BGH, Urteil vom 26.07.2001 - X ZR 162/99
Fundstelle
openJur 2010, 6802
  • Rkr:
Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. August 1999 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an den 22. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Klägerin befaßt sich mit der Entwicklung und Bereitstellung von EDV-Lösungen insbesondere für Betriebe der Nahrungsmittelwirtschaft. Die Beklagte zu 1, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 2 ist, vertreibt Tiefkühlkost an private Haushalte. Die Beklagten werden von der Klägerin aus einem Vertrag in Anspruch genommen, nach dem letztere für das Unternehmen der Beklagten zu 1 (nachfolgend: Beklagte) Software entwickeln sollte.

Im Zuge der Expansion ihres Unternehmens plante die Beklagte, die in ihren Niederlassungen eingesetzten Einzelplatz-PCs durch ein mehrplatzfähiges System zu ersetzen und in diesem Zuge zugleich die EDV insgesamt der aktuellen Entwicklung anzupassen. Das zu schaffende System sollte u.a. die Schwerpunkte Kundenverwaltung, Warenwirtschaft, Tourenwesen und Berichtswesen umfassen, wobei eine geschlossene EDV-Kette von der Zentrale bis zum einzelnen Verkaufsfahrer hergestellt werden sollte.

Nachdem der Beklagten von der Klägerin in diesem Zusammenhang verschiedene Angebote unterbreitet worden waren, schlossen sie und die Klägerin am 20. März 1992 eine Vereinbarung, nach der unter der Leitung der Klägerin ein Team von Mitarbeitern beider Unternehmen eine Programmiervorlage zu einem Festpreis von 180.000,--DM erarbeiten sollte. Als Ablieferungstermin für die Vorlage war der 30. August 1992 bestimmt. Die Basisversion -Verwaltung der Kundendaten und festes Tourenwesen -sollte nach der Vereinbarung in dem Festpreis von 180.000,--DM enthalten sein; als einsatzfähiges Programm sollte sie bis zum 30. April 1992 erstellt werden. Über etwaige zusätzliche Anforderungen an die Basisversion sollte nach dem Inhalt der Vereinbarung später verhandelt werden, wobei die Klägerin zusagte, auch nach Fertigstellung der Programme alle von den Beklagten gewünschten Änderungen zu einem Tagessatz von 1.200,--DM zu realisieren. Eine ordentliche Kündigung des Vertrages sollte frühestens nach zwei Jahren mit einer Frist von einem Jahr möglich sein.

Nachdem mehrere Sitzungen des Projektteams stattgefunden hatten, teilte die Klägerin der Beklagten unter dem 30. April 1992 mit, daß wegen der zahlreichen Änderungswünsche der Beklagten ein erheblicher zusätzlicher Aufwand angefallen sei, der die Fertigstellung verzögere. Zudem fehlten ihr verschiedene erforderliche und von der Beklagten zugesagte Unterlagen. In diesem Zusammenhang bot sie der Beklagten an, die bisher entwickelte Software ohne Benutzerdokumentation und die Teile "Kundenterminkarten", "Kundenkontendaten", "Verkäufereinsatzplan" sowie "Tourenterminplan" auszuliefern. In ihrer Antwort vom gleichen Tage bestand die Beklagte auf einer Lieferung unter Einschluß sämtlicher der von der Klägerin genannten Punkte. Zugleich benannte sie als neuen Liefertermin den 5. Mai 1992.

An diesem Tage fand ein Gespräch der Parteien über die bisher erbrachten Leistungen statt. In dem über dieses Gespräch erstellten Protokoll heißt es, daß die Lösung einer Aufgabe "noch nicht fertiggestellt" bzw. "noch nicht enthalten" sei. Die Klägerin erklärte am folgenden Tage, die im Protokoll als offen bezeichneten Punkte seien bereits in Arbeit, und schlug als nächsten Besprechungstermin den 11. Mai 1992 vor. In einer Stellungnahme mit Telefax vom 8. Mai 1992 setzte die Beklagte der Klägerin daraufhin eine "letzte Nachfrist von einer Woche von heute an", in der die komplette Basisversion vollständig und mängelfrei erstellt und präsentiert werden sollte. Würden die geforderten Leistungen von der Klägerin nicht fristgerecht und vollständig erbracht, werde sie mit Ablauf der gesetzten Frist vom Vertrage zurücktreten.

Unter dem 11. Mai 1992 akzeptierte die Klägerin die gesetzte Abgabefrist von acht Tagen für die nach dem Protokoll noch zu ergänzenden Punkte mit der Maßgabe, daß diese Frist mit dem Tage der Übergabe der noch fehlenden Unterlagen beginnen solle. Am folgenden Tag machte sie geltend, daß die ursprünglich vereinbarten Termine wegen der zahlreichen von den Beklagten verlangten Änderungen nicht mehr maßgebend seien, und lud zur Klärung offener Punkte und zur Vereinbarung neuer Termine zu einer Projektbesprechung am 13. Mai 1992 ein. In einer Sitzung des Projektteams vom 14. Mai 1992 wurden als Termine für einen Systemtest bei der Klägerin der 18., der 19. und der 20. Mai 1992 vorgeschlagen.

Am 19. Mai 1992 trat die Beklagte unter Hinweis darauf, daß die von ihr gesetzte Frist fruchtlos verstrichen sei, von dem Vertrag mit der Klägerin zurück und lehnte zugleich dessen Erfüllung ab. Vorsorglich erklärte sie weiter eine Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund. Rücktritt und Kündigung wies die Klägerin am folgenden Tag zurück und bot kurz darauf eine Präsentation und Demonstration der Software für den 29. Mai oder den 1. Juni 1992 an. Unter dem 25. Mai 1992 erklärte sie weiter, sie sei bereit, alle vereinbarten Vertragspunkte zu erfüllen. Die Beklagten gingen hierauf nicht mehr ein.

Das Landgericht hat die auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertragsverhältnisses gestützte Klage über insgesamt 2.031.592,--DM nebst Zinsen abgewiesen. Diese Entscheidung hat das Berufungsgericht auf das hiergegen gerichtete Rechtsmittel der Klägerin aufgehoben und die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die hiergegen gerichtete Revision hatte Erfolg. Der Senat hat das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts in dieser Sache aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Im zweiten Berufungsrechtszug hat das Berufungsgericht die Klage erneut dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und den Rechtsstreit zur Aufklärung zur Höhe an das Landgericht zurückverwiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihre Begehren auf Abweisung der Klage weiterverfolgen. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Gründe

Die zulässige Revision hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 2 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.

I. Das Berufungsgericht verneint einen Vergütungsanspruch der Klägerin nach § 631 BGB sowie Schadensersatzansprüche aus dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung. Es meint jedoch, der Klägerin stehe ein Vergütungs-/Entschädigungsanspruch nach § 649 Abs. 2 BGB zu, da die Beklagte das Rechtsverhältnis der Parteien ohne Grund gekündigt habe. Von ihrer Vereinbarung habe sie weder wirksam zurücktreten können noch stehe ihr ein Recht zur fristlosen Kündigung zur Seite. Beides könne auf einen Leistungsverzug der Klägerin nicht gestützt werden. Fraglich sei schon, ob es überhaupt zu einer Verzögerung gekommen sei, insbesondere, ob die Beklagte die Leistungspflicht der Klägerin fälliggestellt habe. Auch wenn man das unterstelle, scheide eine fristlose Kündigung hier schon deshalb aus, weil es an den weiteren Voraussetzungen eines Leistungsverzuges fehle, da jedenfalls die der Klägerin gesetzte Frist mit Ablehnungsandrohung zu kurz bemessen gewesen sei. Auch die Beklagte sei davon ausgegangen, daß zur Fertigstellung der Basisversion bei ihren Erklärungen noch ein Zeitraum von zehn Tagen ab dem 5. Mai 1992 notwendig gewesen sei. Eine solche Spanne habe sie der Klägerin indessen nicht zur Verfügung gestellt. Zum Zeitpunkt der kurz danach erfolgten Fristsetzung am 8. Mai 1992 hätten auch nach dem Vorbringen der Beklagten noch Fragen geklärt werden müssen, vor deren Abschluß die Arbeiten nicht hätten fortgeführt werden können. Nach ihrem Vorbringen sei auch die Beklagte davon ausgegangen, daß nur fast, und damit eben nicht alle für die Fertigstellung erforderlichen Fragen zwischen den Parteien geklärt worden seien. Diese Klärung habe erst am 14. Mai 1992 stattgefunden, so daß die der Klägerin zuzugestehende Zeitspanne nicht vor diesem Tage habe zu laufen beginnen können. Damit aber sei der Rücktritt vom 19. Mai 1995 vor Ablauf der angemessenen Frist und damit zu früh erfolgt. Vor diesem Hintergrund werde zugleich unerheblich, ob die Klägerin die geschuldete Version innerhalb der angemessenen Frist vollständig und mangelfrei hergestellt hätte. Zwar sei eine zu kurz bemessene Frist nicht ohne weiteres unerheblich. In der Regel setze sie zumindest eine angemessene Frist in Lauf. Das gelte jedoch dann nicht, wenn der Gläubiger -wie hier die Beklagte - zu erkennen gegeben habe, daß er eine Leistung, sollte sie innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen, keinesfalls annehmen werde. Hiervon habe die Klägerin nach den Erklärungen der Beklagten, insbesondere deren Schreiben vom 5. und 11. Mai 1992 ausgehen müssen.

II. Diese Würdigung hält den Angriffen der Revision nicht vollen Umfangs stand.

1. Der in § 649 Satz 2 BGB angesprochene, vom Berufungsgericht allein zur Begründung der Klageforderung herangezogene Vergütungsanspruch setzt voraus, daß das Rechtsverhältnis unter den Parteien durch eine ordentliche Kündigung beendet worden ist. Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund führt ebenso wie ein Rücktritt wegen Leistungsverzuges in der Regel nicht zur Anwendung dieser Vorschrift. Der berechtigte Rücktritt wandelt das Verhältnis der Beteiligten in ein Rückgewährschuldverhältnis um, in dessen Rahmen ein Vergütungsanspruch in der Regel entfällt. Die berechtigte außerordentliche Kündigung läßt -wovon auch das Berufungsgericht nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe ausgeht - den Vergütungsanspruch grundsätzlich nur in dem Umfang unberührt, in dem der Unternehmer seine Leistungen erbracht hat und diese mangelfrei sind (BGHZ 136, 33, 38 m.w.N.). Auch der Anspruch auf diese Vergütung kann entfallen, wenn die bisherige Leistung für den Besteller wertlos ist (BGHZ 136, 33, 39).

Die nach alledem vom Berufungsgericht bei der Begründung seiner Auffassung stillschweigend vorausgesetzte Annahme, die Beklagte habe die für die Anwendung der Vorschrift erforderliche ordentliche Kündigung ausgesprochen, wird von seinen tatsächlichen Feststellungen nicht getragen. Nach diesen hat die Beklagte in erster Linie den Rücktritt vom Vertrag erklärt, den sie mit Leistungsverzögerungen auf seiten der Klägerin und dem fruchtlosen Verstreichen der dieser gesetzten Frist begründet hat. Vorsorglich hat sie weiter eine außerordentliche Kündigung erklärt. Diese schließt eine ordentliche Kündigung nicht notwendig ein. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann eine unwirksame außerordentliche Kündigung nur dann in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, wenn nach der Sachlage anzunehmen ist, daß diese dem Willen des Erklärenden entspricht und dieser Wille in seiner Erklärung gegenüber deren Empfänger erkennbar zum Ausdruck gekommen ist (BGH, Urt. v. 14.2.2000 -II ZR 258/97, ZIP 2000, 539, 540 m.w.N.). Für ein derartiges Verständnis gibt die hier festgestellte Rücktrittserklärung allein nichts her; gegen die Annahme einer auch ordentlichen Kündigung spricht vielmehr, daß die Beklagte neben dem Rücktritt zugleich vorsorglich die außerordentliche Kündigung erklärt hat, ohne zugleich auch die ordentliche Kündigung einzubeziehen. Um auf seiten der Klägerin das Verständnis auszulösen, daß eine solche Kündigung gleichwohl eingeschlossen sei, hätte es daher der Feststellung weiterer Umstände bedurft, für die dem angefochtenen Urteil eine hinreichende Grundlage nicht zu entnehmen ist.

Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte auch unabhängig von der nach ihrer Meinung der Klägerin vorzuwerfenden Leistungsverzögerung das Vertragsverhältnis in jedem Fall hat beenden wollen, können den Schreiben seinem Wortlaut nach nicht entnommen werden und sind durch das Berufungsgericht auch sonst nicht festgestellt worden. Daß in dem weiteren Verhalten der Beklagten ein von diesen Schreiben unabhängiger Wille zur Vertragsauflösung zum Ausdruck gekommen ist, ist dem Berufungsurteil ebenfalls nicht zu entnehmen. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe zum Ausdruck gebracht, die Leistung der Klägerin auch unabhängig vom Ablauf der Frist nicht annehmen zu wollen, bezieht sich ersichtlich auf die Folgen des erklärten Rücktritts. Daß die Beklagte daneben einen von diesem unabhängigen Willen zum Ausdruck bringen wollte, die Leistung auch bei Unwirksamkeit ihres Rücktritts unter keinen Umständen anzunehmen, kann hieraus allein nicht gefolgert werden.

2. Nicht frei von Rechtsfehlern ist auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten stehe insbesondere ein Rücktrittsrecht nicht zur Seite.

a) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß sich ein Rücktrittsrecht hier nach den §§ 636, 634 BGB nur dann ergeben könne, wenn die Klägerin trotz einer wirksamen Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nach Fälligkeit das Werk nicht innerhalb der gesetzten Frist hergestellt hat, obwohl eine solche Herstellung von ihr zu erwarten war.

Ihm ist weiter auch darin beizupflichten, daß ein nach diesen Vorschriften erklärter Rücktritt nur dann wirksam ist, wenn er nach Ablauf einer fruchtlos verstrichenen angemessenen Frist erklärt wurde. Nicht beigetreten werden kann jedoch seiner weiteren Annahme, daß diese Voraussetzungen nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt nicht erfüllt sind.

b) Soweit das Berufungsgericht den Ablauf einer angemessenen Frist vor der Erklärung des Rücktritts am 19. Mai 1992 deshalb verneint, weil sich die erklärten Fristsetzungen nicht auf eine zuvor fällig gestellte Leistungsverpflichtung der Klägerin bezogen, schöpft es den festgestellten Sachverhalt nicht aus. Seine Annahme, die Parteien hätten am 5. Mai 1992 einen gegenüber dem Leistungsverlangen der Klägerin im Schreiben vom 30. April 1992 in der Weise anderen Leistungsgegenstand vereinbart, daß sich die darauf bezogene Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nicht auf diesen Gegenstand beziehen könne, steht im Widerspruch zum Vorbringen der Beklagten, zu dem das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat und das daher im Revisionsverfahren zugrunde zu legen ist. Nach der im Tatbestand des angefochtenen Urteils wiedergegebenen Darstellung der Beklagten ist es dieser bei den Gesprächen im Frühjahr 1992, insbesondere bei der Unterredung vom 5. Mai 1992, in erster Linie darum gegangen, eine gebrauchsfähige Software auf dem zum damaligen Zeitpunkt erreichten Stand zu erhalten. Daran, daß aus der bereits vorliegenden Version implementierte Funktionen entfernt würden, habe ihr ebensowenig gelegen wie daran, daß noch neue hinzugefügt würden.

Nach diesem Vorbringen ging es bei der Festlegung der Anforderungen an die Software in dem Gespräch vom 5. Mai 1992 nicht darum, daß die Parteien wieder vollen Umfangs zu der ursprünglich vereinbarten Programmgestalt zurückkehren wollten. Mit der Festlegung sollte vielmehr erreicht werden, daß die Software auf dem erreichten Zustand gewissermaßen eingefroren und lediglich zu einem vorläufigen Abschluß derart gebracht wurde, daß eine Erprobung und ein Arbeiten mit ihr möglich waren. Insoweit spricht für die Darstellung der Beklagten auch die Lebenserfahrung. Danach kann einem Auftraggeber, der -wie hier die Beklagte -auf einen Abschluß von länger andauernden Arbeiten drängt, nicht daran gelegen sein, einen zusätzlichen Aufwand zu treiben, um von einem teilweise hergestellten Werk Bestandteile entfernen zu lassen; will er einen kurzfristigen Abschluß erreichen, muß er vielmehr bedacht sein, einen solchen Abschluß mit einem möglichst geringen Aufwand herbeizuführen. Das schließt es aus seiner Sicht aus, unnötige, die Herstellung des Werkes in dem nunmehr prognostizierten Umfang weiter verzögernde Maßnahmen zu veranlassen. Von daher spricht vieles dafür, die Vereinbarung der Parteien vom 5. Mai 1992 dahin zu verstehen, daß unter Verzicht auf möglicherweise weitergehende Forderungen im Schreiben vom 30. April 1992 die Arbeiten auf dem erreichten Niveau abgeschlossen, dabei jedoch der zum 30. April 1992 in jedem Fall geschuldete Zustand der Basisversion erreicht werden sollte, ohne daß es auf darüber hinausgehende weitere Funktionen angekommen wäre. Anhaltspunkte dafür, daß ein solcher Abschluß nur unter Entfernung zusätzlich eingefügter Funktionen möglich gewesen wäre, was zu einem anderen Verständnis führen könnte, sind vom Berufungsgericht weder festgestellt worden, auch sind für sie derzeit keine Anhaltspunkte ersichtlich.

c) Auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, eine angemessene Frist habe nicht vor dem 14. Mai 1992 beginnen können, weil der Klägerin erst an diesem Tage die für die Fortsetzung der Arbeiten notwendigen Informationen vorgelegen hätten, begegnet rechtlichen Bedenken. Das Fehlen dieser Informationen hat das Berufungsgericht als unstreitig angesehen, nachdem die Beklagte geltend gemacht hatte, von ihr seien der Klägerin "fast alle" Informationen erteilt worden, was -wie das Berufungsgericht meint -bedeute, daß eben nicht alle vorgelegen hätten. Diese Überlegungen lassen zum einen nicht erkennen, daß das Berufungsgericht in dem gebotenen Umfang geprüft hat, daß und welche von der Klägerin als fehlend gerügten Informationen für die Fortsetzung von deren Arbeit notwendig waren. Auch wenn man das Vorbringen der Beklagten als Zugeständnis einer nicht vollständigen Unterrichtung der Klägerin versteht, folgt daraus nicht zugleich, daß sie auch die Notwendigkeit der fehlenden Informationen für eine sofortige Aufnahme weiterer Arbeiten und deren Fortsetzung einräumen wollte. Um diese festzustellen, hätte es eines Eingehens auf die fehlenden Daten und deren Relevanz für die Fortsetzung der Arbeiten der Klägerin bedurft, die zunächst von der Klägerin im einzelnen darzulegen gewesen wären und -angesichts des Bestreitens der Beklagten vom Berufungsgericht hätten festgestellt werden müssen.

Darüber hinaus schöpft das vom Berufungsgericht gefundene Verständnis der Äußerung der Beklagten diese auch in der Sache nicht aus. Mit der Angabe, sie habe der Klägerin "fast alle" Auskünfte gegeben, hat die Beklagte deren Einwand entgegentreten wollen, eine Fälligkeit des Werkes in dem zuletzt vereinbarten Umfang habe nicht eintreten können, weil ihr "wesentliche" Informationen gefehlt hätten. Das Eingeständnis, eben diese solche wesentlichen Informationen verweigert zu haben, wäre für eine solche Verteidigung ersichtlich ungeeignet gewesen. Angesichts der Zielsetzung des Vorbringens der Beklagten kann diesem daher auch insoweit nur entnommen werden, daß aus ihrer Sicht alles für den Abschluß der Arbeiten Erforderliche geschehen war. Das schließt es aus, das Fehlen wesentlicher Informationen als unstreitig anzusehen.

3. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht daher der Frage nachzugehen haben, welche Informationen der Klägerin am 5. bzw. 8. Mai 1992 fehlten und in welchem Umfang sie diese für die Wiederaufnahme und/oder Fortsetzung ihrer Arbeiten benötigte. Dabei wird gegebenenfalls auch zu prüfen sein, ob die Arbeiten ohne diese Informationen überhaupt nicht hätten fortgesetzt werden können oder eine abschließende Unterrichtung über den Verlauf dieser Arbeiten hätte ausreichen können. Von der Entscheidung dieser Frage wird abhängen, zu welchem Zeitpunkt das Ende einer angemessenen Frist anzunehmen ist.

Kommt das Berufungsgericht bei dieser Würdigung zu dem Ergebnis, daß es einer weiteren Unterrichtung der Klägerin nicht bedurft hätte, wird davon auszugehen sein, daß die Beklagte zu Recht von dem Vertrag zurückgetreten ist. Die der Klägerin dann verbliebene Frist von zehn Tagen hat das Berufungsgericht im Hinblick auf deren Äußerungen im Prozeß fehlerfrei als zum Abschluß der Arbeiten ausreichend und damit angemessen bewertet. Die weiteren Voraussetzungen des Rücktritts sind in diesem Fall nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ebenfalls gegeben. Insoweit ist unerheblich, ob der Anspruch der Beklagten vor der Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung bereits fällig war. Diese Erklärung und die Begründung der Fälligkeit können jedenfalls bei Konstellationen wie der vorliegenden zeitlich zusammenfallen.

Die Fälligkeit der Leistungspflicht der Klägerin ergibt sich in diesem Fall aus dem Leistungsverlangen der Beklagten, das nach § 271 BGB zur sofortigen Fälligkeit führt. Umstände, die diese hätten hinausschieben können, sind hier um so weniger zu erkennen, als die Beklagten den Fälligkeitstermin für die Arbeiten der Klägerin zunächst einverständlich auf den 30. April 1992 bestimmt hatten und nach diesem Zeitpunkt nach dem unstreitigen Vorbringen nur noch kurzfristig abzuschließende Arbeiten durchgeführt werden sollten.

Kommt das Berufungsgericht bei der weiteren Aufklärung hingegen zu dem Ergebnis, daß der Klägerin für diesen Abschluß wesentliche Informationen fehlten, bis zu deren Vorlage eine Wiederaufnahme der Arbeiten nicht möglich oder jedenfalls sinnlos war, wird der am 19. Mai 1992 erklärte Rücktritt als verfrüht anzusehen sein. Bei der dann gebotenen Prüfung der Frage, ob die Klägerin die weiteren Arbeiten mit Rücksicht auf eine mangelnde Abnahmebereitschaft der Beklagten ein- oder zurückstellen konnte, wird das Berufungsgericht zu beachten haben, daß allein aus der Erklärung des Rücktritts bzw. der außerordentlichen Kündigung auf ein solches Fehlen nicht zu schließen ist. Zu Recht weist die Revision darauf hin, daß das vom Berufungsgericht gefundene gegenteilige Ergebnis mit der Rechtsprechung zum Verlauf der angemessen Frist bei Setzung einer zu kurzen Frist nicht zu vereinbaren ist. Schlösse schon die Ablehnungsandrohung Abnahmebereitschaft nach Ablauf der gesetzten Frist schlechthin aus, so käme es auf die Frage, ob bei Setzung einer zu kurzen Frist eine angemessene in Lauf gesetzt wird, nicht mehr an. Dieses Ergebnis widerspräche der Würdigung der Interessenlage in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Danach bedarf es vielmehr zusätzlicher Feststellungen, aus denen über die Fristsetzung hinaus geschlossen werden kann, daß der Gläubiger eine Verlängerung der von ihm gesetzten Frist in keinem Fall hinnehmen werde. Derartige Feststellungen hat das Berufungsgericht bisher nicht getroffen. Daß die Beklagten mehrfach eine Auflösung der Zusammenarbeit angekündigthatten, hilft hier um so weniger weiter, als sie sich in der Folge immer wieder auf Verhandlungen mit der Klägerin und weitere Fristsetzungen eingelassen haben.