Bayerischer VGH, Beschluss vom 01.07.2013 - 7 ZB 13.305
Fundstelle
openJur 2013, 31452
  • Rkr:

Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf Erlass eines Widerspruchsbescheids ist nur anzunehmen, wenn der Kläger ausnahmsweise ein berechtigtes Interesse an einer Sachentscheidung der Widerspruchsbehörde hat.Nichtbestehen der zahnärztlichen Vorprüfung; Bestandskraft; Widerspruchsfrist; Wiedereinsetzung; höhere Gewalt; Prozessvergleich; Rechtsschutzbedürfnis für Klage auf Erlass eines Widerspruchsbescheids

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger nahm als Student der Zahnmedizin an der beklagten Julius-Maximilians-Universität Würzburg im Prüfungstermin 2007/II an der zahnärztlichen Vorprüfung (Erstversuch) teil. Mit Bescheid vom 10. Oktober 2007 teilte ihm die Beklagte mit, er habe die Prüfung nicht bestanden. Nachdem er auch die Wiederholungsprüfung im Prüfungstermin 2008/I nicht bestanden hatte (Bescheid vom 11.4.2008), ließ er gegen beide Bescheide mit Schreiben vom 29. April 2008 Widerspruch einlegen. Hierzu teilte die Beklagte dem damaligen Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 8. Mai 2008 mit, der Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. Oktober 2007 sei verfristet. Die Einwände gegen den Bescheid vom 11. April 2008 würden geprüft.

Gegen den von der Beklagten erlassenen Exmatrikulationsbescheid vom 2. Mai 2008 ließ der Kläger beim Verwaltungsgericht Würzburg Klage erheben (Az. W 2 K 08.973). In einem Prozessvergleich vom 6. August 2008 verpflichtete sich die Beklagte, den Kläger unter Aufhebung der Bescheide vom 11. April 2008 (Prüfungstermin 2008/I) und vom 2. Mai 2008 (Exmatrikulation) zur Wiederholung der zahnärztlichen Vorprüfung im Fach Zahnersatzkunde zuzulassen. Auch diese Wiederholungsprüfung bestand der Kläger nicht. Die gegen den hierzu ergangenen Bescheid der Beklagten vom 7. Oktober 2008 und gegen die Exmatrikulation mit Bescheid vom 30. Oktober 2008 erhobene Klage hatte keinen Erfolg (Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 11.2.2009, Az. W 2 K 08.2082).

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2011 ließ der Kläger bei der Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Frist zur Einlegung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 10. Oktober 2007 beantragen und Widerspruch einlegen. Er habe erst durch ein Schreiben der Beklagten vom 6. Oktober 2011 erfahren, wie sich die Note in der Prüfung zusammengesetzt habe. Nach Ablehnung des Wiedereinsetzungsantrags durch Bescheid der Beklagten vom 9. November 2011 und Zurückweisung des hiergegen eingelegten Widerspruchs mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2012 ließ der Kläger beim Verwaltungsgericht Würzburg Klage erheben und beantragen, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 9. November 2011 und des Widerspruchsbescheids vom 2. Februar 2012 zu verpflichten, über den Widerspruch vom 29. April 2008 hinsichtlich der Prüfung 2007/II (Teilprüfung Zahnersatzkunde) zu entscheiden.

Mit Urteil vom 10. Oktober 2012 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig. Der am 18. Oktober 2007 zur Post gegebene Bescheid vom 10. Oktober 2007 sei bestandskräftig. Der Widerspruch vom 29. April 2008 sei nicht innerhalb der Monatsfrist eingelegt worden. Der nach Ablauf eines Jahres seit dem Ende der versäumten Widerspruchsfrist eingereichte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei unzulässig. Ferner stehe dem Kläger aufgrund des Prozessvergleichs vom 6. August 2008 ein Anspruch auf Entscheidung über den Widerspruch vom 29. April 2008 nicht zu. Der Vergleich habe auch die Prüfung 2007/II zum Gegenstand gehabt und stehe daher einer erneuten gerichtlichen Geltendmachung entgegen. Da der Kläger sich auf eine Wiederholung der zahnärztlichen Vorprüfung im Fach Zahnersatzkunde eingelassen habe, habe er auf den Einwand der Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 10. Oktober 2007 rechtsverbindlich und endgültig verzichtet.

Gegen das am 29. Januar 2013 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt. Zur Begründung lässt der Kläger im Wesentlichen vortragen, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung, die auch an einem Verfahrensfehler leide. Die Beklagte habe bisher über den Widerspruch vom 29. April 2008 nicht entschieden. Aufgrund ihrer Weigerung, die mündlichen Noten bekanntzugeben, sei der Kläger durch höhere Gewalt gehindert gewesen, den Antrag auf Wiedereinsetzung früher zu stellen. Erst durch das Schreiben der Beklagten vom 6. Oktober 2011 habe er Kenntnis von der Benotungspraxis erlangt. Das Verwaltungsgericht hätte gegebenenfalls auf eine sachdienliche Auslegung des Klagebegehrens hinwirken und eventuelle Unklarheiten erläutern müssen. Außerdem habe das Gericht ohne vorherige Erörterung die Klageabweisung darauf gestützt, dass der Kläger im Prozessvergleich vom 6. August 2008 auf Einwände gegen den Bescheid vom 10. Oktober 2007 endgültig verzichtet habe. Hierdurch habe es den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt. Der Bescheid vom 10. Oktober 2007 sei nicht Gegenstand des Vergleichs gewesen. Schließlich sei das Verwaltungsgericht auf den vom Kläger gerügten Verstoß der Beklagten gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Zusammenhang mit der Bekanntgabe der Noten für den mündlichen Prüfungsteil nicht eingegangen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die Akten des Verwaltungsgerichts Würzburg in den Verfahren W 2 K 08.973, W 2 K 08.2037, W 2 K 08.2082 und W 2 E 08.2119 sowie auf die vorgelegten Akten der Beklagten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Aus der Antragsbegründung ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Der Senat folgt den Gründen des angefochtenen Urteils und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren Folgendes zu bemerken:

Es kann dahinstehen, ob die Klage – wie ausdrücklich beantragt – auf den Erlass eines Widerspruchsbescheids gerichtet war oder – dem mutmaßlichen Willen des (anwaltlich vertretenen) Klägers entsprechend – auf Aufhebung des Ausgangsbescheids vom 10. Oktober 2007 und Verpflichtung der Beklagten zur Neubewertung der Prüfungsleistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts oder zur Zulassung des Klägers zu einer weiteren Wiederholungsprüfung. In beiden Fällen ist die Klage unzulässig.

a) Der Kläger hat durch seinen damaligen Bevollmächtigten von der durch Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 1992 (GVBl S. 162, BayRS 34-1-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2011 (GVBl S. 689), eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, bei personenbezogenen Prüfungsentscheidungen nicht unmittelbar Klage zu erheben, sondern zunächst Widerspruch einzulegen. Hierzu hat die Beklagte zwar bis heute keinen Widerspruchsbescheid erlassen. Sie hat jedoch dem damaligen Bevollmächtigten des Klägers bereits mit Schreiben vom 8. Mai 2008 mitgeteilt, der Widerspruch vom 29. April 2008 hinsichtlich der Prüfung 2007/II sei verfristet, da der Bescheid vom 10. Oktober 2007 mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen und am 18. Oktober 2007 zur Post gegeben worden sei. Hierdurch wäre (unabhängig von der Frage der Zulässigkeit) der Klageweg für den Kläger gemäß § 75 VwGO grundsätzlich eröffnet gewesen.

Der Rechtsschutzsuchende kann Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO erheben, wenn über seinen Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Zeit sachlich nicht entschieden worden ist. Hierdurch wird verhindert, dass die Behörde dem Bürger durch Untätigbleiben die Möglichkeit wirksamen Rechtsschutzes nehmen kann (BVerfG, B.v. 6.2.1995 – 1 BvR 54/94 – juris Rn. 5). Es ist eine wesentliche Bedingung für die Wirksamkeit des durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Rechtsschutzes, dass das verwaltungsrechtliche Vorverfahren die Anrufung der Gerichte nicht zeitlich unzumutbar lange hinauszögert und der Rechtsschutzsuchende eine sachliche Entscheidung durch die Gerichte noch „zur rechten Zeit“ erlangen kann (BVerfG, B.v. 28.10.1975 – 2 BvR 883/73BVerfGE 40, 237/257).

Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf Erlass eines Widerspruchsbescheids ist jedoch nur bei besonders gelagerten Fallgestaltungen anzunehmen. Ebenso wie einer isolierten Anfechtungsklage des Bescheidadressaten gegen einen ergangenen Widerspruchsbescheid das Rechtsschutzinteresse fehlt, wenn für die Entscheidung der Widerspruchsbehörde weder Ermessens- noch Zweckmäßigkeitserwägungen in Betracht kommen (BVerwG, U.v. 5.11.1975 – VI C 4.74BVerwGE 49, 307/308 f., U.v. 7.10.1980 – 6 C 39.80BVerwGE 61, 45/47), ist das Rechtsschutzbedürfnis für eine isolierte Klage auf Erlass eines Widerspruchsbescheids in der Regel zu verneinen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Kläger ausnahmsweise ein berechtigtes Interesse an einer Sachentscheidung der Widerspruchsbehörde hat, etwa weil diese auch nach Zweckmäßigkeits- oder sonstigen Ermessensgesichtspunkten zu entscheiden hat, die dem Gericht verschlossen sind oder von ihm nur beschränkt auf ihre Fehlerhaftigkeit geprüft werden können (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 73 Rn. 16, 18; Hüttenbrink in Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand 1.4.2013, § 73 Rn. 17; Glaser in Gärditz, VwGO, § 73 Rn. 6; NdsOVG, B.v. 24.4.2009 – 4 PA 276.08 – NVwZ-RR 2009, 663/664).

Auch wenn der Kläger sich mit seinem Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. Oktober 2007 gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistung wendet, fehlt ihm unter den gegebenen Umständen das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage mit dem Ziel, die Beklagte zu verpflichten, über seinen Widerspruch zu entscheiden. Zwar ist es der Widerspruchsbehörde grundsätzlich nicht verwehrt, auch im Falle der Versäumung der Widerspruchsfrist (§ 70 VwGO) in der Sache zu entscheiden und damit für den Betroffenen die Klagemöglichkeit gegen den Ausgangsbescheid wieder zu eröffnen (Rennert in: Eyermann, § 68 VwGO Rn. 21, § 70 VwGO Rn. 8 m.w.N.). Vorliegend hat jedoch die Beklagte, die für den Erlass des Widerspruchsbescheids hinsichtlich des Bestehens der staatlichen zahnärztlichen Vorprüfung (§ 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b, §§ 25 ff. der Approbationsordnung für Zahnärzte [ZÄPrO] vom 26.1.1955 [BGBl S. 37], zuletzt geändert durch Gesetz vom 6.12.2011 [BGBl S. 2515]) selbst zuständig ist (§ 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO, Art. 11 Abs. 1 Satz 2, Art. 12 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 6, Art. 74 Abs. 2 des Bayerischen Hochschulgesetzes [BayHSchG] vom 23.5.2006 [GVBl S. 245, BayRS 2210-1-1-WFK], zuletzt geändert durch Gesetz vom 7.5.2013 [GVBl S. 252]), seit ihrem Schreiben vom 8. Mai 2008 durchgehend zum Ausdruck gebracht, dass sie wegen der Verfristung des Widerspruchs vom 29. April 2008 gegen den Bescheid vom 10. Oktober 2007 nicht in eine Sachprüfung eintreten werde. Daran hat sie auch im Klageverfahren stets festgehalten (Klageerwiderung vom 27.3.2012 und Schriftsatz vom 9.5.2012). Unter diesen Umständen sind die Voraussetzungen für ein nur ausnahmsweise anzunehmendes Rechtsschutzinteresse an einer gerichtlichen Verpflichtung der Beklagten zum Erlass eines Widerspruchsbescheids, in dem sich die Beklagte wegen der Versäumung der Widerspruchsfrist nicht mit den sachlichen Einwendungen des Klägers gegen den Ausgangsbescheid zu befassen hätte, nicht gegeben.

b) Auch für eine (Untätigkeits-)Klage mit dem im Ausgangsverfahren nicht ausdrücklich gestellten, aber möglicherweise dem Willen des Klägers entsprechenden Antrag auf Aufhebung des Ausgangsbescheids vom 10. Oktober 2007 und Verpflichtung der Beklagten zur Neubewertung der Prüfungsleistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts oder Zulassung zu einem weiteren Prüfungsversuch wäre die Zulässigkeit zu verneinen. Das gilt unabhängig von der Frage, ob einer solchen Klage auch der Prozessvergleich zwischen dem Kläger und der Beklagten entgegenstehen würde. Die Untätigkeitsklage ist bereits deshalb unzulässig, weil der Bescheid vom 10. Oktober 2007 bestandskräftig ist und die Beklagte die vom Kläger beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Widerspruchsfrist zu Recht abgelehnt hat.

aa) Ob ein Widerspruch rechtzeitig erhoben ist und ob, wenn dies nicht der Fall ist, dem Widerspruchsführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zusteht, ist eine die Zulässigkeit der Klage gegen den Erstbescheid betreffende verfahrensrechtliche Frage. War der Widerspruchsführer ohne Verschulden verhindert, die Widerspruchsfrist einzuhalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 70 Abs. 2 i.V.m. § 60 Abs. 1 VwGO). Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, sofern er nicht vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 70 Abs. 2 i.V.m. § 60 Abs. 3 VwGO). Hat die Behörde die Wiedereinsetzung zu Unrecht abgelehnt, hat das Gericht von Amts wegen festzustellen, dass Wiedereinsetzung hätte gewährt werden müssen, und über die Klage in der Sache zu entscheiden. Bei nicht ordnungsgemäßer Widerspruchseinlegung ist jedoch die Klage gegen den bestandskräftigen Ausgangsbescheid als unzulässig abzuweisen, wenn die Ablehnung der Wiedereinsetzung nicht zu beanstanden ist (BVerwG, U.v. 8.3.1983 – 1 C 3480 – NJW 1983, 1923; Rennert in: Eyermann, § 68 VwGO Rn. 21, § 70 VwGO Rn. 14 m.w.N.).

bb) So liegt es hier. Die Beklagte hat den Bescheid vom 10. Oktober 2007 über das Nichtbestehen der zahnärztlichen Vorprüfung mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen und am 18. Oktober 2007 per Einschreiben zur Post gegeben. Er gilt daher am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes [VwZVG]). Der Widerspruch vom 29. April 2008 wurde daher weit nach Ablauf der Monatsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO eingelegt. Auch die Ausschlussfrist von einem Jahr seit dem Ende der versäumten Widerspruchsfrist (§ 70 Abs. 2 i.V.m. § 60 Abs. 3 VwGO) war im Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Schreiben vom 19. Oktober 2011 bereits seit geraumer Zeit verstrichen. Für das Vorliegen höherer Gewalt, die den Kläger gehindert hätte, die Jahresfrist für den Wiedereinsetzungsantrag zu wahren, sind vorliegend keine Anhaltspunkte ersichtlich.

Höhere Gewalt im Sinne des § 60 Abs. 3 VwGO ist als außergewöhnliches, unvorhersehbares Ereignis zu verstehen, das unter den gegebenen Umständen auch durch äußerste, nach Lage der Sache vom Betroffenen zu erwartenden Sorgfalt nicht abgewendet werden kann (Schmidt in Eyermann, § 60 VwGO Rn. 28; Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 58 Rn. 80, § 60 Rn. 116 m.w.N.). Solche Umstände können hier nicht darin gesehen werden, dass die Beklagte – wie der Kläger meint – Einzelheiten über die Benotungspraxis und die Zusammensetzung der Noten für die zahnärztliche Vorprüfung erst mit Schreiben vom 6. Oktober 2011 mitgeteilt habe. Selbst wenn dies zutreffen sollte, wäre der Kläger hierdurch nicht gehindert gewesen, zur Verhinderung des Eintritts der Bestandskraft innerhalb der Monatsfrist gegen den Bescheid vom 10. Oktober 2007 Widerspruch einzulegen oder Klage zu erheben, um dann im Widerspruchs- oder Klageverfahren die Rechtmäßigkeit des Prüfungsverfahrens und der Bewertung seiner Prüfungsleistungen klären zu lassen.

c) Es kann dahinstehen, ob der Zulässigkeit der Klage auch der Prozessvergleich vom 6. August 2008 entgegensteht, wofür allerdings die im Verfahren W 2 K 08.973 im Schriftsatz des damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 1. Juli 2008 (S. 6) erklärte Bereitschaft spricht, „den Prüfungsrechtsstreit unter Außenvorlassung des laufenden Widerspruchsverfahrens zum Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens zu machen“ und den Termin am 6. August 2008 „dann gleich zur umfassenden Abarbeitung des relevanten Geschehens“ zu nutzen. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung nicht tragend auf diesen Gesichtspunkt gestützt. Das ergibt sich bereits aus der Formulierung im angefochtenen Urteil, dem Kläger stehe „ferner“ ein Anspruch auf Entscheidung über den Widerspruch aufgrund des Prozessvergleichs nicht zu. Entscheidungserheblich für das Verwaltungsgericht war die Bestandskraft des Ausgangsbescheids und die Einreichung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erst nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 60 Abs. 3 VwGO. Es hat lediglich ergänzend darauf hingewiesen, der Kläger habe durch den Prozessvergleich endgültig auf Einwände gegen den Bescheid vom 10. Oktober 2007 verzichtet.

2. Da der vom Verwaltungsgericht angenommene Verzicht auf Einwände gegen den Bescheid vom 10. Oktober 2007 für die Entscheidung – wie soeben ausgeführt – nicht tragend war, liegt auch kein Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO durch die geltend gemachte fehlende Erörterung dieses Gesichtspunktes vor, auf dem das Urteil beruhen kann. Ein solcher Verfahrensfehler liegt auch nicht darin, dass das Verwaltungsgericht in seinen Entscheidungsgründen auf den vom Kläger gerügten Verstoß der Beklagten gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Zusammenhang mit der Bekanntgabe der Noten für den mündlichen Prüfungsteil nicht eingegangen ist. Da das Verwaltungsgericht die Klage – zu Recht – als unzulässig abgewiesen hat, bestand keine Veranlassung, auf dieses nicht entscheidungserhebliche klägerische Vorbringen einzugehen.

3. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 und § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 18.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).

4. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).