Leistungsergebnis" und "Sozialverhalten" ausnahmslos mit 4 Punkten bewertet worden. Die Abweichungen in der Beurteilung gegenüber dem Beurteilungsbeitrag begründete der Endbeurteiler mit dem anderen Tätigkeitsgebiet und dem damit verbundenen "höheren" Beurteilungsmaßstab. Erstbeurteiler war der bei der Polizeihauptwache X. tätige EPHK E. , der zum Beurteilungsstichtag 30. November 2007 im Beurteilungszeitraum drei Monate lang Vorgesetzter der Klägerin gewesen war. Die Bekanntgabe der Beurteilung erfolgte am 22. Februar 2008. Eine frühere Bekanntgabe unterblieb wegen einer Erkrankung der Klägerin.

Für die Monate Februar und März 2008 wurde der Kreispolizeibehörde X. je eine Beförderungsstelle der Besoldungsgruppe A 10 BBesO zugewiesen. Die Klägerin und drei weitere Beamte der Besoldungsgruppe A 9 gD wurden ausweislich eines Vermerks vom 10. Januar 2008 nicht in die Beförderungsauswahl einbezogen, weil weder der Stichtag noch der Beurteilungszeitraum von deren Eingangsamtsbeurteilungen eine zeitliche Übereinstimmung mit den Regelbeurteilungen der übrigen Beamten aufwiesen. Aus einem weiteren Vermerk vom 14. Januar 2008 ergibt sich, dass keiner der in die Beförderungsauswahl einbezogenen Beamten im Gesamtergebnis besser als 3 Punkte beurteilt war. In den Hauptmerkmalen erreichte ein Beamter zweimal 4 Punkte; die anderen Beamten erhielten lediglich in einem Hauptmerkmal 4 Punkte bzw. in allen Hauptmerkmalen 3 Punkte. Für die Auswahlentscheidung wurden die Beurteilungsergebnisse in den Hauptmerkmalen der aktuellen Beurteilungen sowie die Hilfskriterien "Anstellung/erstmalige Übertragung eines Amtes nach A9" und "Dienstalter" herangezogen.

Mit Schreiben vom 22. Januar 2008 forderte die Klägerin die rechtzeitige Erstellung ihrer Beurteilung sowie ihre Berücksichtigung in dem bevorstehenden Beförderungsverfahren. In der daraufhin vom Landrat eingeholten internen Stellungnahme des Büros für Rechtsangelegenheiten vom 23. Januar 2008 wurde darauf hingewiesen, dass bezüglich der Vergleichbarkeit der Beurteilungen in zeitlicher Hinsicht - bezogen auf die Klägerin einerseits und die ausgewählten Konkurrenten (Beurteilungszeiträume 2. Juni 2002 bis 1. Oktober 2005 bzw. 2. Januar 2003 bis 1. Oktober 2005) andererseits - rechtliche Bedenken bestünden. In der Stellungnahme wurde ferner ausgeführt, dass eine Beurteilung der Klägerin mit der Gesamtnote "3 Punkte" unter Berücksichtigung des Beurteilungsbeitrags nicht plausibel sei.

Die Entscheidung, die zugewiesenen Stellen mit den mit 3 Punkten beurteilten Beamten H. und T. zu besetzen, traf der Landrat am 28. Januar 2008. In dem Besetzungsvermerk vom 24. Januar 2008 heißt es zu der vom Rechtsamt angesprochenen Problematik der Vergleichbarkeit der Beurteilungen in zeitlicher Hinsicht, dass eine Aktualisierung der Regelbeurteilungen bzw. die Erstellung von 85 Anlassbeurteilungen wegen des damit verbundenen Aufwandes als unzumutbar erachtet werde und nicht erfolgen solle. Daher werde die Beurteilung der Klägerin mit den Beurteilungen der anderen Beamten "weitestgehend vergleichbar gemacht" und die Beurteilung zum Stichtag 2002/2003 als POM (mittlerer Dienst) einbezogen. Diese im mittleren Dienst erbrachten Noten seien jedoch nicht so hoch einzustufen wie die im gehobenen Dienst. Daher werde die Klägerin unter Heranziehung der Eingangsamtsbeurteilung mit der Gesamtnote "3" und drei Hauptmerkmalen "3" in die Auswahlentscheidung einbezogen.

Unter dem 5. Februar 2005, zugegangen am 8. Februar 2008, erhielt die Klägerin eine Konkurrentenmitteilung, in welcher sie darüber informiert wurde, dass beabsichtigt sei, u.a. die Konkurrenten H. und T. zu Oberkommissaren zu befördern, die sich aufgrund der aktuellen Beurteilung/qualitativen Ausschärfung durchgesetzt hätten.

Die Klägerin beantragte am 18. Februar 2008 beim Verwaltungsgericht Münster (4 L 120/08) den Erlass einer einstweiligen Anordnung und erhob am 19. Februar 2008 Klage gegen die Beförderungsentscheidung (4 K 428/08). Sie rügte dort, dass ihre Beurteilung mangels Bekanntgabe bei der am 28. Januar 2008 getroffenen Auswahlentscheidung noch nicht existent gewesen sei, dass bei den Konkurrenten auf Regelbeurteilungen für vollständig von ihrem Beurteilungszeitraum (1. September 2006 bis 30. November 2007) abweichende Zeiträume (2. Juni 2002 bzw. 2. Januar 2003 bis 1. Oktober 2005) abgestellt worden sei, und es deshalb an jeglicher Vergleichbarkeit der Beurteilungszeiträume gefehlt habe. Außerdem sei die Beurteilung mit Blick auf den um eine volle Note besseren Beurteilungsbeitrag nicht plausibel, zumal der Erstbeurteiler der Kreispolizeibehörde X. lediglich an 37 Tagen einen Eindruck von ihrer Tätigkeit habe gewinnen können. Am 14. April 2008 erhob sie Klage gegen ihre dienstliche Beurteilung vom 20. Januar 2008 (VG Münster - 4 K 971/08 -).

Mit Beschluss vom 24. April 2008 untersagte das Verwaltungsgericht Münster (4 L 120/08) dem beklagten Land die angekündigte Stellenbesetzung bis zur erneuten ermessensfehlerfreien Entscheidung über das Beförderungsbegehren der Klägerin. In der Begründung des Beschlusses stellte es maßgeblich darauf ab, dass die dienstliche Beurteilung der Klägerin im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung vom 28. Januar 2008 noch nicht existent gewesen sei. Es verneinte ferner in Anbetracht des deutlich besseren Beurteilungsbeitrags die Plausibilität der Beurteilung und wies darauf hin, dass Veranlassung bestanden habe, die Regelbeurteilungen der damaligen Beigeladenen zu aktualisieren, um eine Vergleichbarkeit herzustellen.

Mit Schreiben vom 28. Mai 2008 teilte der Landrat im Rahmen des Beförderungsrechtsstreits (VG Münster - 4 K 428/08 -) mit, er werde, sobald das gegen die dienstliche Beurteilung gerichtete Verfahren abgeschlossen sei, über die Besetzung der beiden Beförderungsstellen neu entscheiden, woraufhin die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärten. Am 17. Juli 2008 hob er die dienstliche Beurteilung der Klägerin vom 30. Januar 2008 auf. Das die Beurteilung betreffende Klageverfahren (VG Münster - 4 K 971/08 -) wurde daraufhin ebenfalls übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Am 17. Juli 2008 forderte der Landrat den Erstbeurteiler auf, bis zum 31. Juli 2008 einen neuen Beurteilungsvorschlag zu erstellen. Dieser wurde als "Entwurf" unter dem 25. Juli 2008 und endgültig unter dem 15. Oktober 2008 angefertigt. Mit Datum vom 15. Oktober 2008 (Erstbeurteiler) und unter dem 22. Oktober 2008 (Endbeurteiler) wurde die korrigierte dienstliche Beurteilung der Klägerin für den Zeitraum 1. September 2006 bis 1. Dezember 2007 unterzeichnet. Der Klägerin wurde nun das Gesamturteil "die Leistungen übertreffen die Anforderungen" (4 Punkte) erteilt. Die Hauptmerkmale "Leistungsverhalten" und "Sozialverhalten" wurden mit "übertrifft die Anforderungen" bewertet, das Hauptmerkmal "Leistungsergebnis" mit "entspricht voll den Anforderungen", wobei insoweit von dem Vorschlag des Erstbeurteilers ("übertrifft die Anforderungen") abgewichen wurde.

Unter dem 1. Oktober 2008 wurde der Klägerin außerdem eine Regelbeurteilung für den Zeitraum 2. Dezember 2007 bis 1. August 2008 mit dem Ergebnis "entspricht voll den Anforderungen" (3 Punkte) erteilt.

Die Besetzung der für Februar und März 2008 zugewiesenen Stellen unterblieb zunächst. Ausweislich des Vermerks des Landrates vom 29. Oktober 2008 wurde in einem "neuen Auswahlverfahren" über die Besetzung u.a. der fraglichen Stellen - nun zum 1. November 2008 - entschieden. Dabei wurde die Auswahl auf eine "qualitative Ausschärfung der aktuellen Beurteilung" sowie die "Leistungskonstanz bei vorausgegangenen Beurteilungen" abgestellt. Am 11. November 2008 wurde der Klägerin per Konkurrentenmitteilung die geplante Beförderung von fünf jeweils mit der Note "übertrifft die Anforderungen in besonderem Maße" (5 Punkte) beurteilten Beamten angekündigt, die ihr bei ihrer aktuellen Gesamtnote von 3 Punkten vorzuziehen seien. Hiergegen unternahm die Klägerin keine rechtlichen Schritte.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 16. Dezember 2008 forderte sie das beklagte Land auf, sie im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als sei sie im Februar bzw. März 2008 in die Besoldungsgruppe A10 BBesO befördert worden. Dieses Begehren begründete sie damit, dass zum einen ihre ursprüngliche Beurteilung vom 30. Januar 2008 rechtswidrig gewesen sei und im Übrigen das beklagte Land deren Neuerstellung so lange hinausgezögert habe, dass nach Erteilung der aktuellen Regelbeurteilung zum Stichtag 1. August 2008 ihre Beförderung nicht mehr möglich gewesen sei. Sie sei in Benachteiligungsabsicht vom Beförderungsverfahren gezielt ausgeschlossen worden. Da sie bei korrekter Erstellung der Beurteilung hätte befördert werden müssen, sei ihr Schadensersatzbegehren begründet. Hilfsweise beantragte sie, so gestellt zu werden, als sei sie spätestens bis zur Bekanntgabe sämtlicher Beurteilungen zum Stichtag 1. August 2008 befördert worden.

Mit Bescheid vom 19. Februar 2009 lehnte der Landrat das Schadensersatzbegehren der Klägerin ab. Zur Begründung führte er aus, in Anbetracht des auch vom Gericht als rechtlich bedenklich erachteten Auseinanderfallens der Beurteilungszeiträume bei der Klägerin und den seinerzeit ausgewählten Konkurrenten sei das Abwarten der neuen Regelbeurteilungen sinnvoll und rechtmäßig gewesen, da anderenfalls zahlreiche, nämlich ca. 100 Anlassbeurteilungen für alle grundsätzlich in Betracht kommenden Polizeivollzugsbeamten hätten erstellt werden müssen. Dieser Aufwand sei nicht zumutbar gewesen. Der Abbruch des Besetzungsverfahrens sei unter Berücksichtigung der vom Gericht aufgezeigten Bedenken bezüglich der Vergleichbarkeit der seinerzeitigen Beurteilungen nicht willkürlich erfolgt, sondern aus sachlichem Grund. Die Klägerin habe auch nicht gezielt aus der Beförderungskonkurrenz verdrängt werden sollen. Aus der erst später vorgelegten korrigierten Eingangsamtsbeurteilung sei kein Vorwurf abzuleiten, da die Erstellung bald nach den Erledigungserklärungen vom 31. Juli 2008 bzw. 8. August 2008 (in dem Verfahren VG Münster - 4 K 971/08 -) erfolgt sei und es ohnehin wegen der Neudurchführung des Verfahrens auf diese Beurteilung nicht mehr angekommen sei. Im Übrigen habe die Klägerin es versäumt, gegen die später auf der Grundlage der neuen Regelbeurteilungen getroffenen Beförderungsentscheidungen erneut Primärrechtsschutz in Anspruch zu nehmen, obwohl sie über die bevorstehende Ernennung der Mitkonkurrenten informiert worden sei. Es fehle dementsprechend auch an der Kausalität der behaupteten Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden.

Die Klägerin hat am 30. April 2009 Klage erhoben, die sie ergänzend damit begründet hat, dass bereits die Erteilung der mit Blick auf den Beurteilungsbeitrag nicht plausiblen und daher rechtswidrigen dienstlichen Beurteilung vom 30. Januar 2008 eine Pflichtverletzung des beklagten Landes darstelle, ohne die sie im Februar oder März 2008 befördert worden wäre. Letzteres ergebe sich daraus, dass die korrekte dienstliche Beurteilung das Gesamturteil 4 Punkte aufweise und eine entsprechende Note bereits bei der Erstellung hätte aufweisen müssen. Dessen ungeachtet sei es auch nicht zu rechtfertigen, dass das beklagte Land die Neuerstellung der dienstlichen Beurteilung bis zum 22. Oktober 2008 hinausgezögert habe. Der Erstbeurteiler habe seinen Jahresurlaub erst am 29. Mai 2008 angetreten; der Beschluss des Gerichts datiere indes schon vom 24. April 2008, so dass eine nicht erklärbare einmonatige Untätigkeit vorliege. Das beklagte Land sei verpflichtet gewesen, umgehend eine neue dienstliche Beurteilung zu erstellen. Stattdessen habe es durch das Hinauszögern den Förderungsanspruch der Klägerin verletzt. Gerade in Anbetracht des nahenden Beurteilungsstichtags für die neuen Regelbeurteilungen (1. August 2008) sei es verpflichtet gewesen, die erneute und korrekte Beurteilung der Klägerin schnellstmöglich vorzunehmen. Auf den vom beklagten Land eingewandten Umstand der Notwendigkeit neuer Beurteilungen auch für die damaligen Konkurrenten komme es nicht an. Entscheidend sei allein, dass sie befördert worden wäre, wenn sie bereits im Januar 2008 korrekt beurteilt worden wäre.

Die Klägerin hat beantragt,

das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Landrates als Kreispolizeibehörde X. vom 19. Februar 2009 zu verpflichten, sie dienst-, beamten- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei sie bereits im Februar 2008, hilfsweise im März 2008, in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 BBesO befördert worden.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat in Anknüpfung an seinen Bescheid vom 19. Februar 2009 ausgeführt, durch den Jahresurlaub des Erstbeurteilers vom 29. Mai 2008 bis zum 24. Juni 2008 sowie eine Erkrankung der Klägerin vom 24. Juni 2008 bis zum 22. August 2008 sei eine zeitlich frühere Neubeurteilung nicht möglich gewesen. Das Beurteilungsgespräch habe erst am 24. Juli 2008 geführt werden können. Allein durch die Neuerstellung der Beurteilung sei zudem der Mangel der erheblichen Zeitdifferenz nicht zu heilen gewesen. Insoweit habe es einer Aktualisierung der Beurteilungen nicht nur der Konkurrenten bedurft, sondern aller etwa 100 Polizeivollzugsbeamten/innen der Besoldungsgruppe A 9 BBesO. Dieser Aufwand sei unzumutbar gewesen und habe es gerechtfertigt, die neuen, zum Stichtag 1. August 2008 anstehenden Regelbeurteilungen abzuwarten und das Beförderungsverfahren dementsprechend auszusetzen. Dies sei nicht willkürlich im Sinne der Rechtsprechung zum Abbruch eines Besetzungsverfahrens. Auch eine gezielte Benachteiligung der Klägerin liege erkennbar nicht vor. Eine Rechtsverletzung der Klägerin könne nur dann angenommen werden, wenn die Stellen auch im Februar/März 2008 besetzt worden wären, da die Klägerin nur dann die Rechtsstellung einer notwendig auszuwählenden Bewerberin erlangt gehabt hätte. Der gerechtfertigte Abbruch des Verfahrens stehe dem indes entgegen. Außerdem habe die Klägerin im November 2008 in vorwerfbarer Weise versäumt, einen möglichen Schaden durch erneute Einlegung eines Rechtsmittels abzuwenden. Die Amtsinhaber der Kreispolizeibehörde X. hätten im Übrigen auch nicht fahrlässig gehandelt. Bis zum Vorliegen vergleichbarer Beurteilungen seien Beförderungen nämlich nicht vorgenommen worden.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 6. Dezember 2011 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von Schadensersatz wegen einer im Februar bzw. März 2008 unterbliebenen Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 BBesO. Die Kreispolizeibehörde X. habe allerdings im Januar 2008 den Anspruch der Klägerin auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl verletzt. Das damalige Auswahlverfahren habe den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt, weil für die Klägerin eine mangels Bekanntgabe noch nicht existente Beurteilung zu Grunde gelegt worden sei und sie im Auswahlverfahren mit der Note "3 Punkte" eingereiht worden sei, obwohl dieser Bewertung mit Blick auf den fast den gesamten Beurteilungszeitraum abdeckenden, erheblich besseren Beurteilungsbeitrag die Plausibilität gefehlt habe. Die Rechtsverletzungen im Rahmen der im Januar 2008 getroffenen Auswahlentscheidung zu Lasten der Klägerin seien nicht unter dem Gesichtspunkt eines "gerechtfertigten" Abbruchs des Beförderungsverfahrens unbeachtlich. Es lasse sich nämlich kein Abbruch des gesamten Besetzungsverfahrens feststellen; allein das Zurückstellen der Beförderungsentscheidungen mit Blick auf die anstehenden Regelbeurteilungen erfülle nicht die Voraussetzungen eines Abbruchs. Es habe allein der Beschaffung neuer, aktueller Erkenntnisgrundlagen gedient, mit denen das nur "ruhend gestellte" Besetzungsverfahren habe zu Ende geführt werden sollen.

Die aufgezeigten Pflichtverletzungen habe die Kreispolizeibehörde auch schuldhaft begangen. Es sei seitens der für das beklagte Land handelnden Amtswalter mindestens leicht fahrlässig gewesen, die Klägerin im Auswahlverfahren als mit 3 Punkten benotet anzusehen, obwohl sich dieses Ergebnis mit der erheblich abweichenden Benotung in dem Beurteilungsbeitrag nicht habe vereinbaren lassen. Das Wissen, dass Beurteilungsbeiträge angemessen "zu berücksichtigen" (Ziffer 9.1 BRL Pol) seien, und eine solche Berücksichtigung im Interesse einer der Beurteilungsgerechtigkeit geschuldeten Plausibilität auch einen Abgleich der entsprechenden Erkenntniszeiträume erfordere, sei bei einem mit Beurteilungsaufgaben betrauten Amtswalter vorauszusetzen. Ebenso als fahrlässig zu bewerten sei es, dass die Beurteilung der Klägerin bei der Auswahlentscheidung im Januar 2008 als existent behandelt worden sei, obwohl sie der Klägerin noch nicht eröffnet worden sei. Das Vorliegen einer vor Beginn des Auswahlverfahrens ordnungsgemäß erteilten Beurteilung gehöre zu den zentralen Erfordernissen einer rechtmäßigen Besetzungsentscheidung. Der fehlende Abschluss des Beurteilungsverfahrens hätte vom handelnden Amtswalter unschwer erkannt werden können. Der Schadensersatzanspruch bleibe indes trotz der schuldhaft begangenen Rechtsverstöße erfolglos, weil sich nicht feststellen lasse, dass diese adäquat kausal für die Nichtbeförderung der Klägerin im Februar bzw. März 2008 geworden seien. Die dafür notwendige Feststellung, dass die Kreispolizeibehörde X. bei Durchführung eines in jeder Beziehung korrekten Auswahlverfahrens einzig und allein die Klägerin auf die im Februar bzw. März 2008 zu besetzende Stelle hätte befördern müssen, lasse sich nicht treffen. Zwar wäre die rechtzeitige Erstellung einer auf 4 Punkte lautenden Beurteilung vor der Entscheidung über die Stellenvergabe die einzig korrekte Entscheidung seitens des Dienstherrn gewesen. Für den Landrat hätte indes im Hinblick auf die Vergleichbarkeit Veranlassung bestanden, die Regelbeurteilungen der Konkurrenten zu aktualisieren. Allein der Umstand, dass eine - wie auch immer nach pflichtgemäßem Ermessen ausgestaltete - Aktualisierung hätte stattfinden müssen, schließe jedoch die Feststellung aus, dass die Klägerin im Februar/März 2008 hätte befördert werden müssen. Denn das Ergebnis einer solchen Aktualisierung zur Herstellung der Vergleichbarkeit sei denknotwendig offen. Lasse sich eine Kausalität der vom Beklagten begangenen Pflichtverstöße für die Nichtbeförderung der Klägerin nicht feststellen, so bedürfe es keiner abschließenden Entscheidung, ob der Klägerin entsprechend § 839 Abs. 3 BGB vorzuwerfen sei, dass sie nicht versucht habe, erneut im Wege eines Konkurrentenstreitverfahrens die Ernennung (eines) der fünf mit 5 Punkten und damit um zwei Noten besser beurteilten Beamten zu verhindern.

Gegen das am 9. Dezember 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 5. Januar 2012 die Zulassung der Berufung beantragt und ihren Antrag am 9. Februar 2012 begründet. Mit Beschluss vom 29. Januar 2013, zugestellt am 31. Januar 2013, hat der Senat die Berufung zugelassen.

Die Klägerin trägt mit ihrer am 6. Februar 2013 eingegangenen Berufungsbegründung vor, das Gericht habe zu Unrecht die fehlende Vergleichbarkeit der Beurteilung der Klägerin mit den Regelbeurteilungen der Konkurrenten angenommen und daher Veranlassung für eine Aktualisierung dieser Beurteilungen gesehen. Dies sei nicht zwingend, weil die Regelbeurteilungen der Mitbewerber noch hinreichend aktuell seien, wenn sie - wie hier - nicht älter als drei Jahre seien. Im Übrigen schließe die Beurteilungsrichtlinie - soweit eine Regelbeurteilung vorhanden sei - eine Anlassbeurteilung aus. Unter dieser Prämisse wäre die Klägerin zu befördern gewesen, weil die nicht rechtzeitig erstellte Beurteilung auf 4 Punkte im Gesamtergebnis hätte lauten müssen und sie sich damit gegen ihre Mitbewerber durchgesetzt hätte. Aber auch wenn man eine Aktualisierung der Beurteilungen verlange, sei die Schadensersatzklage begründet, weil der Rechtsverstoß adäquat kausal für die Nichtbeförderung gewesen sei. Soweit es um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn gehe, bestehe nämlich für die Behörde eine aus § 86 VwGO resultierende Darlegungspflicht, so dass im Fall der Nichterweislichkeit einschlägiger Tatsachen eine Umkehr der materiellen Beweislast stattfinde. Das Bundesverwaltungsgericht erwäge in seiner neueren Rechtsprechung - Urteil vom 26. Januar 2012 - 1 A 7.09 - Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zu Gunsten des Klägers, wenn etwa in - durch eine Vielzahl miteinander verschränkter Rechtsfehler gekennzeichneten - Auswahlverfahren Schwierigkeiten bei der Ermittlung des hypothetischen Kausalverlaufs aufträten. Ein Anspruch auf Schadensersatz werde hierbei schon dann regelmäßig in Betracht kommen, wenn der unterlegene Kandidat bei einer Entscheidung nach leistungsbezogenen Auswahlkriterien zumindest reelle Beförderungschancen gehabt hätte, wenn also seine Beförderung ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG nach Lage der Dinge ernsthaft möglich gewesen wäre. Hier hätte für den Landrat Veranlassung zur Aktualisierung der Regelbeurteilungen der Konkurrenten bestanden. Da dies gleichwohl unterblieben sei, sei das Ergebnis einer Aktualisierung offen. Die Nichterweislichkeit der Tatsachen falle damit in den Verantwortungsbereich des Dienstherrn, was zu einer Umkehr der Beweislast führe. Schließlich könne der Klägerin nicht entsprechend § 839 Abs. 3 BGB vorgeworfen werden, dass sie nach Erhalt der Konkurrentenmitteilung im November 2008 nicht erneut um gerichtlichen Eilrechtsschutz gegen die Ernennung eines Konkurrenten nachgesucht habe. Denn die zur Ernennung vorgesehen Beamten hätten sämtlich über eine 5-Punkte-Beurteilung im Gesamtergebnis verfügt. Die Aussichtslosigkeit eines Vorgehens dagegen durch die deutlich schlechter beurteilte Klägerin hätte von vornherein festgestanden und wäre daher bloße Förmelei gewesen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Landrates als Kreispolizeibehörde X. vom 19. Februar 2009 zu verpflichten, sie dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei sie bereits im Februar 2008, hilfsweise im März 2008, in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 BBesO befördert worden.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es führt aus, dass ein Schadensersatzanspruch - selbst bei Annahme einer Beweislastumkehr - scheitere, weil die Entscheidung des Dienstherrn auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten nicht nur auf die Beförderung der Klägerin hätte hinauslaufen können. In die Betrachtung des hypothetischen Kausalverlaufs sei einzubeziehen, dass sich das beklagte Land dazu entschlossen habe, die alsbald bevorstehende Regelbeurteilung abzuwarten und zur Grundlage der Beförderungsentscheidung zu machen. Damit seien sämtliche Bewerber in zeitlicher Hinsicht einheitlich beurteilt worden. Die Entscheidung sei dadurch zwangsläufig auf diejenigen Konkurrenten zugelaufen, die mit 5 Punkten eine Note besser als die Klägerin - nach der Korrektur auf 4 Punkte - beurteilt worden seien. Die Entscheidung, die Regelbeurteilungen abzuwarten, sei rechtmäßig gewesen. Das Beförderungsverfahren sei nicht abgebrochen, sondern nur ruhend gestellt worden. Dies sei rechtlich möglich gewesen, weil weder eine Ausschlussfrist für Bewerbungen noch ein konkreter Endzeitpunkt für das Beförderungsverfahren vorgesehen gewesen seien. Die geringfügige, durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Beurteilung der Klägerin bedingte Verzögerung der Besetzungsentscheidung habe zudem den Vorteil eines vergrößerten Bewerberkreises mit sich gebracht. Auch im Fall einer rechtmäßigen Beurteilung der Klägerin mit 4 Punkten wäre die Beförderungsentscheidung erst zu einem Zeitpunkt getroffen worden, in dem sich Bewerber mit der Gesamtnote von 5 Punkten beworben hätten. Damit sei der hypothetische Kausalverlauf mit dem tatsächlich eingetretenen identisch und die Klägerin wäre in keinem Fall befördert worden. Die angegriffene Beurteilung sei demnach nicht ursächlich für einen Schaden, so dass auch keine Beweislastumkehr eintrete. Ein Anspruch, das Verfahren in dem Stadium festzuhalten, in welchem der Klägerin nur vier Konkurrenten gegenüber gestanden hätten, bestehe demnach nicht. Im Übrigen habe die Klägerin es unterlassen, Primärrechtsschutz gegen die Beförderung des mit 5 Punkten bewerteten Kollegen zu suchen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Landes Bezug genommen.

Gründe

Die dem angegriffenen Urteil zugrunde liegende Klage ist zulässig und begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch zu, im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als wäre sie im Februar 2008 zur Polizeioberkommissarin befördert worden. Der dem entgegenstehende Bescheid des Landrates als Kreispolizeibehörde X. (Landrat) vom 19. Februar 2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm infolge einer verspäteten oder unterbliebenen Beförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG bzw. § 20 Abs. 6 LBG NRW, § 9 BeamtStG folgenden Anspruch des übergangenen Beamten auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und er es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Diese Voraussetzungen liegen vor.

Der Landrat hat bei der Vergabe der ihm für Februar und März 2008 zugewiesenen Beförderungsstellen der Besoldungsgruppe A 10 BBesO den Anspruch der Klägerin auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl verletzt.

Der Dienstherr hat bei seiner Entscheidung über die Vergabe von Beförderungsstellen das in Art. 33 Abs. 2 GG bzw. § 20 Abs. 6 LBG NRW, § 9 BeamtStG verankerte Prinzip der Bestenauslese zu beachten und Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber zu bewerten und zu vergleichen. Allein diese Kriterien geben Aufschluss darüber, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Anderen Kriterien darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand leistungsbezogener Kriterien kein Vorsprung eines Bewerbers ergibt.

Gemessen hieran erweist sich das hier (allein) streitgegenständliche Stellenbesetzungsverfahren des Landrates, in dem über die ursprünglich beabsichtigte Stellenbesetzung im Februar bzw. März 2008 entschieden worden ist, als rechtswidrig.

Das vom Landrat durchgeführte Auswahlverfahren genügte den gesetzlichen Anforderungen nicht, weil die der Klägerin erteilte Eingangsamtsbeurteilung vom 30. Januar 2008, die bei dem Leistungsvergleich zu Grunde gelegt wurde, der Klägerin noch nicht bekannt gegeben war und nicht den an die Plausibilität zu stellenden Anforderungen entsprach.

Die Eingangsamtsbeurteilung, mit der die Klägerin am Auswahlverfahren beteiligt worden ist, ist ihr erst am 22. Februar 2008 bekannt gegeben worden. Die abschließende Auswahlentscheidung über die Stellenbesetzung hatte der Landrat hingegen bereits am 28. Januar 2008 durch Unterzeichnung des Besetzungsvermerks vom 24. Januar 2008 getroffen; die Konkurrentenmitteilungen sind unter dem 5. Februar 2008 erstellt worden. Eine Auswahlentscheidung, die auf eine noch nicht bekanntgegebene Beurteilung zurückgreift, beruht auf einer unvollständigen Grundlage und ist rechtlich fehlerhaft. Im Übrigen ist ein solches Verhalten mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar, weil der betroffene Beamte vor der Bekanntgabe der Beurteilung keine Möglichkeit hat, sich mit der Beurteilung auseinanderzusetzen oder gegebenenfalls Einwände gegen sie zu erheben.

Die Eingangsamtsbeurteilung war aber auch sonst rechtlich fehlerhaft. Die Klägerin erreichte in dieser, den Beurteilungszeitraum vom 1. September 2006 bis zum 30. November 2007 erfassenden Beurteilung im Gesamtergebnis 3 Punkte ("die Leistungen und Befähigung entsprechen voll den Anforderungen"); auch die Hauptmerkmale wurden - ebenso wie die überwiegende Zahl der zugehörigen Submerkmale - mit 3 Punkten ("entspricht den Anforderungen") bewertet. Der in die Beurteilung mit einbezogene, den Zeitraum der Abordnung der Klägerin an das LAFP NRW vom 1. September 2006 bis zum 30. August 2007 erfassende Beurteilungsbeitrag vom 18. Dezember 2007 bewertete hingegen die den Hauptmerkmalen zugeordneten Submerkmale überwiegend (Leistungsverhalten) bzw. ausnahmslos (Leistungsergebnis und Sozialverhalten) mit 4 Punkten. Vor dem Hintergrund, dass der Beurteilungsbeitrag mit 12 Monaten den überwiegenden Teil des insgesamt 15monatigen Beurteilungszeitraums abdeckte, bedurfte es einer nachvollziehbaren Erklärung, warum die Klägerin in der Eingangsamtsbeurteilung nahezu durchgehend um einen Punkt niedriger bewertet wurde. Die vom Endbeurteiler dazu unter Ziffer IV. der Beurteilung abgegebene Begründung konnte diese Ungereimtheiten nicht auflösen. Darin wurde ausgeführt, dass sich der herangezogene Beurteilungsbeitrag auf eine andere Tätigkeit der Beamtin beziehe und daher in dem jetzigen Tätigkeitsgebiet im Vergleich zu anderen Beamten ihrer Vergleichsgruppe ein strengerer Maßstab anzulegen sei. Dieser nicht weiter konkretisierte Hinweis genügte nicht, um die niedrigere Bewertung zu plausibilisieren. Das folgt schon daraus, dass sich die Klägerin sowohl im Zeitraum des Beurteilungsbeitrags als auch danach im statusrechtlichen Amt einer Polizeikommissarin (A 9 BBesO g.D.) befand und die Leistungsbeurteilung stets mit Blick auf die Anforderungen des statusrechtlichen Amtes zu erfolgen hat. Besonderheiten im Einzelfall - etwa das Vorliegen von besonders starken oder schwachen Vergleichsgruppen - sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Das Auswahlverfahren erweist sich ferner als rechtswidrig, weil die Auswahlentscheidung auf der Grundlage in zeitlicher Hinsicht nicht miteinander vergleichbarer und infolge dessen hier nicht hinreichend aktueller Beurteilungen getroffen worden ist. Der Beurteilungszeitraum der Eingangsamtsbeurteilung der Klägerin erfasste den Zeitraum vom 1. September 2006 bis zum 30. November 2007 und wies damit keine Überschneidung mit den Beurteilungszeiträumen der Regelbeurteilungen der konkurrierenden Beamten auf, die den Zeitraum vom 2. Juni 2002 bzw. 2. Januar 2003 bis zum 1. Oktober 2005 betrafen. Die Regelbeurteilungen der Mitbewerber mögen zwar für sich betrachtet hinreichend aktuell gewesen sein und in einer anderen - z.B. auf Beamte mit entsprechenden Beurteilungen beschränkten - Konkurrenzsituation ohne Aktualisierung eine hinlängliche Grundlage für eine Auswahlentscheidung dargestellt haben.

Zum Aktualitätsgebot vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, BVerwGE 140, 83, Beschlüsse vom 24. Mai 2011 - 1 WB 59.10 -, NVwZ-RR 2012, 32, und vom 22. September 2005 - 1 WB 4.05 -, DVBl. 2006, 574.

Ein sachgerechter, den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechender Leistungsvergleich kann indes nur stattfinden, wenn keinem der Bewerber ein nennenswerter Aktualitätsvorsprung erwächst.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 2011 - 1 WB 59.10 -, a.a.O., und Urteil vom 18. Juli 2001 - 2 C 41.00 -, NVwZ-RR 2002, 201; OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2011 - 6 B 335/11 -, nrwe.de.

Dass diesen Anforderungen nicht mehr Genüge getan ist, wenn sich die Beurteilungszeiträume nicht einmal überschneiden und sogar durch einen längeren Zeitraum, hier mit elf Monaten von nahezu einem Jahr, getrennt sind, ist offensichtlich.

Einschränkungen des Grundsatzes der "höchstmöglichen Vergleichbarkeit" der Beurteilungen sind nur hinzunehmen, soweit sie auf zwingenden dienstlichen Gründen beruhen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2001 - 2 C 41.00 -, a.a.O.

Dies ist hier nicht der Fall. Es ist bereits zweifelhaft, ob bei einem völligen zeitlichen Auseinanderfallen der Beurteilungszeiträume überhaupt noch von einer "Einschränkung" des Grundsatzes der höchstmöglichen Vergleichbarkeit gesprochen werden kann, oder ob dieser damit nicht vielmehr insgesamt außer Kraft gesetzt ist. Unabhängig davon dürfen an die "zwingenden Gründe" wegen des durch Art. 33 Abs. 2 GG mit Verfassungsrang ausgestatteten Leistungsgrundsatzes keine zu geringen Anforderungen gestellt werden. Allein ein - auch erheblich- erhöhter Verwaltungsaufwand ist insoweit nicht geeignet, das Leistungsprinzip in dem hier praktizierten Umfang zurücktreten zu lassen.

Die Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs der Klägerin bei der Auswahlentscheidung im Februar 2008 ist auf ein schuldhaftes Verhalten des Dienstherrn zurückzuführen.

Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz gilt der allgemeine Verschuldensmaßstab des Bürgerlichen Rechts. Danach handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Nach diesem Sorgfaltsmaßstab ist auf die Anforderungen abzustellen, deren Beachtung von dem verantwortlichen Amtsinhaber generell verlangt werden kann. Dazu gehört, dass er die Sach- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der zur Verfügung stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden muss. Stellt sich eine behördliche Maßnahme als fehlerhaft heraus, so kann daraus ein Verstoß des verantwortlichen Amtsinhabers gegen Sorgfaltspflichten nicht hergeleitet werden, wenn er die zugrunde liegende Rechtsauffassung aufgrund sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen hat und sie im Ergebnis als vertretbar angesehen werden kann. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn die zu beurteilende Rechtsfrage nicht einfach zu beurteilen und weder durch die Rechtsprechung geklärt noch im Schrifttum abschließend behandelt ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 -, BVerwGE 124, 99; OVG NRW, Beschluss vom 30. Dezember 2009 - 6 A 921/07 -, nrwe.de.

Nach diesem Maßstab hat der verantwortliche Amtsinhaber fahrlässig gehandelt, indem er die Klägerin am Auswahlverfahren mit einer auf 3 Punkte lautenden, noch nicht bekanntgegebenen Beurteilung beteiligt hat. Mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG zählt es zu den zentralen Erfordernissen eines den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügenden Auswahlverfahrens, dass - jedenfalls spätestens im Zeitpunkt der abschließenden Auswahlentscheidung - für alle Bewerber eine vollständig erstellte, ordnungsgemäß eröffnete Beurteilung vorliegt. Das Erfordernis der Bekanntgabe war im Übrigen ohne Weiteres aus den für das damalige Auswahlverfahren maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien im Bereich der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen (RdErl. d. Innenministeriums v. 25.1.1996- IV B 1 - 3034 H) i.d.F. des Änderungserlasses vom 19. Januar 1999 (BRL Pol a.F.) ersichtlich, die unter Ziffer 9.8 ausdrücklich die Bekanntgabe zum Abschluss des Beurteilungsverfahrens vorsahen. Des Weiteren hatte die Klägerin unter dem 22. Januar 2008 ausdrücklich die rechtzeitige Erstellung ihrer Beurteilung gefordert.

Der verantwortliche Amtswalter hat ebenso fahrlässig gehandelt, indem er die Auswahlentscheidung auf der Grundlage einer nicht plausiblen Beurteilung getroffen hat. Es entspricht der ständigen Senatsrechtsprechung, dass Beurteilungen - auch unter Berücksichtigung von darin zugrunde gelegten Beurteilungsbeiträgen - plausibel sein müssen. Einen erheblichen Teil des Beurteilungszeitraums erfassende Beurteilungsbeiträge müssen mit einem dem entsprechenden Gewicht in die Beurteilung einfließen.

Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 16. Januar 2012 - 6 A 1553/11 -, nrwe.de.

Nach Ziffer 9.1 Abs. 2 BRL Pol a.F. sind Beurteilungsbeiträge "zu berücksichtigen". Die Kenntnis all dessen ist bei einem mit Beurteilungsaufgaben betrauten Amtswalter vorauszusetzen. Ebenso hätte der zuständige Amtswalter bei gewissenhafter Prüfung erkennen können, dass die Wahrnehmung unterschiedlicher Aufgaben bei gleichem statusrechtlichem Amt für sich gesehen nicht geeignet ist, die gegenüber dem Beurteilungsbeitrag durchgehend schlechter ausgefallene Beurteilung plausibel zu machen. Dies gilt umso mehr als das Büro für Rechtsangelegenheiten des Landrats in seiner Stellungnahme vom 23. Januar 2008 ausdrücklich auf die "Schwierigkeiten, entgegen dem vorliegenden Beurteilungsbeitrag der vorherigen Dienststelle der Frau T. ("4") eine "3" für die anstehende Beurteilung zu rechtfertigen", hingewiesen hat. Gleichwohl hat sich der Amtswalter über diese Bedenken hinweggesetzt.

Ob dem verantwortlichen Amtswalter desweiteren Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, soweit er die Auswahlentscheidung auf der Grundlage nicht hinreichend miteinander vergleichbarer Beurteilungen getroffen hat, kann hier angesichts der beiden bereits festgestellten schuldhaften Pflichtverletzungen offen bleiben. Dafür spricht allerdings ebenfalls die insoweit eindeutige Stellungnahme des Büros für Rechtsangelegenheiten vom 23. Januar 2008. Zudem ist die "Rückrechnung" der Beurteilung der Klägerin auf den Regelbeurteilungszeitpunkt der Mitbewerber fragwürdig. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Einwandes, der Zeitaufwand und die Belastung für die Anfertigung von Anlassbeurteilungen seien für die Beurteiler unvertretbar gewesen, weil die Beamten ohnehin ein halbes Jahr später regelbeurteilt würden.

Der Klägerin ist durch die festgestellten Pflichtverstöße der geltend gemachte Schaden adäquat kausal entstanden. Die Feststellung einer adäquaten Kausalität zwischen der rechtswidrigen Auswahlentscheidung und dem behaupteten Schaden setzt voraus, dass die Behörde, wenn sie die Fehler im Auswahlverfahren vermieden hätte, voraussichtlich zu Gunsten des Beamten entschieden hätte. Hierfür muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Mai 2002 - 2 C 29.01 -, IÖD 2002, 242, und vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 -, juris.

Das Gericht muss ermitteln, welche Handlungsalternativen der Dienstherr erwogen und warum er sich für den konkret eingeschlagenen fehlerhaften Weg entschieden hat. Es muss beurteilen, welchem Bewerber der Dienstherr den Vorzug gegeben hätte, wenn er eine rechtmäßige Alternative verfolgt hätte.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 -, BVerwGE 141, 361, und vom 27. Februar 2003 - 2 C 16.02 -, IÖD 2003, 170.

Allerdings ist die Darlegung und Ermittlung eines solchen hypothetischen Kausalverlaufs umso schwieriger, je fehlerhafter das Auswahlverfahren im konkreten Fall gewesen ist. Denn auch wenn es häufig möglich sein wird, einzelne Rechtsfehler eines Auswahlverfahrens hinwegzudenken, um den hypothetischen Kausalverlauf bei rechtmäßigem Verhalten des Dienstherrn nachzuzeichnen, werden hinreichende Anhaltspunkte für eine derartige Betrachtung häufig fehlen, wenn das Auswahlverfahren durch eine Vielzahl miteinander verschränkter Rechtsfehler gekennzeichnet ist. Die Ermittlung des hypothetischen Kausalverlaufs kann auch dann schwierig oder sogar unmöglich sein, wenn der Dienstherr zu seiner Aufklärung nichts beiträgt, etwa weil keine umfassende Aktenvorlage erfolgt oder weil zwar Unterlagen vorgelegt werden, sich diesen aber nichts Hinreichendes für die Verfolgung einer rechtmäßigen Handlungsalternative entnehmen lässt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 -, a.a.O.

Entsprechendes gilt, wenn - wie hier - ein fehlerfreies (hypothetisches) Auswahlverfahren weiterer komplexer, nachträglich nicht im einzelnen rekonstruierbarer und in der Sphäre des Dienstherrn liegender Verfahrensschritte bzw. Entscheidungsprozesse bedurft hätte.

In solchen Fällen kann das Gericht Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zu Gunsten des Klägers erwägen oder der Situation bei seiner Prognose eines möglichen Erfolgs des Klägers bei rechtmäßigem Verhalten des Dienstherrn Rechnung tragen. Ein Anspruch auf Schadensersatz wird hierbei schon regelmäßig dann in Betracht kommen, wenn der unterlegene Kandidat bei einer Entscheidung nach leistungsbezogenen Auswahlkriterien zumindest reelle Beförderungschancen gehabt hätte, wenn also seine Beförderung ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG nach Lage der Dinge ernsthaft möglich gewesen wäre.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 -, a.a.O., und vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 -, a.a.O.

Nach diesen Maßstäben geht der Senat davon aus, dass die Klägerin zumindest ernsthafte Beförderungschancen gehabt hätte, wären die Fehler des Auswahlverfahrens vermieden worden.

Zunächst wäre die Klägerin - in Vermeidung des Bekanntgabe- und Plausibilitätsdefizits - mit einer rechtzeitig eröffneten, im Gesamtergebnis und jedenfalls in zwei Hauptmerkmalen mit 4 Punkten schließenden Beurteilung - so lautete schließlich die korrigierte Eingangsamtsbeurteilung vom 22. Oktober 2008 - in die Auswahlentscheidung einbezogen worden. Es hätte damit die reelle Chance bestanden, dass sich die Klägerin gegen ihre Mitbewerber durchgesetzt hätte, weil sie mit diesem Ergebnis eine immerhin überdurchschnittliche Beurteilung vorzuweisen gehabt hätte.

In welcher Weise und mit welchem Ergebnis die fehlende Vergleichbarkeit der Beurteilungen der Klägerin und ihrer Mitbewerber ausgeräumt worden wäre, ist nicht mehr festzustellen. Es lässt sich nicht mehr nachvollziehen, in welcher Weise der Dienstherr den ihm dabei zustehenden Entscheidungsspielraum ausgeübt hätte. Es ist weder hinreichend sicher, ob er dies durch Anlassbeurteilungen oder auf sonstigem Wege realisiert hätte, noch feststellbar zu welchen (Beurteilungs‑) Ergebnissen er bei einer - wie auch immer gearteten - Herstellung der Kompatibilität gelangt wäre.

Dieser Einschätzung steht nicht entgegen, dass einige der im Rahmen des Auswahlverfahrens Anfang 2008 beteiligten Mitkonkurrenten der Klägerin in der neuen Regelbeurteilung zum Stichtag 1. August 2008 eine Beurteilung mit 5 Punkten im Gesamtergebnis sowie in sämtlichen Hauptmerkmalen erreicht und damit um einen Punkt besser abgeschnitten haben als die Klägerin in ihrer Eingangsamtsbeurteilung. Denn diese zweifellos einen höheren Leistungsstand dokumentierenden Regelbeurteilungen lassen keinen hinreichend sicheren Schluss darauf zu, dass die fraglichen Beamten auch bereits über ein halbes Jahr zuvor, zu dem Zeitpunkt der hypothetischen Erstellung der Anlassbeurteilungen oder einer sonstigen Aktualisierung, eine Beurteilung mit 5 Punkten oder jedenfalls eine bessere Beurteilung als die Klägerin erlangt hätten. Eine solche Einschätzung wäre- nicht zuletzt im Hinblick darauf, dass sämtliche in der neuen Regelbeurteilung zum Stichtag 1. August 2008 mit 5 Punkten im Gesamtergebnis beurteilten Konkurrenten in der vorangegangenen Regelbeurteilung lediglich drei Punkte im Gesamtergebnis erreicht hatten und eine Vielzahl unterschiedlicher, nicht immer linear verlaufender Leistungsentwicklungen denkbar ist - rein spekulativ.

Keine den hypothetischen Kausalverlauf abbildende Handlungsalternative liegt hingegen im Abwarten der (damals) nächsten Regelbeurteilungen zum Stichtag 1. August 2008 und einer auf einen späteren Zeitpunkt verschobenen Auswahlentscheidung auf der Grundlage dieser Beurteilungen. Denn der Dienstherr hatte hier den ihm im Rahmen der Gestaltung des Besetzungsverfahrens zukommenden Entscheidungsspielraum in rechtmäßiger Weise bereits dahingehend ausgeübt, die fraglichen Stellen zeitnah, nämlich im Februar bzw. März 2008 zu besetzen. Dem entsprechend ist die hier zur Überprüfung stehende Auswahlentscheidung bereits am 28. Januar 2008 getroffen und sind die Konkurrentenmitteilungen unter dem 5. Februar 2008 erstellt worden. Die späteren Überlegungen des Dienstherrn, zunächst die nun zeitnah anstehenden Regelbeurteilungen abzuwarten, sind (frühestens) erst im Sommer 2008 angestellt worden, nachdem das Verwaltungsgericht Münster im Wege der einstweiligen Anordnung am 24. April 2008 (4 L 120/08) die Stellenbesetzung vorläufig untersagt hatte. Sie sind daher bei der Ermittlung des - unter Vermeidung der festgestellten Fehler - hypothetischen Kausalverlaufs nicht maßgeblich.

Nach alldem lässt sich demnach nicht mehr ermitteln, ob sich im Rahmen einer rechtmäßigen Bewerberauswahl im Januar 2008 die Klägerin durchgesetzt hätte oder ob ihr Konkurrenten vorzuziehen gewesen wären. Diese fehlende Aufklärbarkeit geht in Anwendung der oben dargestellten Grundsätze mit der Folge der Beweislastumkehr zu Lasten des beklagten Landes.

Der Anspruch ist nicht aufgrund des in § 839 Abs. 3 BGB enthaltenen Rechtsgedankens ausgeschlossen. Danach kann ein zu Unrecht nicht beförderter Beamter Schadensersatz wegen der Verletzung seines aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruchs nur verlangen, wenn er sich bemüht hat, den eingetretenen Schaden dadurch abzuwenden, dass er um gerichtlichen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Personalentscheidung nachgesucht hat.

BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 -, a.a.O., und vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102.

Die Klägerin hat hinsichtlich der am 28. Januar 2008 getroffenen rechtswidrigen Auswahlentscheidung, über die sie mit Konkurrentenmitteilung vom 5. Februar 2008 unterrichtet wurde, erfolgreich den Erlass einer einstweiligen Anordnung, die für Februar und März 2008 zugewiesenen Stellen vorläufig nicht zu besetzen, beantragt.

Dass die Klägerin gegen die neue Auswahlentscheidung im November 2008, ihr mitgeteilt unter dem 11. November 2008, nicht erneut gerichtlich vorgegangen ist, kann ihr nicht vorgeworfen werden. Denn es handelte sich um eine neue, aufgrund einer anderen Tatsachengrundlage getroffene Auswahlentscheidung, die in keinem Zusammenhang mit den im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Pflichtverstößen steht. Der den Schadensersatzanspruch begründende Sachverhalt, der die Besetzung der Beförderungsstellen im Februar bzw. März 2008 (eben nicht im November 2008) betraf, war zu diesem Zeitpunkt mit der rechtswidrigen Auswahlentscheidung Ende Januar 2008 bereits vollständig abgeschlossen. Das zeigt sich auch daran, dass die Klägerin in einem solchen Verfahren aller Voraussicht nach - mangels eines Pflichtverstoßes zu ihren Lasten - keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte: Die Auswahlentscheidung ist aufgrund der neuen Regelbeurteilungen zum Stichtag 1. August 2008 getroffen worden, bei der die Klägerin mit einem Gesamtergebnis von 3 Punkten deutlich schlechter als die ausgewählten, mit 5 Punkten im Gesamtergebnis beurteilten Mitbewerber abgeschnitten hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und des § 127 BRRG nicht gegeben sind.