VerfGH des Landes Berlin, Beschluss vom 19.06.2013 - 168/11
Fundstelle
openJur 2013, 29818
  • Rkr:
Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.

Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes wegen unerlaubter Telefonwerbung.

Durch einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin vom 10. Dezember 2004 wurde die Beschwerdeführerin, die Telekommunikationsdienstleistungen erbringt, verpflichtet, „es zu unterlassen, Verbraucher ohne deren Einwilligung zu Zwecken der Bewerbung anzurufen“.

In der Zeit von Dezember 2009 bis April 2010 ließ die Beschwerdeführerin Verbraucher anrufen, um für ihre Telekommunikationsleistungen zu werben. Der Beteiligte zu 2 beantragte wegen dieser Anrufe beim Landgericht die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen die Beschwerdeführerin. Zum Nachweis der Einwilligungen der Verbraucher in die Telefonwerbung legte die Beschwerdeführerin Einverständniserklärungen in Form von Datensätzen vor, in denen personenbezogene Angaben, unter anderem die jeweilige Telefonnummer, wiedergegeben waren, die in einer Gewinnspielmaske der Q. GmbH eingetragen wurden. Die Datensätze umfassten ferner das Einverständnis mit der Nutzung und Weitergabe der Angaben des jeweiligen Teilnehmers an dem Gewinnspiel für Werbezwecke der Beschwerdeführerin (unter anderem Telefonmarketing). Die Einverständniserklärungen erfolgten im so genannten „Opt-in-Verfahren“, d. h. für die Abgabe der Einverständniserklärung musste ein separates, nicht vorausgefülltes Feld angeklickt werden, das den Hinweis enthielt, dass die Einwilligungserklärung unabhängig von der Gewinnspielteilnahme sei.

Mit Beschluss vom 9. August 2011 setzte das Landgericht gegen die Beschwerdeführerin wegen Missachtung der Verpflichtung aus der einstweiligen Verfügung vom 10. Dezember 2004 ein Ordnungsgeld in Höhe von 50.000,- EUR fest. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Anrufe aufgrund vorheriger wirksamer Einwilligungen im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG erfolgt seien. Bei der in den Gewinnspielen verwendeten Opt-in-Klausel handele es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam sei, weil es unter anderem an einer ausreichenden Angabe des Gegenstandes der zu erwartenden Werbung fehle. Die Beschwerdeführerin habe zudem das Vorliegen wirksamer Einwilligungserklärungen nicht ausreichend nachgewiesen. Die gewählte Verfahrensweise sei nicht geeignet zu dokumentieren, dass eine bestimmte Person an einem Gewinnspiel teilgenommen, welche Daten sie dabei eingegeben und ob sie dabei aktiv für ein Einverständnis mit Werbekontakten optiert habe. Die Beschwerdeführerin habe die Zuwiderhandlungen verschuldet. Sie habe nicht hinreichend dargetan, welche konkreten Schritte sie vor dem Anruf unternommen habe, um sich über eine wirksame Einwilligung zu vergewissern. Insofern seien wegen der massiven Beeinträchtigung der Privatsphäre der Angerufenen gehörige Anstrengungen zu erwarten gewesen. Damit habe sie dabei die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und zumindest fahrlässig gehandelt. Bei der Bemessung des Ordnungsgeldes sei zu berücksichtigen gewesen, dass gegen die Beschwerdeführerin bereits zuvor Ordnungsgelder verhängt worden seien.

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde begründete die Beschwerdeführerin damit, dass im Hinblick auf die vom Landgericht festgestellte mangelnde Dokumentation der Einverständniserklärungen keine hinreichende Beweisaufnahme stattgefunden habe und die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes unverhältnismäßig sei. Die Einwilligungsklauseln stünden, wenn man sie als Allgemeine Geschäftsbedingungen einstufe, im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben und verstießen insbesondere nicht gegen das Transparenzgebot. In Bezug auf die ausreichende Dokumentation der Einwilligungserklärungen habe das Landgericht die Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO verletzt.

Das Landgericht half der sofortigen Beschwerde nicht ab und verwies hinsichtlich der Dokumentationspflichten auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 2011 - I ZR 164/09 - („Double-opt-in-Verfahren“).

Mit Beschluss vom 11. Oktober 2011 - 5 W 216/11 - wies das Kammergericht die sofortige Beschwerde unter Verweis auf die Ausführungen des Landgerichts zurück. Die Einwilligungsklauseln seien wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam. Unabhängig davon sei jedenfalls der Nachweis tatsächlich erteilter Einwilligungen nicht erbracht, weil es an einer insoweit hinreichenden Dokumentierung fehle (Verweis auf BGH, a. a. O.).

Die hiergegen gerichtete Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin hatte keinen Erfolg.

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Bestimmtheitsgebots, hilfsweise des Rechts auf den gesetzlichen Richter sowie eine Verletzung des Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im wirtschaftlichen Bereich, des Willkürverbots und des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs.

Das in der einstweiligen Verfügung vom 10. Dezember 2004 enthaltene und lediglich den gesetzlichen Wortlaut des § 7 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 UWG wiedergebende Unterlassungsgebot sei nicht hinreichend bestimmt und verstoße daher gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 15 Abs. 2 VvB, das auf das Vollstreckungsverfahren gem. § 890 ZPO Anwendung finde. Die Frage der Bestimmtheit derartiger Unterlassungsgebote habe zudem grundsätzliche Bedeutung, weshalb das Kammergericht jedenfalls die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 3 S. 1 ZPO hätte zulassen müssen. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde stehe insofern nicht entgegen, dass die Beschwerdeführerin die Unbestimmtheit des Titels im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht geltend gemacht habe. Da die ausreichende Bestimmtheit derartiger Unterlassungsgebote zum Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung in Rechtsprechung und Literatur noch nicht weiter problematisiert worden sei, habe die Beschwerdeführerin keinen Anlass gehabt, gegen die Entscheidung Rechtsmittel einzulegen.

Die Verhängung des Ordnungsgeldes greife zudem unverhältnismäßig in ihr durch Art. 7 Abs. 1 VvB geschütztes Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im wirtschaftlichen Bereich ein. Das Kammergericht habe - ebenso wie das Landgericht - nicht hinreichend geprüft, ob sie ein Verschulden treffe und damit Bedeutung und Tragweite von Art. 7 Abs. 1 VvB bei Auslegung und Anwendung des § 890 Abs. 1 ZPO in grundlegender Weise verkannt. Jedenfalls im Zeitpunkt der Abgabe der Einwilligungserklärungen habe sie davon ausgehen dürfen, dass es sich bei den Einwilligungserklärungen nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele und dass auch die Dokumentationspflichten hinreichend gewahrt worden seien. Die streitgegenständlichen Opt-in-Klauseln seien jedenfalls bislang in der Rechtsprechung nur dann am Maßstab der §§ 305 ff. BGB gemessen worden, wenn die Abgabe der Einwilligungserklärung zwingende Voraussetzung der Teilnahme an dem Gewinnspiel sei. Jedenfalls sei Voraussetzung für die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB auf einseitige Willenserklärungen, dass diese zumindest im Zusammenhang mit einem Vertragsverhältnis stünden. Hierzu hätten weder das Landgericht noch das Kammergericht irgendeine Feststellung getroffen. Das Kammergericht weiche insofern auch von seiner eigenen vorhergehenden Rechtsprechung (Urteil vom 26. August 2010 - 23 U 34/10 -) ab. Auch wenn die Dokumentation der Einwilligungserklärungen wohl nicht den vom Bundesgerichtshof in dem Urteil vom 10. Februar 2011 (a. a. O.) aufgestellten Anforderungen entspreche, könne hieraus jedenfalls kein Verschuldensvorwurf abgeleitet werden. Die streitgegenständlichen Anrufe seien vor dieser Entscheidung erfolgt.

Die angegriffene Entscheidung verstoße ferner gegen die wettbewerbsrechtliche Kerntheorie, wonach nur solche Verstöße Gegenstand eines Ordnungsmittelverfahrens sein dürften, die im Kern dem ursprünglichen Unterlassungstitel entsprächen. Im Hinblick auf die mehrmalige Änderung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG seit 2004 habe die Einwilligungserklärung im maßgeblichen Zeitraum 2009/2010 einen gänzlich neuen Gehalt gehabt. Die Gerichte hätten untersuchen müssen, ob die Einverständniserklärungen im Einklang mit der Gesetzesfassung aus dem Jahr 2004 gestanden haben.

Die nicht erfolgte Darlegung des Verschuldens auf Grundlage der zum fraglichen Zeitpunkt bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung stelle sich nicht nur als rechtsfehlerhaft, sondern als willkürlich dar.

Es liege zudem eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor. Den von der Beschwerdeführerin ausdrücklich hervorgehobenen Umstand, dass die vorformulierte Einwilligungserklärung unabhängig von der Gewinnspielteilnahme ausgestaltet gewesen sei, hätten das Landgericht und das Kammergericht bei der Bejahung des Vorliegens Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht gewürdigt. Zudem seien entscheidungserhebliche Beweisantritte und Beweisanträge der Beschwerdeführerin nicht berücksichtigt worden.

Die übrigen Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Die Beteiligte zu 2 hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Die Unbestimmtheit des Tenors der einstweiligen Verfügung könne in dem vorliegenden Verfahren nicht geltend gemacht werden, weil diese Entscheidung nicht Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sei. Auch ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter könne insofern nicht gerügt werden. Der Tenor sei überdies ausreichend bestimmt. Es liege auch keine Verletzung des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im wirtschaftlichen Bereich und kein Willkürverstoß vor. Das AGB-Recht sei bereits nach der im Zeitpunkt der Anrufe vorliegenden Rechtsprechung auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar gewesen. Überdies ergebe sich bereits aus den europarechtlichen Regelungen der Datenschutzrichtlinie 2002/58/EG i. V. m. Art. 2 litt. h der Richtlinie 95/46/EG, dass die Einwilligung transparent formuliert und konkret auf die fragliche Werbung bezogen sein müsse. Auch sei durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 2011 keine Verschärfung der Rechtslage gegenüber dem Jahr 2009 im Hinblick auf die Dokumentationspflichten eingetreten. Dieser Dokumentationspflichten sei sich die Beschwerdeführerin bereits im Jahr 2007 bewusst gewesen, wie sich aus dem in einem anderen Verfahren von ihr vorgelegten Skript der Q.-GmbH aus dem Jahr 2007 ergebe. Auch ein Verstoß gegen die wettbewerbsrechtliche Kerntheorie liege nicht vor. Die Änderung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG im Jahr 2009 wirke sich vorliegend nicht aus. Auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liege nicht vor. Die Beweisangebote der Beschwerdeführerin seien nicht geeignet gewesen, den erforderlichen Nachweis der Einwilligung jedes einzelnen Angerufenen zu erbringen.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

1. Soweit die Beschwerdeführerin einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot gemäß Art. 15 Abs. 2 VvB rügt, ergeben sich Zweifel an der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde zunächst daraus, dass die einstweilige Verfügung aus dem Jahr 2004, deren Unbestimmtheit die Beschwerdeführerin rügt, nicht Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist und insofern zudem der Rechtsweg nicht erschöpft wäre (vgl. zum Bundesrecht: BVerfG, Beschlüsse vom 4. Dezem-ber 2006 - 1 BvR 1200/04 -, juris Rn. 19, und 16. Januar 1991 - 1 BvR 807/88 -, juris Rn. 6).

Das kann indes dahinstehen, weil der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde jedenfalls insoweit der Subsidiaritätsgrundsatz entgegensteht. Dieser in § 49 Abs. 2 Satz 1 VerfGHG zum Ausdruck kommende Grundsatz verlangt von dem Beschwerdeführer, vor einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofs über die Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle ihm zur Verfügung stehenden und zumutbaren rechtlichen Möglichkeiten zu ergreifen, um auf diese Weise eine Korrektur des geltend gemachten Verfassungsverstoßes zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. Beschlüsse vom 19. Feb-ruar 2007 - VerfGH 19/07, 19 A/07 - wie alle im Folgenden zitierten Entschei-dungen des Verfassungsgerichtshofs unter www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de, Rn. 13, vom 26. Mai 2009 - VerfGH 43/09, 43 A/09 - Rn. 9, und 29. Mai 2012 - VerfGH 175/11 - Rn. 12; st. Rspr.). Die Beachtung der sich aus dem Subsidiaritätsgrundsatz ergebenden Anforderungen muss der Beschwerde-führer, wenn sie nicht offensichtlich gewahrt sind, in seiner Verfassungsbe-schwerde auch substantiiert darlegen (vgl. zum Bundesrecht: BVerfG, NJW 2011, 3428 <3429 Rn. 63>).

Daran fehlt es vorliegend. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass die Unbestimmtheit des Vollstreckungstitels bzw. dessen Auslegung im fach-gerichtlichen Verfahren überhaupt problematisiert wurde. Dies war auch nicht deshalb entbehrlich, weil ein Beschwerdeführer das fachgerichtliche Verfahren nicht im Sinne eines vorgezogenen Verfassungsrechtsstreits führen und bereits dort alle verfassungsrechtlich relevanten Argumente vorbringen muss (vgl. dazu Beschluss vom 20. Dezember 2011 - VerfGH 28/11 u. a. - Rn. 45; zum Bundes-recht: BVerfGE 112, 50 <60 ff.>; BVerfG, NJW 2011, 3428 <3429 Rn. 61>). Bei der Rüge der mangelnden Bestimmtheit des Vollstreckungstitels handelt es sich nämlich nicht um einen spezifisch verfassungsrechtlichen Einwand, sondern die hinreichende Bestimmtheit des Vollstreckungstitels ist eine im Vollstreckungs-verfahren zu beachtende allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung (vgl. BGH, NJW 2004, 506 <507>; BAG, Beschluss vom 25. August 2004 - 1 AZB 41/03 -, juris Rn. 17; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2001, 1223 <1224>; Lackmann, in: Musielak, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 704 Rn. 5 ff. § 890 Rn. 4; Stöber, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 890 Rn. 8 und § 704 Rn. 4; Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2004, § 890 Rn. 10; Storz, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl. 1999, § 890 Rn. 22).

2. Dasselbe gilt hinsichtlich des gerügten Verstoßes gegen den Anspruch auf den gesetzlichen Richter durch Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde. Insofern wäre zur Wahrung des Subsidiaritätsgrundsatzes erforderlich gewesen, unter Hinweis auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache die Zulassung der Rechts-beschwerde anzuregen (vgl. zum Bundesrecht: BVerfG, Beschlüsse vom 21. November 2012 - 2 BvR 2432/12 -, und 30. März 2011 - 1 BvR 1146/08 -, juris). Die Beschwerdeführerin hat hierzu nichts dargelegt.

3. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres durch Art. 7 VvB ge-schützten Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im wirtschaftlichen Bereich rügt, ist die Verfassungsbeschwerde jedenfalls unbegründet.

Ist - wie hier - eine gerichtliche Entscheidung Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde, besteht eine Prüfungsbefugnis des Verfassungsgerichtshofs nur in engen Grenzen. Die Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind vielmehr grundsätzlich Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und insoweit der verfassungsgerichtlichen Prüfung entzogen. Der Verfassungsgerichtshof kann insoweit nur eingreifen, wenn spezifisches Verfassungsrecht verletzt ist, was etwa dann der Fall ist, wenn das Fachgericht infolge einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts einfachrechtlichen Begriffen einen verfassungswidrigen Sinn beilegt, wenn die Würdigung im Einzelfall schlechthin unverständlich und damit willkürlich im Sinne von Art. 10 Abs. 1 VvB ist oder wenn sie im Ergebnis zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung der Grundrechtsausübung führt (vgl. zuletzt Beschluss vom 23. Januar 2013 - VerfGH 37/11 - Rn. 21; zum Bundesrecht: BVerfGE 18, 85 <93>; 85, 248 <257 f.>). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

a) Das Landgericht und - dem folgend - das Kammergericht haben das Ver-schulden der Beschwerdeführerin ausdrücklich bejaht und damit beachtet, dass eine Maßnahme nach § 890 Abs. 1 ZPO eine strafrechtsähnliche Ahndung einer Tat darstellt und verfassungsrechtlich daher ein Verschulden voraussetzt (vgl. Beschluss vom 25. April 2006 - VerfGH 114/04 - Rn. 25; zum Bundesrecht: BVerfGE 20, 323 <331>; 58, 159 <161 ff.>; 84, 82 <87>).

b) Die Bejahung des Verschuldens stellt sich auch nicht als willkürlich oder unverhältnismäßig dar.

Zu berücksichtigen ist auch insofern, dass die fachgerichtliche Annahme eines Verschuldens nicht der vollen verfassungsgerichtlichen Überprüfung unterliegt, sondern nur daraufhin zu überprüfen ist, ob dem Erfordernis eines Verschuldens überhaupt Rechnung getragen und seine Tragweite bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts grundlegend verkannt worden ist, nicht dagegen, ob die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte in jeder Hinsicht zutreffend und den einfach-rechtlichen Vorgaben entsprechend gewichtet worden sind oder ob eine andere Entscheidung näher gelegen hätte (vgl. zum Strafrecht: BVerfGE 95, 96 <141>; BVerfG, Beschlüsse vom 7. Oktober 2008- 2 BvR 578/07 -, juris Rn. 34, und 27. Dezember 2006 - 2 BvR 1895/05 -, juris Rn. 23; zu § 890 ZPO vgl. BVerfGE 84, 82 <88>; BVerfG, Beschluss vom14. Dezember 2006 - 1 BvR 1200/04 -, juris Rn. 15). Gemessen daran ist die Bejahung des Verschuldens vorliegend verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Das Landgericht hat die Annahme des Verschuldens darauf gestützt, dass die Beschwerdeführerin nicht ausreichend dargetan habe, welche Schritte sie vor dem jeweiligen Anruf unternommen habe, um sich über das Vorliegen wirksamer Einwilligungen ausreichend zu vergewissern. Angesichts der Schwere der Beeinträchtigung der Privatsphäre durch Telefonwerbung seien erhebliche Anstrengungen erforderlich, um sicherzustellen, dass nur solche Verbraucher angerufen würden, deren Einwilligung zur Zeit des Anrufs ohne jeden Zweifel wirksam sei. Diesen Anforderungen sei die Beschwerdeführerin nicht gerecht geworden, weil die Unwirksamkeit der Einwilligungen wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot zur Zeit der jeweiligen Anrufe festzustellen gewesen wäre.

Diese Ausführungen sind nachvollziehbar und vertretbar. Sie lassen sachfremde oder sonst auf Willkür hindeutende Ansatzpunkte nicht erkennen und sind im Übrigen der verfassungsgerichtlichen Prüfung entzogen (vgl. zum Bundesrecht: BVerfGE 84, 82 <88>; BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 2006 - 1 BvR 1200/04 -, juris Rn. 15). Insbesondere haben die Gerichte hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass es für die Prüfung des Verschuldens auf die Erkenntnisfähigkeit im Zeitpunkt der Anrufe und nicht der gerichtlichen Ent-scheidung über das Ordnungsmittel ankommt. Auch die weite Bemessung der Pflichten der Beschwerdeführerin im Interesse der effektiven Wahrung der vom Landgericht wegen des schwerwiegenden Eingriffs in die Privatsphäre zu Recht als besonders schutzwürdig angesehenen Rechte der Verbraucher (vgl. dazu BGH, Urteil vom 8. Juni 1989 - I ZR 178/87 - Telefonwerbung II, juris Rn. 15; Urteil vom 27. Januar 2000 - I ZR 241/97 - Telefonwerbung VI -, juris Rn. 13 m. w. N.; vgl. ferner BVerfGE 106, 28 <39ff., 46>) unterliegt keinen verfassungs-rechtlichen Bedenken (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 2006, a. a. O., juris Rn. 15).

bb) Soweit die Beschwerdeführerin rügt, nach der seinerzeit maßgeblichen Rechtsprechung habe sie darauf vertrauen dürfen, dass die verwendeten Klau-seln zulässig seien und bereits nicht dem Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB unterlägen, wendet sie sich allein gegen die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung im vorliegenden Einzelfall. Überdies lassen die diesbezüglichen Ausführungen auch auf Grundlage der in der Verfassungsbe-schwerdeschrift dargestellten Rechtsprechung die Bejahung des Verschuldens durch das Landgericht jedenfalls nicht als schlechthin unvertretbar erscheinen. Keiner der von der Beschwerdeführerin angeführten Entscheidungen lässt sich entnehmen, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann vorliegen, wenn die Teilnahme an dem Gewinnspiel zwingend mit der Abgabe der Einverständ-niserklärung in die Weitergabe der Daten verbunden ist.

Die Beschwerdeführerin hat in dem Schriftsatz vom 11. Mai 2013 erstmals aus-führt, das Landgericht und das Kammergericht hätten das Erfordernis eines im Zusammenhang mit der Einverständniserklärung stehenden Vertragsverhält-nisses verkannt und hierzu keine Feststellungen getroffen. Auch hieraus lässt sich ein Verfassungsverstoß nicht ableiten. Dass die Gerichte ein Vertrags-verhältnis nicht für erforderlich gehalten haben, lässt sich den Entscheidungen nicht entnehmen. Allein das Fehlen von Ausführungen und Feststellungen hierzu belegt nicht das Gegenteil, zumal weder dargelegt noch aus den beigezogenen Fachakten ersichtlich ist, dass die Beschwerdeführerin das Vorliegen von Vertragsverhältnissen im fachgerichtlichen Verfahren überhaupt infrage gestellt oder das Fehlen entsprechender Feststellungen gerügt hat. Auch ist weder dargelegt noch erkennbar, woraus sich für die Gerichte sonst Zweifel am Vorliegen von Vertragsverhältnissen hätten ergeben müssen, die explizite Ausführungen und Feststellungen hierzu hätten erfordern können. Vielmehr wurde ausweislich des mit der Anlage B5 zur Verfassungsbeschwerdeschrift übersandten Screenshots des Gewinnspiels die Teilnahme an diesem vom Akzeptieren der Teilnahmebedingungen abhängig gemacht, was nach der von der Beschwerdeführerin selbst angeführten Rechtsprechung (u. a. OLG Köln, Urteil vom 29. April 2009 - 6 U 218/08 - MMR 2009, 470; KG, Urteil vom 26. August 2010 - 23 U 34/10 - NJW 2011, 466) für die Bejahung eines Vertragsver-hältnisses ausreicht. Hiermit setzt sich die Verfassungsbeschwerde nicht auseinander.

cc) Soweit die Beschwerdeführerin rügt, die Annahme des Verschuldens habe nicht auf die ungenügende Dokumentation der Einwilligungserklärungen gestützt werden können, erkennt sie zunächst selbst an, dass unter Zugrundelegung der vom Landgericht (im Nichtabhilfebeschluss) und vom Kammergericht angeführ-ten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 2011 - I ZR 164/09 -(GRUR 2011, 936 - [„Double-opt-in-Verfahren“]) die vorliegenden Einwilligungs-erklärungen im so genannten Opt-in-Verfahren keinen ausreichenden Nachweis der Einwilligung auch in telefonische Werbung darstellen. Soweit die Beschwer-deführerin allerdings meint, die vom Bundesgerichtshofs aufgestellten Dokumen-tationserfordernisse stellten eine deutliche Verschärfung der bis dahin bestehen-den Dokumentationserfordernisse gegenüber der im Zeitpunkt der streitgegen-ständlichen Anrufe geltenden Rechtslage dar, hat sie weder anhand von Recht-sprechung noch von Literatur belegt, dass vor der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs derartige Einwilligungserklärungen für den Nachweis der Einwilligung in telefonische Werbung für ausreichend gehalten wurden.

In der von der Beschwerdeführerin angeführten Anmerkung von Leible/Günther (GRUR 2011, 939 <940>) heißt es hierzu: „Die abschließende Klarstellung, dass mit dem elektronischen Double-opt-in-Verfahren nur die erforderliche Einwilli-gung in E-Mail-Werbung und nicht auch in Telefonwerbung eingeholt werden kann (…), ist richtig, aber im Grunde selbstverständlich (hierzu schon OLG Dresden, Urteil vom 22. September 2009 - 14 U 721/09 -, BeckRS 2011, 03063)“. In der zitierten Entscheidung des OLG Dresden, die der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 2011 vorausgegangen war und vor den hier streitbefangenen Werbeanrufen ergangen ist, wurde bereits eingehend dargelegt, dass und warum auch ein so genanntes Double-opt-in-Verfahren, in dem von dem Verbraucher eine Bestätigungsemail eingeholt wird, nicht die Gewähr für die Einwilligung des Angerufenen in Telefonwerbung erbringt, näm-lich insbesondere, weil mit der Bestätigungsemail nur die Richtigkeit der E-mail-Adresse, nicht auch der Telefonnummer, bestätigt wird. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs dürfte in diesem Punkt auch lediglich eine konsequente Fortführung seiner vorangegangenen Rechtsprechung darstellen (vgl. Omsels, jurisPR-WettbR 9/2011 Anm. 3). Im Zusammenhang mit der Zusendung von E-Mail-Werbung hat der Bundesgerichtshof bereits zuvor vom Werbenden ver-langt, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass es nicht zu einer fehlerhaften Zusendung einer E-Mail zu Werbezwecken, etwa aufgrund un-richtiger Eingabe oder Speicherung von E-Mail-Adressen kommt (BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 81/01 - E-Mail-Werbung I, juris Rn. 40). Dass für Telefonwerbung nichts anderes gelten kann und - wie das Landgericht ausführt - allein die Überprüfung der IP-Adresse nicht geeignet ist zu dokumentieren, dass eine bestimmte Person an einem Gewinnspiel teilgenommen, welche Daten sie dabei eingegeben und ob sie dabei aktiv für ein Einverständnis mit Werbekon-takten optiert hat (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 10. Februar 2011, a. a. O., juris Rn. 32; ebenso zuvor bereits LG Ulm, Urteil vom 5. März 2010 - 10 O 162/09 KfH -, juris Rn. 72, OLG Stuttgart, Urteil vom 11. November 2010 - 2 U 29/10 -, juris Rn. 67), dürfte auf der Grundlage dieser Rechtsprechung bereits im Zeitpunkt der Anrufe jedenfalls nahe gelegen habe. Etwas anderes lässt sich auch nicht den weiterhin seitens der Beschwerdeführerin angeführten Anmerkungen von Strassenberg (CR 2011, 584) und Engels/Brunn (K&R 2011, 590) entnehmen.

dd) Sofern die Beschwerdeführerin einen Verstoß gegen die wettbewerbsrecht-liche Kerntheorie rügt, wonach nur solche Verstöße Gegenstand eines Ord-nungsmittelverfahrens sein dürfen, die im Kern dem ursprünglichen Unterlas-sungstitel entsprechen und in denen das Charakteristische der beanstandeten Werbung zum Ausdruck kommt (vgl. dazu BGH, Urteile vom 16. November 2006 - I ZR 191/03 - Telefonwerbung für "Individualverträge", juris Rn. 17 m. w. N., und 29. April 2010 - I ZR 202/07 -, juris Rn. 32; zur Verfassungsmäßigkeit der Kerntheorie vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2006, a. a. O., Rn. 20 f.) und der Ansicht ist, dass hinsichtlich der Wirksamkeit der Einwilligung nicht auf die im Zeitpunkt der Werbeanrufe, sondern der einstweiligen Verfügung gelten-den Rechtslage abzustellen sei, ist weder dargelegt noch ersichtlich, inwiefern sich die Rechtslage in dem dazwischen liegenden Zeitraum im Hinblick auf die vorliegend umstrittenen Einwilligungserklärungen entscheidungserheblich geän-dert haben sollte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, inwiefern die Änderung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG zum 4. August 2009 (Gesetz vom 29. Juli 2009, BGBl. I, 2413) mit der Forderung einer vorherigen ausdrücklichen Einwilligung für den vorliegenden Sachverhalt entscheidungserheblich gewesen sein soll. Eine kon-kludente Einwilligung, die mit der Gesetzesänderung ausgeschlossen werden sollte, stand hier nicht in Rede (vgl. auch BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011, a. a. O., juris Rn. 22; ferner Lettl, WRP 2009, 1315 <1325>).

4. Für den gerügten Verstoß gegen das Willkürverbot gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Die Annahme des Verschuldens der Zuwiderhandlungen gegen die einstweilige Unterlassungsverfügung war auch auf Grundlage der im Zeitpunkt der Werbeanrufe geltenden Rechtslage jedenfalls nicht schlechthin unvertretbar und damit nicht willkürlich.

5. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch Nichtberücksich-tigung ihres Vortrages zum Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen hat die Beschwerdeführerin weder dargelegt noch ist sie ersichtlich. Im fachgerichtli-chen Verfahren hat sie nicht ausdrücklich gerügt, dass bereits keine Allgemei-nen Geschäftsbedingungen vorliegen, sondern nur, dass auch formularmäßige Einwilligungen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG erfüllen können. Selbst wenn man ihren Vortrag so verstünde, dass bereits keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorlägen, würde die Entscheidung aus den oben darge-legten Gründen nicht auf einer etwaigen Verletzung rechtlichen Gehörs beruhen.

Soweit die Beschwerdeführerin schließlich eine Verletzung rechtlichen Gehörs durch Übergehen von Beweisantritten rügt, fehlt es bereits an der Darlegung, inwiefern die behaupteten Tatsachen entscheidungserheblich waren. Die Gerichte haben die Entscheidung maßgeblich (auch) darauf gestützt, dass die Einwilligungserklärungen wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam waren und die Beschwerdeführerin ihren Dokumentationspflichten nicht nachgekommen ist. Die Annahme des Verschuldens begründete das Landgericht maßgeblich damit, dass die Unwirksamkeit der Einwilligungs-erklärungen bereits zur Zeit der jeweiligen Anrufe feststellbar war. Inwiefern die benannten Zeugen zu diesen aus Sicht der Gerichte streiterheblichen Punkten etwas hätten vortragen können, ergibt sich aus dem Vorbringen der Beschwer-deführerin nicht und ist auch sonst nicht ersichtlich. Dass es auf die Zertifizie-rung durch den TÜV Nord nicht entscheidungserheblich ankam, hat das Kammergericht zudem in dem Anhörungsrügebeschluss ausgeführt. Hiermit setzt sich die Verfassungsbeschwerde nicht auseinander.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 33, 34 VerfGHG.

Mit dieser Entscheidung ist das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof abgeschlossen.