AG Ahaus, Urteil vom 15.11.2012 - 15 C 33/12
Fundstelle
openJur 2013, 31008
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 139,97 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.10.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 94 % und die Beklagten zu 6 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien schlossen am 7.10.2010 einen Mietvertrag betreffend eine Wohnung in dem Gebäude K, B.

Der monatliche Mietzins, einschließlich einer Vorauszahlung auf die Nebenkosten, betrug 720,00 Euro.

Das Mietverhältnis begann ab dem 1.11.2010. In § 3 des Mietvertrages ist handschriftlich nachfolgende Vereinbarung eingesetzt worden: "Beide Vertragsparteien verzichten bis zum 1.11.2014 auf ihr Kündigungsrecht."

Wegen des Inhalts des Mietvertrages wird auf Blatt 5 - 16 d.A. Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 29.09.2011 erklärten die Beklagten gegenüber dem Kläger die Kündigung des Mietvertrages zum 31.12.2011. Wegen des Inhalts des Schreibens wird auf Blatt 17 d.A. Bezug genommen.

Die Beklagten zahlten den Mietzins bis einschließlich 31.12.2011.

Der Kläger vermietete die Wohnung zum 1.4.2012 weiter.

Mit der vorliegenden Klage macht er gegen die Beklagten die Mieten für Januar, Februar und März 2012, sowie eine Restforderung hinsichtlich der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2010 in Höhe von 193,61 Euro geltend. Die Beklagten hatten auf die Nachzahlungsforderung gemäß Abrechnung vom 15.09.2011 in Höhe von 493,61 Euro 300,00 Euro gezahlt. Wegen der Abrechnung vom 15.09.2011 wird auf Blatt 18-21 d.A. Bezug genommen.

Der Kläger traf unstreitig mit weiteren Mietern von Wohnungen in dem Gebäude K in B Vereinbarungen über einen jeweils 4-jährigen Kündigungsverzicht, so mit den Mietern Eheleute L, dem Zeugen C, der Zeugin T, sowie Frau B1 und Herrn Q.

Der Kläger behauptet hierzu, der Kündigungsverzicht zwischen den Parteien bis zum 1.11.2014 sei individuell ausgehandelt worden. Als Gegenleistung für den Kündigungsverzicht durch die Beklagten habe er für den Vertragszeitraum zugunsten der Beklagten auf eine Mieterhöhung und eine eventuelle Erhöhung der Betriebskosten verzichtet. Auch die Kündigungsverzichtsregelungen mit den Mietern L, C, T, sowie B1 und Q seien jeweils individuell ausgehandelt worden.

Der Kläger ist im Hinblick auf Einwendungen der Beklagten gegen die Nebenkostennachforderung der Auffassung, dass er berechtigt gewesen sei, die Nebenkosten ab dem 7.10.2010 zu berechnen, weil den Beklagten, was unstreitig ist, zu diesem Zeitpunkt der Wohnungsschlüssel übergeben worden sei. Wegen der Darstellung des Klägers zur Berechnung der Grundsteuer, Oberflächenwasser- und Schmutzwasserkosten wird auf den Schriftsatz vom 13.03.2012, Seite 2 und 3, Blatt 44 und 45 d.A., Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 2.353,61 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 193,61 Euro seit dem 27.10.2011 und aus jeweils 720,00 Euro seit dem 5.1., 4.2. und 4.3. 2012 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, der vereinbarte Kündigungsverzicht von 4 Jahren sei unwirksam, weil sie hierdurch unangemessen benachteiligt würden i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Sie sind darüber hinaus der Auffassung, nicht zur Zahlung der restlichen Nachforderung im Hinblick auf die Nebenkostenabrechnung für 2010 verpflichtet zu sein, da die Nebenkostenabrechnung fehlerhaft sei, insbesondere im Hinblick auf den der Abrechnung zugrunde gelegten Zeitraum, der Grundsteuern, Oberflächenwasserkosten, sowie Schmutzwasserkosten.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen T1, B1, Q, L, S und T. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 25.10.2012, Blatt 84 - 88 d.A., Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.

Dem Kläger steht ein restlicher Nebenkostenanspruch in Höhe von 139,97 Euro zu.

Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

Die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2010 ist teilweise fehlerhaft.

Der Kläger war nicht berechtigt, einen Abrechnungszeitraum vom 7.10. 2010 bis zum 31.12.2010 zugrunde zu legen. Unstreitig begann das Mietverhältnis erst am 1.11.2010, so dass der Kläger die Mietnebenkosten auch erst ab diesem Zeitpunkt abrechnen kann. Dass er den Beklagten den Schlüssel zur Wohnung bereits am 7.10.2010 überlassen hat, ist soweit unerheblich.

Insoweit war der Kläger nur berechtigt, den Beklagten statt der in Ansatz gebrachten 86 Tage zeitanteilig 61 Tage zu berechnen.

Der Kläger war nicht berechtigt, den Grundsteuerbetrag, der für 2010 insgesamt 1.002,35 Euro laut Abgabenbescheid der Stadt B ausmachte, auf 1.397,99 Euro hochzurechnen, zumal er nicht vorgetragen hat, dass er in dieser Höhe Grundsteuern bezahlt hat. Entsprechend war die Nebenkostenabrechnung im Hinblick auf die Beklagten hinsichtlich der Grundsteuern auf 26,00 Euro statt der in Rechnung gestellten 51,12 Euro zu kürzen, wobei insoweit im Hinblick auf den nur abrechenbaren Zeitraum von 61 Tagen 24,24 qm in Ansatz gebracht werden konnten. Entsprechend waren die in Ansatz gebrachten Kosten für Versicherungen auf 26,43 Euro, für das Oberflächenwasser auf 9,83 Euro und das Schmutzwasser auf 10,30 Euro zu kürzen.

Insgesamt ergeben sich danach aufgrund der Nebenkostenabrechnung Kosten von 220,74 Euro für die Hausnebenkosten, sowie 459,23 Euro für die Heiz- und Warmwasserkosten. Ihre Einwendungen gegen den Ansatz von Heizölkosten für 980 Liter aus dem Vorjahr haben die Beklagten im Hinblick auf den Sachvortrag des Klägers gemäß Schriftsatz vom 13.03.2012, sowie den Anlagen K 6 und K 7, Blatt 53 u. 54 d.A., fallen gelassen.

Insgesamt ergaben sich danach für den Zeitraum 1.11.2010 bis 31.12.2010 zu zahlende Nebenkosten der Beklagten in Höhe von 679,97 Euro. Hierauf haben die Beklagten insgesamt 240,00 Euro Vorausleistungen und 300,00 Euro Nachzahlung, mithin 540,00 Euro geleistet, so dass der zugesprochene Restbetrag von 139,97 Euro verbleibt.

In dieser Höhe hat der Kläger gegen die Beklagten einen Zahlungsanspruch.

Soweit sich die Beklagten den Sachvortrag des Klägers im Hinblick auf den von ihm im Schriftsatz vom 13.03.2012, Seite 7 vorgetragenen Verzicht auf die Erhöhung der Miete, sowie die eventuelle Erhöhung der Betriebskosten, im Verhandlungstermin vom 25.10.2012 zu eigen gemacht haben, widerspricht dies ihrem ausdrücklichen Bestreiten der vom Kläger behaupteten Gegenleistungen im Schriftsatz vom 30.03.2012, Seite 2 unter II.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280, 286, 288 BGB.

Im Hinblick auf die geltend gemachten Mietzinsen für Januar, Februar und März 2012 in Höhe von insgesamt 2.160,00 Euro war die Klage abzuweisen.

Mietzinsansprüche des Klägers für den geltend gemachten Zeitraum bestehen nicht. Das Mietverhältnis der Parteien endete zum 31.12.2011 aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 29.09.2011.

Der zwischen den Parteien im Mietvertrag vom 07.10.2010 unter § 3 vereinbarte Kündigungsverzicht für den Zeitraum bis zum 1.11.2014 war unwirksam, denn er benachteiligt die Beklagten unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Bei der Regelung in § 3 des Mietvertrages zum 4-jährigen Kündigungsverzicht handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung des Klägers, denn unstreitig hat der Kläger diese Regelung in weiteren 4 Mietverträgen bezüglich Wohnungen im Gebäude K in B verwandt. Dass der Vertragstext insoweit handschriftlich in dem Mietvertrag eingesetzt worden ist, ändert hieran nichts, denn es handelt sich insoweit um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB.

Da der Kündigungsverzicht einen Zeitraum von 4 Jahren - gerechnet vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bis zum Zeitpunkt, zu dem der Mieter den Vertrag erstmals beenden kann - überschreitet, benachteiligt die Regelung die Beklagten als Mieter unangemessen (vgl. BGH Urteil vom 8.12.2010 VIII ZR 86/10).

Soweit der Kläger behauptet, die Regelung über den Kündigungsverzicht sei individuell ausgehandelt worden, er habe als Gegenleistung auf eine Mieterhöhung für den Zeitraum und eine eventuelle Erhöhung der Nebenkosten verzichtet, hat der Kläger seine Behauptung nicht bewiesen.

Zwar hat die Zeugin T1 bekundet, dass zwischen den Parteien bei Abschluss des Mietvertrages die Möglichkeiten des Abschlusses eines Staffelmietvertrages oder Indexmietvertrages erörtert worden sei und der Kläger als Gegenleistung für den Kündigungsverzicht auf eine Mieterhöhung für 4 Jahre verzichtet habe. Darüber hinaus hätten die Beklagten eigentlich einen 10-Jahresmietvertrag abschließen wollen. Die einzelnen verschiedenen Mietvertragsvarianten seien erörtert worden.

Allerdings hat das Gericht gleichwohl Bedenken dahingehend, dass der Kläger den Beklagten eine Wahl- und Verhandlungsmöglichkeit hinsichtlich der 4-jährigen Kündigungsverzichtsklausel eröffnet hat. Hiergegen spricht bereits der Umstand, dass der Kläger auch hinsichtlich der Verträge mit den Mietern L, C, T, sowie B und Q jeweils 4-jährige Kündigungsverzichtsvereinbarungen getroffen hat und, wie insbesondere die Zeugin T glaubhaft bekundet hat, der Kläger ihr gegenüber erklärt habe, dass die Wohnung neu renoviert sei und er dafür den Kündigungsverzicht haben wolle. Das würde er immer so machen.

Auch der Zeuge C hat bekundet, dass es nach seiner Erinnerung nicht so gewesen sei, dass der Kläger ihm auch einen unbefristeten Mietvertrag angeboten habe. Ihm gegenüber habe der Kläger erklärt, dass er einen derartigen Kündigungsverzicht grundsätzlich mache bzw. jedenfalls lieber mache.

Die Zeugin B hat bekundet, dass ihnen, d.h. ihr und dem Zeugen Q gegenüber der Kläger erklärt habe, dass er nur einen Vertrag über 4 Jahre abschließe, was er mit den Um- und Neubaukosten von ca. 500.000,00 Euro erklärt habe.

Auch der Zeuge Q hat bekundet, dass der Kläger erklärt habe, dass er nur einen 4-Jahresmietvertrag abschließen würde. Sowohl die Zeugin B als auch der Zeuge Q haben bekundet, dass der Einbau der Trennwand in der Küche durch den Kläger nicht eine Gegenleistung für den 4-jährigen Kündigungsverzicht der Zeugen B1 und Q entgegen den Bekundungen der Zeugin T1 dargestellt habe.

Insgesamt ist das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht hinreichend davon überzeugt, dass die Vereinbarung über den Kündigungsverzicht zwischen den Parteien im obigen Sinne ausgehandelt worden ist.

Der Kläger ist hierfür beweispflichtig (vgl. Palandt/Grüneberg § 305 Rdn. 23).

Der Kläger ist beweisfällig geblieben.

Ein Anspruch auf den geltend gemachten Mietzins für Januar bis einschließlich März 2012 besteht nicht.

Die Klage war insoweit abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO;

die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit

beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.