VG Düsseldorf, Urteil vom 28.05.2013 - 22 K 2532/11
Fundstelle
openJur 2013, 31271
  • Rkr:
Tenor

Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Das beklagte Land wird verurteilt,

die Verbreitung des Verfassungsschutzberichtes Nordrhein-Westfalen 2010 zu unterlassen, wenn nicht zuvor die Passagen auf Seite 00 des Berichts

" , weil eine ganze Bevölkerungsgruppe, nämlich diejenige, die den Islam als Religion ausübt, pauschal und undifferenziert von der Wahrnehmung elementarer Grundrechte - darunter der Religionsfreiheit - ausgeschlossen wird"

und

"Diese Äußerungen sprechen Muslimen nicht nur ihr Grundrecht auf freie Religionsausübung ab, sondern negieren ein Existenzrecht und Bleiberecht dieser Bevölkerungsgruppe in ganz Europa. Beides steht in krassem Widerspruch zu unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung."

entfernt oder unleserlich gemacht worden sind,

und

in seinem nächsten Verfassungsschutzbericht richtig zu stellen, dass der Bericht über die Klägerin in dem Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2010 insoweit rechtswidrig war.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 90 v. H. und das beklagte Land zu 10 v. H..

Tatbestand

Die Klägerin ist gemäß ihrer Satzung vom 9. September 2007 eine Partei im Sinne des Parteiengesetzes mit Sitz in E, welche an Wahlen in Nordrhein-Westfalen teilnimmt (§§ 1 und 3 der Satzung). Sie führt den Namen "C", abgekürzt "C" (§ 2 der Satzung). Ihr Parteiprogramm unter dem Titel "T" datiert ebenfalls vom 9. September 2007. Seit April 2008 ist sie im Parteienverzeichnis des Bundeswahlleiters eingetragen. Bislang nahm sie in Nordrhein-Westfalen an der Kommunalwahl am 30. August 2009 und an den Landtagswahlen am 9. Mai 2010 und 13. Mai 2012 teil.

Die Klägerin präsentiert sich im Internet unter der Adresse http://C.net, wo sie sich u. a. zu tagesaktuellen politischen Ereignissen äußert. Unter der Rubrik "Hintergründe" in ihrem Internetauftritt legt die Klägerin unter der Überschrift "Geschichte" dar, im Jahre 1996 sei die "C1 e. V." als freiheitlichkonservative Vereinigung auf kommunaler Ebene gegründet worden, habe sich 2004 erstmals an der Stadtratswahl in L beteiligt und sei in Fraktionsstärke in den Rat der Stadt L eingezogen; im Jahre 2007 sei die "C” als landespolitische Erweiterung des "Erfolgsmodells C1” gegründet worden.

Vorsitzender der Klägerin ist seit ihrer Gründung C2, der zugleich Vorsitzender der kommunalen Wählervereinigung "C1 e. V." (C1) ist. Stellvertretender Vorsitzender der Klägerin ist u. a. V, zugleich Vorstandsmitglied von C1. Generalsekretär der Klägerin ist seit ihrer Gründung X, zugleich Mitglied der Fraktion "C1" im Ler Stadtrat. Schatzmeisterin der Klägerin ist seit ihrer Gründung X1, zugleich stellvertretende Vorsitzende von C1 und Vorsitzende der Fraktion "C1" im Ler Stadtrat.

Das Ministerium für Inneres und Kommunales (vormals: Innenministerium) des beklagten Landes ‑ Abteilung Verfassungsschutz ‑ gibt zur Information der Öffentlichkeit jährlich einen Verfassungsschutzbericht ("Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein‑Westfalen") heraus, der über Entwicklungen u. a. in den Bereichen Rechtsextremismus, Linksextremismus, Ausländerextremismus und Islamismus berichtet. Die den einzelnen Kapiteln zugehörigen Seiten enthalten am Außenrand findexartige Balken in unterschiedlichen Farben. Die Farbgebung ist dabei u. a. wie folgt: braun für das Kapitel "Rechtsextremismus", rot für das Kapitel "Linksextremismus", gelb für das Kapitel "Ausländerextremismus" und grün für das Kapitel "Islamismus". Der jährliche Verfassungsschutzbericht erscheint jeweils im Frühjahr des auf das Berichtsjahr folgenden Jahres. Im Herbst eines jeden Jahres gibt das Ministerium darüberhinaus einen Zwischenbericht ("Zwischenbericht ‑ Entwicklungen und Analysen des Extremismus in Nordrhein-Westfalen") als Halbjahresbericht heraus. Die jeweils letzten fünf veröffentlichten Verfassungsschutz- und Zwischenberichte sind im Internet unter der Adresse http://www.mik.nrw.de als Download abrufbar. Alle Berichte werden zusätzlich als Broschüre in Papierform vertrieben. Dabei werden die Zwischenberichte nur in einer durchschnittlichen Druckauflage von 500 Exemplaren hergestellt und an ausgewählte Kreise verteilt, während die Verfassungsschutzberichte in einer durchschnittlichen Druckauflage von 14.500 Exemplaren hergestellt und sodann kostenlos verbreitet werden, bis sie vergriffen sind.

Über die Klägerin berichtet das beklagte Land bereits seit dem Jahr 2007. Die Klägerin suchte erstmals gegen ihre Erwähnung in dem Bericht 2008 sowie in dem Zwischenbericht 2008 um Rechtsschutz nach; das erkennende Gericht wies die auf diese Berichte bezogene Klage durch Urteil vom 15. Februar 2011 ‑ 22 K 404/09 - ab. Durch Beschluss vom 23. Mai 2012 ‑ 5 A 837/11 ‑ wies das OVG NRW den hiergegen gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung zurück.

Im "Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2009" (Verfassungsschutzbericht 2009) berichtet das beklagte Land im Kapitel 1 "Entwicklungstendenzen", Unterkapitel 1.1 "Rechtsextremismus" (S. 15 ‑ 18 des Berichts) u. a. über die Klägerin (S. 16 ‑ 17 des Berichts). Die Kapitelüberschrift "Rechtsextremismus" wird auf S. 15 des Berichts zunächst ergänzt durch einen Fußnotentext mit folgendem Inhalt:

"Zur Erfüllung seiner Funktion als Frühwarnsystem in der wehrhaften Demokratie ist der Verfassungsschutz durch das Verfassungsschutzgesetz NRW berechtigt, über eine Organisation zu berichten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer verfassungsfeindlichen Bestrebung vorliegen. Für eine Berichterstattung ist es nicht Voraussetzung, dass sich Verdachtsmomente bis zur Einschätzung als "verfassungsfeindlich" verdichtet haben. Soweit nur Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, wird dies mit der Kennzeichnung (*) ausdrücklich hervorgehoben."

Sodann folgt auf Berichte über die Aktivitäten der "O" und der "E" die Zwischenüberschrift "C1* und C*", der im Wortlaut der folgende Text nachgeordnet ist (Fettdruck im Original):

"Nach wie vor bestehen bei diesen Gruppierungen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen. Dieser Verdacht wird durch eine Vielzahl von Äußerungen aber auch durch Kontakte zu anderen, teilweise rechtsextremistischen, zumindest aber ausländerfeindlichen Organisationen im In‑ und Ausland seit Jahren bestätigt.

'C1*' und 'C' missachten mit ihren Aussagen und Forderungen weiterhin die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, insbesondere die Menschenwürde und das Diskriminierungsverbot. 'C1*' und 'C' schüren latente Ängste vor Überfremdung und verbreiten fremdenfeindliche Ressentiments. Ein Schwerpunkt der Kampagnen von 'C1*' und 'C' lag auch 2009 wieder darauf, Ängste vor Muslimen zu schüren. (...)"

Das Kapitel 3 "Rechtsextremismus", Unterkapitel 3.1 "Parlamentsorientierter Rechtsextremismus" des Verfassungsschutzberichts 2009 enthält jeweils eigenständig gegliederte Abschnitte über die "O" (3.1.1), die "E" (3.1.2) sowie die "C1 und C*" (3.1.3). Die Kapitelüberschrift "3.1.3 C1 und C*" wird dabei ergänzt durch einen gleichlautenden Fußnotentext wie auf Seite 15 des Berichts (s. o.). In dem Abschnitt 3.1.3, in dem auf 11 Seiten (ab S. 66 des Berichts) sowohl über die Klägerin als auch über C1 berichtet wird, heißt es auf S. 67 des Berichts (Fettdruck im Original):

"Anhaltspunkte für den Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit

'C1*' und 'C*' werden vom Verfassungsschutz beobachtet, weil bei diesen Gruppierungen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen vorliegen. Dieser Verdacht wird durch eine Vielzahl von Äußerungen in Infoblättern von 'C1*' und 'C*' sowie durch Artikel, die im Archiv auf deren Internetseiten abgelegt sind, durch Redebeiträge auf Kundgebungen, DVD‑Veröffentlichungen, aber auch durch Kontakte zu anderen, teilweise rechtsextremistischen, zumindest aber ausländerfeindlichen Organisationen im In‑ und Ausland seit Jahren bestätigt.

'C1*' und 'C*' missachten Menschenrechte

'C1*' und 'C*' missachten mit ihren Aussagen und Forderungen die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, insbesondere die Menschenwürde und das Diskriminierungsverbot. Ausländer werden durch 'C1*' und 'C*' wegen ihrer Nationalität, Abstammung oder Religionszugehörigkeit pauschal herabgesetzt und diffamiert. Entsprechende Aussagen werden ständig wiederholt; im Fokus stehen fast ausschließlich die Themen "Ausländer/Migranten", verbunden mit einer drastischen Wortwahl. So wird den Bürgern ein negatives Menschenbild über diese Personengruppen vermittelt, das ausschließlich an deren Nationalität, Religions-, Staats- oder Volkszugehörigkeit anknüpft. Eine differenzierte Betrachtung, die andere Aspekte einbezieht, wird fast vollständig ausgeblendet. Bestimmte Volks- und Religionsgruppen, insbesondere Muslime, werden als unerwünschte, nicht integrierbare Menschen zweiter Klasse dargestellt. Mit dieser Art der Darstellung schüren 'C1*' und 'C*' Ablehnung und Angst in der Bevölkerung.

Wenn sich 'C1*' und 'C*' immer wieder geradezu demonstrativ zum Grundgesetz bekennen und sich gegen jede Form von Extremismus verwahren, wirkt dies taktisch motiviert. Zumindest ist das Grundrechtsverständnis von 'C1*' und 'C*' nicht mit den Zielen, Werten und Inhalten des Grundgesetzes vereinbar."

Sodann folgen unter den Überschriften "Ausländerfeindlichkeit", "Islam als Feindbild", "Kampagnen gegen Moscheebauten", "Ausgrenzung gesellschaftlicher Gruppen" und "Diffamierung von politischen Gegnern" erläuternde Beispiele dafür, wie das beklagte Land zu den vorausgegangenen Annahmen gelangt ist (S. 68 ‑ 73 des Berichts; Fettdruck im Original).

Unter der Überschrift "Bündnispartner und Anti-Islamisierungskongress" schließen sich Ausführungen zum einen über die Verflechtungen von C1 und der Klägerin mit Parteien und Organisationen in den europäischen Nachbarländern an, die zum Teil ‑ wie etwa die belgische Regionalpartei W ‑ dem rechtsextremistischen Spektrum zugeordnet werden, zum anderen wird über den durch C1 und die Klägerin im Mai 2009 in L durchgeführten Anti‑Islamisierungskongress berichtet, an dem u. a. Repräsentanten rechtsgerichteter Parteien aus dem Ausland teilnahmen (S. 73 ‑ 74 des Berichts, Fettdruck im Original).

Daran anschließend folgen unter der Überschrift "Funktionäre von 'C1*' und 'C*'" Ausführungen über die Funktionärsebene und Mitglieder beider Gruppierungen, die nahezu identisch seien und zu einem nicht unwesentlichen Teil Parteien entstammten, bei denen zumindest Anhaltspunkte für den Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen vorlägen oder vorgelegen hätten (S. 74 des Berichts, Fettdruck im Original).

Sodann wird unter der Überschrift "'Jugend C1*' und 'Jugend C*'" über die den beiden Gruppierungen angegliederten Jugendabteilungen berichtet (S. 74 ‑ 75 des Berichts, Fettdruck im Original).

Abschließend erfolgen in einem weiteren Abschnitt Ausführungen über die "Strategie von 'C1*' und 'C*'" (S. 76 des Berichts, Fettdruck im Original).

In dem "Zwischenbericht 2010 - Entwicklungen und Analysen des Extremismus in Nordrhein-Westfalen" des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen (Zwischenbericht 2010) berichtet das beklagte Land u. a. im Kapitel 2 "Parteien bei der Landtagswahl 2010" über die Klägerin. Die Kapitelüberschrift des Kapitels 2 (Seite 18 des Zwischenberichts) ist mit einer Fußnote versehen mit dem gleichen Fußnotentext wie auf Seite 15 des Verfassungsschutzberichts 2009 (s. o.).

Soweit die Klägerin in dem Zwischenbericht 2010 namentlich erwähnt wird, ist dem Namen der Klägerin jeweils die Kennzeichnung (*) angefügt.

In dem Unterkapitel 2.1 erfolgt unter der Überschrift "Desaster für die O bei der Landtagswahl - beide Wahlziele klar verfehlt" (S. 18 des Zwischenberichts) zunächst ein Bericht über das Wahlergebnis der O bei der Landtagswahl 2010, in dessen Zusammenhang auch die Klägerin namentlich Erwähnung findet. Der Name der Klägerin ist dabei mit einer Fußnote folgenden Inhalts versehen:

"Bei 'C*' bestehen Anhaltspunkte für den Verdacht einer extremistischen Bestrebung."

In dem Unterkapitel 2.2 erfolgen sodann unter der Überschrift "C*" Ausführungen über die Wahlziele, Strategien und Wahlergebnisse der Klägerin bei der Landtagswahl 2010 (Seite 20 des Zwischenberichts).

Im "Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2010" (Verfassungsschutzbericht 2010) berichtet das beklagte Land an diversen Stellen über die Klägerin, zunächst im Kapitel 1 "Entwicklungstendenzen", Unterkapitel 1.1 "Rechtsextremismus" (S. 13 ‑ 16 des Berichts; Bericht über die Klägerin: S. 14 ‑ 15). Die Kapitelüberschrift "Rechtsextremismus" wird auf S. 13 des Berichts zunächst ergänzt durch einen Fußnotentext wie auf Seite 15 des Verfassungsschutzberichts 2009 (s. o.).

Auf Seite 14 - 15 des Berichts folgt auf eine Darstellung der Aktivitäten der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (O)" und vor einem Bericht über die "Neonazis" die Zwischenüberschrift "'C1' und 'C'", der im Wortlaut der folgende Text nachgeordnet ist:

"'C1' und 'C' werden vom Verfassungsschutz beobachtet, weil bei diesen Gruppierungen tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen vorliegen. Diese tatsächlichen Anhaltspunkte ergeben sich aus einer Vielzahl von Äußerungen in den Infoblättern von 'C1' und 'C' sowie durch Artikel, die im Archiv auf deren Internetseiten abgelegt sind, durch Redebeiträge auf Kundgebungen, DVD-Veröffentlichungen, aber auch durch Kontakte zu anderen, teilweise rechtsextremistischen, zumindest aber ausländerfeindlichen Organisationen im In- und Ausland.

Der Schwerpunkt der Kampagnen von 'C1' und 'C' war auch in 2010 darauf angelegt, Vorurteile über Muslime zu verbreiten, Ängste zu wecken oder zu verstärken. Dabei wird bewusst nicht zwischen Islam als Religion und dem Islamismus als extremistischer Strömung unterschieden. Vielmehr erfolgt eine diskreditierende Gleichsetzung des Islam mit Kriminalität und Terrorismus. Der Islam insgesamt wird als Feindbild von 'C1' und 'C' propagiert, um die Ausgrenzung einer ganzen Bevölkerungsgruppe und pauschale Schuldzuweisung an diese zu rechtfertigen. Das Schlüssel- und Schwerpunktthema von 'C1' und 'C' ist - vor dem Hintergrund ihrer islamfeindlichen Agitation - nach wie vor die Ablehnung von Moscheebauten.

Verflechtungen und Bündnisse, die 'C1' und 'C' mit Parteien und Organisationen in den europäischen Nachbarländern 2010 pflegten, zeigen, dass sich 'C1' und 'C' nicht glaubhaft von jeder Form des Extremismus abgrenzen. Einige dieser Parteien zählen zum rechtsextremistischen Spektrum. 'C' hat in 2010 seine Bemühungen, mit anderen Parteien eine politische Plattform von rechts zu schaffen, verstärkt. Mit den 'Republikanern' will 'C' 2011 gemeinsam Großveranstaltungen durchführen. Ziel ist es, spätestens bei der Europawahl 2014 "gemeinsam in neuer Formation" bundesweit anzutreten.

Der von 'C1' und 'C' bei der Landtagswahl angestrebte Wahlerfolg - Einzug in den Landtag - ist ausgeblieben. Das Wahlergebnis bei der Landtagswahl von 1,4 % landesweit zeigt, dass die Strategie von 'C', sich auf die "Islamisierung" und "Anti-Minarett-Kampagne" als zentrale Themen zu konzentrieren, letztendlich nicht erfolgreich war."

Darüber hinaus berichtet das beklagte Land in dem Kapitel 3 "Rechtsextremismus", Unterkapitel 3.1 "Parlamentsorientierter Rechtsextremismus" u. a. über die Klägerin. Das Unterkapitel 3.1 "Parlamentsorientierter Rechtsextremismus" enthält jeweils eigenständig gegliederte Abschnitte über die "Os" (3.1.1), die "C1 e. V. und C" (3.1.2) sowie die "E1 (E1)" (3.1.3). In dem Abschnitt 3.1.2, in dem auf 19 Seiten (ab S. 59 des Berichts) sowohl über die Klägerin als auch über C1 berichtet wird, heißt es auf S. 60, 61 des Berichts (Fettdruck im Original):

"Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen

'C1' und 'C' werden vom Verfassungsschutz beobachtet, weil bei diesen Gruppierungen tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen vorliegen. Diese tatsächlichen Anhaltspunkte ergeben sich aus einer Vielzahl von Äußerungen in den Infoblättern von 'C1' und 'C' sowie durch Artikel, die im Archiv auf deren Internetseiten abgelegt sind, durch Redebeiträge auf Kundgebungen, DVD-Veröffentlichungen, aber auch durch Kontakte zu anderen, teilweise rechtsextremistischen, zumindest aber ausländerfeindlichen Organisationen im In- und Ausland.

Diese Faktenlage geht auch nach der Rechtsprechung über die Einschätzung eines bloßen Verdachts der Verfassungsfeindlichkeit hinaus. Das Oberverwaltungsgericht Münster zitiert die Entscheidung der Vorinstanz zustimmend:

"Insbesondere Parteiprogramm und Öffentlichkeitsarbeit ließen erkennen, dass C Minderheiten, namentlich Ausländer, Migranten und Muslime in menschenrechtswidriger Weise herabsetze und ausgrenze mit dem Ziel, gesellschaftliche Verhältnisse herbeizuführen, in denen die Menschenwürde nicht geachtet werde."

'C1' und 'C' missachten Menschenrechte

'C1' und 'C' missachten mit ihren Aussagen und Forderungen die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, insbesondere die Menschenwürde und das Diskriminierungsverbot. Ausländer werden durch 'C1' und 'C' wegen ihrer Nationalität, Abstammung und Religionszugehörigkeit pauschal herabgesetzt und diffamiert. Entsprechende Aussagen werden ständig wiederholt; im Fokus stehen fast ausschließlich die Themen "Ausländer/Migranten", verbunden mit einer drastischen Wortwahl. So wird den Bürgern ein negatives Menschenbild über diese Personengruppen vermittelt, das ausschließlich an deren Nationalität, Religions-, Staats- oder Volkszugehörigkeit anknüpft. Eine differenzierte Betrachtung, die andere Aspekte einbezieht, wird fast vollständig ausgeblendet. Bestimmte Volks- und Religionsgruppen, insbesondere Muslime, werden als unerwünschte, nicht integrierbare Menschen zweiter Klasse dargestellt. Mit dieser Art der Darstellung schüren 'C1' und 'C' Ablehnung und Angst in der Bevölkerung.

Diese Einschätzung hat das Oberverwaltungsgericht NRW jüngst in einem Beschluss noch einmal ausdrücklich bestätigt: Aus den Verlautbarungen von 'C' ergebe sich,

"dass der Kläger [hier 'C'] bzw. seine Funktionäre [...] fortgesetzt mit pauschalierenden, plakativen Äußerungen Ausländer wegen ihrer Abstammung und/oder Religionszugehörigkeit ausgrenzend und als kriminell sowie nicht integrierbar dargestellt haben."

Wenn sich 'C1' und 'C' immer wieder geradezu demonstrativ zum Grundgesetz bekennen und sich gegen jede Form von Extremismus verwahren, wirkt dies taktisch motiviert. Zumindest ist das Grundrechtsverständnis von 'C1' und 'C' nicht mit den Zielen, Werten und Inhalten des Grundgesetzes vereinbar."

Sodann folgen unter den Überschriften "Ausländerfeindlichkeit", "Islam als Feindbild", "Aktionen in der Öffentlichkeit und Kampagnen gegen Moscheen", "Ausgrenzung gesellschaftlicher Gruppen" und "Diffamierung als Mittel der politischen Auseinandersetzung" erläuternde Beispiele dafür, wie das beklagte Land zu den vorausgegangenen Annahmen gelangt ist (S. 61 ‑ 70 des Berichts; Fettdruck im Original). Unter der Überschrift "Islam als Feindbild" heißt es auf S. 68 des Berichts u. a.:

"(...) Damit wird die Grenze zwischen legitimer Auseinandersetzung mit dem Islam und instrumentalisierender Islamfeindlichkeit mit extremistischen Zügen überschritten, weil eine ganze Bevölkerungsgruppe, nämlich diejenigen, die den Islam als Religion ausübt, pauschal und undifferenziert von der Wahrnehmung elementarer Grundrechte - darunter der Religionsfreiheit - ausgeschlossen wird. (...)

Diese Äußerungen sprechen Muslimen nicht nur ihr Grundrecht auf freie Religionsausübung ab, sondern negieren ein Existenzrecht und Bleiberecht dieser Bevölkerungsgruppe in ganz Europa. Beides steht in krassem Widerspruch zu unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung. (...)"

Unter der Überschrift "Kooperationen mit Bündnispartnern aus dem Ausland" schließen sich Ausführungen über die Verflechtungen von C1 und der Klägerin mit Parteien und Organisationen in den europäischen Nachbarländern an, die zum Teil ‑ wie etwa die belgische Regionalpartei W ‑ dem rechtsextremistischen Spektrum zugeordnet werden (S. 70 - 71 des Berichts, Fettdruck im Original).

Daran anschließend folgen unter der Überschrift "Funktionäre, Aktivisten und Unterstützer von 'C1' und 'C'" Ausführungen über die Funktionärsebene und Mitglieder beider Gruppierungen, die nahezu identisch seien und zu einem nicht unwesentlichen Teil Parteien entstammten, bei denen zumindest Anhaltspunkte für den Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen vorlägen oder vorgelegen hätten (S. 72 - 73 des Berichts, Fettdruck im Original).

Unter der Überschrift "NRW-Landtagswahl 2010" wird über das Wahlergebnis der Klägerin bei der Landtagswahl 2010 berichtet, wonach sich die Klägerin zwar deutlich gegenüber anderen rechtsgerichteten Parteien, insbesondere der O durchgesetzt habe, letztlich aber hinter den eigenen Erwartungen zurück geblieben sei (S. 73 - 74 des Berichts, Fettdruck im Original).

Sodann erfolgt unter der Überschrift "'Jugend C1' und 'Jugend C'" ein Bericht über die den beiden Gruppierungen angegliederten Jugendabteilungen, die im Berichtszeitraum 2010 einen Schwerpunkt insbesondere auf das Erreichen junger Auszubildender an Berufsschulen und die Nutzung von sozialen Netzwerken wie YouTube, facebook und twitter gelegt hätten (S. 74 ‑ 75 des Berichts, Fettdruck im Original).

Daran anschließend folgen unter der Überschrift "Strategie von 'C1' und 'C'" Ausführungen über die programmatische Ausrichtung und die strategische Vorgehensweise beider Gruppierungen (S.76 des Berichts, Fettdruck im Original) sowie - unter den Überschriften "Bündnisbestrebungen - Plattform von Rechts" und "Neue alte Kontakte und nächste Ziele" - ein Bericht über die Suche nach möglichen Bündnis-/Kooperationspartnern sowie nach den politischen Zielen für die kommenden Jahre (S. 76 - 78 des Berichts, Fettdruck im Original).

Die Klägerin hat am 15. April 2011 Klage erhoben, mit der sie sich gegen die Berichterstattung über sie in den Verfassungsschutzberichten 2009 und 2010 sowie in dem Zwischenbericht 2010 wendet.

Sie macht geltend, die gegen sie gerichtete Berichterstattung sei rechtswidrig; sie widerspreche der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und verstoße gegen die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG), die Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) und die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). Der Eingriff in die drei genannten Freiheitsrechte sei jedenfalls unverhältnismäßig, insbesondere deshalb, weil ihre Nennung im Kapitel "Rechtsextremismus" ohne hinreichende Differenzierung und Abstufung im Verhältnis zu anderen in diesem Kapitel genannten Parteien und Organisationen, namentlich zu der offen neonazistischen und verfassungsfeindlichen O erfolgt sei.

Im Übrigen seien auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Berichterstattung nicht gegeben. Sie, die Klägerin, sei keine gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebung, sondern bekenne sich ausdrücklich zum Demokratieprinzip, zur Gewaltenteilung, zu den Grundrechten und zum Rechtsstaatsprinzip. Sie sei - gerade auch in Abgrenzung zu rechtsextremistischen Parteien - als "nordrheinwestfälische Grundgesetzpartei" zu sehen; denn im Gegensatz zu rechtsextremistischen Parteien wolle sie gerade nicht die Demokratie abwickeln, sondern diese offensiv gegen die Feinde der Freiheit verteidigen. Sie positioniere sich auch weder islamfeindlich noch setze sie den Islam undifferenziert mit Islamismus oder Terrorismus gleich. Im Gegenteil setze sie sich entschieden für die Durchsetzung von Meinungs- und Versammlungsfreiheit und dabei insbesondere für die auf dem Boden des Grundgesetzes fußende Islamkritik in Nordrhein-Westfalen ein und verteidige öffentlich den Grundwertekanon des Grundgesetzes bzw. den christlichjüdischabendländischen Wertekanon gegenüber einer gefährlichen Islamisierung. In einer pluralistischen Demokratie müsse es möglich sein, sich kritischkontrovers mit dem radikalen und politischen Islam, den Gefahren einer schleichenden Islamisierung durch Verfestigung von Parallelgesellschaften und einer Massenzuwanderung in unsere sozialen Sicherungssysteme auseinanderzusetzen. Im Übrigen sei es zulässig und üblich, bei Stellungnahmen zu politischen Fragestellungen auch deutliche und plakative Formulierungen zu wählen, um den eigenen Standpunkt zu unterstreichen. Dabei bekenne sie sich selbstverständlich zur unveräußerlichen Würde aller Menschen, gleich welcher Hautfarbe oder ethnischer Herkunft und lehne jede Form des menschenverachtenden Rassismus entschieden ab. Auch sei es selbstverständlich, dass Muslime in der Bundesrepublik Religionsfreiheit genössen und ein Recht auf den Bau von Gebetshäusern hätten. In keinem Falle sei ihr politisches Handeln auf eine Abschaffung oder Einschränkung der Menschenwürde oder Religionsfreiheit für bestimmte Personengruppen gerichtet. Demgemäß müsse sich jedes Neumitglied in seinem Aufnahmeantrag ausdrücklich zu den Werten der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekennen. So habe sich etwa der ehemalige O-Funktionär, N, vor seinem Eintritt bei der Klägerin ausdrücklich glaubwürdig von seiner rechtsextremistischen Vergangenheit distanziert, was im Übrigen auch der Einschätzung des niedersächsischen Verfassungsschutzes entspreche. Sie, die Klägerin, dulde auch keinerlei Kontakte ihrer Mitglieder zum neonazistischen Milieu. Die Berichterstattung könne auch nicht darauf gestützt werden, dass sie Kontakte in Form von gegenseitigen Besuchen und gelegentlichen Gastreferaten zu anderen Parteien und Gruppierungen aus dem europäischen Ausland, insbesondere der G und dem W unterhalte; insoweit handele es sich um freiheitliche, demokratische Vereinigungen. Sie, die Klägerin, sei nur in einem Punkt wirklich radikal, und zwar in der Abwehr des Extremismus von links und rechts.

Dass die Berichterstattung über sie rechtswidrig sei, zeige sich auch darin, dass das Land C3 in Bezug auf den in C3 ansässigen Ableger der Q1, "Q", zu einer völlig anderen Bewertung der Aktivitäten der Q1 komme; "Q" werde vom dortigen Verfassungsschutz nicht beobachtet.

Für sämtliche angegriffenen Berichtszeiträume sei festzustellen, dass das beklagte Land nicht die erforderliche wertende Gesamtbetrachtung vorgenommen, sondern bewusst einseitig einzelne, aus dem Gesamtzusammenhang gerissene Verlautbarungen ihrer Funktionäre oder sonstigen Mitglieder aneinandergereiht habe, ohne mäßigende Äußerungen sowie die Begleitumstände angemessen zu berücksichtigen. Auch sei es unzulässig, Gerichtsurteile und Bewertungen, die sich auf die kommunale Wählervereinigung "C1 e. V." bezögen, auf sie zu übertragen; vielmehr handele es sich um voneinander unabhängige Rechtspersönlichkeiten mit unterschiedlichen (kommunal-)politischen Zielen. Demgemäß könnten auch - anders als das beklagte Land es in den Verfassungsschutzberichten für die Jahre 2009 und 2010 darstelle - die Inhalte der von C1 im Frühjahr 2009 in Auftrag gegebenen und verbreiteten DVD mit dem Titel "Hat C1 doch recht?" nicht der Klägerin zugerechnet werden; dass der Film - wie das beklagte Land behaupte - auch von ihrer Jugendorganisation "Jugend C" verbreitet worden sei, werde mit Nichtwissen bestritten.

Darüber hinaus sei die Verdachtsberichterstattung im Berichtszeitraum 2009 und im Zwischenbericht 2010 auch deshalb rechtswidrig, weil aus der Aufmachung und Gliederung des Berichts weder für den flüchtigen Leser noch für Behörden oder Medien erkennbar sei, dass es sich lediglich um eine Verdachtsberichterstattung handele.

Das beklagte Land hat in der mündlichen Verhandlung zugesagt, die im Internet abrufbare Fassung des Verfassungsschutzberichts 2010 um zwei Textpassagen zu kürzen, namentlich um die Passage auf Seite 60 des Berichts ("Diese Faktenlage geht auch nach der Rechtsprechung über die Einschätzung eines bloßen Verdachts (...). (...), in denen die Menschenwürde dieser Minderheiten nicht geachtet werde.") sowie um die Passage auf Seite 61 des Berichts ("Aus den Verlautbarungen von 'C' ergebe sich, "dass (...) sowie nicht integrierbar dargestellt haben." "), sowie in dem nächsten Verfassungsschutzbericht, namentlich in dem über den Berichtszeitraum 2012 richtig zu stellen, dass diese Passagen unrichtig und damit rechtswidrig waren. Insoweit haben die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt,

1das beklagte Land wird verurteilt, die Verbreitung des Verfassungsschutzberichts Nordrhein-Westfalen 2009 zu unterlassen, wenn nicht zuvor die Passagen über die C (C)" entfernt oder unleserlich gemacht worden sind.

2das beklagte Land wird verurteilt, die Verbreitung des Zwischenberichts 2010 zu unterlassen, wenn nicht zuvor die Passagen über die C (C) entfernt oder unleserlich gemacht worden sind.

3das beklagte Land wird verurteilt, die Verbreitung des Verfassungsschutzberichts Nordrhein-Westfalen 2010 zu unterlassen, wenn nicht zuvor die Passagen über die C (C) entfernt oder unleserlich gemacht worden sind.

4das beklagte Land wird verurteilt, in seinem nächsten Verfassungsschutzbericht richtig zu stellen, dass die Berichte über die C (C) im Verfassungsbericht 2009, im Zwischenbericht 2010 und im Verfassungsschutzbericht 2010 rechtswidrig waren.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es ist der Ansicht, in den Verfassungsschutzberichten 2009 und 2010 sowie in dem Zwischenbericht 2010 zu Recht über die Klägerin berichtet zu haben. Die Berichterstattung sei von § 15 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 VSG NRW gedeckt. Die schon in dem Verfassungsschutzbericht 2009 und in dem Zwischenbericht 2010 dargestellten hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die Zielsetzung verfolge, tragende Strukturprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, insbesondere die Achtung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen, hätten sich in dem Berichtszeitraum 2010 zu einer über den Verdacht hinausgehenden Gewissheit verdichtet. Die Klägerin sei die landespolitische Erweiterung von C1 e. V., mit dem sie personell, organisatorisch und inhaltlich sehr eng verknüpft sei. Obwohl in den vorangegangenen Verfassungsschutzberichten fortwährend Anhaltspunkte für den Verdacht einer verfassungsfeindlichen Bestrebung benannt worden seien, habe die Klägerin ihre die Menschenwürde verletzenden Bestrebungen fortgesetzt und intensiviert. So habe sich die Klägerin etwa der Kampagne "Städte gegen Islamisierung" angeschlossen, auf deren Veranstaltungen Redner aufträten, die Thesen des orthodoxen Rechtsextremismus verbreiteten. Auch belege die personelle Besetzung der Führungsebene der Klägerin ihre politische Ausrichtung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. So habe etwa zum klägerischen Vorstand zeitweise auch der Publizist N gehört, der bis Ende April 2010 ein Kreistagsmandat im Kreistag von X2 für die O inne gehabt habe, zwischenzeitlicher O-Spitzendkandidat um den O-Parteivorsitz gewesen und dann über die E1 zu der Klägerin gewechselt sei. Auch zeige sich die Klägerin offen für eine Zusammenarbeit mit neonazistischen Vereinigungen wie etwa dem "G1", wenngleich sie auch bestrebt sei, diese Kontakte nicht öffentlich werden zu lassen. Darüber hinaus pflege die Klägerin intensive Kontakte zu ausländischen Personen, Parteien und Organisationen, die dem rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Lager angehörten. An dieser Einschätzung ändere es auch nichts, dass sich die Klägerin in ihrem Parteiprogramm und ihren öffentlichen Bekundungen ausdrücklich als "Grundgesetzpartei" definiere; vielmehr sei diese Eigendarstellung in einer Gesamtschau als pauschale Schutzbehauptung zu bewerten. Im Verlaufe der letzten Jahre habe sich gezeigt, dass die Klägerin keine bloß besonders islamkritische, sondern vielmehr eine islamfeindliche Politik verfolge. Exemplarisch hierfür stehe, dass die Klägerin ihre islamfeindliche Kampagne dadurch ausgeweitet habe, dass sich die Aktionen der Klägerin nicht mehr nur auf den Bau der Ler E2-Moschee beschränkten. Proteste gegen Moscheebauten seien inzwischen landesweit ausgeweitet, und es sei eine Anti-Minarettkonferenz in H durchgeführt worden. Auch habe die Klägerin gemeinsam mit ihrer Jugendorganisation, "Jugend C", sowie mit C1 unter der Bezeichnung "Q1" landesweit die durch C1 in Auftrag gegebene DVD "Hat C1 doch Recht?" vertrieben, in der sich ihre islamfeindliche Haltung in besonderer Weise dokumentiere. Damit aber werde die Grenze zwischen legitimer Auseinandersetzung mit dem Islam und instrumentalisierender Islamfeindlichkeit mit extremistischen Zügen überschritten, weil hierdurch einer ganzen Bevölkerungsgruppe, namentlich derjenigen, die den Islam als Religion ausübe, ihr Grundrecht auf Religionsfreiheit abgesprochen werde.

Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung zwei auf elektronischen Datenträgern gespeicherte Filme in Augenschein genommen, und zwar einen Wahlwerbespot der Klägerin vom 31. März 2010 anlässlich der Landtagswahl 2010, veröffentlicht auf der Internetseite http://www.B.de/ (Beiakte 6) und den von C1 im Frühjahr 2009 in Auftrag gegebenen Film "Hat C1 doch recht?" (s. Anlage 2a der Beiakte 4).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in dem streitgegenständlichen Verfahren sowie in den Verfahren 22 K 404/09 und 22 K 9174/10 nebst Beiakten, auf die Verfassungsschutzberichte 2009 und 2010 und den Zwischenbericht 2010 in Broschürenform Bezug genommen.

Gründe

Das Verfahren war einzustellen, soweit die Beteiligten es übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

Die weitergehende Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; nur insoweit steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungs- und Richtigstellungsanspruch zu. Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg.

Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung der von ihr beanstandeten Textpassagen des Verfassungsschutzberichts 2009 noch des Zwischenberichts 2010 noch einen solchen auf Richtigstellung in dem nächsten Verfassungsschutzbericht des beklagten Landes dahingehend, dass die Berichterstattung über sie in diesen Berichten rechtswidrig war. Das beklagte Land war vielmehr berechtigt, zum Zwecke der erforderlichen Aufklärung der Öffentlichkeit im Verfassungsschutzbericht 2009 und Zwischenbericht 2010 über die Klägerin als Verdachtsfall für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Bereich des Rechtsextremismus zu berichten.

Hinsichtlich des Verfassungsschutzberichts 2010 hat die Klägerin nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang einen Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung der Berichterstattung über sie sowie einen solchen auf Richtigstellung in dem nächsten Verfassungsschutzbericht des beklagten Landes dahingehend, dass die Berichterstattung über sie in dem Verfassungsschutzbericht 2010 rechtswidrig war. Im Übrigen war das beklagte Land berechtigt, zum Zwecke der erforderlichen Aufklärung der Öffentlichkeit im Verfassungsschutzbericht 2010 über die Klägerin als verfassungsfeindliche Bestrebung im Bereich des Rechtsextremismus zu berichten.

I. Die Klägerin hat - mit Ausnahme der aus dem Tenor ersichtlichen Passagen hinsichtlich des Berichtszeitraums 2010 (siehe hierzu im Einzelnen die Ausführungen unter I. 2. b. bb.) - keinen Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung der von ihr beanstandeten Textpassagen des Verfassungsschutzberichts 2009 (Klageantrag zu 1.), des Zwischenberichts 2010 (Klageantrag zu 2.) sowie des Verfassungsschutzberichts 2010 (Klageantrag zu 3.). Insoweit ist der geltend gemachte allgemeine öffentlichrechtliche Unterlassungsanspruch nicht gegeben, weil die Berichterstattung über die Klägerin rechtlich nicht zu beanstanden ist. Soweit die Berichterstattung des beklagten Landes in Rechte der Klägerin eingreift, ist dieser Eingriff - mit Ausnahme der aus dem Tenor ersichtlichen Passagen hinsichtlich des Berichtszeitraums 2010 (siehe hierzu die Ausführungen unter I. 2. b. bb.) - von § 15 Abs. 2 i. V. m. § 3 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen (Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalen ‑ VSG NRW) gedeckt und damit nicht rechtswidrig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Berichterstattung liegen vor (1.). Das beklagte Land hat insoweit zugleich die Grenzen des ihm hinsichtlich der Art und Weise der Berichterstattung eröffneten Ermessens (§ 40 VwVfG NRW) nicht überschritten; insbesondere greift die Berichterstattung in ihrer konkreten Art und Weise nicht unverhältnismäßig in Rechte der Klägerin ein; hiervon ausgenommen sind die aus dem Tenor ersichtlichen Passagen hinsichtlich des Berichtszeitraums 2010 (2.).

1. Die grundsätzliche Berechtigung des beklagten Landes zur Berichterstattung über die Klägerin in den streitgegenständlichen Berichtszeiträumen ergibt sich aus § 15 Abs. 2 i. V. m. § 3 VSG NRW. Gemäß § 15 Abs. 2 VSG NRW darf die Verfassungsschutzbehörde Informationen, insbesondere Verfassungsschutzberichte, zum Zweck der Aufklärung der Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 3 Abs. 1 VSG NRW veröffentlichen. Diese Befugnis besteht nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 VSG NRW unter anderem für Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes (a.), die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (b.), soweit tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht solcher Bestrebungen vorliegen (c.). Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 3, 15 VSG NRW unterliegt dabei in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle; insoweit steht dem beklagten Land auch keine Einschätzungsprärogative zu.

a. Das gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 lit. c) VSG NRW den Begriff einer "Bestrebung" kennzeichnende Tatbestandsmerkmal einer politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweise erfordert über das bloße Vorhandensein bestimmter Bestrebungen hinaus ein aktives, nicht jedoch notwendig kämpferischaggressives Vorgehen zu deren Realisierung. Es bedarf Aktivitäten, die über eine bloße Missbilligung oder Kritik an einem Verfassungsgrundsatz hinausgehen. Bestrebungen müssen also politisch determiniert, folglich objektiv geeignet sein, ‑ über kurz oder lang ‑ politische Wirkungen zu entfalten,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Februar 2009 ‑ 16 A 845/08 ‑, DVBl 2009, 922 ff. = www.nrwe.de = Juris Rn. 94 sowie ‑ in Bezug auf den insoweit wortgleichen § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c) BVerfSchG ‑; BVerwG, Urteil vom 21. Juli 2010 ‑ 6 C 22/09 ‑, DVBl 2010, 1370 ff. = www.bverwg.de = Juris Rn. 59; VG Düsseldorf, Urteile vom 12. April 2013 - 22 K 9174/10 -und vom 15. Februar 2011 ‑ 22 K 404/09 -.

Erfasst sind damit Verhaltensweisen, die über rein politische Meinungen hinausgehen und auf Durchsetzung eines Ziels ausgerichtet sind. Neben der Durchsetzung des politischen Hauptziels müssen die Aktivitäten auf die Beeinträchtigung eines der vom Gesetz geschützten Rechtsgüter abzielen und somit ein maßgeblicher Zweck der Bestrebung sein. Die bloße Inkaufnahme einer entsprechenden Gefährdung ist nicht ausreichend. Die verantwortlich Handelnden müssen auf den Erfolg der Rechtsgüterbeeinträchtigung hinarbeiten. Die bloße Übereinstimmung oder Sympathie mit den Zielen einer verfassungsfeindlichen Organisation reicht ebenso wie die wissenschaftliche Beschäftigung mit einer extremistischen Theorie nicht aus. Die eindeutig bestimmbare Grenze zwischen wissenschaftlicher Theorie und politischem Ziel liegt dort, wo die betrachtend gewonnenen Erkenntnisse von einer politischen Partei, also einer ihrem Wesen nach zu aktivem Handeln im staatlichen Leben entschlossenen Gruppe, in ihren Willen aufgenommen, zu Bestimmungsgründen ihres politischen Handelns gemacht werden. Da politische Parteien auf politische Aktivität und auf Änderung der politischen Verhältnisse ausgerichtete Organisationen sind, liegt es bei Meinungsäußerungen, die von oder innerhalb einer politischen Partei abgegeben werden, zumindest nahe, dass sie mit der Intention einer entsprechenden Änderung der realen Verhältnisse abgegeben werden,

vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juli 2010 a.a.O., Juris Rn. 60 f., m.w.N.; VG Düsseldorf, Urteil vom 15. Februar 2011 ‑ 22 K 404/09 ‑, Juris.; ebenso für kommunale Wählervereinigungen: VG Düsseldorf, Urteil vom 12. April 2013 - 22 K 9174/10 -.

b. Eine Bestrebung in dem vorgenannten Sinne ist gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 lit. c) VSG NRW dann gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet, wenn ihr Handeln darauf angelegt ist, einen der in § 3 Abs. 4 VSG NRW genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung in diesem Sinne zählen gemäß § 3 Abs. 4 lit. g) VSG NRW u. a. die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, darunter insbesondere und herausgehoben die in Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) normierte Menschenwürde.

Mit dem Begriff der Menschenwürde ist der soziale Wert- und Achtungsanspruch des Menschen verbunden, der es verbietet, den Menschen zum bloßen Objekt des Staates zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine subjektive Qualität prinzipiell in Frage stellt. Es handelt sich dabei um das tragende Konstitutionsprinzip im System der Grundrechte. Die Verfassungsnorm des Art. 1 Abs. 1 GG schützt einzelne Personen oder Personengruppen dagegen, in einer die Menschenwürde verletzenden Weise ausgegrenzt, verächtlich gemacht, verspottet oder sonst herabgewürdigt zu werden. Allein die Verletzung der Ehre einer Person reicht zur Annahme eines Angriffs auf die Menschenwürde allerdings nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass der angegriffenen Person oder dem Mitglied der angegriffenen Personengruppe das Lebensrecht als gleichwertiger Persönlichkeit in der staatlichen Gemeinschaft abgesprochen und sie als minderwertiges Wesen behandelt wird,

vgl. BVerfG, Urteil vom 12. Dezember 2000 - 1 BvR 1762/95 und 1 BvR 1787/95 ‑, BVerfGE 102, 347 (367); BVerfG, Beschluss vom 20. Oktober 1992 ‑ 1 BvR 698/89 ‑, BVerfGE 87, 209 (228); OVG C3‑Brandenburg, Urteil vom 6. April 2006 ‑ 3 B 3.99 ‑, NVwZ 2006, 838 ff. = Juris Rn. 56.

Die Menschenwürde umfasst mithin die prinzipielle Gleichheit aller Menschen, ungeachtet aller tatsächlich bestehenden Unterschiede. Sie wird beeinträchtigt bei allen Formen rassisch motivierter Diskriminierung sowie wenn eine einzelne Person oder Personengruppen grundsätzlich wie Menschen zweiter Klasse behandelt wird/werden,

vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 12. April 2013 - 22 K 9174/10 -; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 10. Auflage, § 1 Rn. 6 und 12 m.w.N..

c. Dazu, wann tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer Bestrebung in dem vorstehend dargelegten Sinne vorliegen, hat das erkennende Gericht bereits in dem die Klägerin betreffenden Klageverfahren hinsichtlich des Berichtszeitraumes 2008 durch Urteil vom 15. Februar 2011 ‑ 22 K 404/09 ‑ (veröffentlicht in Juris), bestätigt durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 23. Mai 2012 ‑ 5 A 837/11 ‑ (veröffentlicht in Juris), folgende Maßstäbe aufgestellt:

"Für die positive Feststellung tatsächlicher Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 VSG NRW genügen einerseits bloße Mutmaßungen oder Hypothesen, die sich nicht auf beobachtbare Fakten stützen können, nicht. Andererseits bedarf es auch nicht der Gewissheit, dass Schutzgüter der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigt oder außer Geltung gesetzt werden sollen. Es müssen vielmehr konkrete Umstände vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung im Sinne eines Verdachts auf Bestrebungen nach § 3 VSG NRW hindeuten und die Aufklärung der Öffentlichkeit erforderlich erscheinen lassen. Ausreichend ist dabei, dass die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte auf entsprechende Bestrebungen hindeutet, mag auch jeder für sich genommen nicht genügen,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 ‑, BVerfGE 113, 63 ff. = Juris Rn. 68; OVG NRW, Beschluss vom 13. Januar 1994 ‑ 5 B 1236/93 ‑, NVwZ 1994, 588 ff. = Juris Rn. 44.

Tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer derartigen Bestrebung können bereits dann gegeben sein, wenn aussagekräftiges Tatsachenmaterial lediglich einen Teilbereich der Zielsetzungen, Verlautbarungen und Aktivitäten des Personenzusammenschlusses widerspiegelt; deren Aussagekraft wird nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass daneben eine Vielzahl von Äußerungen existiert, denen sich keine Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Ausrichtung entnehmen lassen. Derartige Anhaltspunkte können sich aus dem Programm bzw. der Satzung des in den Blick genommenen Personenzusammenschlusses ergeben, aus den Äußerungen und Taten von führenden Persönlichkeiten und sonstigen Vertretern, Mitarbeitern und Mitgliedern der Gruppierung sowie aus deren Schulungs- und Werbematerial. Bei Äußerungen kommt es nicht auf ihre abstrakte Interpretierbarkeit und Bewertung an, sondern auf ihre konkrete Verwendung und ihren Stellenwert in der Gesamtausrichtung der Gruppierung,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Februar 2009 ‑ 16 A 845/08 ‑, DVBl 2009, 922 ff. = www.nrwe.de = Juris Rn. 46 ff., m.w.N. zur obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Dabei müssen tatsächliche Anhaltspunkte i.S.d. § 3 Abs. 1 letzter Halbsatz VSG NRW allerdings hinreichend gewichtig sein. Rechtfertigen sie nur den Schluss, dass möglicherweise ein Verdacht begründet ist, reichen sie als Grundlage einer Grundrechtsbeeinträchtigung nicht aus. Stehen die Bestrebungen noch nicht fest, begründen tatsächliche Anhaltspunkte aber einen entsprechenden Verdacht, muss dessen Intensität hinreichend sein, um die Veröffentlichung in Verfassungsschutzberichten auch angesichts der nachteiligen Auswirkungen auf die Betroffenen zu rechtfertigen. Lassen sich Bestrebungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung aus Meinungsäußerungen ableiten, ist zudem zu berücksichtigen, dass Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen ebenso erlaubt ist wie die Äußerung der Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern. Dementsprechend reicht die bloße Kritik an Verfassungswerten nicht als Anlass aus, um eine verfassungsfeindliche Bestrebung im Sinne des § 15 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 3 VSG NRW zu bejahen oder allein deshalb die negative Sanktion einer Veröffentlichung in den Verfassungsschutzberichten zu ergreifen. Allerdings ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Verfassungsschutzbehörde das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte i.S.d. § 3 Abs. 1 letzter Halbsatz VSG NRW insoweit an die Inhalte von Meinungsäußerungen knüpft, als diese Ausdruck eines Bestrebens sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen, wobei Anknüpfungspunkt ausschließlich die (tatsächlichen) Ziele der hinter der Meinungsäußerung stehenden Gruppe, nicht hingegen deren Wirkung auf Dritte ist,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 -, a.a.O., Juris Rn. 68 ff.; OVG NRW, Urteil vom 13. Februar 2009 ‑ 16 A 845/08 ‑, DVBl 2009, 922 ff. = www.nrwe.de = Juris Rn. 46 ff.; OVG NRW, Urteil vom 12. Februar 2008 ‑ 5 A 130/05 ‑, www.nrwe.de Rn. 297 = Juris Rn. 281.

Bei der vorzunehmenden wertenden Gesamtbetrachtung sind der Kontext, die Begleitumstände und die Zielrichtung der Äußerungen angemessen zu berücksichtigen und es dürfen andere, mäßigende Äußerungen nicht außer Acht gelassen werden,

vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2001 - 2 WD 42/00, 2 WD 43/00 ‑, BVerwGE 114, 258 ff. = Juris Rn. 42; OVG C3‑Brandenburg, Urteil vom 6. April 2006 ‑ 3 B 3.99 ‑, NVwZ 2006, 838 ff. = Juris Rn. 145, m.w.N..

(...) Dabei müssen sich Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen nicht notwendig nur aus Ereignissen im zu überprüfenden Berichtszeitraum ableiten lassen. Dies folgt aus der Aufgabe des Verfassungsschutzberichts, (umfassend) über Bestrebungen einer Gruppierung zu informieren,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 ‑, a.a.O., Juris Rn. 84; OVG NRW, Beschluss vom 8. Juli 2009 ‑ 5 A 203/08 ‑, www.nrwe.de = Juris Rn. 3 ‑ 5.

Vor dem Berichtszeitraum liegende Anhaltspunkte für den Verdacht einer verfassungsfeindlichen Bestrebung können bereits allein eine Berichterstattung rechtfertigen, wenn jedenfalls bei der Bestrebung eine hinreichende personelle Kontinuität besteht, eine inhaltliche Distanzierung von den Verlautbarungen und Aktivitäten, die die Verdachtsanhaltspunkte bildeten, nicht festgestellt werden kann und zwischen Anknüpfungstatsachen und Berichtszeitraum eine nur kurze Zeitspanne liegt, wobei von einer nur kurzen Zeitspanne jedenfalls auszugehen ist, wenn die letzten Anknüpfungstatsachen noch nicht mehr als zwei Kalenderjahre zurückliegen,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Juli 2009 ‑ 5 A 203/08 ‑, www.nrwe.de = Juris Rn. 3 ‑ 5.”

Dass nach diesen Maßstäben tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung hinsichtlich der Klägerin vorliegen, hat das erkennende Gericht bereits in einem den Berichtszeitraum 2008 betreffenden Verfahren durch Urteil vom 15. Februar 2011 ‑ 22 K 404/09 ‑ (veröffentlicht in Juris), bestätigt durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 23. Mai 2012 ‑ 5 A 837/11 ‑ (veröffentlicht in Juris) festgestellt.

An dieser Bewertung hält das Gericht in Bezug auf die hier streitgegenständlichen Berichtszeiträume 2009 und 2010 sowie den Zwischenbericht 2010 fest.

Nach wie vor bewertet das Gericht die Klägerin als Bestrebung in dem oben dargelegten Sinne. Bei der Klägerin handelt es sich um eine politische Partei im Sinne des Parteiengesetzes, die seit dem Jahr 2009 an Wahlen in Nordrhein-Westfalen teilnimmt und deren programmatische Ausrichtung klar politisch determiniert, namentlich auf die Mitwirkung an politischen Entscheidungen und auf die Umsetzung politischer Ziele auf Kommunal- und Landesebene ausgerichtet ist. Anders als die Klägerin meint, gehen ihre Verhaltensweisen über reine politische Meinungsäußerungen hinaus. Ihre Tätigkeit als landespolitische Partei ist, wie sich etwa an ihrer seit dem Jahr 2009 erfolgenden Teilnahme an Kommunal- und Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen, aus ihrem Parteiprogramm mit dem Titel "Sieben Punkte C" vom 9. September 2007,

siehe: http://www.C.net/?page_id=25, abgerufen zuletzt am 28. Mai 2013,

sowie aus ihrem Wahlprogramm zur Landtagswahl am 9. Mai 2010,

siehe: http://www.C.net/wpcontent/uploads/programmrgb.pdf, abgerufen zuletztam 28. Mai 2013,

ersehen lässt, vielmehr darauf gerichtet, landespolitische Entwicklungen parlamentarisch wie außerparlamentarisch mitzubestimmen, etwa durch Mitwirkung in (kommunal-) politischen Gremien, durch die Arbeit in ihren Bezirks- und Kreisverbänden und durch Demonstrationen und Sammelpetitionen, mit dem Ziel, die realen gesellschaftlichen Verhältnisse zu verändern,

so schon für den vorangegangenen Berichtszeitraum 2008: VG Düsseldorf, Urteil vom 15. Februar 2011 - 22 K 404/09 -, S. 13 f. des Urteilsabdruckes, bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 23. Mai 2012 - 5 A 837/11 -, Juris Rn. 2 f..

Auch bilden die vom Gericht über die Klägerin gewonnenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Erkenntnisse bei wertender Gesamtbetrachtung nach wie vor gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 VSG NRW für den Verdacht, dass die Verhaltensweisen der Klägerin darauf gerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung, namentlich die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte (§ 3 Abs. 4 lit. g) VSG NRW), konkret die Menschenwürde bestimmter Personen und Personengruppen außer Geltung zu setzen.

Dieser Annahme liegen folgende Erwägungen zu Grunde:

Die Klägerin hat sich ‑ bei hinreichender personeller Kontinuität ‑ von früheren Verlautbarungen und Aktivitäten, die die Verdachtsanhaltspunkte in dem Berichtszeitraum 2008 bildeten, in keiner Weise inhaltlich distanziert. Die letzten Anknüpfungstatsachen liegen mithin im Sinne der oben dargelegten Rechtsprechung des OVG NRW bezogen auf die streitgegenständlichen Berichtszeiträume 2009 und 2010 noch nicht mehr als zwei Kalenderjahre zurück. Ferner besteht seitdem bei der Klägerin eine personelle Kontinuität in wesentlichen Führungspositionen. Seit ihrer Gründung unverändert sind C2 der Vorsitzende, u. a. V der stellvertretende Vorsitzende, X der Generalsekretär und X1 die Schatzmeisterin der Klägerin.

Zudem lassen ‑ in einer Gesamtschau ‑ auch die Verlautbarungen und Aktivitäten der Klägerin bzw. ihrer Funktionäre und Mitglieder in den streitgegenständlichen Berichtszeiträumen 2009 und 2010 mit einer die Verdachtsschwelle klar überschreitenden Deutlichkeit erkennen, dass Bestimmungsgrund des politischen Handelns der Klägerin nach wie vor der Wille ist, einen Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, namentlich die Menschenrechte, konkret die Menschenwürde für bestimmte Personengruppen, außer Geltung zu setzen. Es lässt sich auch in den Berichtszeiträumen 2009 und 2010 eine konstante Weiterverfolgung der von der Klägerin verfolgten politischen Ziele feststellen, die ihrerseits dem Schutzgut des § 3 Abs. 1 Nr. 1 VSG NRW zuwiderlaufen.

Dies ergibt sich aus den nachfolgend exemplarisch aufgeführten Verlautbarungen, Aktivitäten und Publikationen der Klägerin bzw. ihrer Funktionäre und Mitglieder, zu denen auch der Film "Hat C1 doch recht?" zählt. Auf der Homepage der Klägerin wurde dieser Film beworben und zu dessen Verbreitung aufgerufen,

vgl. Meldungen vom 31. März 2009 und 1. April 2009 sowie Meldung vom 8. April 2009 "DVD zum Anti-Islamisierungskongress kann jetzt geordert werden", sämtlich veröffentlicht auf der Internetseite www.Conline.de/archiv2009.htm, Beiakte Heft 4

Ferner wurde der Film u. a. durch die Jugendorganisation der Klägerin, Jugend C, an nordrheinwestfälischen Schulen vertrieben,

vgl. Artikel "C-Jugend startet durch - große Zustimmung im ganzen Land" vom 27. April 2009, veröffentlicht auf der Internetseite www.C1n.de, Beiakte Heft 4.

Im Einzelnen sind aus dem Inhalt dieses Films exemplarisch folgende Auszüge zu nennen:

"Zu viele unschuldige Menschen haben bereits am eigenen Leibe erfahren müssen, was aus Parallel- oder Gegengesellschaften zu erwarten ist. Zudem weisen ungeschminkte Statistiken muslimische Männer als bedrohliches Gewaltpotenzial aus, wie eine Mitteilung des Landeskriminalamtes C3 für das Jahr 2003 belegt. Danach verteilen sich etwa 15.500 Gewaltdelikte auf eine Anzahl von 100.000 Einwohnern, wobei Täter mit muslimischem Hintergrund in etwa 12.200 Delikte die absolute Mehrheit bilden. Dem gegenüber stehen, neben etwa 2.950 nicht muslimischen Ausländern, entgegen der Behauptung von ständig zunehmender rechter Gewalt nur etwa 350 Delikte deutscher Täter".

Auszug aus dem gesprochenen Text zu einem entsprechenden Balkendiagramm.

"Die letzten Christen der Türkei werden ebenfalls verfolgt. Stellten sie ursprünglich gemeinsam mit anderen Ungläubigen die Mehrheitsbevölkerung dar, so ist ihr Anteil heute auf unter 1 Prozent gesunken, und zwar durch Massaker, Vertreibung und Zwangsislamisierung."

Auszug aus dem gesprochenen Text zu einem entsprechenden Säulendiagramm, wobei die zu dem Anteil der Christen an der ursprünglichen Gesamtbevölkerung der Türkei eingeblendete Säule mit der Angabe "99 %" versehen ist.

Aus den weiteren Verlautbarungen der Klägerin und der für sie öffentlich auftretenden Personen sind rein chronologisch zu nennen (Fett- und Kursivdruck nicht im Original):

"(...) Probleme mit jugendlichen Gewalttätern mit sogenanntem "Migrationshintergrund" verschwinden nicht einfach, nur weil niemand darüber redet. (...) Die Altparteien stehen jedoch gerade in M für (...) ungebremste Zuwanderung in unsere sozialen Sicherungssysteme, rechtsfreie Räume für (...) Jugendgangs mit Migrationshintergrund sowie eine hemmungslose Multi-Kulti-Politik auf Kosten der einheimischen Bevölkerung. Entstanden sind (...) islamische Parallelgesellschaften oder sonstige Überfremdungszentren (...)."

Auszug aus einer Erklärung von C2 als C-Spitzenkandidat an die Erstwählerinnen und Erstwähler vom 17. August 2009, Bl. 23 der Beiakte Heft 4 zu dem Verfahren 22 K 9174/10.

"(...) Dass die bereits mehr als 3 Millionen in der EU lebenden Türken offenbar integrationsresistent sind, wodurch Parallelgesellschaften mit all ihren Problemen entstehen, spielt für die Türkei-Lobbyisten ebenso wenig eine Rolle wie das damit verbundene Umsichgreifen des radikalen Islam in Europa. (...) Es gibt bereits heute gravierende soziale, wirtschaftliche und auch kulturelle Probleme, da bereits in vielen Städten Parallelgesellschaften existieren. Daher dürfen wir die weitere Massenzuwanderung, zumeist in unsere sozialen Sicherungssysteme, nicht noch zusätzlich begünstigen."

Auszug aus der Erklärung des Jugend C-Vorsitzenden C4, zitiert in dem Artikel "Am türkischen Wesen soll Europa genesen" vom 23. September 2009, veröffentlicht auf der Internetseite www.C.net, Bl. 23 der Beiakte Heft 4 zu dem Verfahren 22 K 9174/10.

"(...) Die Politreligion Islam befindet sich auch in Nordrhein-Westfalen auf dem Vormarsch. Der Islam trennt nicht Religion und Staat, sondern schafft stattdessen, gerade in nordrheinwestfälischen Großstädten schleichend Parallelgesellschaften und Ghettos mit anderen Rechtsnormen wie der Scharia. Das ist außerordentlich gefährlich. (...) Wer mit wachen Augen durch die Ruhrgebietsstädte läuft, der weiß: Die Einwanderer-Integration, insbesondere von Millionen Muslimen, ist gescheitert. (...) Wir sagen dagegen: Integration findet nur statt, wenn sich Migranten im Gastland assimilieren. Es ist keine Frage, dass integrationswillige und anpassungsfähige Europäer dauerhaft Teil unseres Gemeinwesens werden können. Wer aber aufgrund seiner kulturellen Prägung dazu nicht in der Lage ist, der sollte seinen Platz woanders finden. Das Ruhrgebiet erlebt einen dramatischen demographischen und kulturellen Wandel. In manch einem Stadtteil fühlt man sich als Bürger ohne Migrationshintergrund regelrecht verlassen. Gefördert wird diese Entwicklung durch ein immer selbstbewussteres Auftreten der islamischen Bevölkerungsgruppe, (...)."

Auszug aus der Erklärung von C2, zitiert in dem Artikel "Anti‑Minarett‑Kampagne nach Schweizer Vorbild geplant" vom 8. Oktober 2009, veröffentlicht auf der Internetseite www.C.net, Bl. 43 der Beiakte Heft 4 zu dem Verfahren 22 K 9174/10.

"(...) In vielen Moscheen und islamischen Zentren treiben sog. Hassprediger ihr Unwesen und islamisieren bzw. radikalisieren dort die Muslime. So sind z. B. auch die Kofferbomber von L in Moscheen in L radikalisiert worden und nicht in Afghanistan oder Pakistan. Mitnichten dienen diese Moscheen der Integration der Muslime; sie fördern im Gegenteil die Entstehung und den Ausbau gefährlicher Parallelgesellschaften, in denen nicht unser Grundgesetz und unsere Gesetze, sondern ausschließlich der Koran und die Scharia gelten. Es gilt daher, den gefährlichen Islamisten den Nährboden zu entziehen und jeden weiteren Großmoscheebau insbesondere in Wohngebieten zu unterbinden. Im Übrigen werden die Forderungen der Islamisten immer dreister! (...) Unsere Positionen sind weder fremdenfeindlich noch menschenverachtend. Wir verteidigen lediglich offensiv die Werte des demokratischen Rechtsstaates gegenüber der islamistischen Herausforderung. (...)"

Auszug aus einem Interview mit C2 vom 23. März 2010, zitiert in dem Artikel "Innenminister Ingo Wolf (FDP) betreibt parteipolitischen Verfassungsschutzmissbrauch, veröffentlicht auf der Internetseite www.C.net, Bl. 41 der Beiakte Heft 4 zu dem Verfahren 22 K 9174/10.

"(...) Kameraden. Der Islam ist eine Eroberungsreligion, die die Vernichtung unserer Demokratie anstrebt und diese von einer auf der Scharia gegründeten Diktatur ersetzen will. (...) Der Islam ist ein Raubtier, bereit, um sich auf das schwächste Opfer zu stürzen: Europa altert, stirbt aus und lässt sich von der multikulturellen wegmituns-Ideologie verblenden. Wie Aids der physischen Wehrhaftigkeit eines Menschen schadet, so untergräbt die Multikultur die demografische Wehrhaftigkeit eines ganzen Volkes und einer Zivilisation. (...) Der Islam ist eine Eroberungsreligion, der die ganze Welt kolonisieren möchte. Europa ist der Erbfeind. Es kommt jetzt darauf an, auch dieser dritten islamischen Invasion, die im Moment im vollen Gange ist, Einhalt zu gebieten und den Islam zurückzudrängen zu dem Ort, an den er hingehört: der anderen Seite des Mittelmeeres. (...) In der Praxis folgt jedem Zugeständnis schon schnell eine neue Forderung der islamistischen Gemeinschaft. (...) Sie werden allerdings nie genug haben. Das endgültige Ziel des radikalen Islam ist die Einführung der Scharia in einer völlig islamisierten Gesellschaft. Mohammed sagte doch: "Zuerst fällt Konstantinopel, dann Rom.". Lassen wir uns zumindest ebenso ehrgeizig sein. Wir müssen es wagen, Europa für die Europäer einzufordern, und warum auch nicht danach streben, Istanbul wieder zu Konstantinopel zu machen. (...) Unsere Demokratie ist der Islamdiktatur überlegen. (...)"

Auszug des Redebeitrags von E3 als Präsident der "Europäischen Städte gegen Islamisierung" anlässlich der Anti-Minarett-Konferenz in H, zitiert in dem Artikel "Anti-Minarett-Konferenz C" vom 29. März 2010, veröffentlicht auf der Internetseite www.D.com, abgerufen am 18. Februar 2011, Bl. 23 der Beiakte Heft 3 zu dem Verfahren 22 K 9174/10.

"Wussten Sie, dass türkische Moscheen mithilfe deutscher Steuergelder saniert werden? Moscheen, aus denen heraus zu Völkermord an den osmanischen Christen aufgerufen wurde. Bis heute sind Moscheen Orte der Politik und damit Orte des Unfriedens. Und wussten Sie, dass Moscheen in Deutschland ebenfalls mithilfe Ihrer Steuergelder finanziert werden? Und dass Staat und Regierung deutsche Bürger weitgehend schutzlos der Islamisierung aussetzen? (...)"

Auszug aus dem gesprochenen Text zu einem Wahlwerbespot von C vom 31. März 2010 anlässlich der Landtagswahl 2010, veröffentlicht auf der Internetseite http://www.B.de/?p=516, abgerufen zuletzt am 28. Mai 2013, Beiakte 6.

"(...) Der Islam ist keine ganz normale Religion. Der fundamentalistische Islam ist eine Weltanschauung mit Totalitätsanspruch. (...) Der Islam polarisiert, wie jede totalitäre Bewegung. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns und darf mit allen Mitteln bekämpft und letztendlich eliminiert werden. Die Gefahr geht dabei nicht nur von den auch bei uns längst heimischen islamistischen Hasspredigern und Gotteskriegern aus, (...). Für Deutschland und speziell für NRW hat die islamische Herausforderung eine eigene, demografische Brisanz. Den altersmüden Einheimischen (...) steht eine vitale muslimische Einwanderung, zumeist in unsere sozialen Sicherungssysteme gegenüber. (...)"

Auszug einer Erklärung von C2 vom 19. April 2010, zitiert in dem Artikel "C2: Der fundamentalistische Islam ist die totalitäre Bedrohung unserer Freiheit", veröffentlicht auf der Internetseite www.C.net, Bl. 25 der Beiakte Heft 3 zu dem Verfahren 22 K 9174/10.

"(...) Zweifellos haben sich viele ehrliche Einwanderer aus Italien, Griechenland, Spanien, Portugal, Vietnam etc. ohne viel Aufhebens harmonisch eingegliedert. Dagegen zeigt die zahlenmäßig stärkste, die türkische - und regional arabische - Einwanderergruppe eine starke Tendenz zur Bildung einer Parallelgesellschaft. Für diese Tendenz, die weit über landsmannschaftliche Neigungen anderer Einwanderernationen hinausgeht, gibt es eine eindeutige Erklärung: die islamische Religion dieser Einwanderer. Wieso der Islam? Es ist notwendig, sich von dem vernebelnden Gerede freizumachen, es gebe nicht den Islam, man müsse zwischen Islam und Islamismus unterscheiden usw. (...) Es ist klar, dass vorher ein Leben nach dem Islam hierzulande nur in "Parallelwelten" möglich ist, in die sich die Gläubigen zurückziehen bzw. in die sie von einschlägigen "Religionsstrategen" gedrängt werden. Parallelwelten, in denen nicht nur der islamische Herrschaftsdünkel vorbereitend gepflegt werden - mit den bekannten Folgen der "Jugendlichen"-Gewalt -, sondern das islamische Recht schon im Wege einer "freiwilligen" Paralleljustiz durchgesetzt werden kann. (...) C sagt NEIN zur Einwanderung in unsere Sozialsysteme, zu Asylmissbrauch, Überfremdung und Islamisierung! (...) Auf der anderen Seite entwickeln sich gerade auch solche Zuwanderer-Ghettos oft zu kriminellen Brennpunktgebieten mit regelrecht "rechtsfreien Räumen", in die sich selbst Polizeibeamte nur noch in großer Zahl hineintrauen. Erheblich verstärkt wird diese Problematik durch den mangelnden Respekt vieler Einwanderer vor den Ordnungskräften eines für sie "fremden Staates". Hierdurch entstehen "No-Go-Areas" für Einheimische. (...) Ausländische Dauertransferempfänger sollten dagegen in einem rechtsstaatlich geordneten Verfahren zügig in ihre Heimatländer abgeschoben werden. Denn die Gemeinschaft der Staatsbürger ist weder gesetzlich noch moralisch verpflichtet, geschweige denn in der Lage, das "Sozialamt für die ganze Welt" zu spielen. NRW braucht - wenn überhaupt - nur Zuwanderer, die uns nutzen, und nicht solche, die uns ausnutzen. In diesem Sinne sind auch illegal im Land befindliche Personen nicht zu alimentieren, sondern unverzüglich abzuschieben. Ebenso ist bei einer Neuregelung des Familiennachzugs darauf zu achten, dass nicht noch mehr Kostgänger unsere sozialen Sicherungssysteme belasten können. (...)"

Auszug aus dem "Wahlprogramm der C zur Landtagswahl am 9. Mai 2010", Bl. 96 ff. der Gerichtsakte und abrufbar im Internet unter http://www.C.pdf (abgerufen zuletzt am 28. Mai 2013).

"(...) "Bei einem Verein mit dem Vereinsnamen "Erziehung und Bildung" schließe ich auf einen Verein, der sich um Bildung bemüht, aber nicht um eine Moschee. Sollen hier islamistische Kinder erzogen werden?", fragt sich der Fraktionsvorsitzende I und ergänzt: Anscheinend sollen hier die Bewohner an der Nase herumgeführt werden. Man mietet oder kauft Häuser, gibt sich einen neutralen Namen und eröffnet morgen eine Moschee. Das wollen wir von C nicht hinnehmen. (...) Wie gefährlich der radikale Islam ist, zeigt die Realität. In Koranschulen wird der Hass gegen "Ungläubige", also gegen Christen und Juden gepredigt. Den jugendlichen Moslems wird das Gefühl vermittelt, dass nur gläubige Moslems zu tolerieren sind. Die Auswirkungen dieser "Predigten" haben schon viele Menschen schmerzhaft erleben müssen. Ohne Grund prügeln jugendliche (meist) Moslems auf andere Menschen los. (...) Das Zitat von Heinrich Heine: "Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen.", sollte eigentlich poetisch verstanden werden. Der radikale Islam könnte dies aber wörtlich auslegen. Wir in H brauchen keine weiteren Moscheen. Wir brauchen keine potenziellen Brutstätten für den radikalen Islam. Niemand weiß wirklich, was in Moscheen und Koranschulen "gepredigt" wird. (...)"

Auszug aus einer Erklärung eines der stellvertretenden Vorsitzenden von C und Fraktionsvorsitzenden der C-Fraktion in H, Ir, vom 11. September 2010, zitiert in dem Artikel "Neue Moscheen für H?", veröffentlicht auf der Internetseite www.Q2.de, Bl. 34 ff. der Beiakte Heft 4 zu dem Verfahren 22 K 9174/10.

"Die Unterscheidung zwischen bösen Salafisten und guten Muslimen ist im Großen und Ganzen Volksverdummung. Zwar betonen die Salafisten etwa in besonders starkem Maße eine Autorität der Altvorderen, aber massive Differenzen zu den anerkannten Rechtsschulen der Umma gibt es tatsächlich nicht. (...) Es gibt keinen wesentlichen Unterschied zwischen Islam und Islamismus. Der Islam an sich ist freiheitsfeindlich und achtet die Menschenrechte nicht. Salafisten wie normale Muslime stellen die Scharia über das Grundgesetz. (...) Wer die Verfassung schützen will, muss die Islamisierung stoppen. (...)"

Auszug eines Redebeitrags von C2, zitiert in dem Artikel "Eer Nebelwerfer attackieren Salafisten" vom 22. September 2010, veröffentlicht auf der Internetseite www.C.net, Bl. 29 der Beiakte Heft 3.

"Hast ´n Problem Aldaa?"

"Maximal 30 % Ausländer pro Klasse"

"Hast du es satt, in der Schule gemobbt zu werden, nur weil du Deutscher bist?"

Auszug aus einem Wahlwerbe-Flugblatt, das im November 2010 von der Jugend C an Berufsschulen in Nordrhein-Westfalen verteilt wurde, Bl. 105 ff. der Beiakte Heft 3 zu dem Verfahren 22 K 9174/10.

"Türkei: Nicht nur eine perspektivlose Jugend will nach Deutschland und Europa. Offiziell leben 23 Millionen Moslems in Westeuropa, die Dunkelziffer ist weitaus höher. Täglich kommen tausende nicht integrierbare Menschen zu uns. (...) Überall in Europa findet eine Zuwanderung in die ohnehin überlasteten Sozialsysteme statt. Schluss damit! (...)"

Postkarte von C aus Dezember 2010 mit dem Titel "Wir wollen die Türkei nicht in der EU" zur Unterstützung der Petition gegen die Aufnahme der Türkei in die EU, Bl. 14 der Beiakte Heft 3.

"(...) Andererseits werden die westeuropäischen Städte zu Beginn des 21. Jahrhunderts durch die zu lasche Zuwanderungspolitik unterschiedlicher Behörden mit erheblichen islamischen Minderheiten konfrontiert. Diese Minderheiten sind keineswegs integriert und konzentrieren sich in sich immer ausdehnenden Ghettobezirken. "Städte gegen Islamisierung" stellt fest, dass der Islam viel mehr als eine Religion auch eine Gesellschaftsordnung vertritt, die auf der Scharia (...) und der Umma (...) gegründet ist und deshalb nicht zu vereinen ist mit dem Ganzen der Werte und Normen, das unserer europäischen Gesellschaft eigen ist. "Städte gegen Islamisierung" stellt auch fest, dass zumindest ein Teil unserer Muslime die islamistischen göttlichen Gesetze den bürgerlichen Gesetzen vorziehen. Unter der Muslimbevölkerung herrscht obendrein ein Hang zur Radikalisierung, der sich äußert in einer zunehmenden Feindlichkeit gegen unsere westliche Zivilisation und die Werte auf die sie gegründet ist. Moscheen wirken als Katalysatoren für die Islamisierung der Stadtviertel, weil sie innerhalb der Muslimgemeinschaft als zentrale Autorität die strikte Befolgung des Islam benachdrucken und so auch eine Hemmung für die Integration der Muslimminderheiten bilden. (...)"

Vgl. "Charter" der "Städte gegen Islamisierung", veröffentlicht auf der Internetseite http://D.com, Bl. 22 der Beiakte Heft 3 zu dem Verfahren 22 K 9174/10 (abgerufen am 1. März 2011), nunmehr abrufbar unter http://www.T1.org/De/2/, "Charter", abgerufen zuletzt am 28. Mai 2013. Auf dem Kopfbild oberhalb des Textes sind u. a. C und X1 abgebildet.

Die vorstehenden Verlautbarungen der Klägerin bzw. ihrer Funktionäre und Mitglieder veranschaulichen, dass die Klägerin auch in den streitgegenständlichen Berichtszeiträumen 2009 und 2010 bestimmte Personengruppen, namentlich Muslime und nichteuropäische Migranten wegen ihrer Religionszugehörigkeit bzw. ethnischer Herkunft systematisch, anhaltend und wiederholt pauschalierendpolemisch herabsetzt, ausgrenzt und als kriminelle, unerwünschte, nicht integrierbare Menschen zweiter Klasse darstellt, um in der Bevölkerung Ablehnung, Angst und Hass gegenüber diesen Personen/Personengruppen zu schüren. Dabei versucht die Klägerin den vorgenannten Eindruck ("Muslime sind kriminell und nicht integrierbar") sogar mit Verweis auf vermeintlich nachprüfbare, tatsächlich aber keineswegs vorhandene objektive Feststellungen, d. h. durch nicht belegbare Quellenangaben zu untermauern. So wird etwa eine angebliche Mitteilung des Landeskriminalamtes C3 zum Beleg dafür angeführt, dass das Gros der Gewaltstraftaten in C3 im Jahre 2003 durch Migranten mit muslimischem Hintergrund begangen worden sei; eine derartige Statistik des Landeskriminalamtes C3 existiert tatsächlich nicht. Desgleichen werden beispielsweise Christen gemeinsam mit anderen "Ungläubigen" als die angebliche ursprüngliche Mehrheitsbevölkerung der Türkei mit einem Bevölkerungsanteil von 99 % dargestellt, die inzwischen infolge von Massakern, Vertreibung und Zwangsislamisierung auf unter 1 % gesunken sei; tatsächlich stellte der christliche Bevölkerungsanteil bei Gründung der Republik Türkei im Jahre 1923 nur etwa 20 % der Gesamtbevölkerung und damit keinesfalls die "ursprüngliche Mehrheitsbevölkerung der Türkei" dar,

vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/T%C3%BCrkei#Religionen oder http://de.wikipedia.org/wiki/ Religion_in_der_T%C3%BCrkei, jeweils abgerufen zuletzt am 28. Mai 2013.

Das so geschaffene "Feindbild" wird dadurch bekräftigt, dass durch die Klägerin anhaltend eine pauschale Gleichstellung von Islam und Islamismus/Terrorismus/Extremismus erfolgt. Auf diese Weise werden alle Muslime und nichteuropäischen Migranten pauschal unter einen Generalverdacht wegen ihres Glaubens bzw. ihrer ethnischen Herkunft gestellt. Deutsche/Europäer und Muslime/nichteuropäische Migranten werden dabei als einander unvereinbar gegenübergestellt. Durch die anhaltenden Pauschalierungen wird der Achtungsanspruch des Einzelnen aufgehoben. Die Klägerin spricht Muslimen und nichteuropäischen Migranten damit das Recht auf eine menschenwürdige gesellschaftliche Teilhabe ab.

Indem die Klägerin Minderheiten, namentlich Muslime und nichteuropäische Migranten in menschenrechtswidriger Weise herabsetzt und ausgrenzt, verfolgt sie das politische Ziel, gesellschaftliche Verhältnisse herbeizuführen, in denen die Menschenwürde dieser Personengruppen nicht geachtet wird. Damit sind die Verhaltensweisen der Klägerin darauf gerichtet, die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 1 lit. c) VSG NRW außer Geltung zu setzen. Anders als die Klägerin meint, ist für die Annahme einer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebung in diesem Sinne nicht erforderlich, dass die Verhaltensweisen der Bestrebung auf eine Abschaffung der Demokratie o. ä. gerichtet sind. Wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 3 Satz 1 lit. c) VSG NRW ergibt, ist es insoweit ausreichend, wenn die Verhaltensweisen der Bestrebung darauf gerichtet sind, einen der in Absatz 4 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, mithin auch und zuvörderst die in Art. 1 GG verankerte Menschenwürde stellen dabei einen solchen zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung gehörenden Verfassungsgrundsatz dar (§ 3 Abs. 4 lit. g) VSG NRW).

Der Verdacht, dass die Klägerin das Ziel verfolgt, gesellschaftliche Verhältnisse herbeizuführen, in denen die Menschenrechte, namentlich die Menschenwürde von Muslimen und nichteuropäischen Migranten nicht geachtet werden, wird schließlich nicht dadurch entkräftet, dass sich die Klägerin bzw. ihre Funktionäre vor den und in den Berichtszeiträumen 2009 und 2010 wiederholt ausdrücklich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekannt, jegliche Ausländerfeindlichkeit von sich gewiesen und vereinzelt auch für eine Integration von Ausländern ausgesprochen hat/haben. Denn diese Bekenntnisse zum Grundgesetz, zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung, insbesondere zur Menschenwürde und auch zur Integration von Ausländern sind ersichtlich unglaubwürdig angesichts der dargestellten konkreten und wiederholten verbalen Ausgrenzung von Muslimen und nichteuropäischen Migranten durch die Klägerin und ihre Repräsentanten. Auffallend ist in diesem Zusammenhang, dass die verlautbarten Bekenntnisse der Klägerin zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und zur Integration von Ausländern oberflächlich bleiben und in keiner Weise mit konkreten Inhalten gefüllt werden. Insoweit ist insgesamt nur ein pauschales Bekenntnis zum Grundgesetz sowie ein pauschales Behaupten einer angeblichen Ausländerfreundlichkeit zu verzeichnen, ohne dass eine inhaltliche Abschwächung oder gar Distanzierung von den ansonsten systematisch, anhaltend und wiederholt propagierten migrantenfeindlichen Thesen erfolgte. Es verbleibt damit der einzig vernünftige Schluss, dass die Bekenntnisse der Klägerin zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung, Menschenwürde und Integration allein taktisch bedingt sind, um den Anschein einer in Wirklichkeit nicht bestehenden Verfassungstreue zu erwecken und damit für breite Bevölkerungskreise wählbar zu erscheinen.

2. Das beklagte Land hat zugleich - mit Ausnahme der aus dem Tenor ersichtlichen Passagen hinsichtlich des Berichtszeitraums 2010 (siehe hierzu die Ausführungen unter I. 2. b. bb.) - die Grenzen des ihm hinsichtlich der Art und Weise der Berichterstattung eröffneten Ermessens (§ 40 VwVfG NRW) nicht überschritten. Insbesondere greift die Berichterstattung in ihrer konkreten Art und Weise nicht unverhältnismäßig in Rechte der Klägerin ein; hiervon ausgenommen sind die aus dem Tenor ersichtlichen Passagen hinsichtlich des Berichtszeitraums 2010.

a. Soweit die Berichterstattung im Verfassungsschutzbericht 2009 und im Zwischenbericht 2010 mittelbar in Grundrechte der Klägerin, namentlich in die Parteienfreiheit (in Form der Gründungsfreiheit gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG, der Betätigungsfreiheit gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG und der aus einer Zusammenschau der Art. 3, 21 und 38 GG abzuleitenden politischen Chancengleichheit) sowie in die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG) eingreift,

vgl. zum Eingriffscharakter eines Verfassungsschutzberichtes insoweit in Bezug auf Art. 5 Abs. 1 GG: BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 ‑, Juris Rn. 50 ff.,

sind diese Eingriffe verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

Die grundgesetzlich geschützten Rechtspositionen der Klägerin finden ihre Schranke in der Entscheidung des Gesetzgebers für eine "streitbare Demokratie". Diese Grundentscheidung ist im Wesentlichen aus Art. 9 Abs. 2, Art. 18, Art. 20 Abs. 4, Art. 21 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 3 GG herzuleiten. Sie wird in den Zuständigkeitsvorschriften der Art. 73 Nr. 10 lit. b und Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG bestätigt. Das Grundgesetz vertraut auf Grund geschichtlicher Erfahrung nicht alleine darauf, die freiheitliche Demokratie werde sich im Prozess der öffentlichen Meinungsbildung ohne Weiteres behaupten. Es hat daher dem Staat die Aufgabe übertragen, die zentralen Grundwerte der Verfassung durch (repressive) Schutzvorkehrungen zu sichern und zu gewährleisten,

vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juli 2010 ‑ 6 C 22/09 ‑, Juris Rn. 24.

Eine belastende Maßnahme in Form der Berichterstattung in Verfassungsschutzberichten ist daher am Rang des im Rahmen der Entscheidung des Grundgesetzes für eine "streitbare Demokratie" zu schützenden Rechtsguts, der Intensität seiner Gefährdung, aber auch an der Art und Schwere der Beeinträchtigung des Freiheitsrechts des nachteilig Betroffenen zu messen. Ein hiermit verbundener Eingriff ist nur dann zulässig und von dem Betroffenen hinzunehmen, wenn sich die Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht als verhältnismäßig darstellt,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 ‑, Juris Rn. 66; OVG C3‑Brandenburg, Urteil vom 6. April 2006 ‑ 3 B 3.99 ‑, Juris Rn. 44.

Die durch das beklagte Land vorgenommene Art und Weise der Berichterstattung über die Klägerin genügt den sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergebenden verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sie ist zur Aufklärung der Öffentlichkeit geeignet, zur Erreichung des verfolgten Zwecks erforderlich und steht auch nicht außer Verhältnis zum Stellenwert der Grundrechte der Klägerin, in die eingegriffen wird.

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass Veröffentlichungen in Verfassungsschutzberichten eine grundsätzlich zulässige und geeignete Vorkehrung zur Aufklärung der Öffentlichkeit und in diesem Rahmen zur Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen darstellen,

vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ‑ 1 BvR 1072/01 ‑, Juris Rn. 65.

Auch die Art und Weise der Darstellung im Verfassungsschutzbericht 2009 in den Kapiteln "Entwicklungstendenzen im Rechtsextremismus" und "Parlamentsorientierter Rechtsextremismus" sowie die Berichterstattung über die Klägerin im Zwischenbericht 2010 ist zur Aufklärung der Öffentlichkeit und zur Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen geeignet. Inhaltlicher Kern der Berichterstattung über die Klägerin ist die Darlegung, dass in Bezug auf sie tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer die Menschenwürde bestimmter Personengruppen, namentlich von Muslimen und Migranten verletzenden Bestrebung vorliegen. Dabei werden die Aktivitäten der Klägerin im Einzelnen beschrieben und bewertet. Die so vorgenommenen Erläuterungen und Bewertungen der Klägerin sind vom Gesetzeszweck gedeckt.

Die Berichterstattung über die Klägerin im Verfassungsschutzbericht 2009 und im Zwischenbericht 2010 ist in ihrer Art und Weise zur Erreichung des verfolgten Zwecks (Aufklärung der Öffentlichkeit und Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen) auch erforderlich; ein milderes, ebenso wirksames Mittel ist nicht ersichtlich.

Wie der Wortlaut des § 15 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 a. E. VSG NRW zeigt (" ... soweit tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht ... vorliegen"), ist die Verfassungsschutzbehörde grundsätzlich berechtigt, schon im Falle eines bloßen Verdachts für verfassungsfeindliche Bestrebungen über diese in Verfassungsschutzberichten zu berichten. Die Berechtigung der Verfassungsschutzbehörde zur Berichterstattung aus Anlass eines bloßen Verdachts erfordert dabei eine Differenzierung in der Berichterstattung nach Art und Ausmaß der Gefahr und nach dem Gewicht und der Belastbarkeit der eigenen Erkenntnisse. In einem solchen Falle ist es geboten, nicht den Eindruck zu erwecken, es stehe bereits fest, dass die betroffene Gruppierung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen verfolgt. Daher muss ‑ etwa in den gewählten Überschriften und der Gliederung des Berichts ‑ deutlich zwischen solchen Organisationen, für die nur ein Verdacht besteht, und solchen, für die solche Bestrebungen erwiesen sind, unterschieden werden,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005, 1 BvR 1072/01 ‑, Juris Rn. 78.

Entscheidend ist damit grundsätzlich, dass in den Berichten Organisationen, bei welchen lediglich tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen festgestellt werden, nicht ohne jede Differenzierung in der Gestaltung des Berichts auf die gleiche Stufe mit solchen Organisationen gestellt werden, für die Anhaltspunkte für feststehende verfassungsfeindliche Bestrebungen festgestellt werden. Abzustellen ist dabei auf den flüchtigen Leser, d. h. es genügt nicht, wenn eine solche Differenzierung allein aus im Textteil des Berichts enthaltenen Nuancierungen hervorgeht, sondern diese Differenzierung muss sich aus der Gestaltung des Berichts ergeben,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005, 1 BvR 1072/01 ‑, Juris Rn. 89.

Dass es ‑ wie die Klägerin meint ‑ zwingend geboten wäre, in Verfassungsschutzberichten über Verdachtsfälle verfassungsfeindlicher Bestrebungen in besonderen, von den Fällen erwiesener Verfassungsfeindlichkeit deutlich abgesetzten, mit einer anderen Überschrift, einer anderen Kopfzeile und einer anderen Farbgestaltung versehenen Kapitel zu berichten,

vgl. Murswiek, NVwZ 2006, 121 (126 f.),

ergibt sich aus den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts eindeutig nicht,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Februar 2011 ‑ 5 A 2766/09 ‑, Juris Rn. 12.

Das Bundesverfassungsgericht beschränkt sich vielmehr darauf, von dem Erfordernis einer deutlichen, d. h. für den flüchtigen Leser erkennbaren Differenzierung zu sprechen. Zwingende Vorgaben dazu, wann von einer deutlichen Differenzierung in diesem Sinne auszugehen ist, macht das Bundesverfassungsgericht gerade nicht; lediglich beispielhaft benennt es Überschriften und Gliederungen des Berichts als mögliche Mittel der Differenzierung.

Die Berichterstattung des beklagten Landes über die Klägerin im Verfassungsschutzbericht 2009 sowie im Zwischenbericht 2010 überschreitet das erforderliche Maß nicht. Auch für den flüchtigen Leser ist erkennbar, dass das beklagte Land in Bezug auf die Klägerin lediglich von einem Verdachtsfall einer verfassungsfeindlichen Bestrebung ausgegangen ist. Diese Schwelle der eine Veröffentlichung in Verfassungsschutzberichten gemäß § 3 Abs. 1 VSG NRW rechtfertigenden hinreichend gewichtigen Anhaltspunkte ist im Falle der Klägerin auf Grund der bereits dargestellten, durch die Klägerin und ihre Führungskräfte verlautbarten fortwährenden und nachhaltigen Herabsetzungen bestimmter Minderheiten überschritten. Zwar vermeidet die Klägerin ein offenes Bekenntnis zur Verfassungsfeindlichkeit ihrer Ziele, mit dem in dem Berichtszeitraum 2009/Zwischenbericht 2010 auch letzte Restzweifel an ihrer Verfassungsfeindlichkeit beseitigt wären, und tritt stattdessen durch formale Bekenntnisse zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung dem Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit entgegen. Aber dieser Versuch der Klägerin, sich einen ‑ bei wertender Gesamtbetrachtung wohl nicht zutreffenden, sondern allein politischtaktisch motivierten ‑ Anstrich der Verfassungstreue zu geben, vermag sie ‑ wie oben dargelegt ‑ nicht zu entlasten, sondern begründet sogar eine besondere Gefährlichkeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung, welche es ‑ jedenfalls in Bezug auf den streitgegenständlichen Berichtszeitraum 2009 / Zwischenbericht 2010 ‑ erforderlich macht, sie im Zusammenhang mit feststehend verfassungsfeindlichen Gruppierungen zu nennen.

Dass sich der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen bei der Klägerin, anders als bei den vorgenannten Gruppierungen, im Berichtszeitraum 2009 / Zwischenbericht 2010 nach der Auffassung des beklagten Landes nicht bis zur absoluten Gewissheit verdichtet hat, kommt zugleich in den die Klägerin betreffenden Textpassagen deutlich zum Ausdruck. So grenzt das beklagte Land die Klägerin etwa durch den im Text im Fettdruck enthaltenen Passus "Anhaltspunkte für den Verdacht" besonders deutlich von Fällen feststehender Verfassungsfeindlichkeit ab. Zugleich ist die namentliche Bezeichnung der Klägerin sowohl in den Textüberschriften als auch im Fließtext jeweils mit einem (*) gekennzeichnet, das in einer Fußnote als Fall der bloßen Verdachtsberichterstattung erläutert wird,

vgl. zur Kennzeichnung von Verdachtsfällen durch eine solche Fußnote: VG Düsseldorf, Urteil vom 10. November 2009 ‑ 22 K 3117/08 ‑, www.nrwe.de = Juris.

Soweit das beklagte Land darüberhinaus im Kapitel 3.1 "Parlamentsorientierter Rechtsextremismus" des Verfassungsschutzberichts 2009 über die Klägerin berichtet und dieses Kapitel am Rand mit einem braunen Farbstreifen versehen hat, genügt auch diese Berichterstattung den verfassungsrechtlichen Anforderungen. In diesem Kapitel, in dem das beklagte Land über die Klägerin gemeinsam mit C1 berichtet, grenzt es beide Organisationen zum einen durch die fettgedruckte Zwischenüberschrift "Anhaltspunkte für den Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit" besonders deutlich von Fällen feststehender Verfassungsfeindlichkeit ab,

vgl. zu einer solchen Abgrenzung von Verdachtsfällen: VG Düsseldorf, Urteil vom 10. November 2009 - 22 K 3117/08 ‑, www.nrwe.de = Juris.

So wird die Klägerin etwa von der ebenfalls in dem Kapitel "Rechtsextremismus" aufgenommenen O dadurch abgegrenzt, dass es in der Berichterstattung über die O in einer fettgedruckten Zwischenüberschrift heißt "Hintergrund und Verfassungsfeindlichkeit" (S. 43 des Berichts); hier fehlt der Zusatz "Anhaltspunkte für den Verdacht ...". Für den flüchtigen Leser wird mithin allein anhand des Lesens der Zwischenüberschriften im Kapitel "Rechtsextremismus" eine Differenzierung zwischen "Verdachtsfällen" und "Fällen feststehender Verfassungsfeindlichkeit" deutlich. Diese Differenzierung entspricht auch den Erläuterungen im Fußnotentext zu Beginn des Kapitels 3 "Rechtsextremismus" sowie zu Beginn der Berichterstattung über die Klägerin im Abschnitt 3.1.3. Zudem ist die namentliche Bezeichnung der Klägerin sowohl in den Textüberschriften als auch im Fließtext jeweils mit einem (*) gekennzeichnet.

Anders als die Klägerin meint, war das beklagte Land nicht gehalten, gleichsam als milderes Mittel über Verdachtsfälle verfassungsfeindlicher Bestrebungen in besonderen, von den Fällen erwiesener Verfassungsfeindlichkeit deutlich abgesetzten, mit einer anderen Überschrift, einer anderen Kopfzeile und einer anderen Farbmarkierung versehenen Kapiteln zu berichten. Eine solche Berichterstattung wäre zur Erreichung des mit den Verfassungsschutzberichten des beklagten Landes verfolgten Ziels der Aufklärung der Öffentlichkeit zum Zwecke der Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen nicht gleich geeignet. Denn dann könnte die vom beklagten Land vorgenommene Untergliederung des Berichts in Kapitel wie "Rechtsextremismus", "Linksextremismus", "Ausländerextremismus" und "Islamismus" insgesamt nicht aufrechterhalten werden. Diese Gliederung bewirkt aber eine Strukturierung des Berichts u. a. im Hinblick darauf, bei welchen Gruppierungen und Organisationen Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen in Bezug auf welche Strukturprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bestehen. Insgesamt wird durch diese Gliederung erreicht, dass die Berichte allgemeinverständlich sind und mithin auch der flüchtige Leser erreicht werden kann,

vgl. OVG NRW, Beschluss 9. Februar 2011 ‑ 5 A 2766/09 ‑, Juris Rn. 12 ff.; VG Düsseldorf, Urteile vom 10. November 2009 ‑ 22 K 3117/08 ‑, S. 20 f. des Urteilsabdrucks und vom 12. April 2013 - 22 K 9174/10, S. 24 des Urteilsabdrucks.

Dass Verfassungsschutzberichte ‑ wie die Klägerin offenbar meint ‑ für Verdachtsfälle ein eigenes Unterkapitel und eine unterschiedliche Farbgestaltung aufweisen müssen, ist im Übrigen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gerade nicht erforderlich,

vgl. OVG NRW, Beschluss 9. Februar 2011 ‑ 5 A 2766/09 ‑, Juris Rn. 12.

Die vom beklagten Land vorgenommene Berichterstattung über die Klägerin ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Bei dem mit der Berichterstattung verfolgten Ziel des Schutzes der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, d. h. der fundamentalen Strukturprinzipien der staatlichen Gesamtordnung, denen nach der im Grundgesetz getroffenen verfassungspolitischen Entscheidung die Vorstellung zugrundeliegt, dass der Mensch in der Schöpfungsordnung einen eigenen selbständigen Wert besitzt und Freiheit und Gleichheit dauernde Grundwerte der staatlichen Einheit sind,

vgl. BVerfG, Urteil vom 23. Oktober 1953 ‑ 1 BvB 1/51 ‑, BVerfGE 2, 1 ff. = Juris Rn. 37 f.,

handelt es sich um ein Schutzgut von überragendem Verfassungsrang. Zu diesem steht der vorgenommene Eingriff in die mittelbar betroffenen Grundrechte der Parteienfreiheit und der Meinungsfreiheit der Klägerin erkennbar nicht außer Verhältnis. Dies folgt aus den besonderen von der Klägerin ausgehenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung. Die universelle Geltung der Menschenwürde, gegen die sich die Bestrebungen der Klägerin dem begründeten Verdacht nach richten, stellt einen fundamentalen Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung dar. Ein spezifisches Gewicht erhält die Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch die Klägerin zudem dadurch, dass sie sich zugleich einen mit der nach den rechtlichen Maßstäben vorgenommenen Gesamtschau wohl nicht in Einklang zu bringenden verfassungstreuen Anstrich gibt, um für Bevölkerungskreise wählbar zu erscheinen, die sie im Falle eines offenen Bekenntnisses zur Verfassungsfeindlichkeit nicht wählen würden.

b. Soweit die Berichterstattung über die Klägerin im Verfassungsschutzbericht 2010 mittelbar in ihre Grundrechte der Parteienfreiheit und der Meinungsfreiheit eingreift, sind diese Eingriffe nur insoweit verfassungsrechtlich gerechtfertigt, als das beklagte Land die Klägerin als eine Bestrebung darstellt, deren politischen Ziele darauf gerichtet sind, das unveräußerliche Grundrecht auf Menschenwürde bestimmter Personengruppen außer Geltung zu setzen (aa.). Soweit das beklagte Land darüber hinaus über die Klägerin als eine Bestrebung berichtet, die Muslimen generell ihr Grundrecht auf freie Religionsausübung abspricht, ist die Berichterstattung verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt und greift damit rechtswidrig in die o. g. Grundrechte der Klägerin ein (bb.).

aa. Die durch das beklagte Land im Verfassungsschutzbericht 2010 vorgenommene Art und Weise der Berichterstattung über die Klägerin genügt insoweit den sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergebenden verfassungsrechtlichen Anforderungen, als die Annahme der feststehenden Verfassungsfeindlichkeit der Klägerin darauf gestützt wird, sie sei bestrebt, die Menschenwürde bestimmter Personengruppen außer Geltung zu setzen. Insoweit ist die Berichterstattung zur Aufklärung der Öffentlichkeit und Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen insbesondere erforderlich und steht auch nicht außer Verhältnis zum Stellenwert der Grundrechte der Klägerin, in die eingegriffen wird.

Die Berichterstattung über die Klägerin im Verfassungsschutzbericht 2010 als eine - über den bloßen Verdachtsfall hinausgehende - verfassungsfeindliche Bestrebung überschreitet das erforderliche Maß insoweit nicht. Denn die hinsichtlich der Klägerin bestehenden Verdachtsanhaltspunkte haben sich nach ihrer Qualität und Quantität im Berichtszeitraum 2010 so weit intensiviert, verdichtet und verfestigt, dass - im Rahmen einer wertenden Gesamtschau - keine Restzweifel mehr verbleiben, dass die Klägerin im Berichtszeitraum 2010 - über den bloßen Verdachtsfall hinausgehend - als eine gegen die Menschenwürde bestimmter Personengruppen agierende und damit gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebung anzusehen ist.

Wann - über den bloßen Verdachtsfall hinausgehend - von einer feststehend verfassungsfeindlichen Bestrebung auszugehen ist, beurteilt sich im Rahmen einer wertenden Gesamtschau nach den Umständen des Einzelfalles. Bei der vorzunehmenden Einzelfallwürdigung ist zu berücksichtigen, dass der Übergang von einem bloßen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen bis hin zu feststehenden verfassungsfeindlichen Bestrebungen fließend ist. Die eine Berichterstattung in Verfassungsschutzberichten überhaupt erst rechtfertigenden hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte für einen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen können sich je nach deren Qualität und Quantität so weit intensivieren und verdichten, bis ‑ nach dem Maßstab einer wertenden Gesamtschau - keine Restzweifel mehr verbleiben und die verfassungsfeindlichen Bestrebungen feststehen. Dies gilt gerade auch in Bezug auf Organisationen, die ‑ wie die Klägerin ‑ die vermeintliche eigene Verfassungstreue in der Öffentlichkeit hervorheben, sich also nicht offen zu der nach den rechtlichen Maßstäben wohl gegebenen Verfassungsfeindlichkeit ihrer Ziele bekennen. Eine feststehende Verfassungsfeindlichkeit kann dabei nicht erst dann angenommen werden, wenn die betreffende Bestrebung selbst eine entsprechende Bewertung ihrer politischen Zielrichtung vornimmt,

so schon für den Berichtszeitraum 2008: VG Düsseldorf, Urteil vom 15. Februar 2011 - 22 K 404/09 -, S. 37 des Urteilsabdruckes, bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 23. Mai 2012 - 5 A 837/11 -, Juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. April 2013 - 22 K 9174/10 -, S. 22 des Urteilsabdruckes.

Daran gemessen überschreitet die Berichterstattung des beklagten Landes über die Klägerin im Verfassungsschutzbericht 2010 in Bezug auf ihre gegen die Menschenwürde bestimmter Personengruppen gerichteten Verhaltensweisen und Äußerungen das erforderliche Maß nicht. Das beklagte Land war vielmehr berechtigt, in Bezug auf die Klägerin von einer gegen die Menschenwürde bestimmter Personengruppen agierenden und damit gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebung zu berichten.

Dem liegen folgende Erwägungen zu Grunde:

Die Klägerin, über die das beklagte Land seit dem Berichtszeitraum 2007 kontinuierlich in seinen Verfassungsschutzberichten berichtet, hat sich ‑ bei hinreichender personeller Kontinuität in wesentlichen Führungspositionen ‑ von früheren Verlautbarungen und Aktivitäten, die die Verdachtsanhaltspunkte in den Berichtszeiträumen 2007 bis 2009 bildeten, in keiner Weise inhaltlich distanziert. Im Gegenteil lassen die öffentlichen Verlautbarungen der Klägerin bis zum Ende des Berichtszeitraums 2010 eine Beständigkeit und Verfestigung ihrer gegen bestimmte Personengruppen gerichteten menschenverachtenden Agitation erkennen. Die politischen Zielsetzungen und Argumenationsstränge der Klägerin sind seit ihrer Gründung im Jahre 2007 unverändert. Eine inhaltliche Abschwächung oder gar Distanzierung von den systematisch, anhaltend und wiederholt propagierten migrantenfeindlichen Thesen ist nicht zu verzeichnen, obgleich die darauf fußende Berichterstattung des beklagten Landes im Berichtszeitraum 2008 verwaltungsgerichtlich bestätigt wurde,

vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 15. Februar 2011 - 22 K 404/09 -, Juris, bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 23. Mai 2012 - 5 A 837/11 -, Juris.

Restzweifel mögen gerade bei noch jungen Organisationen regelmäßig im Hinblick auf eine noch nicht gefestigte innere Meinungsbildung, personelle Besetzung der Führungspositionen und Herausbildung einer Programmatik bestehen. In Bezug auf die Klägerin bestehen derartig begründete Zweifel angesichts der Kontinuität der von ihr propagierten Inhalte und ihrer Führungskräfte über mehrere Jahre bis zum Ende des Berichtszeitraums 2010 gerade nicht mehr.

Restzweifel ergeben sich auch nicht (mehr) daraus, dass sich die Klägerin bzw. ihre Funktionäre vor dem und in dem Berichtszeitraum 2010 wiederholt ausdrücklich zur unveräußerlichen Würde aller Menschen bekannt, jegliche Ausländerfeindlichkeit von sich gewiesen und vereinzelt auch für eine Integration von Ausländern ausgesprochen hat/haben. Denn diese Bekenntnisse zum Grundgesetz, insbesondere zur Menschenwürde und auch zur Integration von Ausländern, sind ersichtlich unglaubwürdig angesichts der dargestellten konkreten und wiederholten verbalen Ausgrenzung von Muslimen und nichteuropäischen Migranten durch die Klägerin und ihre Repräsentanten,

so schon für den Berichtszeitraum 2008 und insbesondere mit Blick auf die Bekenntnisse zu den Strukturprinzipien der freiheitlichdemokratischen Grundordnung im Parteiprogramm sowie im Aufnahmeantrag der Klägerin: OVG NRW, Beschluss vom 23. Mai 2012 - 5 A 837/11 -, Juris Rn. 7 f..

Auffallend ist in diesem Zusammenhang, dass die verlautbarten Bekenntnisse der Klägerin zur Integration von Ausländern und zur unveräußerlichen Würde aller Menschen in hohem Maße abstrakt und oberflächlich bleiben und in keiner Weise mit konkreten Inhalten gefüllt werden. Insoweit ist insgesamt nur ein pauschales Bekenntnis zur unveräußerlichen Würde aller Menschen sowie ein pauschales Behaupten einer angeblichen Ausländerfreundlichkeit zu verzeichnen, ohne dass diese Bekenntnisse mit konkreten Inhalten gefüllt würden und ohne dass eine inhaltliche Abschwächung oder gar Distanzierung von den ansonsten systematisch, anhaltend und wiederholt propagierten migrantenfeindlichen Thesen erfolgte. Die Klägerin bleibt vielmehr konkrete Ausführungen dazu schuldig, wie genau sie sich ernsthaft für die Integration von Muslimen und nichteuropäischen Ausländern in Deutschland stark machen bzw. wie sie deren menschenwürdige Teilhabe am gesellschaftlichen Leben konkret gewährleisten will,

so schon für den Berichtszeitraum 2008: OVG NRW, Beschluss vom 23. Mai 2012 - 5 A 837/11 -, Juris Rn. 6 ff..

Sie bleibt darüber hinaus konkrete Ausführungen dazu schuldig, welche - hinreichend gewichtigen und ernsthaften - Äußerungen ihrerseits mit positiven Beispielen für eine gelungene Integration von Muslimen und nichteuropäischen Migranten überhaupt ein ihr günstigeres Ergebnis rechtfertigen können sollten,

so auch für den Berichtszeitraum 2008: OVG NRW, Beschluss vom 23. Mai 2012 - 5 A 837/11 -, Juris Rn. 6.

Es verbleibt damit der einzig vernünftige Schluss, dass die Bekenntnisse der Klägerin zur Menschenwürde und Integration allein taktisch motiviert sind, um den Anschein einer in Wirklichkeit nicht bestehenden Verfassungstreue zu erwecken.

Die so vorgenommene Berichterstattung über die Klägerin ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Bei dem mit der Berichterstattung verfolgten Ziel des Schutzes der freiheitlichen demokratischen Grundordnung handelt es sich um ein Schutzgut von überragendem Verfassungsrang. Zu diesem steht der vorgenommene Eingriff in die mittelbar betroffenen Grundrechte der Parteienfreiheit und der Meinungsfreiheit der Klägerin erkennbar nicht außer Verhältnis. Dies folgt aus den besonderen von der Klägerin ausgehenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung. Die universelle Geltung der Menschenwürde, gegen die sich die Bestrebungen der Klägerin richten, stellt einen fundamentalen Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung dar. Ein spezifisches Gewicht erhält die Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch die Klägerin zudem dadurch, dass sie sich einen verfassungstreuen Anstrich gibt, um für Bevölkerungskreise wählbar zu erscheinen. Gerade dieses Vorgehen der Klägerin (vermeintliches Handeln auf dem Boden des Grundgesetzes) begründet ihre besondere Gefährlichkeit und rechtfertigt die von dem beklagten Land über sie vorgenommene Berichterstattung.

bb. Soweit das beklagte Land die Klägerin darüber hinaus als eine Bestrebung darstellt, die Muslime generell von der Wahrnehmung des Grundrechts der Religionsfreiheit ausschließt und ihnen dieses Recht abspricht, ist die Berichterstattung verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt und damit rechtswidrig. Die Klägerin hat insoweit einen Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung des Verfassungsschutzberichts 2010 in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

Die durch das beklagte Land im Verfassungsschutzbericht 2010 insoweit vorgenommene Art und Weise der Berichterstattung über die Klägerin genügt den sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergebenden verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht; sie überschreitet das erforderliche Maß. Denn soweit das beklagte Land die Klägerin über den Verdachtsfall hinaus als eine Bestrebung darstellt, die Muslimen generell ihr Grundrecht auf Religionsfreiheit abspricht, rechtfertigt die tatsächliche Faktenlage eine entsprechende Berichterstattung als feststehend verfassungsfeindlich nicht.

Die Verlautbarungen und Aktivitäten der Klägerin bzw. ihrer Funktionäre und Mitglieder lassen in einer Gesamtschau im Berichtszeitraum 2010 bzw. in den - nach der Rechtsprechung des OVG NRW ebenfalls in die Gesamtschau einzustellenden -Berichtszeiträumen 2008 und 2009 nicht mit einer die Bewertung als feststehend verfassungsfeindlich rechtfertigenden Deutlichkeit erkennen, dass Bestimmungsgrund des politischen Handelns der Klägerin auch der Wille ist, das Grundrecht auf Religionsfreiheit für bestimmte Personengruppen, namentlich für Muslime generell außer Geltung zu setzen.

Art. 4 GG garantiert in Absatz 1 die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses, in Absatz 2 das Recht der ungestörten Religionsausübung. Beide Absätze des Art. 4 GG enthalten ein umfassend zu verstehendes einheitliches Grundrecht der Glaubensfreiheit, das Ausprägung der Menschenwürde ist,

vgl. BVerfG, Entscheidung vom 11. April 1972 - 2 BvR 75/71 -, Juris und BVerfGE 33, 23 (28 f.); BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 -, Juris und BVerfGE 108, 282 (305) mit Hinweis auf BVerfGE 24, 236 (245 f.); 32, 98 (106); 44, 37 (49); 83, 341 (354)).

Die individuelle Glaubensfreiheit erstreckt sich nicht nur auf die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, sondern auch auf die äußere Freiheit, den Glauben zu bekunden und zu verbreiten,

vgl. BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 -, Juris mit Hinweis auf BVerfGE 24, 236 (245); BVerfG, Entscheidung vom 19. Oktober 1971 - 1 BvR 387/65 -, Juris und BVerfGE 32, 98 (106 f.).

Dazu gehört auch das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln,

vgl. BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 -, Juris und BVerfGE 108, 282 (297).

Der einer Religionsgemeinschaft zukommende Grundrechtsschutz umfasst das Recht zu eigener weltanschaulicher oder religiöser Betätigung, zur Verkündigung des Glaubens sowie zur Pflege und Förderung des Bekenntnisses. Hierzu gehören nicht nur kultische Handlungen sowie die Beachtung und Ausübung religiöser Gebote und Gebräuche, sondern auch religiöse Erziehung, Feiern und andere Äußerungen des religiösen und weltanschaulichen Lebens sowie allgemein die Pflege und Förderung des jeweiligen Bekenntnisses,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 2006 - 2 BvR 1908/03 -, unter Hinweis auf BVerfGE 19, 129 (132); 24, 236 (246 f.); 53, 366 (387); 105, 279 (293 f.)).

Die in Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verbürgte Glaubensfreiheit ist vorbehaltlos gewährleistet. Einschränkungen müssen sich daher aus der Verfassung selbst ergeben. Hierzu zählen die Grundrechte Dritter sowie Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang. Die Einschränkung der vorbehaltlos gewährleisteten Glaubensfreiheit bedarf überdies einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage,

vgl. BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 -, Juris Rn. 38 m.w.N..

Nach Auffassung der Kammer lässt sich den öffentlichen Äußerungen und Handlungen der Klägerin nicht mit der erforderlichen hinreichenden Deutlichkeit die programmatische Ausrichtung der Klägerin entnehmen, sie wolle Muslimen generell die vorgenannten, in dem Grundrecht auf Glaubensfreiheit verbürgten Rechte verweigern.

Zwar richten sich zahlreiche Verlautbarungen der Klägerin und der für sie sprechenden Personen gegen die Errichtung von Bauwerken in Deutschland, die der religiösen Betätigung von Muslimen dienen. Diese Äußerungen wenden sich jedoch regelmäßig nicht gegen zur Religionsausübung genutzte Bauten schlechthin, sondern enthalten eine Einschränkung dahingehend, dass der Bau islamischer "Prachtbauten", "Großmoscheen" und Minarette kritisiert wird. Beispielhaft sind hier - neben den oben genannten Zitaten - folgende Verlautbarungen der Klägerin bzw. ihrer Funktionäre zu nennen:

"(...) Prunkmoscheen sind kein Beitrag zur Integration, sondern zementieren Parallelgesellschaften. (...)"

Auszug aus einer Erklärung von C2 als C-Spitzenkandidat an die Erstwählerinnen und Erstwähler vom 17. August 2009, Bl. 23 der Beiakte Heft 4 zu dem Verfahren 22 K 9174/10.

"(...) Es gilt daher, den gefährlichen Islamisten den Nährboden zu entziehen und jeden weiteren Großmoscheebau, insbesondere in Wohngebieten zu unterbinden. (...)"

Auszug aus einem Interview mit C2 vom 23. März 2010 mit dem Titel "Innenminister Ingo Wolf (FDP) betreibt parteipolitischen Verfassungsschutzmissbrauch", veröffentlicht auf der Internetseite www.C.net, Bl. 41 der Beiakte Heft 4 zu dem Verfahren 22 K 9174/10.

Es bedarf einer Prüfung im jeweiligen Einzelfall anhand eventuell entgegenstehender Grund- und Gemeinschaftsrechte von Verfassungsrang, ob und inwieweit der Bau und die Nutzung der von der Klägerin kritisierten Bauwerke vom Grundrecht auf Religionsfreiheit gewährleistet sind.

Es liegen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Einschränkung der Zielrichtung allein taktisch motiviert ist. Denn die Klägerin bekennt sich nicht nur abstrakt zum Grundrecht auf Religionsfreiheit, sondern konkretisiert dies ‑ anders als in Bezug auf das Grundrecht der Menschenwürde - auch näher, indem sie sich ausdrücklich für das Recht der Muslime zum Bau von Gebetshäusern (Moscheen) in Deutschland ausspricht:

"(...) Selbstverständlich genießen Muslime in der Bundesrepublik Religionsfreiheit und selbstverständlich haben sie auch ein Recht auf den Bau von Gebetshäusern. Jedoch hat schon der NS-verfolgte jüdische Publizist H1 völlig zu Recht ausgeführt, dass das Recht auf Religionsfreiheit nicht schrankenlos ist und dass dieses Recht gerade nicht beinhaltet den Bau von orientalischen Großmoscheen als Machtsymbol mit dem Ziel einer Verfestigung von Parallelgesellschaften. (...)"

Auszug aus einer Rede von C1 anlässlich der Funktionärstagung der Klägerin im September 2008, Bl. 62 f. der Gerichtsakte.

"(...) Es ging bei dieser Entscheidung weder um fremdenfeindliche Ressentiments noch um eine Einschränkung der Religionsfreiheit. Jede Religion hat im Rahmen unserer Religionsfreiheit das Recht auf spirituelle Gebetsräume. Die Architektur allerdings ist eine baurechtliche Angelegenheit. (...)"

Auszug aus dem Redebeitrag der Schatzmeisterin der Klägerin X1 in der Sitzung des Rates der Stadt L vom 17. Dezember 2009 zu dem Tagesordnungspunkt 3.1.7 Antrag der Fraktion C1 betreffend "Resolution für ein Minarettverbot", zitiert aus dem Wortprotokoll der Ratssitzung (S. 56), Beiakte Heft 8 zu dem Verfahren 22 K 9174/10.

Etwas anderes folgt auch nicht aus den Äußerungen des deutschschwedischen Unternehmers C5 im Berichtszeitraum 2010:

"(...) So, wie die Türken 1683 vor Wien zurückgedrängt wurden, wollen wir in C3 einen Anfang machen: C3 muss eine christliche Stadt bleiben. Wer das nicht begreift, muss gehen. Ich übernehme gerne Taufpatenschaften. Wenn ein Türke hier von diesem barbarischen Glauben abschwört und zum Christentum konvertiert, dann ist er kein Problem. Das werden nicht viele sein (...)"

Auszug aus einem Interview mit C5 vom 25. Mai 2010, veröffentlicht auf der Internetseite www.Q.net, siehe auch Beiakte Heft 4.

"(...) Wir brauchen eine Rechte ohne Antisemitismus in Deutschland, eine Rechte, die nicht Israel zum Feind erklärt, sondern den Islam. (...)"

Auszug aus einer Erklärung von C5 vom 21. Juni 2010, zitiert aus dem Artikel "Es geht schließlich um unsere Heimat", veröffentlicht auf der Internetseite www.C5.de, Bl. 31 der Beiakte Heft 1 zu dem Verfahren 22 K 9174/10.

Denn es ist zweifelhaft, ob diese Äußerungen des Herrn C5 der Klägerin zuzurechnen sind. Herr C5 äußerte sich als Funktionär der "Q". Bei dieser handelt es sich um eine von der Klägerin rechtlich unabhängige Partei. Zum Zeitpunkt der Tätigung der Äußerungen bestand zudem in keiner Person auf Vorstands-/Funktionärsebene zwischen der Klägerin und der Partei "Q" personelle Identität. Selbst wenn eine gewisse programmatische Nähe der Partei "Q" zu der Klägerin unterstellt wird, vermögen die vereinzelt gebliebenen Äußerungen des Herrn C5 die - angesichts der übrigen der Klägerin zurechenbaren Verlautbarungen - verbleibenden Restzweifel an einer (auch) auf die Außergeltungsetzung der Religionsfreiheit von Muslimen gerichteten programmatischen Zielrichtung der Klägerin nicht zu beseitigen.

II. Soweit das beklagte Land die Klägerin als eine Bestrebung darstellt, die Muslimen generell ihr Grundrecht auf freie Religionsausübung abspricht, ist der Klageantrag zu 4. begründet. Insoweit hat die Klägerin einen Anspruch auf Richtigstellung in Form des öffentlichrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang. Denn insoweit ist die Berichterstattung - wie unter I. 2. b. bb. dargelegt - rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Grundrechten auf Parteienfreiheit und Meinungsfreiheit mit der Folge, dass das beklagte Land zur Beseitigung der fortdauernden unmittelbaren Folgen dieses rechtswidrigen hoheitlichen Eingriffs durch Richtigstellung verpflichtet ist,

vgl. zu der rechtlichen Grundlage und zu den Voraussetzungen dieses Folgenbeseitigungsanspruchs im Einzelnen: BVerwG, Urteile vom 17. Januar 1980 - 7 C 42/78 -, BVerwGE 59, 319 (325 f.) und vom 23. Mai 1989 - 7 C 2/87 -, BVerwGE 82, 76 (95); VG Düsseldorf, Urteil vom 21. Oktober 2005 - 1 K 3189/03 -, Juris Rn. 113 - 124 m.w.N..

Im Übrigen bleibt - da, wie dargelegt, die Berichterstattung über die Klägerin in den streitgegenständlichen Verfassungsschutzberichten 2009 und 2010 sowie im Zwischenbericht 2010 insoweit rechtlich nicht zu beanstanden ist - dem auf Richtigstellung im nächsten Verfassungsschutzbericht des beklagten Landes gerichteten Antrag (Klageantrag zu 4.) der Erfolg versagt. Insoweit fehlt es an einem ‑ für den als Anspruchsgrundlage heranzuziehenden öffentlichrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch erforderlichen ‑ rechtswidrigen Eingriff in die Rechte der Klägerin durch das beklagte Land.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1, 161 Abs. 2 VwGO.