VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.06.2013 - 8 S 574/11
Fundstelle
openJur 2013, 31501
  • Rkr:

1. Aus der Beachtung abstandsflächenrechtlicher Mindestanforderungen im Bebauungsplanverfahren ergibt sich nicht, dass sich eine darauf zurückziehende Abwägung im Ergebnis als verhältnismäßig darstellt, weil für die gerechte Abwägung auch das Bestandsinteresse bereits vorhandener Bebauung in den Blick zu nehmen ist, wenn die Belichtung, Besonnung oder Belüftung der Bestandsbebauung durch die Realisierung der neu hinzutretenden Bauleitplanung nicht nur unerheblich beeinträchtigt würden.

2. Wenn mit der Bauleitplanung ein Zustand ermöglicht wird, der auf drei Grundstücksseiten dazu führt, dass das gesetzliche Regelmodell des § 5 LBO von einem Abstand von 5 Metern (zwei Mal 2,5 Meter) zwischen Gebäuden nicht mehr eingehalten wird, kann aus der Beachtung des abstandsflächenrechtlicher Mindestanforderungen nicht ohne Weiteres auf eine hinreichende Beachtung der Belange der Belichtung, Belüftung und Besonnung des betroffenen Grundstücks geschlossen werden.

Tenor

Der Bebauungsplan „Radgasse/Consulentengasse“ 5. Änderung vom 17. Mai 2010 der Stadt Biberach wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan „Radgasse/Consulentengasse“ - 5. Änderung - der Antragsgegnerin vom 17.05.2010.

Der Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans wird (nord-)östlich von der Radgasse, nördlich von der Gymnasiumsstraße, südwestlich von der Consulentengasse und vom Marktplatz im Südosten begrenzt. Die Antragstellerin ist Eigentümerin des mit einem dreigeschossigen Wohn- und Geschäftshaus und in südlicher Richtung mit einem zweigeschossigen Anbau bebauten Grundstücks Flst. Nr. ..., das auf der Ostseite dieser Gasse innerhalb des Plangebiets liegt. Östlich grenzt das Grundstück unmittelbar an ein vollständig mit einem eingeschossigen Flachdachbau bebautes Grundstück an, der gemeinsam mit den Grundstücken ... und ... als Verkaufsfläche eines Textileinzelhändlers genutzt wird. Die Gebäudeoberkante des Flachdachbaus, der sich im so genannten „Blockinnenbereich“ zwischen Consulentengasse, Marktplatz und Radgasse befindet, schließt fast unmittelbar an die rückwärtigen Fenster des Gebäudes ... in dessen 1. Obergeschoss an.

Die erste in den Akten der Antragsgegnerin befindliche Baugenehmigung für das Gebäude der Antragstellerin stammt aus dem Jahr 1870. Mit ihr wurde eine „bauliche Veränderung zur Anbringung eines Ladens mit Schaufenster nebst einer Überbauung im Hof zu einer Werkstätte mit Lacierofen, 2 Stock hoch“ erteilt. Dabei wurden an der Nordostfassade im 2. Obergeschoss die zwei südlichsten Fenster neu genehmigt. Weitere sich auf das 2. Obergeschoss beziehende Baugenehmigungen befinden sich nicht in den Akten der Antragsgegnerin. In einer Baugenehmigung vom 02.06.1958/28.10.1963 für den Umbau des Hauses ... findet sich zu den Fenstern zum - heutigen -Blockinneren zwischen ...- und ... folgende „Bedingung“:

„Die auf der Nordostseite des Ladens im 1. Stockwerk vorgesehenen Brandmaueröffnungen (Glasbausteinfenster) sind auf Anordnung des Stadtbauamtes vorschriftsmäßig zuzumauern, sobald die Feuersicherheit das erfordert oder der Nachbar einen Grenzbau errichtet.“

Ausweislich der Bauvorlagen handelt es sich bei den beiden östlichen, zum damaligen Verkaufsraum gehörenden Fenstern um die bezeichneten Glasbausteinfenster. Drei weitere Fenster im 1. Obergeschoss wurden ohne Beschränkung einer Ausführung als Glasbausteinfenster genehmigt. Mit einer Baugenehmigung vom 01.10.1970 wurde für das Gebäude der Antragstellerin der Umbau der Lagerräume zu Verkaufsräumen im 1. Obergeschoss genehmigt. In den Bauvorlagen sind alle fünf zum Inneren gerichteten Fenster ohne Beschränkungen hinsichtlich der Art der Ausführung verzeichnet. In den Bauvorlagen zu einer am 18.03.1985 erteilten Baugenehmigung für u.a. den Einbau von Büroräumen im 1. Obergeschoss finden sich sechs Fenster. Als Nutzung des Raumes, für den 1958/1965 lediglich Glasbausteinfenster genehmigt wurden, ist „Lager-Leergut“ eingetragen, die weiteren Räume mit jeweils einem Fenster in der Nordostfassade sind als Büroräume gekennzeichnet. Schließlich wurde am 20.07.1998 die Umnutzung des 1. Obergeschosses in ein „Kosmetikstudio“ genehmigt. Hier sind wieder nur fünf Fenster in den Bauvorlagen verzeichnet. Von Südost nach Nordwest sind zwei Fenster in einem als Lebensmittellager bezeichnetem Raum eingetragen, eines befindet sich in der Fassade eines Raums zur privaten Nutzung, hinsichtlich der weiteren Räume fehlen Nutzungsangaben.

Der Bebauungsplan „Radgasse/Consulentengasse“ - 4. Änderung - vom 19.08.1986, der durch den angegriffenen Bebauungsplan geändert wird und bis auf den südlichen Teil der ... das gleiche Plangebiet umfasst, wies den südlichen Teil des Plangebiets bis auf Höhe der Nordgrenze des Grundstücks der Antragstellerin als Kerngebiet aus. Für den darauf folgenden nördlichen Teil war ein besonderes Wohngebiet festgesetzt. Am Südrand dieses Wohngebiets war ein Gehrecht zugunsten der Allgemeinheit als Wegeverbindung zwischen ...- und ... vorgesehen. Die ... war als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen. Für sämtliche Grundstücke im festgesetzten Kerngebiet war geschlossene Bauweise vorgeschrieben. Für das östlich an das Gebäude der Antragstellerin anschließende, im Blockinneren zwischen den Gebäuden an der ... und denjenigen an der ... liegende Grundstück war hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung u.a. ein (zwingend zu errichtendes) Vollgeschoss, die Geschossflächenzahl mit 2,1 und die Grundflächenzahl mit 1,0 festgesetzt. Für das (Haupt-)Gebäude auf dem Grundstück ... war entsprechend der tatsächlichen Bebauung die Zahl der zulässigen Vollgeschosse auf drei zuzüglich eines Vollgeschosses festgesetzt. Die Geschossflächenzahl war auf 3,6 festgesetzt.

Der hier angegriffene Bebauungsplan setzt für das Grundstück der Antragstellerin, das unbebaute Grundstück Flst. Nr. ... sowie für die Grundstücke ... und ... einschließlich des „Blockinnenbereichs“ - diese Gebäude werden von dem Textilkaufhaus ... genutzt - als Art der baulichen Nutzung ein Kerngebiet fest, in dem nach Nr. 1.1 der planungsrechtlichen Festsetzungen Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen unzulässig sind. Die Ausnahme nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ist nach der gleichen Regelung nicht Teil des Bebauungsplans, die nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Wohnungen werden für allgemein zulässig erklärt. Für mehrgeschossige Wohnungen ist festgesetzt, dass mindestens 25 % der Geschossfläche in den Dachgeschossen für Wohnungen zu verwenden sind. Für den nordwestlichen Teil des Plangebiets wird ein besonderes Wohngebiet festgesetzt. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung setzt der Bebauungsplan für die Grundstücke im Kerngebiet entlang der Consulentengasse, des Marktplatzes und der Radgasse entsprechend der vorhandenen Bebauung die Trauf- und Firsthöhen sowie - bei mit Flachdachbauten bebauten Grundstücken - die Gebäudeoberkante in Metern ü.NN. als höchstens zulässige Gebäudehöhe fest. Für den „Blockinnenbereich“ ist die Höchstgrenze der Gebäudeoberkante fast durchgängig auf 541,50 m ü.NN. festgesetzt, allein im unmittelbaren Grenzbereich zum Grundstück der Antragstellerin ist auf einem 2,5 m breiten Streifen eine Gebäudeoberkante von nur 537 m zugelassen, was der Höhe des bereits errichteten Gebäudes entspricht. An der Nordostgrenze schließt sich eine Fläche an, für die im zeichnerischen Teil „Treppenhaus, OK max: 544,30 m ü.NN.“ eingetragen ist. Diese befindet sich - mit dem Abstand von 2,5 m aufgrund der niedrigeren Höhenfestsetzung an der Grundstücksgrenze - vor den nördlichsten Fenstern des Gebäudes der Antragstellerin. Weiter im südwestlichen Blockinnenbereich finden sich eine Fläche mit der Festsetzung „Glasoberlicht OK max: 542,80m ü.NN.“ sowie eine Fläche mit der Festsetzung „Aufzug, OK max 544,70 m ü.NN“. In den „planungsrechtlichen Festsetzungen“ heißt es zum Maß der baulichen Nutzung zur Höhe der Gebäude u.a.:

„OK max Gebäudeoberkante in Metern als Höchstgrenze

Als Ausnahme können für Treppenhäuser, Glasoberlichter und Aufzüge innerhalb der dafür gekennzeichneten Flächen Überschreitungen der Gebäudeoberkante zugelassen werden. Das Glasoberlicht ist nach Nord-Westen zu neigen. Als Tiefpunkt gilt das Maß von 541,80 m ü. NN. Für den Aufzug gilt ein Höchstmaß von 544,70 m ü. NN. Für das Treppenhaus gilt unten- stehende Schemaskizze“

In dieser Schemaskizze, in etwa aus der Ansicht von Nordwesten vom Grundstück mit der Flst. Nr. ... aus, sind Höhenangaben zum Erdgeschoss und zum Obergeschoss des Grundstücks im Blockinnenbereich angegeben. Das Treppenhaus ist in einer pultdachartigen Konstruktion eingezeichnet, wobei es sich zum Grundstück der Antragstellerin hin neigt.

Weiter findet sich in den Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung die Aussage, dass für das Maß der baulichen Nutzung gemäß § 17 Abs. 2 BauNVO höhere Werte als nach § 17 Abs. 1 BauNVO festgesetzt werden.

Das Verfahren, das zu dem angegriffenen Bebauungsplan geführt hat, begann im April 2006 mit dem Beschluss des Gemeinderats der Antragsgegnerin zur Aufstellung eines Änderungsbebauungsplans, der vor allem die Aufhebung des öffentlichen Durchgangs und die Anhebung des eingeschossigen Gebäudeteils ... im Blockinnenbereich auf zwei Vollgeschosse vorsah. Begründet wurde dies damit, dass es dem Eigentümer des Textilwarenhauses ... ermöglicht werden solle, seine Verkaufsfläche in der „1a-Lage“ zu erweitern. Es solle Platz geschaffen werden für ein marktgerechtes Warenangebot auf großer Fläche, um damit einen Nachholbedarf in der historisch geprägten Altstadt zu befriedigen. Das Gehrecht beruhe nur auf der stillschweigenden Duldung seitens des Grundstückseigentümers. Nach Umsetzung des Vorhabens sei eine Nutzung des vorhandenen Stichwegs nur noch während der Geschäftszeiten - unter Querung des Textilgeschäfts - möglich. Die Antragstellerin rügte im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung sodann verschiedene Mängel im Abwägungsvorgang sowie die Rücksichtslosigkeit der mit dem Plan zugelassenen zweigeschossigen Bebauung im Blockinneren, die im südlichen Bereich ohne Abstand an die Terrasse heranreiche und im nördlichen Bereich mittels einer Baugrenze nur auf einem Abstand von 2,50 m von der Hauswand ihres Gebäudes gehalten werde. Die Planung erweise sich als rücksichtslos, da sie sich einseitig an den Interesse des Modehauses orientiere.

Der Senat erklärte mit seinem Urteil vom 03.09.2009 - 8 S 1705/07 - den Bebauungsplan „Radgasse/Consulentengasse, 5. Änderung“ vom 21.12.2006 für unwirksam: Eine sachgerechte Abwägung der von der Planung betroffenen öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander habe überhaupt nicht stattgefunden. Dies betreffe hier das Interesse der Antragstellerin an einer fortbestehenden Belichtung der zum Blockinneren weisenden Fenster im zweiten Obergeschoss der Ostfassade ihres Gebäudes. Der Gemeinderat sei der Beschlussvorlage der Verwaltung gefolgt, in der es geheißen habe, dass nach den Grundsätzen einer gerechten Abwägung derjenige, der sein Grundstück in einer sonst zulässigen Weise baulich nutzen wolle, seine berechtigten Interessen nicht zurückstellen müsse, um gleichwertige fremde Interessen zu schonen. Daraus folge, dass im Gemeinderat keine eigene Abwägung der Interessen der Antragstellerin an der Erhaltung der Belichtungssituation der Fenster im zweiten Obergeschoss ihres Hauses mit den Erweiterungsinteressen des Textilhauses stattgefunden habe.

Die Antragsgegnerin verfolgte das Bebauungsplanverfahren weiter und führte ein ergänzendes Verfahren durch. Am 17.02.2010 machte sie öffentlich bekannt, dass der Bebauungsplan „Radgasse/Consulentengasse“ 5. Änderung geringfügig geändert werden und daher im ergänzenden Verfahren erneut ausgelegt werden solle. Im Rahmen der öffentlichen Auslegung bezog sich die Antragstellerin zunächst auf ihre ursprünglichen Einwendungen und auf das Senatsurteil vom 03.09.2009. Weiter führte sie aus, dass es auch nach der Neufassung bei einem unzumutbar kleinen Lichtgraben an der Ostfassade des Gebäudes bleiben solle. Es sei nicht erkennbar, weshalb gerade vor den Aufenthaltsräumen ihres Gebäudes das Fluchttreppenhaus in Form eines Turmes errichtet werden müsse.

In der Sitzungsvorlage für den Gemeinderat handelte die Verwaltung der Antragsgegnerin die Stellungnahmen der Antragstellerin ab. Insbesondere heißt es dort, das schutzwürdige Vertrauen in den Fortbestand der nur widerruflich genehmigten Fenster, die ursprünglich als Glasbausteinfenster realisiert worden seien, sei erheblich eingeschränkt. Die übrigen Fenster zum Blockinneren widersprächen - obwohl sie historisch überkommen seien - geltendem Recht. Auf der Grundstücksgrenze errichtete Außenwände seien ohne Fensteröffnungen auszuführen. Sie würden aber Bestandsschutz genießen. Der Eigentümer brauche die zwangsweise Schließung der Fenster nicht zu fürchten. Sein Abwehranspruch gegen heranrückende Bebauung sei aber eingeschränkt. Die bisherige Blockinnenbebauung sei in engem Einvernehmen mit dem Eigentümer des Grundstücks ... realisiert worden. So sei 1966 die östliche Erdgeschosswand dieses Gebäudes durchbrochen worden, um die dortigen Verkaufsflächen an das Modehaus zu vermieten. Anfang der 1980er Jahre seien dann fünf Fenster in der östlichen Erdgeschossaußenwand mit Zustimmung des Eigentümers verschlossen worden. Die Konsequenz dieses einvernehmlichen Handelns sei es, dass sich die Verkaufsflächen des Modehauses mit denen der ... als zusammenhängende Flächen präsentierten. Mit den Baumaßnahmen sei ein Grundstein für die bauliche Nutzung des Blockinnenbereichs gelegt, dem eine vorprägende Wirkung zukomme, auch wenn die vertikale Verdichtung nicht zwangsläufig sei. Mit der zulässigen Höhe der zukünftigen Bebauung von 541,50 m ü. NN. werde ein zumutbar erscheinendes Höchstmaß festgesetzt. Die Festsetzung berücksichtige, dass die heutige Decke des Erdgeschosses bzw. der künftige Fußboden des 1. Obergeschosses verschiedene Niveaus aufweise (537,00 - 537,40 m üNN). Das neue Höchstmaß sei sachgerecht und erfülle die Anforderungen an moderne, attraktive und konkurrenzfähige Einzelhandelsflächen. Die Stadt verliere die Belange der Nachbarn dabei nicht aus den Augen. Denn das festgesetzte Maß trage nur den unbedingten Erfordernissen der städtebaulich erwünschten Erweiterung des Einzelhändlers Rechnung. Bezogen auf eine abgehängte Decke führe es zu einer lichten Höhe von nur 3 Metern.

Hinsichtlich des Arguments der Rücksichtslosigkeit des Grenzbaus im Obergeschosses heißt es in der Sitzungsvorlage, es werde hinreichend Rücksicht auf Belange der Nachbarn genommen. Auch diese treffe eine Pflicht zur Rücksichtnahme angesichts des gewichtigen öffentlichen Interesses an einer optimalen Umsetzung des Stadtentwicklungskonzepts. Hinzu komme, dass wegen der bestehenden Baulast der Eigentümer des Gebäudes ... damit habe rechnen müssen, dass die Fensteröffnungen unterhalb der Terrasse wieder geschlossen werden müssten. Auch das private Interesse des Einzelhändlers zur Fortführung seines Betriebs und der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit an seinem Standort ohne gravierende Einbußen an der Grundrissqualität sowie der Realisierung eines Maximums an Verkaufsflächen sei abzuwägen.

Bezüglich der Breite des Lichthofs vom 2,5 m wird ausgeführt, dass die zusätzliche Beeinträchtigung des Gebäudes ... nicht verkannt werde. Mit der Festsetzung des Lichthofs zulasten der vollen Ausnutzung der Grundrissfläche des Einzelhändlers werde aber ein tragfähiger Interessenausgleich gefunden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot im Hinblick auf Belichtung, Belüftung und Besonnung in der Regel ausgeschlossen, sofern der nachbarschützende Teil der Abstandstiefe eingehalten werde. Dieser betrage nach § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO 1995 in Kerngebieten 0,2 der Wandhöhe, mindestens jedoch 2,5 m. Nach der LBO 2010 gelte das Gleiche. Bei einer Wandhöhe von 7,74 m ergebe sich eine Abstandsfläche von 1,55 m und damit das Mindestmaß von 2,5 m. Daran orientiere sich die Festsetzung der Baugrenze am Bauordnungsrecht. Damit sei das Rücksichtnahmegebot unter Abwägung der wechselseitigen Interessen beachtet, was umso mehr gelte, als die Antragstellerin wegen der zwar bestandsgeschützten, aber baurechtswidrigen Fenster gegenüber einer heranrückenden Bebauung einen nur eingeschränkten Abwehranspruch habe.

Die Einwendung der Antragstellerin, es gebe weniger beeinträchtigende Alternativstandorte für das Treppenhaus, wurde dahingehend behandelt, dass die Vergrößerung der Verkaufsfläche auf ungefähr 2.000 m2 als angemessen angesehen werde. Ein Flachdachbau sei aus städtebaulichen Gründen in der Radgasse nicht akzeptabel, der Bebauungsplan fordere daher ein Satteldach. Im 2. Obergeschoss und im Dachgeschoss solle ein angemessener Wohnflächenanteil gesichert werden. Die Erschließung dieser im öffentlichen Interesse liegenden Wohnungen sei über die bestehenden Treppenhäuser der Bestandsimmobilie nicht möglich. Der vorgesehene Standort für das Treppenhaus ermögliche es, dass von jeder Stelle eines Verkaufsraumes ein Notausgang in maximal 25 m Entfernung liege und ein Ausgang im Erdgeschoss sodann ins Freie führe. Diese Anforderung könne nur an zwei Standorten erfüllt werden, einmal an der gewählten Stelle, was sich aus den Planunterlagen des Textilhauses ergebe und einmal an der Seite Radgasse im Bereich des Neubaus. Nur die erstgenannte Lösung sei jedoch praktisch sinnvoll umsetzbar. Die Variante 2 hätte gravierende funktionale Einbußen zur Folge. Der Verkaufsraum würde zerteilt, eingeengt und die Sichtverbindung vom Eingang am Marktplatz bis in die hinteren Verkaufsraumbereiche würde unterbrochen. Anstelle des Satteldaches werde für den Treppenhauskopf parallel zum Treppenlauf ein Pultdach vorgegeben, dessen Tiefpunkt im Bereich der Baugrenze sei.

Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss dann in der Sitzung vom 17.05.2010 unter Behandlung der Stellungnahmen wie im Vorschlag der Verwaltung die Satzung für den Bebauungsplan und die Satzung über die Örtlichen Bauvorschriften „5. Änderung des Bebauungsplans Radgasse/Consulentengasse“. Der Bebauungsplan wurde am 12.06.2010 ortsüblich - in der Schwäbischen Zeitung - bekannt gemacht.

Am 03.03.2011 hat die Antragstellerin das Normenkontrollverfahren eingeleitet. Zur Begründung ihres Antrags trägt sie u.a. vor, der Bebauungsplan leide neben verschiedenen im einzelnen geltend gemachten Bewertungs- und Ermittlungsfehlern auch an materiellen Fehlern. Eine gerechte Abwägung können nicht zu einem das Eigentum der Antragstellerin derart beeinträchtigenden Ergebnis führen. Die Interessen des Textilhauses seien derart kompromisslos in den Vordergrund gestellt, wie es mit der grundrechtlich geschützten Eigentumsposition nicht zu vereinbaren sei. Die Einkesselung des historischen Gebäudes sei mit Expansionsinteressen eines Gewerbetreibenden nicht zu rechtfertigen. Bezogen auf § 17 Abs. 3 BauNVO sei fraglich, ob es überhaupt städtebauliche Gründe für das Überschreiten der Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO gebe. Wenn aber jedenfalls - wie hier - keinerlei Maßnahmen zum Erhalt gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse ergriffen würden, sei der Tatbestand der Norm nicht erfüllt.

Konkret wende sie sich dagegen, dass der Bebauungsplan für den an ihr Grundstück anstoßenden, bislang eingeschossig bebauten rückwärtigen Teil des Grundstücks ..., durchgängig eine zweigeschossige Flachdachbebauung festsetze und darüber hinaus auch noch ein Treppenhaus ermögliche, dessen Oberkante 544,3 m ü.NN. betragen dürfe. Drei Fenster im Obergeschoss des südöstlichen Anbaus zum Gebäude der Antragstellerin würden damit vollständig zugebaut, während drei Fenster im 1. Obergeschoss des Hauptgebäudes Licht und Luft nur noch über einen 2,50 m schmalen Lichtschacht erhielten. Gleiches gelte für die fünf Fenster im 2. Obergeschoss, welche sich zu etwa zwei Dritteln der Aufstockung gegenübersähen. Dabei rage vor dem nördlichsten der Fenster auch noch der Treppenhausaufbau in die Höhe. Einem normal gewachsenem Menschen sei es dann nicht mehr möglich, geraden Blicks über das Flachdach hinweg zu schauen. Er schaue - bei günstigerem Lichteinfall - genauso vor die Wand wie die Bewohner im 1. Obergeschoss.

Der Verweis auf die einvernehmlich zustande gekommene eingeschossige Bebauung und deren Würdigung als „gewisser Grundstein für eine neue bauliche Nutzung des Blockinnenbereichs“ und der Zuweisung einer „vorprägenden Wirkung“ sei städtebaulicher Unsinn, weil er darauf hinauslaufe, dass jedem Geschoss die Disposition zur späteren Aufstockung zugebilligt werde.

Die Ausführungen zum Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot durch die heranrückende Blockinnenbildung griffen in zweifacher Hinsicht zu kurz. Bauordnungsrechtliche Abstandsvorschriften erfassten eine etwaige erdrückende Wirkung eines Nachbarbauvorhabens gerade nicht, diese sei gesondert zu prüfen. Es müsste geprüft werden, ob sich das durch den Bebauungsplan ermöglichte Vorhaben nicht für die dadurch verbauten Fenster von Aufenthaltsräumen im 1. Obergeschoss erdrückend auswirken könnte. Erdrückender als eine sich über die gesamte Hausbreite erstreckende, fensterlose Wand in einem Abstand von 2,50 m und acht bislang freie Fenster einhause, lasse sich eine Nachbarbebauung kaum denken. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass die Wand nur in einer Höhe von 4,50 m in Erscheinung trete. Darüber hinaus werde der Blick allein auf das Rücksichtnahmegebot der planungsrechtlichen Aufgabe bei Erlass eines Bebauungsplanes von vorneherein nicht gerecht. Hier gelte es, jenseits der von der Rechtsprechung entwickelten Mindeststandards die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse zu beachten. Dieser Planungsgrundsatz und auch weitere gingen viel weiter als die an Zumutbarkeitsgesichtspunkten ausgerichteten Schranken eines konkreten Baugenehmigungsverfahrens.

Die Antragstellerin beantragt,

den Bebauungsplan „Radgasse/Consulentengasse“ 5. Änderung der Stadt Biberach vom 17. Mai 2010 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, dass die Antragstellerin letztlich nur mit dem Abwägungsergebnis nicht einverstanden sei. Allerdings würden gerade einmal drei Fenster im 1. Obergeschoss wirklich zugebaut. Gerade dieser Bereich sei an den durch die Planung begünstigten Textilhändler vermietet. Durchgehend werde das Gewicht der Erwägung der Antragsgegnerin verkannt, wonach ein leistungsfähiger Einzelhandel tragende Säule für die Erhaltung und Steigerung der Attraktivität der Innenstadt sei. Fehl gehe der Einwand, dass der Gemeinderat von einem nur eingeschränkten Abwehranspruch gegenüber heranrückender Bebauung aufgrund der bestandsgeschützten Fenster ausgegangen sei. Für die Abwägung habe es eine Rolle gespielt, dass für den Verkaufsraum im 1. Obergeschoss nur Glasbausteine und diese auch nur widerruflich genehmigt gewesen seien. Allein darin liege der eingeschränkte Schutz der Fenstersituation. Keineswegs verkannt habe die Antragsgegnerin, dass es sich bei den eingeschränkten Fenstern um solche vor Aufenthaltsräumen handele. Vielmehr sei sie für alle Räume davon ausgegangen, dass es sich um Aufenthaltsräume mit entsprechender Schutzwürdigkeit handele. Zu Unrecht werde die Auffassung gerügt, es bestehe keine Vorprägung für eine Blockinnenbildung. Für die Abwägung seien nicht - wie die Antragstellerin meine - „herkömmliche Sanierungsziele“ maßgeblich. Vielmehr habe der Gemeinderat eine Entscheidung unter Berücksichtigung aller Belange einschließlich des Ziels der Sicherung und des Ausbaus des Standorts von zentrenrelevantem Einzelhandel in der Innenstadt zur Attraktivitätssteigerung getroffen. Mit seinem Stadtentwicklungskonzept vom 08.05.2006 habe sich der Gemeinderat dafür ausgesprochen, in acht ausgesuchten Bereichen die Blockinnenbildung zugunsten großer, zusammenhängender Einzelhandelsflächen zu intensivieren. Nicht nachvollziehbar sei es, wenn die Antragstellerin rüge, die Anerkennung ihrer besonderen Betroffenheit erfolge bloß formelhaft. Unerklärlich sei überdies der Vorwurf, es fehle an der Ermittlung der Betroffenheit der hinter dem Treppenaufbau liegenden Zimmer. Es sei nicht erkennbar, was hier noch ermittelt werden könnte. Der Dachaufbau müsse die sich aus dem Standort ergebende Länge von Rettungswegen berücksichtigen, so dass unter funktionalen Aspekten die Anordnung eines Dachaufbaus für das Treppenhaus abwägungsfehlerfrei habe erfolgen können. Die deutlich weiter gehenden Restriktionen im Vergleich zur Planvorgängerfassung zeigten, dass die Antragsgegnerin Interessen abgewogen habe. Insbesondere durch die Anordnung der Schräge des Treppenhausaufgangs in der Schemaskizze zeige sich, dass die Antragsgegnerin schutzwürdigen Belangen Rechnung getragen habe. Mit der Planung werde die Antragstellerin schon deswegen nicht unangemessen belastet, weil mit der bindenden Ausrichtung des Treppenhauses und der Anordnung des Pultdachs die möglichst rücksichtsvolle Gestaltung vorgenommen worden sei. Eine erdrückende Wirkung könne schon nicht eintreten, weil die Blockinnenbildung weit unter der Giebelhöhe des Gebäudes der Antragstellerin liege. Hinsichtlich der Breite des Lichtschachts habe der Gemeinderat die Beeinträchtigungen der Antragstellerin erkannt, bewertet und dem Belang der Sicherung des Einzelhandelsstandorts in der Innenstadt größeres Gewicht beigemessen. Die nördliche Traufgasse stelle die Belüftung von Bad, WC und Treppenhaus sicher. Auch im Übrigen habe die Antragsgegnerin die Belange erkannt und zugunsten der Erweiterung des Textilhauses abgewogen. Dies stelle keinen Abwägungsfehler dar. Es seien auch keine materiellen Fehler der Abwägung vorhanden. Die Vorwürfe seien unzutreffend. Eine kompromisslose Planung hätte eine größere Blockinnenbildung und eine vollständige Verbauung der Fenster der Antragstellerin zur Folge gehabt. Schließlich liege auch kein Verstoß gegen § 17 BauNVO vor.

Der Senat hat das Plangebiet sowohl von den öffentlichen Verkehrsflächen als auch von dem Gebäude ... aus in Augenschein genommen.

Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin - einschließlich der Baugenehmigungsakten zum Grundstück ...- sowie die Gerichtsakten zum Verfahren 8 S 1705/07 vor. Auf deren Inhalt wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ebenso Bezug genommen wie auf die Gerichtsverfahrensakten.

Gründe

Der Normenkontrollantrag ist zulässig (I.) und begründet (II.).

I.

Der Antrag ist zulässig. Er wurde form- und fristgerecht erhoben. Der Antragstellerin steht als Eigentümerin eines Grundstücks im Plangebiet die notwendige Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zur Seite (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.03.1998 - 4 CN 6.97 - NVwZ 1998, 732). Der Zulässigkeit des Antrags steht auch § 47 Abs. 2a VwGO nicht entgegen, da die Antragstellerin im Rahmen der öffentlichen Auslegung des Bebauungsplanentwurfs - sowohl während der ersten öffentlichen Auslegung 2006 als auch während der zweiten Auslegung 2010 -umfangreiche Einwendungen erhoben hat, die sie auch im Normenkontrollverfahren geltend macht.

II.

Der Antrag ist auch begründet. Das Ergebnis der Abwägung erweist sich als fehlerhaft, weil das Interesse der Antragstellerin am Fortbestand der baulichen Situation bezogen auf Belichtung, Besonnung und Belüftung ihres Gebäudes über die Fenster in der Ostfassade ihres Gebäudes unverhältnismäßig hinter die öffentlichen und privaten Interessen an einer intensiveren Nutzung des „Blockinnenbereichs“ zurückgestellt wurde. Dieses rechtlich nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG schutzwürdige Interesse steht hier der erfolgten Planung, mit der die Fenster im 2. Obergeschoss zu mindestens zwei Drittel der Höhe sich in einem Abstand von 2,50 m einer Mauer gegenüber sehen können und das nordöstliche Fenster überdies von einem Treppenhaus überragt werden kann, zwingend entgegen.

1. Der angegriffene Bebauungsplan nimmt mit der Zulassung einer Bebauung des Grundstücks im so genannten „Blockinnenbereich“ mit einer Gesamthöhe von 541,5 m ü.NN. eine Abwägung zwischen den Belangen der Antragstellerin einerseits und den öffentlichen Belangen sowie den privaten Belangen des Eigentümers des Hinterliegergrundstücks vor, deren Ergebnis sich als unvertretbar erweist. Die vorgenommene Gewichtung der Belange untereinander steht bei dem gefundenen Abwägungsergebnis außer Verhältnis, das Ergebnis ist disproportional. Es liegt ein offensichtlicher städtebaulicher Missgriff vor.

a) aa) Das Abwägungsgebot aus § 1 Abs. 7 BauGB verlangt, bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Gebot gerechter Abwägung ist verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Es ist ferner verletzt, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten privaten und öffentlichen Belange in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des anderen entscheidet (vgl. grundlegend BVerwG, Urteile vom 12.12.1969 - 4 C 105.66 - BVerwGE 34, 301 (309) und vom 05.07.1974 - 4 C 50.72 - BVerwGE 45, 309). Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Das Ergebnis der planerischen Abwägung ist allein dann zu beanstanden, wenn eine fehlerfreie Nachholung der erforderlichen Abwägung schlechterdings nicht zum selben Ergebnis führen könnte, weil andernfalls der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen würde, der zur ihrer objektiven Gewichtigkeit außer Verhältnis steht und deshalb die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit überschritten sind (BVerwG, Urteil vom 22.09.2010 - 4 CN 2.10 - BVerwGE 138, 12 Rn. 22).

bb) Gemessen hieran erweist sich das gefundene Abwägungsergebnis als fehlerhaft, weil der vom Gemeinderat gefundene Ausgleich zwischen den in Rede stehenden Belangen außer Verhältnis zu deren objektiver Gewichtigkeit steht.

(1) Die Antragstellerin als Eigentümerin des Grundstücks ... ist von ihm in einer dem Verhältnismäßigkeitsgebot nicht mehr gerecht werdenden Weise betroffen. Im Falle der Realisierung der Planung würde die Wohnung im 2. Obergeschoss wesentlich entwertet, ohne dass auf der anderen Seite öffentliche und private Belange die Planung in einem solchen Maße als notwendig erscheinen lassen, die eine solche Entwertung rechtfertigen könnten. Die Realisierung des Bebauungsplans führte nahe an einen städtebaulichen Missstand im Sinne des § 136 Abs. 2 Satz 2 BauGB heran. Insbesondere ergibt sich aus der Beachtung abstandsflächenrechtlicher Mindestanforderungen im Bebauungsplanverfahren nämlich noch nicht, dass sich eine darauf zurückziehende Abwägung im Ergebnis als verhältnismäßig darstellt, weil für die gerechte Abwägung auch das Bestandsinteresse bereits vorhandener Bebauung in den Blick zu nehmen ist, wenn die Belichtung, Besonnung oder Belüftung der Bestandsbebauung durch die Realisierung der neu hinzutretenden Bauleitplanung nicht nur unerheblich beeinträchtigt würden. Die Beachtung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen ist für eine rechtmäßige Planung notwendig, aber nicht zwingend hinreichend.

(2) Die angegriffene Planung entwertet im Fall ihrer Verwirklichung die genehmigte Wohnnutzung im 2. Obergeschoss im Gebäude ... wesentlich. Denn mit der Möglichkeit der Erhöhung der Bebauung des Blockinnenbereichs auf bis zu 541,50 m wird der sich im 2. Obergeschoss des Gebäudes der Antragstellerin befindlichen Wohnung in ihrem nach hinten ausgerichteten Bereich - Küche und Wohn-/Ess-/Aufenthaltszimmer - ein Großteil der Belichtungsmöglichkeit genommen. Dass ein Lichthof mit einer Breite von 2,50 m nicht geeignet ist, einen adäquaten Ersatz zu bieten, liegt auf der Hand. Dieser führt bei Sonneneinstrahlung allein zu einem erheblichen Schattenwurf auf die Fenster und damit zu einer erheblichen Verdunkelung der nach Osten orientierten Räume. Erschwerend für die zukünftige Situation des Grundstücks der Antragstellerin kommt hinzu, dass vor dem nordöstlichen Küchenfenster an der Grundstücksgrenze im Wege einer Ausnahme (§ 31 Abs. 1 BauGB) eine um fast drei Meter höhere Bebauung zugelassen werden kann - und nach den Vorstellungen des Gemeinderats zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses auch werden soll. An der weitgehend fehlenden Belichtungsmöglichkeit ändert sich auch durch die südwestlich anschließende Terrasse nichts Wesentliches. Denn zum einen vermag diese die Belichtung der an der Grundstücksgrenze zum Grundstück Flst. Nr. ... liegenden Küche nur dann zu verbessern, wenn die Türe zum Wohnzimmer geöffnet bleibt. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass sich an die Terrasse zum Blockinneren bei Realisierung des Bebauungsplans ein Teil des Obergeschosses des Blockinnenbereichs mit einer Höhe von 1,50 m anschließen und die Belichtung auch hier relativieren wird. Die beiden nordöstlichsten Fenster im 1. Obergeschoss würden sich durch die Realisierung der Planung sogar vollständig einer Wand in einem Abstand von 2,50 m gegenübersehen und damit mit ihrer Unterkante am Fuße eines Lichtschachts von mehr als vier Metern Tiefe angesiedelt sein. Der Senat hat sich auf der Grundlage des Augenscheins davon überzeugt, dass ein derartiges Einmauern des Grundstücks ... im 1. und 2. Obergeschoss vor dem Hintergrund der zum Zeitpunkt der Planung rechtlich zulässigen und auch genehmigten Nutzung dazu führen müsste, dass - jedenfalls ohne erhebliche Umbaumaßnahmen - eine hochwertige innenstädtische Wohnnutzung in dem historischen Altbaugebäude der Antragstellerin nicht mehr möglich wäre. Es könnte sein, dass noch eine minderwertige Wohnnutzung möglich und rechtlich zulässig bliebe, was im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin nicht ermittelte Belüftungs- und Belichtungsmöglichkeit und die damit zusammenhängende Frage der (noch) gesunden Wohnverhältnisse andererseits auch nicht völlig auf der Hand liegt. Jedoch muss die Antragstellerin eine solche Zurückstellung ihrer Interessen durch das vom Gemeinderat gefundene Abwägungsergebnis im konkreten Fall nicht hinnehmen. Denn allein der Umstand, dass bauordnungsrechtlich eine Küche unter gewissen Bedingungen auch fensterlos ausgeführt werden darf (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 2 LBO), führt nach den oben aufgezeigten Grundsätzen nicht dazu, dass die weitgehende Verdunkelung einer mit Fenstern genehmigten Nutzung verhältnismäßig wäre.

(3) Die Erwägung der Antragsgegnerin, dass aufgrund der Anlehnung des Gemeinderats an die bauordnungsrechtlichen Mindestmaße unter Berücksichtigung der historisch bedingten, besonders beengten Verhältnisse ein gerechter Interessenausgleich vorgenommen worden sei, vermag nicht zu verfangen. Zwar trifft es zu, dass nach § 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 LBO die Tiefe der Abstandsflächen 2,5 m nicht unterschreiten darf und somit die Wahrung eines Abstands von 2,5 m ein beachtliches und starkes Indiz dafür ist, dass mit dieser Abstandsfläche im Regelfall Gesichtspunkte der Belüftung, Belichtung und Besonnung hinreichend beachtet sind. Deshalb ist nach ständiger Rechtsprechung dem Gebot der Rücksichtnahme im Hinblick auf die Gewährleistung einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung regelmäßig Genüge getan, wenn die nachbarschützenden Tiefen der Abstandsfläche beachtet werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22.11.1984 - 4 B 244.84 - NVwZ 1985, 663 und vom 06.12.1996 - 4 B 215.96 - NVwZ-RR 1997, 516; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.11.1993 - 3 S 2606/93 - juris), wobei diese nach § 6 Abs. 3 LBO unter einschränkenden Voraussetzungen auch unterschritten werden dürfen, insbesondere dann, wenn nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden und Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben sowie Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen (vgl. dazu etwa Senatsbeschluss vom 14.01.2010 - 8 S 1977/09 - NVwZ-RR 2010, 387). Jedoch ist dabei immer zu berücksichtigen, dass das Rücksichtnahmegebot auch verletzt sein kann, wenn die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften eingehalten sind, falls das Vorhaben trotzdem zu unzumutbaren Beeinträchtigungen des Nachbarn führt und deswegen rücksichtslos ist (BVerwG, Beschluss vom 11.01.1999 - 4 B 128.98 - DVBl. 1999, 786), weshalb der Schluss von der Einhaltung von Abstandsflächentiefen auf eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung eben allein regelhaft und nicht zwingend ist.

Für die Anwendung des genannten Regelschlusses ist es weiter erforderlich, dass der gesetzliche Normalfall auch tatsächlich vorliegt. Daran fehlt es bei der hier angegriffenen Planung. Die Konzeption der Abstandsflächen in der Landesbauordnung geht regelhaft davon aus, dass auf zwei angrenzenden Grundstücken jeweils eine Mindesttiefe der Abstandsflächen von 2,5 m eingehalten wird, so dass in diesem Regelfall ein Abstand von 5 m zwischen den Außenwänden von Gebäuden liegt. Zwar kann das Gebäude der Antragstellerin, das zulässigerweise auf der Grundstücksgrenze errichtet ist, bauordnungsrechtlich dennoch keinen Abstand von 5 m zum nächsten Gebäude verlangen, da auf dem Grundstück der Antragstellerin keine Abstandsflächen erforderlich sind, vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBO. Darauf kommt es jedoch bei der Frage, wann die Regelvermutung der Beachtung des Rücksichtnahmegebots aufgrund der Einhaltung von Abstandsflächentiefen greift, nicht an. Jedenfalls dann, wenn - wie hier - mit der Bauleitplanung ein Zustand herbeigeführt wird, der auch auf der dritten Grundstücksseite dazu führt, dass das gesetzliche Regelmodell des § 5 LBO von einem Abstand von 5 Metern (zwei Mal 2,5 Meter) zwischen Gebäuden nicht mehr eingehalten wird, ist die genannte Regelvermutung hinsichtlich gewahrter Belichtung, Besonnung und Belüftung nicht mehr anwendbar und kann aus der Beachtung abstandsflächenrechtlicher Mindestanforderungen nicht ohne Weiteres auf eine hinreichende Beachtung dieser Belange geschlossen werden. Aus dem Abstand von 2,5 m zu dem Gebäude der Antragstellerin lässt sich daher nicht auf die gebotene Beachtung ihrer Belange schließen.

(4) Entgegen der Annahme in der Vorlage für den Gemeinderat der Antragsgegnerin sind die Fenster und die mit ihnen ermöglichte gehobene Wohnnutzung auch nicht rechtlich vermindert schutzwürdig. So bezieht sich die als Bedingung bezeichnete Nebenbestimmung zur Baugenehmigung vom 02.06.1958/ 28.10.1963 allein auf die Fenster des derzeit an das Textilhaus vermieteten Teil des Gebäudes, nicht aber auf die weiteren Fenster des Gebäudes ... im 1. und 2. Obergeschoss. Der Umstand, dass die Ostfassade des Gebäudes der Antragstellerin aufgrund der Bestimmungen des § 27 Abs. 4 LBO, § 7 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 8 Satz 1 LBOAVO nach aktuellem Bauordnungsrecht als Brandmauer ohne (Fenster-)öffnungen zu gestalten wäre und die dort vorhandenen Fenster daher heute nicht mehr genehmigungsfähig wären, ist angesichts der bestandskräftigen Baugenehmigung für diese Fenster für deren Schutzwürdigkeit nicht relevant. Ebenso wenig kommt es diesbezüglich darauf an, ob die Baugenehmigungsbehörde die Schließung der Fenster nach § 58 Abs. 6 Satz 1 LBO anordnen könnte, denn - und nur darauf kommt es hier an -eine solche Anordnung ist nicht ergangen.

(5) Eine verminderte Schutzwürdigkeit der Fenster im Gebäude der Antragstellerin folgt auch nicht aus einer von der Antragstellerin angenommenen Vorprägung für eine Erweiterung des vollständig überbauten Blockinnenbereichs durch ein 1. Obergeschoss, denn eine solche rechtlich beachtliche Vorprägung besteht tatsächlich nicht.

Es dürfte zwar zutreffen, dass derjenige, der in die grenznahe Außenwand seines Hauses Fenster einsetzt, um die bauliche Nutzbarkeit seines Hauses zu verbessern, es nicht erwarten darf, dass der Nachbar deshalb ausschließlich in seinem Interesse von der Ausnutzung seines Grundstücks im sonst üblichen, zulässigen Maß absieht (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.02.2000 - 7 B 178/00 - BauR 2001, 77). Bei einer geschlossenen Bebauung kommt gewiss hinzu, dass ein Grenzbau grundsätzlich mit der Möglichkeit der Erhöhung eines angrenzenden Gebäudes belastet sein kann, wenn dies bauplanungsrechtlich zulässig ist und - abhängig von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere von der Betroffenheit der konkreten Räume - die Schutzwürdigkeit der vorhandenen Fenster erheblich reduziert sein kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.06.1999 - 3 S 1357/99 - VBlBW 2000, 116). Jedoch ist auf der Grundlage des Bebauungsplans „Radgasse/Consulentengasse“ - 4. Änderung - der Antragstellerin eine solche bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Erhöhung der Bebauung des Blockinnenbereichs bis auf die Höhe der Fenster im 2. Obergeschoss nicht gegeben gewesen. Denn danach war mit der Festsetzung eines Vollgeschosses für den Blockinnenbereich bei einer Geschossflächenzahl von 2,1 trotz der Festsetzung geschlossener Bauweise (§ 22 Abs. 3 BauNVO 1977) eine solche Zulässigkeit der Grenzbebauung oberhalb der Fenster des 1. Obergeschosses des Gebäudes der Antragstellerin bislang nicht zulässig. Denn die Festsetzung geschlossener Bauweise führt nach § 22 Abs. 3 BauNVO 1977 nur dann zur Errichtung der Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand, wenn die vorhandene Bebauung keine Abweichung hiervon erfordert. Angesichts der - oben dargestellten, zentralen -Bedeutung der spätestens 1870 genehmigten Fenster in der Ostfassade für die Wohnnutzung des Gebäudes der Antragstellerin erfordert aber die vorhandene Bebauung jedenfalls auf der Höhe des 2. Obergeschosses die Einhaltung eines Grenzabstands, eine Vorprägung für eine erhöhte Bebauung des Blockinnenbereichs ist gerade nicht festzustellen.

(6) Die Abwägung zulasten des Grundstücks der Antragstellerin wird auch nicht durch überragende Allgemeinwohlbelange, die für die Ermöglichung der erhöhten Ausnutzbarkeit des Blockinnenbereichs streiten würden, getragen. Daher kann offen bleiben, ob solche Belange denkbar sind, die das konkrete Abwägungsergebnis rechtfertigen könnten.

Insbesondere vermag das von der Antragsgegnerin wiederholt zur Rechtfertigung der Planung herangezogene Stadtentwicklungskonzept - Fortschreibung 2005/2006 - das Zurückstellen der Interessen der Antragstellerin gegenüber den Interessen an der Erweiterung möglicher Flächen für den Einzelhandel bezogen auf das Textilhaus ... schon deswegen nicht zu rechtfertigen, weil dieses die Schaffung von Mindestverkaufsflächen von mehr als 500 m2 in den so genannten 1a-Verkaufslagen als Ziel ansieht (S. 37 und S. 42 des Konzepts), das Textilhaus selbst aber bereits ohne Erweiterungsmöglichkeiten eine erheblich größere Verkaufsfläche zur Verfügung hat. Darüber hinaus stellt der angegriffene Bebauungsplan mit der Festsetzung eines Kerngebiets auch nicht sicher, dass die Flächen für den Einzelhandel genutzt werden. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin keine Ermittlungen dazu angestellt, ob die in den Blick genommene Erweiterung des Textilhauses für die Sicherung des Standorts in der Innenstadt und damit für die Erhaltung einer attraktiven Innenstadt wahrscheinlich notwendig sein dürfte. Dafür, dass dies der Fall sein könnte, ist auch sonst nichts ersichtlich. Dies wäre angesichts der erheblichen Beeinträchtigungen des Grundstücks der Antragstellerin mindestens erforderlich.

(7) Die erhebliche Zurückstellung der Belange der Antragstellerin gerade im Bereich der Festsetzung zur (möglichen) Höhe des Treppenhauses an der nordöstlichen Grundstücksgrenze ist darüber hinaus auch deswegen nicht verhältnismäßig, weil mit ihr die Wohnnutzung des Gebäudes ... zugunsten einer attraktiven (zukünftigen) Wohnnutzung im Gebäude ... … beeinträchtigt wird.

(a) Mit dem angegriffenen Bebauungsplan soll ausweislich seiner Begründung die bisherige Nutzungsmischung zwischen Einzelhandel, Dienstleistung und Wohnen im Kerngebiet erhalten werden. Der Bebauungsplan setzt deshalb die Wohnnutzung im Kerngebiet als allgemein zulässig und damit den anderen Nutzungsarten aus § 7 Abs. 2 BauNVO - mit Ausnahme der wiederum ausgeschlossenen Tankstellen im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO - gleichwertig fest. Ausweislich der Sitzungsvorlage für den Gemeinderat geht dieser davon aus, dass das Treppenhaus auch deshalb benötig werde, um weitere, zukünftig geplante Wohnungen zentral zu erschließen. Damit führt das Planungsergebnis zur Aufwertung - oder Ermöglichung - von zukünftiger, privater Wohnnutzung zu Lasten bereits bestehenden Wohnraums, der in seiner Qualität drastische Einbußen erfährt. Eine Rechtfertigung ist dafür im konkreten Fall nicht vorhanden und überdies auch abstrakt kaum vorstellbar. Für die Bejahung der Unverhältnismäßigkeit der Festsetzung aus diesem Grunde kommt es nicht darauf an, ob die Entscheidung, Wohnungen insgesamt im Kerngebiet für allgemein zulässig zu erklären, von § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauNVO getragen werden kann oder ob die Umwandlung der ausnahmsweise zulässigen Wohnnutzung (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) in eine allgemein zulässige Nutzungsart nicht der Zweckbestimmung des Kerngebiets widerspricht (so: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.12.1993 - 11a D 24/92.NE - GewArch 1994, 257) oder ob § 7 Abs. 4 BauNVO als Spezialregelung der Anwendung von § 1 Abs. 6 Satz 2 BauNVO auf § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO entgegensteht (so: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: Juni 2009, § 1 BauNVO Rn. 83). Denn wenn die Festsetzung zur Zulässigkeit von Wohnungen im festgesetzten Kerngebiet rechtswidrig sein sollte - und somit nicht für die Unverhältnismäßigkeit des Abwägungsergebnisses streitete - führte dies zur Unwirksamkeit des gesamten Plans.

(b) Weiter erweist sich die Abwägung gerade im Hinblick auf die mögliche maximale Höhe eines Treppenhauses an dem gewählten Standort deshalb als im Ergebnis unverhältnismäßig, weil mit der Standortwahl zur Verhinderung der - angeblichen - Zerteilung des Verkaufsraums des Textileinzelhändlers und zur Beibehaltung der derzeitigen Anzahl von Schaufenstern hochwertiger Wohnraum in seiner Qualität weiter entwertet wird. Diese einseitig das Grundstück der Antragstellerin belastende Planung steht außer Verhältnis zu den in den Blick genommenen Zielen. Die Wahl des Standorts für ein mögliches über das 1. Obergeschoss hinaus gehendes Treppenhaus zugunsten eines Privaten und erheblich zulasten einer anderen Privaten lässt sich vor Art. 14 Abs. 1 GG nicht damit rechtfertigen, dass bei einer anderen Standortwahl der von der Treppe profitierende Private weniger günstig gestellt wäre.

2. a) Offen bleiben kann, ob der Bebauungsplan gegen § 17 BauNVO verstößt und auch deshalb unwirksam ist. Für den Bereich des so genannten Blockinnenbereichs ist eine Überschreitung der Geschossflächenzahl von 3,0 - die auch ohne eine konkrete Festsetzung Geltung als Obergrenze beansprucht, § 17 Abs. 1 BauNVO - deshalb denkbar, weil der Bebauungsplan keinen Tiefpunkt für das Erdgeschoss festsetzt. Ob städtebauliche Gründe eine Überschreitung hier erfordern, ist - anders als hinsichtlich der Bestandsbebauung -allerdings zweifelhaft. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob § 7 Abs. 4 Satz 1 BauNVO hinreichend beachtet wurde, der in Nr. 1 die Festsetzung ermöglicht, dass oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind und in Nr. 2 die Festsetzung der Verwendung eines bestimmten Anteil der zulässigen oder tatsächlichen Geschossfläche für Wohnungen ermöglicht. Die Festsetzung im Bebauungsplan bezieht sich hingegen allein auf die Geschossfläche in Dachgeschossen, eine solche Einschränkung kennt der Wortlaut des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nicht. Weiter ist es nicht erheblich, welche Bedeutung der - unmaßstäblichen - „Schemaskizze“ des Treppenhauses im Textteil des Bebauungsplans zukommt, ob die Festsetzung einer Ausnahme im Sinne von § 31 Abs. 1 BauGB rechtlich zulässig ist, wenn das Planungskonzept des Gemeinderats und seine Abwägung gerade darauf beruhen, dass von der Ausnahmebestimmung in vollem Umfang Gebrauch gemacht wird und welche rechtlichen Konsequenzen ein möglicher Fehler für den Bebauungsplan hätte.

b) Schließlich kann offen bleiben, ob die von der Antragstellerin geltend gemachten Fehler im Abwägungsvorgang vorliegen und ob sie gegebenenfalls für sich allein bereits das Ergebnis der Unwirksamkeit des Bebauungsplans rechtfertigen könnten. Der Senat weist insoweit allerdings darauf hin, dass das Fehlen von Ermittlungen zu den Auswirkungen des Lichthofs auf die Belüftungsmöglichkeiten der betroffenen Räume rechtlich durchaus bedenklich sein könnte.

3. Der oben bezeichnete Fehler im Abwägungsergebnis führt zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans, weil gerade die Änderung der Festsetzungen hinsichtlich des „Blockinnenbereichs“ Anlass der Planung gewesen sind und eine Teilwirksamkeit der weiteren Festsetzungen erkennbar nicht dem mutmaßlichen Willen des Plangebers entspricht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss vom 28. Mai 2013

Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 15.000,--EUR festgesetzt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.