VG Augsburg, Beschluss vom 24.06.2013 - Au 2 S 13.560
Fundstelle
openJur 2013, 31402
  • Rkr:
Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der am 26. März 2013 erhobenen Klage gegen den Bescheid des Landratsamts ... vom 26. Februar 2013 wird wiederhergestellt.

II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 7.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller betreibt eine Thai-Massagepraxis in ... Im Oktober 2012 wurden laut der Internetseite der Praxis verschiedene Massagearten (Baby-/Kindermassage, Schokoladenmassage, hot-stone Massage, Thai-Massage, Ölmassage, Partnermassage, Synchron-/Reflexmassage, Wirbelsäulen- und Gelenktherapie nach Dorn, Fuß-/Fußzonenreflexmassage) sowie Brustvergrößerungen durch Saugglocken, Ultraschallbehandlungen zur Fettreduzierung und Laserbehandlungen zur Beseitigung von Leberflecken, Narben und Tattoos angeboten. Die damalige Preisliste enthielt zusätzlich folgende Angebote: Kräuter-Pressurmassage, Schwangeren-Massage, manuelle Lymphdrainage, asiatische Schmerztherapie.

Am 21. Januar 2013 fand eine Durchsuchung der Praxis sowie der Privatwohnung des Antragstellers statt.

Das Landratsamt ... wies ihn mit Schreiben vom 5. Februar 2013 darauf hin, dass er zur Ausübung der Wirbelsäulentherapie nach Dorn, der Fußreflexzonenmassage, der Laseranwendungen, der Fettreduzierung mittels Ultraschall, der asiatischen Schmerztherapie und der manuellen Lymphdrainage eine Heilpraktikererlaubnis benötige und forderte ihn auf, diese Tätigkeiten zu unterlassen. Dem Antragsteller wurde angeboten, eine vorformulierte Unterlassungserklärung hinsichtlich dieser sechs Behandlungsmethoden abzugeben. Anderenfalls sei beabsichtigt, eine entsprechende Anordnung zu erlassen.

Mit Schreiben vom 21. Februar 2013 gab der Antragsteller an, er habe sich auf Behandlungsmethoden der traditionellen thailändischen Medizin spezialisiert und biete die Wirbelsäulentherapie nach der Dorn-Methode nicht mehr an. Die entsprechende Preisliste sei veraltet, eine neue sei beigefügt. Bei dem Begriff „asiatische Schmerztherapie“ handle es sich um eine Fehlbezeichnung. Der Antragsteller behandle Rückenschmerzen mit der Thai-Yoga-Massage. Er biete auch keine Fußreflexzonenmassagen und manuelle Lymphdrainagen an, sondern Druckpunktmassagen der traditionellen thailändischen Medizin, die sich an Marmapunkten und Energielinien orientierten. Die Laserbehandlungen erfolgten nicht zur Heilung von Krankheiten, Leiden und Körperschäden, sondern lediglich zu kosmetischen und ästhetischen Zwecken. Das Ultraschallgerät werde zur Cellulitis-Reduktion sowie zur Formung der Gesichts- und Körperkonturen, d.h. zur Schönheitspflege eingesetzt. Eine Gewichtsreduktion würde nicht durchgeführt.

Er fügte eine Unterlassungserklärung bei, in der er sich dazu verpflichtete, folgende Behandlungsmethoden zu unterlassen:

- Wirbelsäulentherapie nach Dorn

- Fußreflexzonenmassage (ausgenommen Massagen nach der traditionellen thailändischen Medizin soweit sich diese an definierten Marmapunkten und Energielinien orientieren)

- Laseranwendungen (ausgenommen solche, die lediglich der kosmetischen und ästhetischen Schönheitspflege dienen, wie z.B. Entfernung von Pigmenten, Sommersprossen, feinen Falten und Tattoos)

- Fettreduzierung mittels Ultraschall (ausgenommen solche, die lediglich der kosmetischen und ästhetischen Schönheitspflege dient, wie z.B. der Cellulitis-Reduktion, der Gesichts- und Körperformung)

- Schmerztherapie (ausgenommen Behandlungsmethoden der traditionellen thailändischen Medizin, insbesondere der Thai-Yoga-Massage)

- Manuelle Lymphdrainagen (ausgenommen Massagen nach der traditionellen thailändischen Medizin, die eine Verbesserung des Lymphflusses durch Druckmassagen auf definierten Marmapunkten und Energielinien herbeiführen)

Am 26. Februar 2013 erließ das Landratsamt ... eine Anordnung, wonach dem Antragsteller die Ausübung der Heilkunde ab sofort untersagt wurde. Bei Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld von 5.000 EUR angedroht. Die sofortige Vollziehung der Untersagung wurde angeordnet.

Eine Reihe der vom Antragsteller angebotenen Tätigkeiten falle unter den Vorbehalt einer Bestallung als Heilpraktiker. Dazu gehöre beispielsweise die Wirbelsäulentherapie nach Dorn. Das Bundesverwaltungsgericht habe auch die Tätigkeit als Chiropraktiker und das Verwaltungsgericht Oldenburg die Fußreflexzonenmassage als Ausübung der erlaubnisbedürftigen Heilkunde beurteilt. Es sei zum Schutz der Patienten vor Verletzungen auch für folgende Behandlungen eine Erlaubnis erforderlich: Laseranwendungen, Fettreduzierung mittels Ultraschall, asiatische Schmerztherapie und manuelle Lymphdrainage.

Am 26. März 2013 erhob der Antragsteller Klage (Au 2 K 13.453) und begehrte am 19. April 2013 die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Antrag:

Die aufschiebende Wirkung der im Vorverfahren – Az.: Au 2 K 13.453 – anhängigen Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Landratsamts ... vom 26. Februar 2013 – Az.: ... – wird angeordnet.

Die Unterlassungsanordnung sei nichtig, jedenfalls aber rechtswidrig, da sie unbestimmt sei. Das Landratsamt beziehe sich lediglich auf die Preislisten des Antragstellers, ohne zu spezifizieren, welche Tätigkeiten einer Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz – HeilprG) bedürften. In der Unterlassungsanordnung überlasse das Landratsamt dem Antragsteller die rechtliche Bewertung, welche der von ihm angebotenen Leistungen eine Ausübung der Heilkunde darstellten.

Für den Beklagten wurde mit Schreiben des Landratsamts ... vom 26. April 2013 beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Anordnung sei hinreichend bestimmt. In der Begründung des Bescheids sei ausreichend auf die Behandlungsmethoden eingegangen, sofern es sich hierbei um die Ausübung der Heilkunde handle. So würden im vierten Absatz auf der vierten Seite alle Bereiche namentlich genannt, die unter den Begriff der Heilkunde fielen. Im Übrigen habe die Unterlassungserklärung, die vom Landratsamt formuliert worden sei, alle heilkundlichen Behandlungsmethoden beinhaltet.

Der Antragsteller führte mit Schreiben vom 7. Mai 2013 aus, dass es nicht möglich sei, den streitgegenständlichen Bescheid ergänzend auszulegen, da offen sei, ob die Behandlungsmethoden nach der traditionellen thailändischen Medizin von der Untersagungsanordnung umfasst seien, da sie nur im Zusammenhang mit der Fußreflexzonenmassage erwähnt worden seien. Zudem sei die Anordnung rechtswidrig, da sie dem Antragsteller die Ausübung der Heilkunde in jedem Fall – also auch in dem, dass er eine Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 HeilPrG erhält – untersage. Zudem werde die Zuständigkeit des Landratsamts ... gerügt.

Mit Schreiben vom 28. Mai 2013 erwiderte das Landratsamt ..., dass sich seine sachliche Zuständigkeit aus Art. 3 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheits- und Veterinärdienst, die Ernährung und den Verbraucherschutz sowie die Lebensmittelüberwachung (Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetz – GDVG) in Verbindung mit dem Gesetz über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Landesstraf- und Verordnungsgesetzes – LStVG) ergebe.

Hinsichtlich der Bestimmtheit des Bescheids sei zu beachten, dass es bei Untersagungsverfügungen zum Zwecke der Gefahrenabwehr häufig nicht möglich sei, alle Varianten eines die Interessen der Allgemeinheit gefährdenden und damit zu untersagenden Verhaltens abschließend zu umschreiben. Darüber hinaus sei eine konkrete Untersagung bestimmter Angebote nicht möglich, da die Therapien und Behandlungsmethoden vom Antragsteller immer wieder andere Bezeichnungen und inhaltliche Erklärungen erfuhren.

Die Anwendungen nach der traditionellen thailändischen Medizin seien als Heilkunde anzusehen, da sie direkt mit den medizinischen Lehren der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) verwandt seien und damit ein Ersatz für medizinische Behandlungen sein könnten.

Der Antragsteller vertiefte mit Schreiben vom 17. Juni 2013 seinen Vortrag. Die Thai-Massage enthalte Yoga-Übungen, die lediglich intensiver seien als traditionelles Yoga. Sie sei somit nicht mit der Behandlung durch einen Chiropraktiker vergleichbar. Auch könne die Thai-Fußmassage nicht mit der Fußreflexzonenmassage gleichgesetzt werden. Mit den Methoden der traditionellen Thai-Massage könne der Antragsteller keine Krankheiten lindern oder heilen, sondern lediglich das körperliche Wohlbefinden seiner Patienten verbessern.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Gerichts- und die beigezogene Behördenakte verwiesen.

II.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der am 26. März 2013 fristgerecht eingelegten Klage gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vom 26. Februar 2013 wiederherzustellen, ist zulässig und begründet (§ 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 5 VwGO).

Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Verwaltungsakt ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn die sonst nach § 80 Abs. 1 VwGO eintretende aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs dadurch entfallen ist, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders angeordnet hat.

Das Gericht hat bei der im vorliegenden summarischen Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden eigenen Ermessensentscheidung die Interessen des Antragstellers auf der einen Seite und die Interessen des Antragsgegners bzw. der Allgemeinheit auf der anderen Seite gegeneinander abzuwägen. Abzustellen ist dabei vor allem auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Je größer die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache – hier der mit Schriftsatz vom 26. März 2013 erhobenen Klage – sind, umso geringere Anforderungen sind an das Aussetzungsinteresse des vorläufigen Rechtsschutz Begehrenden zu stellen. Je geringer umgekehrt die Erfolgsaussichten zu bewerten sind, umso höher müssen die erfolgsunabhängigen Interessen der Antragstellerseite zu veranschlagen sein, um eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu rechtfertigen. Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten des in der Hauptsache erhobenen Rechtsbehelfs, dass dieser offenkundig aussichtslos ist, so ist die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in der Regel abzulehnen. Ist dagegen der Rechtsbehelf in der Hauptsache offensichtlich erfolgreich, d.h. zulässig und begründet, so ist dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in der Regel stattzugeben (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 21.4.1995 – 1 VR 9.94NJW 1995, 2505; Schmidt in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 80 Rn. 68 ff.). Lässt sich auch nach intensiverer, wenngleich einem Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes angemessener Prüfung nicht feststellen, ob der Rechtsbehelf mit erheblicher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben oder Erfolg haben wird, so wird zur Vermeidung vollendeter Tatsachen regelmäßig die aufschiebende Wirkung anzuordnen sein (BayVGH, B.v. 14.1.1991 – 14 CS 90.3166NVwZ 1991, 1002).

Die hiernach vorzunehmende Interessenabwägung führt vorliegend zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Die eingelegte Anfechtungsklage hat nach der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage Aussicht auf Erfolg.

1. Die Untersagungsanordnung entspricht nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten. Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dazu gehört insbesondere, dass die Rechtsfolge auf den konkreten Fall bezogen ist. Der Verwaltungsakt darf also nicht nur den gesetzlichen Text in der Form wiederholen, dass die Regelung gesetzliche unbestimmte Rechtsbegriffe übernimmt und so die Wertung dem Adressaten überlässt (vgl. BVerwG, U.v. 2.12.1993 – 3 C 42.91BVerwGE 94, 341). Dies ist vorliegend jedoch der Fall. Der Tenor der Anordnung gibt lediglich den Gesetzestext wider, der mit dem Begriff der Heilkunde einen unbestimmten und nur schwer greifbaren Rechtsbegriff enthält.

Auch die Begründung des Bescheids ist nicht geeignet, die Unbestimmtheit vollständig zu beseitigen. Sie wiederholt sämtliche vom Antragsteller früher und aktuell angebotenen Leistungen und führt aus, dass „eine Reihe der genannten Tätigkeiten“ unter den Vorbehalt der Bestallung falle, „wie z.B. die Durchführung der Wirbelsäulentherapie nach der Dorn-Methode“. Auch die „Tätigkeit als Chiropraktiker“ und die Fußreflexzonenmassage seinen von der Rechtsprechung als Heilkunde eingestuft worden. Zum Schutz der Patienten vor Verletzungen wurde „auch für die folgenden Behandlungen“ eine Erlaubnis vorausgesetzt: Laseranwendungen, Fettreduzierung mittels Ultraschall, asiatische Schmerztherapie und manuelle Lymphdrainage. Weiter heißt es, dass es sich bei der „Fettreduzierung mittels Ultraschalls und maschineller Liposuktion“ um einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Menschen handle.

Damit lässt sich dem Bescheid keine abschließende Aufzählung der zu unterlassenden Therapien entnehmen. Soweit Methoden konkret benannt werden, erscheint die Bezeichnung lediglich beispielhaft. Insbesondere ist die Aufzählung im vierten Absatz auf Seite vier des Bescheids offensichtlich gerade nicht abschließend, da sie nicht nur durch das Wort „auch“ deren Unvollständigkeit verdeutlicht, sondern im vorherigen Absatz um die Wirbelsäulentherapie nach Dorn und im nächsten Absatz um die Liposuktion ergänzt wird. Hinsichtlich der „Tätigkeit als Chiropraktiker“ bleibt unklar, welche Behandlungsmethoden damit gemeint sein sollen, da keine der vom Antragsteller angebotenen Anwendungen als chiropraktische Behandlung bezeichnet wird. Insbesondere ist allein aufgrund des Bescheids nicht feststellbar, ob aus Sicht des Landratsamts die Thai-Massage, das traditionelle Thai-Yoga bzw. das moderne Thai-bodywork und gegebenenfalls sogar die Baby-/Kindermassage unter diesen Begriff fallen.

Eine derartige Unklarheit hinsichtlich der zu unterlassenden Tätigkeiten kann auch nicht unter dem Aspekt des gebotenen Schutzes der Allgemeinheit vor unerlaubten Heilbehandlungen und der Gefahrenabwehr hingenommen werden. Zum einen wäre die Aufnahme einer eindeutig als abschließend erkennbaren Aufzählung wie in der vom Landratsamt vorformulierten Unterlassungserklärung unschwer möglich gewesen. Zum anderen war dem Landratsamt zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses aufgrund des Schreibens des Antragstellers vom 21. Februar 2013 samt der von ihm formulierten Unterlassungserklärung und der aktuellen Preisliste bekannt, dass der Antragsteller Methoden der traditionellen thailändischen Medizin anbietet, so dass auch insofern eine exakte Bezeichnung in Betracht gekommen wäre. Der Einschätzung des Landratsamts, der Antragsteller ändere „immer wieder“ die Bezeichnungen der von ihm angebotenen Therapien, lässt sich nach Aktenlage in dieser Eindeutigkeit nicht bestätigen.

Die erforderliche Bestimmtheit kann auch nicht deswegen angenommen werden, weil das Anhörungsschreiben mit der beigefügten Unterlassungserklärung eine abschließende Aufzählung der zu unterlassenden Tätigkeiten enthielt. Diese wurde nämlich nicht in die Untersagungsanordnung mit aufgenommen, so dass für den Adressaten nicht klar ist, ob der Verwaltungsakt denselben Inhalt wie die Unterlassungserklärung haben soll oder – im Umkehrschluss – einen darüberhinausgehenden, wofür die zusätzliche Erwähnung der Chiropraktik und der Liposuktion spricht. Im Übrigen sind andere Schriftstücke ohne entsprechende Bezugnahmen auch unter dem Gesichtspunkt der Vollstreckbarkeit nicht geeignet, die Bestimmtheit eines Bescheids herbeizuführen, da im Regelfall nicht zu erwarten ist, dass diese dem Vollstreckungsorgan bekannt sind.

2. Selbst wenn der Argumentation des Landratsamts gefolgt und eine Bestimmtheit dahingehend unterstellt würde, dass von der Untersagungsanordnung die im vierten Absatz der Seite vier genannten Behandlungsmethoden umfasst sein sollen, bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids.

Rechtsgrundlage für die Untersagungsanordnung ist Art. 7 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 LStVG. Danach kann das Landratsamt ... als zuständige Sicherheitsbehörde (vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 GDVG) Anordnungen treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, zu verhüten oder zu unterbinden und um Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen, die Leben oder Gesundheit von Menschen bedrohen oder verletzen.

Ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen, ist nach summarischer Prüfung des Sachverhalts zum gegenwärtigen Zeitpunkt als fraglich anzusehen. Nach § 5 HeilPrG wird derjenige, der ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt zu sein und ohne eine Erlaubnis nach § 1 HeilPrG zu besitzen, die Heilkunde ausübt, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Ausübung der Heilkunde nach § 1 Abs. 2 HeilprG ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen. Wegen der mit dem Erlaubniszwang verbundenen Beschränkung der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG fallen darunter nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur solche Heilbehandlungen, die nach allgemeiner Auffassung ärztliche Fachkenntnisse erfordern und gesundheitliche Schäden verursachen können. Ärztliche Fachkenntnisse können erforderlich sein im Hinblick auf das Ziel, die Art oder die Methode der Tätigkeit oder auch schon im Hinblick auf die Feststellung, ob im Einzelfall mit der Behandlung begonnen werden darf, ohne dass der Patient durch die Verrichtung selbst unmittelbar Schaden nimmt. Auch Tätigkeiten, die für sich gesehen ärztliche Fachkenntnisse nicht voraussetzen, fallen unter die Erlaubnispflicht, wenn sie nennenswerte Gesundheitsgefährdungen zur Folge haben können. Dazu zählen auch mittelbare Gefährdungen, wenn durch die Behandlung ein frühzeitiges Erkennen ernster Leiden verzögert wird und die Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefährdung nicht nur geringfügig ist. Eine solche Gefahr besteht dann, wenn die in Rede stehende Heilbehandlung als eine die ärztliche Berufsausübung ersetzende Tätigkeit erscheint. Je weiter sich dabei das Erscheinungsbild des Heilers von der medizinischen Behandlung entfernt, desto geringer wird das Gefährdungspotential im Hinblick auf mittelbare Gefahren. Wenn Tätigkeiten nicht mehr den Eindruck erwecken, Ersatz für eine medizinische Behandlung sein zu können, weil sie nur auf eine spirituelle Wirkung angelegt sind, unterfallen sie nicht mehr dem Erlaubniszwang des Heilpraktikergesetzes (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 26.8.2010 – 3 C 28.09NVwZ-RR 2011, 23).

a) Soweit die Unterlassungserklärung des Antragstellers greift, war die Untersagungsanordnung nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig.

In Bezug auf die Fußzonenreflexmassage, die manuelle Lymphdrainage und die Schmerztherapie wurde vom Antragsteller eine wirksame Unterlassungserklärung abgegeben. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller beabsichtigt, gegen sie zu verstoßen. Dass die Erklärung explizit Behandlungen nach der traditionellen thailändischen Medizin bzw. Thai-Massagen ausnimmt, hindert ihre Wirksamkeit nicht, da nach dem Vortrag des Antragstellers viel dafür spricht, dass es sich hierbei um eine eigenständige Methode handelt, die nicht unter die Begriffe „Fußzonenreflexmassage“, „manuelle Lymphdrainage“ und „Schmerztherapie“ gefasst werden kann. Jedenfalls gibt es zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Hinweise darauf, dass lediglich eine „Umetikettierung“ der genannten Behandlungsmethoden vorliegt. Für die Einschätzung des Landratsamts, dass Marma- und Energieleitbahnen dasselbe seien wie Nervenleitbahnen, fehlt es an ausreichenden Belegen. Die Annahme, die traditionelle thailändische Medizin sei direkt mit den Lehren der TCM verwandt, ist ebenfalls nicht in der Lage, die gezogenen Schlussfolgerungen zu tragen, da es sich bei der TCM um einen weiten und unbestimmten Begriff handelt, der auch Bereiche umfasst, die nicht als Heilkunde eingestuft werden können (vgl. NdsOVG, B.v. 15.3.2011 – 8 ME 8/11 – juris Rn. 37 ff.).

b) Darüber hinaus bestehen auch Bedenken gegen die Einordnung der Thai-Massage sowie der Laser- und Ultraschallbehandlungen als Heilkunde, da es hierfür zum Zeitpunkt der Entscheidung im Eilverfahren nicht genügend tatsächliche Hinweise gibt.

Wird zu Gunsten des Antragsgegners unterstellt, dass die traditionelle Thai-Massage bzw. das „traditionelle Thai-Yoga/modernes Thai-bodywork“ unter den Begriff der „asiatischen Schmerztherapie“ fällt – wofür es wie ausgeführt keine Anhaltspunkte gibt –, dann kann die Frage, ob der Antragsteller bei der Anwendung dieser Behandlungen Heilkunde ausübt, zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit hinreichender Sicherheit weder bejaht noch verneint werden. Es ist zwar denkbar, dass hierfür ärztliche Fachkenntnisse erforderlich sind. Ebenfalls nicht auszuschließen ist, dass von der Methode zumindest mittelbare Gefahren für die Gesundheit der Patienten ausgehen, da ihr möglicherweise ein Heilversprechen zugrunde liegt, das die Patienten von einem Arztbesuch abhalten könnte. Auch eine Verwandtschaft mit als Heilkunde einzustufenden Verfahren nach der TCM (z.B. Tuina-Massage) kommt in Betracht. Eine abschließende Beurteilung aufgrund fehlender tatsächlicher Grundlagen ist jedoch derzeit nicht möglich. Insofern dürfte eine weitere Sachverhaltsermittlung im Hauptsacheverfahren veranlasst sein.

Die in der neuen Preisliste aufgeführte intensive Akupressurtechnik dürfte zwar als Heilkunde einzustufen sein (vgl. NdsOVG, B.v. 15.3.2011 – 8 ME 8/11 – juris Rn. 51). Diese ist jedoch vom Regelungsbereich des Bescheids nicht umfasst.

Die Annahme des Landratsamts, dass eine kosmetische Behandlung mittels eines Lasers in jedem Fall Heilkunde darstellt, lässt sich in dieser apodiktischen Form nicht bestätigen. Ob eine Gefahr für die Gesundheit der Kunden besteht, hängt von der Art des verwendeten Lasers ab (vgl. VG Gelsenkirchen, U.v. 22.6.2011 – 7 K 2991/10 – juris Rn. 19). Dass der Antragsteller im vorliegenden Fall ein Lasergerät benutzt, das geeignet ist, Schäden an Augen und Haut der Patienten zu hinterlassen, wurde vom Landratsamt nicht vorgetragen. Damit kann jedenfalls im vorliegenden Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit angenommen werden, dass von dem verwendeten Laser Gesundheitsgefahren ausgehen.

Auch in Bezug auf die Ultraschallbehandlung bestehen Zweifel an der Einordnung als Ausübung der Heilkunde. Sofern das Verfahren zum Zwecke der Fettreduzierung angeboten wird, wird nicht der Eindruck erweckt, der Antragsteller biete eine Heilungsmethode für Krankheiten an. Vielmehr bezieht sich die Formulierung der früheren Internetseite offensichtlich auf rein ästhetische Veränderungen. Diese Annahme wird dadurch verstärkt, dass das Verfahren bei Adipositas explizit ausgeschlossen wird. Dass und welche Gesundheitsgefahren von dieser Methode ausgehen oder ob für ihre Anwendung ärztliche Kenntnisse erforderlich sind, lässt sich nicht mit der hier notwendigen Bestimmtheit feststellen und kann jedenfalls nicht als sicher unterstellt werden.

Die abschließend vorzunehmende Interessenabwägung fällt zugunsten der Aussetzungsinteressen des Antragstellers aus, da die Klage in der Hauptsache aufgrund der bestehenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids (z.B. Unbestimmtheit) voraussichtlich erfolgreich sein dürfte. Im Übrigen bleibt in Anbetracht des Großteils ungeklärten Sachverhalts die Beurteilung der inhaltlichen Rechtmäßigkeit der Untersagungsanordnung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Dass durch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eine nicht hinzunehmende Gefahr für die Gesundheit der Patienten des Antragstellers besteht, ist nicht ersichtlich. Die Gewerbeanmeldung der Ehefrau des Antragstellers, in der dieser als vertretungsberechtigte Person angegeben wird, datiert auf den 22. März 2007, so dass davon auszugehen ist, dass das Massagestudio seit nunmehr sechs Jahren besteht, ohne dass Gesundheitsschäden an den Patienten des Antragstellers bekannt geworden wären. Auch die Gefahr von mittelbaren Gesundheitsschäden scheint nicht hinreichend dringend, da jedenfalls der aktuelle Internetauftritt des Antragstellers bemüht ist, den Eindruck einer Wellness- und Beauty-Einrichtung zu vermitteln und – gerade im Bereich der Thai-Yoga-Massage – betont, dass es sich nicht um eine Alternative zur medizinischen Therapie handelt. Somit wäre auch aus diesen Gründen zur Vermeidung vollendeter Tatsachen und unter Berücksichtigung der besonderen Bedeutung des Art. 12 Abs. 1 GG die aufschiebende Wirkung anzuordnen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziffer 14.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (veröffentlicht in NVwZ 2004, 1327). Dem einstweiligen Charakter der Anordnung war durch Halbierung des Streitwerts der Hauptsache Rechnung zu tragen.