OLG Koblenz, Urteil vom 18.03.2013 - 2 Ss 150/12
Fundstelle
openJur 2013, 46435
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 10. September 2012 im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.

Gründe

I.

1.

Durch Urteil vom 20. Dezember 2011, dem eine Verständigung gemäß § 257c StPO vorausging, hat das Amtsgericht Idar-Oberstein den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in vier Fällen, dabei in einem Fall in Tateinheit mit einem vorsätzlichen Verstoß gegen § 6 Pflichtversicherungsgesetz, Nötigung, Beleidigung und versuchter Nötigung unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts St. Wendel vom 29. Oktober 2011 (11 Ds 65 Js 1102/11 (299/11)) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt sowie eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von 18 Monaten verhängt.

Hinsichtlich des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in vier Fällen hat das Amtsgericht folgende Feststellungen getroffen:

"Fall 1

Am Dienstag, dem 22.03.2011 befuhr der Angeklagte mit einem Kraftrad San Yang 125 Husky, FIN: R...56 die Straße ...[X] in ...[Y] gegen 13.50 Uhr, obwohl er, wie er wusste, weder im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis zum Führen des Kraftrades war, noch der erforderliche Haftpflichtversicherungsvertrag für das nicht zugelassene Fahrzeug bestand.

Fall 3

Am 06.05.2011 gegen 06.40 Uhr nahm der Angeklagte mit dem Pkw Opel Corsa, amtliches Kennzeichen ..., am öffentlichen Straßenverkehr teil, obwohl er wusste, dass er nicht im Besitz der für das Führen des Kraftfahrzeuges erforderlichen Fahrerlaubnis war. Zuletzt befuhr er gegen 06.40 Uhr die ...[W]straße in ...[Y].

Fall 4

Am 10.05.2011 gegen 14.40 Uhr befuhr der Angeklagte ebenfalls mit dem vorgenannten Pkw erneut die ...[W]straße in ...[Y]. Auch in diesem Fall war ihm bewusst, dass er nicht im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis war.

Fall 8

Am 28. August 2011 gegen 21.43 Uhr nahm der Angeklagte mit einem Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ... am öffentlichen Straßenverkehr teil, obwohl er wusste, dass er nicht im Besitz der für das Führen des Kraftfahrzeuges erforderlichen Fahrerlaubnis war. Zuletzt befuhr er gegen 21.35 Uhr in ...[Y] die Straße ...[X] bis zum Anwesen Nr. 13."

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Berufung eingelegt, die der hierzu ausdrücklich ermächtigte Verteidiger des Angeklagten auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat. Ziel des Rechtsmittels war die Erlangung einer Strafaussetzung zur Bewährung. Die Strafkammer hat die Beschränkung für wirksam erachtet und mit dem im Tenor genannten Urteil die Berufung des Angeklagten als unbegründet verworfen. Hinsichtlich der Fälle 1, 3, 4 und 8 hat sie jeweils Einzelstrafen von 3 Monaten, für die Nötigung in Fall 2 (Drohung gegenüber einem mit Inkasso-Aufgaben betrauten ...[A]-Außendienstmitarbeiter, ihn mit einem Baseballschläger zu bearbeiten, wenn er noch einmal an die Haustür kommt) und die versuchte Nötigung in Fall 7 jeweils eine Einzelgeldstrafe von 120 Tagessätzen und für die Beleidigung in Fall 6 (Bezeichnung eines Zeugen als "Kinderficker, Hurenbock, Hurensohn, Bastard") eine solche von 60 Tagessätzen festgesetzt (das Verfahren zu Fall 5 hatte bereits das Amtsgericht gem. § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt).

Feststellungen zum Stand der Vollstreckung der einbezogenen Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts St. Wendel vom 29. Oktober 2011 enthält das Urteil nicht.

2.

Gegen dieses am 8. Oktober 2012 zugestellte Urteil hat der Angeklagte am 13. September 2012 Revision eingelegt und das Rechtsmittel am 8. November 2012 näher begründet. Er hält die von ihm selbst erklärte Berufungsbeschränkung für unwirksam und rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, das angefochtene Urteil hinsichtlich der Verurteilung in den Fällen 1, 3, 4 und 8 im Schuldspruch sowie im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben, die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgericht Bad Kreuznach zurückzuverweisen und die weitergehende Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

Hinsichtlich der abgeurteilten versuchten Nötigung (Fall 7 des landgerichtlichen Urteils) hat der Senat das Verfahren auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft mit Beschluss vom 6. Februar 2013 gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt.

II.

Die Revision ist zulässig, insbesondere in der gesetzlich vorgeschriebenen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 341 Abs. 1, 344 Abs. 1 und 2, 345 Abs. 1 und 2 StPO). Sie führt wegen der erfolgten Teileinstellung des Verfahrens in Fall 7 zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils nach Maßgabe der Revisionsbegründung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

1.

Soweit das Amtsgericht den Angeklagten in vier Fällen (Fälle 1, 3, 4 und 8) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG), dabei in einem Fall in Tateinheit mit einem vorsätzlichen Verstoß gegen § 6 PflVG, verurteilt und dafür jeweils eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten als Einzelstrafe festgesetzt hat, hält die Verwerfung der Berufung des Angeklagten durch die Strafkammer der rechtlichen Nachprüfung entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft stand.

a) Die Beschränkung der Berufung des Angeklagten auf den Rechtsfolgenausspruch (§ 318 StPO) ist wirksam. Das Revisionsgericht hat von Amts wegen, unabhängig von einer sachlichen Beschwer des Rechtsmittelführers und ohne Bindung an die rechtliche Beurteilung durch den Tatrichter, zu prüfen, ob das Berufungsurteil über alle Entscheidungsbestandteile des erstinstanzlichen Urteils entschieden hat, die der Überprüfungskompetenz der Berufungskammer unterlagen (OLG Koblenz, Urteil 1 Ss 7/72 vom 17.02.1972, VRS 43, 256; seitdem ständige Rechtsprechung, zuletzt Beschluss 1 Ss 67/12 vom 27.06.2012; so auch Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 352 Rn. 4). Deshalb muss das Revisionsgericht auch nachprüfen, ob und inwieweit erklärte Berufungsbeschränkungen nach § 318 StPO rechtswirksam waren (BGHSt 27, 70, 72; OLG Koblenz aaO). Ist das Berufungsgericht zu Unrecht von einer wirksamen Berufungsbeschränkung und Teilrechtskraft des erstinstanzlichen Urteils ausgegangen, so führt dies zur Urteilsaufhebung und Zurückverweisung, um die Sache auch zu dem Teil neu zu verhandeln, der zu Unrecht als rechtskräftig beurteilt war (Meyer-Goßner aaO mwN).

§ 318 StPO lässt grundsätzlich eine Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch zu. Diese setzt voraus, dass die Schuldfeststellungen des erstinstanzlichen Urteils eine ausreichende Grundlage für die Strafzumessung bilden (OLG Koblenz, Beschluss 1 Ss 67/12 vom 27.06.2012 mwN). Unwirksam ist die Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch hingegen, wenn die Feststellungen zur Tat so knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, dass sie den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht einmal in groben Zügen erkennen lassen und deshalb keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden (vgl. nur BGH NStZ 1994, 130; Meyer-Goßner aaO § 318 Rn. 16 mwN) oder, unabhängig davon, Schuldspruch und Strafzumessung so eng miteinander verknüpft sind, dass eine getrennte Überprüfung der Strafzumessung nicht möglich wäre, ohne den nicht angefochtenen Schuldspruch zu berühren (Meyer-Goßner aaO Rn. 6 mwN; Gössel in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 318 Rn. 61; OLG Oldenburg, Beschluss 2 Ss 249/07 vom 27.08.2007 bei juris Rn.8, NStZ-RR 2007, 117, 118). Dies ist hier nicht der Fall.

Die Feststellungen zu den Fällen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis enthalten vorliegend durch die Mitteilung des Namens der befahrenen Straße konkrete Angaben zum Tatort. Zudem ist jeweils festgestellt, um welche Uhrzeiten die Taten begangen wurden und mit welchen, durch Angabe des Typs und des amtlichen Kennzeichens bzw. der Fahrgestellnummer individualisierten Fahrzeugen der Angeklagte in Kenntnis des Umstandes, dass er nicht über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügt, gefahren ist. Damit sind zum einen die zur Bestimmung des Umfangs des Strafklageverbrauchs und der Reichweite der Rechtskraft des Urteils erforderlichen Feststellungen zur Identifizierung der Tat getroffen. Die Taten stehen unverwechselbar fest. Zum anderen enthalten die Feststellungen alle Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 21 StVG (vgl. OLG Koblenz aaO). Damit ist der Unrechts- und Schuldgehalt dieser Taten jedenfalls in groben Zügen dargestellt.

Zwar wird vertreten, dass, soweit eine Straftat nach § 21 StVG Gegenstand der Verurteilung ist, der Tatrichter sich im Hinblick auf die vorzunehmende Strafzumessung nicht damit begnügen darf, in den Tatfeststellungen neben der Schuldform lediglich anzugeben, dass der Angeklagte zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort ein Fahrzeug geführt hat, denn die Schuld des Täters werde in diesen Fällen wesentlich durch die Gegebenheiten der Fahrt selbst bestimmt. Deshalb sollen Anlass und Dauer der Fahrt, die Länge der bereits zurückgelegten und noch beabsichtigten Fahrstrecke, die Verkehrsbedeutung des befahrenen öffentlichen Verkehrsraumes, sowie die den Tatentschluss hervorrufenden Beweggründe des Täters ebenso von Bedeutung sein, wie etwa die Frage, ob der Täter aus eigenem Antrieb handelte oder von Dritten verleitet wurde, oder ob er die Tat mit einem eigenen oder fremden Kraftfahrzeug begangen hat (OLG München in ständiger Rechtsprechung, vgl. Beschluss 5 StRR 119/07 vom 03.07.2008 bei juris Rn. 17, BeckRS 2008, 14716; Urteil 4 StRR 97/12 vom 08.06.2012 bei juris Rn. 12, BeckRS 2012, 13803, mwN). Nach dieser Auffassung bieten, soweit Feststellungen zu den die Gegebenheiten der Fahrt in diesem Sinne konkretisierenden Tatsachen fehlen, die verbleibenden Schuldfeststellungen als solche der Strafzumessung nur dann eine ausreichende Grundlage, wenn ersichtlich ist, dass dem Tatrichter weitere Feststellungen nicht möglich waren, etwa weil der Angeklagte geschwiegen hat und Zeugen nicht zur Verfügung standen.

Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass die Strafzumessung grundsätzlich Sache des Tatrichters ist. Aus § 46 Abs. 2 StGB, wonach das Gericht die Umstände gegeneinander abzuwägen hat, die für und gegen den Täter sprechen, folgt gerade nicht, dass jeder derartige Umstand der ausdrücklichen Erörterung in den Urteilsgründen bedarf und die Nichterörterung stets zu einer Unvollständigkeit der Strafzumessungsgrundlage führt. Das Gericht ist lediglich verpflichtet, in den Urteilsgründen die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände darzulegen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO); eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entscheiden (BGH NStZ-RR 2012, 336 mwN).

Soweit der Tatrichter zum Schuldspruch Feststellungen getroffen hat, die das Tatgeschehen näher beschreiben, wie etwa die Tatentstehung und die Beweggründe für die Tatbegehung, nehmen diese als doppelrelevante Tatsachen zwar an der Bindungswirkung teil, wenn der Schuldspruch rechtskräftig wird (BGH NJW 1982, 1295; NStZ-RR 2003, 97, 101; OLG Koblenz NStZ-RR 2005, 178). Das bedeutet jedoch nicht, dass solche Tatsachen bereits in den Schuldfeststellungen enthalten sein müssen, wenn diese Grundlage einer späteren Strafzumessung sein sollen. Sie können auch bei Rechtskraft des Schuldspruchs noch nachträglich getroffen werden, soweit sie mit den bindend gewordenen Feststellungen nicht im Widerspruch stehen (BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teilrechtskraft 13; OLG Oldenburg aaO; Gössel aaO Rn. 80 mwN) oder im Fall einer Ergänzung lückenhafter Schuldfeststellungen das engere Tatgeschehen nicht verändern (Gössel aaO Rn. 82; OLG Koblenz aaO). Mit diesen Einschränkungen wäre die Strafkammer somit durch die Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch nicht gehindert gewesen, im Rahmen der Strafzumessung ergänzende Feststellungen zum Anlass der Tat, zur Dauer der Fahrt, Fahrtstrecke und Verkehrsbedeutung der befahrenen Straßen sowie zu den Eigentumsverhältnissen der benutzten Kraftfahrzeuge zu treffen, wenn sie diesen Umständen für die Strafzumessung Bedeutung beigemessen hätte.

Wesentliche Strafzumessungsgründe waren für die Strafkammer jedoch die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten, insbesondere dass er bereits erheblich, auch einschlägig strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und bei Tatbegehung unter laufender Bewährung stand. Aus Sicht der Kammer bestand daher kein Anlass, noch andere Strafzumessungsgesichtspunkte heranzuziehen und bei Prüfung der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung die Frage nach weiteren doppelrelevanten Schuldfeststellungen zu stellen. Denn die Entscheidung, ob der nicht angefochtene Urteilsteil eine tragfähige Grundlage für die Strafzumessung bietet und eine Beschränkungswirkung angenommen werden kann, ist erst auf Grundlage des Ergebnisses der Hauptverhandlung unter Berücksichtigung von Sinn und Ziel des Rechtsmittels (BGH, Beschluss 1 StR 262/80 vom 21.10.1980 bei juris Rn. 19, NJW 1981, 589, 590; Gössel aaO § 318 Rn. 67) in der verfahrensabschließenden Urteilsberatung und nicht schon aufgrund einer Vorabbewertung der möglicherweise in Betracht kommenden Gesichtspunkte, mag sie auch zur Vorbereitung der Verhandlung unerlässlich sein, zu treffen (Gössel aaO § 318 Rn. 125; OLG Koblenz aaO).

Eine Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG ist nicht erforderlich. § 121 Abs. 2 GVG betrifft nur Abweichungen in Rechtsfragen (BGH NJW 1977, 1459, 1460, BGHSt 27, 212, 214). Dies ist gerade nicht der Fall, wenn ein Satz, der allgemeine Geltung beanspruchen könnte, in den Urteilsgründen nicht enthalten ist und es letztlich auf die Umstände des Einzelfalles ankommt (vgl. BGH aaO). So liegt der Fall hier. Das Oberlandesgericht München hat im Beschluss 5 StRR 119/07 vom 3. Juli 2008 zwar ausgeführt, dass die Schuldfeststellungen grundsätzlich keine tragfähige Strafzumessungsgrundlage bilden, wenn sie sich nicht zu den Gegebenheiten der Fahrt selbst verhalten, weil die Schuld des Täters einer Straftat nach § 21 StVG dadurch wesentlich bestimmt sein kann. Gleichzeitig wird in der Entscheidung jedoch zugestanden, dass die Feststellungen sich auf einige nach Lage des Einzelfalls besonders bedeutsame Umstände beschränken können, und bei einem Schweigen des Angeklagten und Fehlen eines Zeugenbeweises von solchen Feststellungen sogar vollständig abgesehen werden kann. Somit hängt auch nach Ansicht des OLG München die Frage der Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung in diesen Fällen letztlich stets von einer einzelfallbezogenen Prüfung ab.

b) Die auf Grundlage der als wesentlich erkannten Strafzumessungsgesichtspunkte unter Berücksichtigung des § 47 Abs. 1 StGB vorgenommene Festsetzung der im unteren Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens liegenden Einzelfreiheitsstrafen von jeweils 3 Monaten lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen.

2.

Die nach vorläufiger Einstellung des Falles 7 gemäß § 154 Abs. 2 StPO darüber hinaus verbleibenden Schuldsprüche wegen Nötigung und Beleidigung (Fälle 2 und 6 der Urteilsgründe) sind ebenfalls in Rechtskraft erwachsen. Die Beschränkung der Berufung auf den Strafausspruch war auch insoweit wirksam. Die Schuldfeststellungen zu diesen Fällen boten dem Landgericht eine ausreichende Grundlage für die Strafzumessung. Die Nachprüfung der Festsetzung der Einzelgeldstrafen hat auch hier keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

3.

Wegen der erfolgten Teileinstellung des Verfahrens in Fall 7 unterliegt jedoch der Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen der Aufhebung. Gemäß § 354 Abs. 2 StPO ist die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach zurückzuverweisen.

Dabei werden auch die Voraussetzungen einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung im Hinblick auf die einbezogene Geldstrafe von 150 Tagessätzen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts St. Wendel vom 29. Oktober 2011 zu prüfen sein. In den Urteilsgründen sind keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Geldstrafe bereits erledigt war. Gemäß § 55 Abs. 1 StGB darf die in der früheren Verurteilung erkannte Strafe zum Zeitpunkt des letzten tatrichterlichen Sachurteils wegen der neuen Tat nicht vollstreckt, verjährt oder erlassen sein (Fischer, StGB, 60. Auflage, § 55, Rn. 6). Eine Geldstrafe ist vollstreckt, wenn sie bezahlt oder die Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt ist. Dass die frühere Strafe nicht erledigt ist, ist in den Urteilsgründen ausdrücklich festzustellen (Fischer aaO Rn. 6a). Hieran fehlt es vorliegend.

Die neu zu treffende Entscheidung über die Gesamtstrafe kann nicht gemäß § 354 Abs. 1b StPO dem Beschlussverfahren nach §§ 460, 462 StPO überlassen werden. Voraussetzung hierfür ist, dass es im weiteren Verfahren ausschließlich um die Bildung einer erstmals festzusetzenden oder neu zu bestimmenden Gesamtstrafe geht, mithin die Voraussetzungen einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB an sich vorliegen (KK-Kuckein, 6. Aufl., § 354 Rn. 26i; KK-Appl, 6. Aufl., § 460 Rn. 4). Dies ist aufgrund der bisherigen unvollständigen Feststellungen nicht abschließend zu beurteilen. Denn im Fall einer Erledigung der Geldstrafe wäre keine nachträgliche Gesamtstrafe zu bilden, sondern ein Härteausgleich vorzunehmen. Diese Entscheidung fällt nicht in den Regelungsbereich der §§ 460 ff. StPO; sie ist vielmehr dem Tatgericht nach Durchführung einer Hauptverhandlung vorbehalten (BGH, Beschluss 3 StR 358/11 v. 29.11.2011 bei juris Rn. 5, BeckRS 2012, 00385).

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass in der neuen Verhandlung die Prüfung einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der früheren tatrichterlichen Verhandlung vorzunehmen ist (BGH NStZ-RR 2008, 72; Fischer aaO Rn. 37 mwN).

4.

Das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 69, 69a StGB ist in dem Urteil ohne Rechtsfehler dargestellt, die Bemessung der isolierten Sperrfrist mit 18 Monaten ist nicht zu beanstanden. Diese Maßregelanordnung konnte trotz Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs aufrechterhalten bleiben, da sie von der Frage, welche Gesamtstrafe hier angemessen ist, nicht abhängt (vgl. BGH, Beschluss 3 StR 206/82 vom 04.08.1982 bei juris Rn. 4, NStZ 1982, 483; Beschluss 2 StR 669/10 vom 10.03.2011 bei juris Rn. 2).