AG Ahlen, Urteil vom 01.06.2010 - 9 C 428/05
Fundstelle
openJur 2013, 30934
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

Der Streitwert wird auf 724,08 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Zustimmung zu einer Mieterhöhung.

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagten sind seit dem 01.01.1980 Mieter der Doppelhaushälfte T-Straße in B. Eigentümerin und Vermieterin ist die Klägerin. Die Wohnfläche beträgt 72,86 m². Zur Zeit zahlen die Beklagten eine monatliche Nettomiete von 301,70 € = 4,14 € je m².

Mit Schreiben vom 12.07.2005 forderte die Klägerin die Beklagten auf, einer Erhöhung der monatlichen Nettomiete auf 362,04 € zuzustimmen. Zur Begründung berief die Klägerin sich auf den Mietspiegel der Stadt B. Sie führte aus, das Gebäude sei im Jahr 1912 errichtet worden, es sei jedoch in die Baualtersklasse 01.01.1971 bis 31.12.1980 einzugruppieren, da eine Vollmodernisierung durchgeführt worden sei. Es sei von einer mittleren Wohnlage auszugehen und bei der Ausstattung Bad oder Dusche mit WC, Sammelheizung, Isolierverglasung und Balkon zu berücksichtigen. Ferner sei ein Einfamilienhauszuschlag von 10 % zulässig. Danach ergebe sich eine ortsübliche Vergleichsmiete je qm zwischen 5,06 € und 5,89 €. Unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze von 20 % sei eine Erhöhung um 60,34 € auf 362,04 € zulässig, was einer Miete je qm von 4,97 € entspreche. Die Beklagten wurden aufgefordert, bis zum 30.09.2005 ihre Zustimmung zu erklären. Wegen der weiteren Einzelheiten des Mietanpassungsverlangen wird auf das Schreiben vom 12.07.2005 (Bl. 4/5 der Akten) Bezug genommen.

Die Beklagten erteilten die Zustimmung nicht.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, einer Anhebung

der Nettokaltmiete für die von ihnen bei der Klägerin gemietete

Wohnung von zur Zeit 301,70 € monatlich um 60,34 € monatlich

auf 362,04 € monatlich ab dem 01.10.2005 zuzustimmen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung, das Mieterhöhungsverlangen sei formell und materiell unwirksam. Die Begründung, insbesondere der Eingruppierung des Objektes in eine jüngere Baualtersklasse sei unzureichend. Überdies sei die vorgenommene Ein-

gruppierung auch ungerechtfertigt, da entsprechend umfangreiche Baumaßnahmen nicht erfolgt seien. Schließlich sei auch ein Einfamilienhauszuschlag nicht gerecht-

fertigt, da eine Doppelhaushälfte kein Einfamilienhaus sei. Tatsächlich sei bereits die aktuell gezahlte Miete überhöht.

Es ist Beweis erhoben worden durch die Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Herrn L. Wegen des Ergenisses wird auf das schriftliche Gutachten vom 12.02.2010 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Das formell wirksame Mieterhöhungsverlangen ist materiell unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagen auf Zustimmung zur Erhöhung der

monatlichen Nettomiete von 301,70 € auf 362,04 €.

Zwar ist das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin vom 12.07.2005 formell ordnungsgemäß begründet worden. Es ist in Textform erfolgt und bezieht sich auf den Mietspiegel der Stadt B. Es ist nachvollziehbar dargelegt, wie sich die geforderte Erhöhung der Miete errechnet. Die Begründung ist nicht sehr ausführlich, genügt jedoch, um den Mieter in den Stand zu setzen, die Berechnung des Mietverlangens zu überprüfen. Insbesondere ist der Begriff der "Vollmodernisierung" kurz erläutert, darüber hinaus enthält der Mietspiegel die erforderlichen Hinweise zu den Voraussetzungen.

Jedoch ist die begehrte Mieterhöhung materiell unbegründet, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen.

Unter Berücksichtigung der Kategorien des B. Mietspiegels und der Ausführungen des Sachverständigen kann eine höhere als die von den Beklagten bereits gezahlte Miete nicht als ortsüblich festgestellt werden. Im Gegenteil liegt der von den Beklagten derzeit gezahlte Betrag schon über der ortsüblichen Vergleichsmiete, die der Sachverständige mit 3,60 € je m² ermittelt hat.

Zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete kann der einfache B. Mietspiegel herangezogen werden, denn es steht nicht entgegen, dass die Daten der Zechen-Siedlung, in der das Mietobjekt gelegen ist, in die Erhebung der Daten des Mietspiegels nicht vollständig eingegangen sind. Denn die zuvor während des Betriebs der Zeche vereinbarten Mieten spiegelten nicht die ortsübliche Miete wieder, sondern lagen aufgrund der Subventionierung als Werkswohnung der Bergleute deutlich darunter. Für ein Mieterhöhungsverlangen sind qualitätsmäßig vergleichbare Wohnungen des allgemeinen Wohnungsmarktes heranzuziehen. Ein Sondermarkt der Zechensiedlung, für den Abweichendes gelten müsste, ist nicht ersichtlich. Insbesondere werden die Mietobjekte der Zechensiedlung seit der Schließung der Zeche nicht mehr subventioniert und nicht mehr nur an Bergleute vermietet.

Ebenfalls ist nicht zu beanstanden, dass der Sachverständige seine Ergebnisse gefunden hat, ohne eigene statistische Erhebungen zu Vergleichswohnungen anzustellen. Der Mietspiegel ist ordnungsgemäß zustande gekommen und gibt die Spanne der ortsüblichen Mieten unter Berücksichtigung zahlreicher einzelner Kriterien wieder.

Dabei ist für die streitgegenständliche Wohnung zunächst festzuhalten, dass diese in die Baualtersklasse "bis 1960" des Mietspiegels einzugruppieren ist. Die Modernisierungsmaßnahmen, die die Klägerin etwa 1980 vorgenommen hat, führen nicht zu einer Eingruppierung des bereits 1912 errichteten Hauses in eine jüngere Baualtersklasse. Die Voraussetzungen dafür hat die Klägerin nicht hinreichend dargetan. Voraussetzung wäre, dass die Doppelhaushälfte unter einem so wesentlichen Bauaufwand umgebaut wurde, dass dieser ein Drittel der Kosten eines Baus einer vergleichbaren Neubauwohnung erreichen oder übersteigen würde. Ferner käme auch der unter wesentlichem Bauaufwand durchgeführte Umbau von Wohnräumen, die infolge der Wohngewohnheiten nicht mehr geeignet sind, zur Anpassung an die veränderten Gewohnheiten in Betracht. Als solche Umbauarbeiten kommen vorliegend der Einbau des Badezimmers in dem Bereich des ehemaligen Stalls, der Einbau neuer Fenster und die Grundrißveränderung in Betracht.

Die Kosten dieser Maßnahmen hat die Klägerin nicht so substantiiert dargelegt, dass eine Feststellung möglich ist, ob die Kosten ein Drittel der erforderlichen Kosten eines entsprechenden Neubaus erreichen oder übersteigen. Der dazu von der Klägerin eingereichte Aktenordner enthält nicht die im Einzelnen aufgeschlüsselten Kosten der berücksichtigungsfähigen Umbaumaßnahmen.

Die weiteren Ausführungen des Sachverständigen zur Eingruppierung des streitgegenständlichen Objektes in die einzelnen Rubriken des Mietspiegels sind überzeugend und werden auch von der Klägerin nicht konkret angegriffen. Danach ergibt sich eine Basismiete im Bereich des unteren Eckwertes mit 3,10 € je m². Zuschläge sind vorzunehmen für eine mittlere Wohnlage mit punktuellen Lagevorteilen in Höhe von 5 % und ein Einfamilienhausbonus von 7, 5 % sowie weitere 3 % für die Modernisierungsmaßnahmen. Dies ergibt aufgerundet einen Betrag von 3,60 € je m², die Beklagten zahlen aber bereits 4,14 € je m². Raum für eine Mieterhöhung gibt es danach nicht, die Klage war abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird gem. § 41 Abs. 5 GKG auf 724,08 € festgesetzt.

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