KG, Beschluss vom 10.01.2013 - 25 WF 120/12
Fundstelle
openJur 2013, 30351
  • Rkr:

Ein Studentenwerk, das übergegangene Unterhaltsansprüche geltend macht, ist erstattungsrechtlich grundsätzlich gehalten, einen Rechtsanwalt am Sitz des angerufenen Gerichts zu beauftragen.

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg vom 18. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von bis zu 400 € zu tragen.

Gründe

Vom Senat zu entscheiden ist allein über die Beschwerde des Antragstellers. Die Beschwerde des Antragsgegners hat die Rechtspflegerin nicht gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 104, 572 Abs. 1 ZPO dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt, sondern vielmehr eine Abhilfe angekündigt.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er die volle Berücksichtigung der ihm durch die Beauftragung des Terminsvertreters entstandenen Kosten begehrt, hat in der Sache keinen Erfolg. Diese Kosten sind bereits dem Grunde nach nicht erstattungsfähig, da kein Erfordernis bestand, dass der Antragsteller einen Verfahrensbevollmächtigten an seinem Sitz und nicht am Sitz des von ihm angerufenen Gerichts beauftragt. Solche Gründe ergeben sich auch nicht aus dem auf den Hinweis des Senats vom 29. November 2012 gehaltenen Sachvortrag.

Gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO kommt es für die Erstattungsfähigkeit der durch die Zuziehung des Unterbevollmächtigten entstandenen Kosten darauf an, ob dessen Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten eines Unterbevollmächtigten, der für den am Wohnort der Partei ansässigen Rechtsanwalt der Partei Termine beim Prozessgericht wahrnimmt, sind notwendige Kosten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, soweit durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten, nämlich Tage- und Abwesenheitsgeld sowie Fahrtkosten, erspart werden, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden wären (std. Rspr. des BGH, z,B. NJW 2003, 898). Hier wurden solche Kosten aber nicht erspart, da der Antragsteller kostenrechtlich nicht berechtigt war, einen an seinem Sitz ansässigen Verfahrensbevollmächtigten zu beauftragen.

Zwar handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Allgemeinen um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung, wenn eine vor einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei einen an ihrem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt (BGH NJW 2003, 898.; NJW 2003, 901; NJW 2003, 2027). Eine Ausnahme besteht aber dann, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unter anderem regelmäßig dann der Fall, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein gewerbliches Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache zunächst bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (BGH MDR 2004, 839; NJW 2003, 898; NJW 2003, 2027). In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass der Rechtsstreit durch die sachkundigen Mitarbeiter der Rechtsabteilung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorbereitet und die Partei daher in der Lage sein wird, einen am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Prozessbevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren. Ein eingehendes persönliches Mandantengespräch ist unter diesen Voraussetzungen weder zur Ermittlung des Sachverhalts noch zur Rechtsberatung erforderlich. Nach der schriftlichen Übermittlung der erforderlichen Informationen können Beratung und Abstimmung des prozessualen Vorgehens ebenfalls schriftlich oder telefonisch erfolgen. Diese Grundsätze hat der Bundesgerichtshof über ein gewerbliches Unternehmen mit Rechtsabteilung hinaus auch auf einen Verband zur Förderung gewerblicher Interessen angewendet, der sich damit befasst, Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht zu verfolgen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG), und zwar unabhängig davon, ob er einen Mitarbeiter beschäftigt, der über eine juristische Ausbildung verfügt (BGH MDR 2004, 839).

Vergleichbares hat hier für den Kläger zu gelten. Er wird ausweislich des Aktivrubrums im vorliegenden Verfahren von einem Studentenwerk vertreten, das neben der Ermittlung der Studienförderung regelmäßig damit betraut ist, übergegangene Unterhaltsansprüche zu ermitteln und gegenüber dem Unterhaltspflichtigen geltend zu machen. So hat es auch hier die von ihm geforderten Unterhaltsbeträge auf der Grundlage der von ihm angeforderten Einkommensbelege des Antragsgegners ermittelt und außergerichtlich sowie im Mahnverfahren selbst geltend gemacht.

Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die über eine diesen Anforderungen genügende personelle Ausstattung verfügt, ist ebenso wie ein Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung regelmäßig in der Lage, einen Verfahrensbevollmächtigte am Sitz des Gerichts schriftlich zu instruieren. Denn ihm sind die unterhaltsrechtlichen Fragestellungen so vertraut, dass es – wenn nicht von allein, dann auf Nachfrage des Verfahrensbevollmächtigten – in der Lage ist, diesen sachgerecht zu informieren. Die Geltendmachung übergegangener Unterhaltsansprüche gehört zu den originären Aufgaben des Studentenwerks (zu diesem Gesichtspunkt BGH NJW 2008, 2651). Auf zu erörternde eigene Verhältnisse usw. des Antragstellers kommt es auch nicht an, sondern auf die rechtliche Bewertung der Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen. Es ist nicht ersichtlich, dass insoweit eine persönliche Erörterung mit dem Antragsteller erforderlich werden könnte. Eine solche hat vorliegend nach der Darstellung des Antragstellers auch nicht stattgefunden.

Auch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit des Antragstellers mit dem von ihm eingeschalteten Rechtsanwalt stellt für sich keinen Umstand dar, der dessen - kostenträchtige - Mandatierung als notwendig erscheinen ließe (BGH v. 22.4.2008 – XI ZB 20/07, juris; MDR 2007, 984; NJW 2003, 901). Ob eine Reise zu dem zu beauftragenden Berliner Verfahrensbevollmächtigten zum Zwecke des persönlichen Kennenlernens erstattungsfähig wäre, wie vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2012 geltend gemacht, ist fraglich, kann hier aber offen bleiben. Denn die Kosten einer solchen Reise liegen nicht über den von der Rechtspflegerin zu Gunsten des Antragstellers berücksichtigten.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 113 Abs. 1 FamFG, 97 Abs. 1 ZPO. Die Wertfestsetzung entspricht dem Betrag der auf die Beschwerde des Antragstellers entfallenden Kosten. Anlass für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht nicht.

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