OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.05.2013 - 6 A 1883/09
Fundstelle
openJur 2013, 29380
  • Rkr:

Erfolglose Berufung eines Polizeioberkommissars, der sich gegen seine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit wendet.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der am 19. November 1950 geborene Kläger stand seit dem 21. Oktober 1968 als Polizeivollzugsbeamter im Dienst des beklagten Landes.

Nach seiner Ausbildung wurde er durch das Polizeipräsidium L. zunächst in L. , darunter auch auf der Polizeiwache F. verwendet. Seit dem 1. August 1982 war er beim Oberkreisdirektor des Kreises T. als Kreispolizeibehörde beschäftigt. Etwa ab dem Jahr 1986 häuften sich krankheitsbedingte Fehlzeiten des Klägers aufgrund von im Wesentlichen orthopädischen Beschwerden, vor allem im Bereich der Lendenwirbelsäule. Ab dem 6. Januar 1988 verrichtete er durchgehend keinen Dienst mehr. Im Januar 1991 leitete der Oberkreisdirektor des Kreises T. auf der Grundlage des sozialmedizinischen amtsärztlichen Gutachtens des Regierungsmedizinaldirektors Dr. S. vom 12. Dezember 1990, welches eine psychoneurotische Fixierung auf geklagte orthopädische Beschwerden feststellte und nach Ausschöpfung aller Heilmaßnahmen eine Polizeidienstunfähigkeit und allgemeine Dienstunfähigkeit feststellte, ein Verfahren zur Zurruhesetzung des Klägers ein, in dessen Verlauf der Kläger - neben dem Vorbringen seiner damaligen Bevollmächtigten - persönlich eine Vielzahl schriftlicher Einwendungen gegen die Art und Weise des Verfahrens sowie die ärztliche Begutachtung und deren Ergebnis erhob, ferner Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Dr. S. erhob sowie Strafanzeige gegen ihn wie auch gegen den Sachbearbeiter seines Verfahrens, Oberinspektor B. , erstattete. Das Verfahren wurde auf der Grundlage des eine Dienstunfähigkeit aus orthopädischer Sicht verneinenden Gutachtens der Universität C. vom 23. November 1992 mit Bescheid vom 15. Januar 1993 eingestellt. Der Kläger verrichtete jedoch auch in der Folgezeit keinen Dienst. Aufgrunddessen nahm der Oberkreisdirektor nach Einholung einer polizeiärztlichen Stellungnahme des Dr. I. vom 24. Mai 1993, welcher aufgrund nicht nachweisbarer, aber psychisch überlagerter Rückenbeschwerden auch zukünftig lange Krankheitszeiten erwartete und deshalb Dienstunfähigkeit annahm, das Zurruhesetzungsverfahren im Juni 1993 wieder auf, stellte es wegen angenommener formeller Mängel im Februar 1994 aber wieder ein. Auch in diesem Verfahren erhob der Kläger durch seine Bevollmächtigten sowie persönlich Einwendungen gegen die geplante Zurruhesetzung sowie die Art und Weise der Bearbeitung, auch durch Dienstaufsichtsbeschwerden.

Auf Veranlassung des daraufhin eingeschalteten Amtsarztes Kreismedizinaldirektor Dr. L1. (welcher den Eindruck äußerte, dass sich das Krankheitsbild, das nach den vorliegenden ärztlichen Gutachten und Stellungnahmen kein adäquates körperliches Korrelat habe und sich durch alle Behandlungsmaßnahmen nicht habe verbessern lassen, entweder psychoreaktiv verselbständigt habe oder als Somatisierung einer anderen möglicherweise vorhandenen psychischen Störung zu sehen sei) diagnostizierte die psychiatrische Klinik und Poliklinik der Universität C. in einem Gutachten vom 9. September 1994, dass zwar im Sinne des ICD-10 von einer "Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Ursachen" auszugehen sei, der psychogene Anteil der Beschwerdesymptomatik jedoch der Größenordnung nach eher gering geschätzt werden sollte; primär seien die Beschwerden somatisch verursacht. Dr. L1. kam daraufhin unter dem 14. Dezember 1994 zu dem Ergebnis, dass wegen des Verlaufs in den vergangenen Jahren Polizeidienstfähigkeit nicht mehr gegeben sei. Für körperlich wenig belastende Tätigkeiten unter klimatisch günstigen Bedingungen und in wechselnder Körperhaltung, "z.B. Büro- oder Innendiensttätigkeiten", halte er den Kläger durchaus und langfristig für geeignet. Aufgrunddessen leitete der Oberkreisdirektor einen Laufbahnwechsel des Klägers ein und forderte diesen unter dem 9. Februar 1995 auf, den Dienst in der Abteilung Verwaltung/Logistik am 20. Februar 1995 anzutreten. Der Kläger trat den Dienst nicht an, sondern meldete sich krank. Er bezweifelte - durch Schreiben seiner Bevollmächtigten sowie eigenes Schreiben - die Feststellungen des Amtsarztes. Dass er immer noch krank sei, liege daran, dass seit Beginn des ersten Zurruhesetzungsverfahrens jegliche Behandlung eingestellt worden sei. Es müsse nunmehr eine Behandlung der psychischen Komponente erfolgen. Nach Beanstandungen durch die Bezirksregierung L. wurde das Verfahren zum Laufbahnwechsel eingestellt. In der Zeit vom 7. September 1995 bis 30. November 1995 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung der Klinik B1. , Fachklinik für Psychotherapie und Psychosomatik in J. -O. ; er wurde dort arbeitsunfähig entlassen. Unter dem 13. März 1996 kam Dr. L1. auf der Grundlage eigener Befunde und der ihm vorliegenden Unterlagen zu dem Ergebnis, dass der Kläger polizeidienstunfähig und allgemein dienstunfähig sei. Es liege eine tiefgreifende Störung im nervlichpsychischen Bereich vor, die Klinik B1. gehe von einer längeren Behandlungsdauer "wahrscheinlich über Jahre" aus. Nach Ansicht der Klinik würden Schwierigkeiten aus psychischer Sicht überall dort auftreten, wo der Kläger in stärkerem Maße mit Autoritätspersonen konfrontiert bzw. Konfliktsituationen ausgesetzt sei. Der Oberkreisdirektor teilte dem Kläger daraufhin unter dem 19. März 1996 mit, dass seine Zurruhesetzung beabsichtigt sei. Der Kläger erhob durch seine Bevollmächtigten wie auch in persönlichen Schreiben eine Vielzahl von Einwänden gegen die geplante Zurruhesetzung, auch gegen die amtsärztliche Stellungnahme vom 13. März 1996 sowie die Art und Weise des Verfahrens. Unter dem 23. September 1996 ergänzte Dr. L1. seine Stellungnahme, dass beim Kläger eine Persönlichkeitsstörung vorliege, die zu der Annahme der Dienstunfähigkeit führe. Vom 10. September 1996 bis zum 19. November 1996 befand sich der Kläger erneut in der Klinik B1. zur stationären Behandlung. Da die Klinik bei Entlassung eine Arbeitsfähigkeit des Klägers von 2 Stunden täglich bejahte und im Rahmen eines Arbeitsversuchs eine schrittweise Anhebung der Stundenzahl sowie einen Dienststellenwechsel nach L. befürwortete, wurde der Kläger mit seinem Einverständnis mit Wirkung vom 1. Mai 1997 bis 31. Oktober 1997 von der Kreispolizeibehörde T. zum Polizeipräsidium L. abgeordnet. Auf seinen Wunsch hin wurde er als Fußstreifenbeamter bei der Wache F. verwendet. Die Abordnung wurde nach positiver Rückmeldung des Polizeipräsidiums L. zu dem Arbeitsversuch im Juli 1997 bis zum 31. März 1998 verlängert. Der Kläger wurde nach Ablauf der Abordnung auf seinen Antrag zum Polizeipräsidium L. versetzt. Zuletzt war er dort als Polizeioberkommissar eingesetzt.

Ab dem Jahr 2003 mehrten sich erneut die krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers wegen orthopädischer Beschwerden, vor allem chronischer Rückenbeschwerden. Am 8. Mai 2003 wurde der Kläger in den Zentralen Fußstreifendienst und am 25. Juni 2004 erneut umgesetzt. Ab dem 30. August 2004 verrichtete er durchgehend keinen Dienst mehr. Auf Anregung des polizeiärztlichen Dienstes ordnete das Polizeipräsidium L. daraufhin durch Bescheid vom 10. März 2006 die Überprüfung der Dienstfähigkeit des Klägers durch den polizeiärztlichen Dienst an. Den zunächst mit der Erstellung des Gutachtens beauftragten Polizeiarzt Dr. L2. entband das Polizeipräsidium unter dem 20. November 2006 auf Antrag des Klägers von der Erstellung des Gutachtens und beauftragte Regierungsmedizinaldirektorin Dr. T1. , nachdem der Kläger nach der von Dr. L2. durchgeführten Untersuchung dessen Voreingenommenheit reklamiert und Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Dr. L2. mit dem Vorwurf einer Körperverletzung erhoben hatte. Das auf Veranlassung des Polizeipräsidiums E. daraufhin eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen Dr. L2. wurde unter dem 5. August 2008 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Noch auf Veranlassung von Dr. L2. erstattete der Facharzt für psychotherapeutische Medizin, Psychiatrie und Neurologie Dr. N. , Klinikum für Rehabilitation C1. T2. , unter dem 23. Oktober 2006 ein psychiatrischpsychotherapeutisches Gutachten. Er diagnostizierte eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, narzisstischen und zwanghaften Strukturanteilen. Durch eine aggressive und lieblose familiäre Atmosphäre in der Kindheit des Klägers habe sich eine defizitäre Entwicklung des Selbst mit einem narzisstischen Strukturniveau ergeben. Der Kläger sei aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur tief und unerschütterlich davon überzeugt, im Recht zu sein. Die Schmerzen hätten die Funktion, sich Kränkungs- und Überlastungssituationen zu entziehen; aufgrund frühkindlich erlebter Gewalt- und Schmerzerfahrungen habe sich ein "Schmerzgedächtnis" entwickelt, das in Bedrohungssituationen immer wieder aktiviert werde. Eine so schwerwiegende Schmerzsymptomatik, dass daraus eine Dienstunfähigkeit folge, liege nicht vor. Aufgrund der jahrelangen Entwicklung sei nun davon auszugehen, dass die Persönlichkeitsstörung des Klägers mit seinen vermeidenden Verhaltensweisen auf der einen Seite und seinen querulatorischen Vorgehensweisen auf der anderen Seite so schwerwiegend sei, dass ihm eine adäquate Leistungserbringung als Polizist und Beamter nicht möglich sei. Aufgrund der ausgeprägten Persönlichkeitsstörung und der tatsächlich bestehenden und von ihm funktionalisierten Schmerzstörung seien weder eine Polizeidienstfähigkeit noch eine allgemeine Dienstfähigkeit gegeben. Daraufhin stellte Dr. T1. in ihrem polizeiärztlichen Gutachten vom 3. (Langversion) bzw. 19. Januar 2007 nach Untersuchung des Klägers, Auswertung des genannten Gutachtens sowie der ihr vorliegenden Akten fest, dass beim Kläger eine anhaltend somatoforme Schmerzstörung, eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, narzisstischen und zwanghaften Strukturen, ein chronisches Wirbelsäulensyndrom bei radiologisch nachweisbaren degenerativen Veränderungen und eine leichtgradige sensible Polyneuropathie vorlägen. Aufgrund der Chronifizierung der seit 1986 bestehenden Krankheitsbilder sei nicht zu erwarten, dass der Kläger in einem absehbaren Zeitraum die Dienstfähigkeit wieder erlangen werde. Die gravierende Persönlichkeitsstörung sei so manifest und auf Dauer angelegt, dass eine Verwendungsfähigkeit sowohl im Polizeivollzugsdienst als auch im allgemeinen Verwaltungsdienst nicht gegeben sei.

Unter dem 16. März 2007 hörte das Polizeipräsidium L. den Kläger zur beabsichtigten Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit und allgemeinen Dienstunfähigkeit mit dem Ziel der Zurruhesetzung an. Mit Schreiben vom 1. April 2007 nebst zahlreicher Anlagen, insbesondere ärztlicher Befundberichte, erhob der Kläger persönlich und mit Schreiben vom 3. April 2007 auch durch seinen Prozessbevollmächtigten Einwendungen gegen die geplante Zurruhesetzung. Es sei nicht klar, welche Diagnosen von Dr. T1. für die Annahme der Dienstunfähigkeit ausschlaggebend gewesen seien. Er sei entsetzt, dass sie auf vorangegangene Zurruhesetzungsverfahren und Aussagen von Dr. S. zurückgreife; letzterer sei durch unterlassene Behandlung, insbesondere einer Psychotherapie, maßgeblich verantwortlich für die unglaublich lange Krankschreibung von 9 Jahren. Zudem stellte der Kläger seine Sicht der Abläufe und des Krankheitsverlaufs dar und rügte die Darstellung seiner Persönlichkeit durch die Gutachter. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 122 bis 296 der Beiakte Heft 6 verwiesen.

Der Personalrat stimmte unter dem 6. Juni 2007 der beabsichtigten Zurruhesetzung zu.

Mit Bescheid vom 14. Juni 2007 stellte das Polizeipräsidium L. auf der Grundlage des von Dr. T1. erstatteten polizeiärztlichen Gutachtens die Polizeidienstunfähigkeit und die allgemeine Dienstunfähigkeit des Klägers fest und versetzte diesen mit Ablauf des 30. Juni 2007 in den vorzeitigen Ruhestand.

Der Kläger erhob am 20. Juni 2007 Widerspruch. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, er sei weder polizeidienstunfähig noch allgemein dienstunfähig. Das Gutachten von Frau Dr. T1. sei eine unreflektierte Zitatensammlung früherer Gutachten und könne so nicht anerkannt werden. Im Jahr 2005 sei ihm durch den Polizeiarzt Dr. L3. eine von ihm beantragte Rehabilitationsmaßnahme zu Unrecht verweigert worden, was auch psychische Folgen gehabt habe. Dennoch hätten die ihn behandelnden Ärzte, insbesondere Dr. I1. , Facharzt für Anästhesiologie, vom Gemeinschaftskrankenhaus C. am 28. September 2006 lediglich eine bedrückte oder besorgte Stimmung festgestellt, nicht jedoch die "hier vorgeworfene narzisstische Selbstüberschätzung". Aus seiner Sicht lasse sich alles dadurch erklären, dass der Dienstherr die Investitionen in die Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit in orthopädischer Hinsicht angesichts seines Alters als nicht lohnend betrachte und infolge dessen über die psychosoziale "Schiene" versucht werden solle, begleitend eine ergänzende psychische Belastung im Rahmen einer narzisstischen Selbstüberschätzung und Persönlichkeitsstörung herzustellen. Seine körperlichen Einschränkungen seien durch entsprechende Therapie und Rehabilitation behebbar, wie sich aus mehreren Arztberichten der letzten Jahre ableiten lasse.

Unter dem 3. Juli 2007 erhob der Kläger Dienstaufsichtsbeschwerde gegen das Personalratsmitglied X. L4. und stellte unter dem 9. Januar 2009 Strafantrag wegen Beleidigung gegen ihn aufgrund von im Zusammenhang mit dem Zurruhesetzungsverfahren des Klägers getätigten Äußerungen.

Unter dem 10. Juli 2007 erhob der Kläger Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Polizeiarzt Dr. L3. , der im Jahr 2005 eine vom Kläger beantragte stationäre orthopädische Rehabilitationsmaßnahme abgelehnt hatte, und machte geltend, dieser habe ihn durch seine damalige Wortwahl sexuell belästigt und trage durch seine fehlerhafte Vorgehensweise eine Mitverantwortung für seine aktuelle gesundheitliche Situation.

Mit Schreiben vom 17. August 2007 erhob der Kläger gegenüber dem L5. Polizeipräsidenten den im einzelnen begründeten Vorwurf, das Gutachten des Dr. N. strotze vor Fehlern, insbesondere betreffend seine eigenen Angaben in der Anamnese und betreffend die Schilderung von Vorgängen in der Vergangenheit. Es sei allerdings richtig, dass er tief und unerschütterlich überzeugt sei, das Richtige zu tun, weil er wisse, dass seine Darstellung der Ereignisse der Wahrheit entspreche. Er stellte verschiedene Anträge, darunter zur Überprüfung der strafrechtlichen Relevanz des Verhaltens von Dr. N. und "falls nötig" Strafantrag wegen übler Nachrede gegen diesen; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 384 bis 425 der Beiakte Heft 6 sowie auf die Akte des Ermittlungsverfahrens, Beiakten Heft 9 und 10, verwiesen. Das Ermittlungsverfahren gegen Dr. N. stellte die Staatsanwaltschaft im März 2008 nach § 170 Abs. 2 StPO ein.

Unter dem 22. August 2007 ergänzte der Kläger sein Widerspruchsvorbringen unter anderem dahingehend, man habe ihn - als er seine Anliegen im Polizeipräsidium habe besprechen wollen - entgegen früherer Gepflogenheiten mit dem Bemerken "Keine Zeit" abgefertigt, und er werde später durch Dienstaufsichtsbeschwerden klären lassen, ob man seinen Einwendungen die rechtlich notwendige Aufmerksamkeit und Würdigung habe zukommen lassen.

Das Polizeipräsidium L. bat Dr. T1. aufgrund der Einwendungen des Klägers gegen ihr Gutachten um eine ergänzende Stellungnahme. Sie gab unter dem 28. September 2007 an, sie habe ihre Einschätzung auf das Gutachten von Dr. N. gestützt, weil es sorgfältig erstellt und überzeugend begründet sei. Alle vier von ihr genannten Diagnosen bedingten die Polizeidienstunfähigkeit des Klägers. Kernpunkt sei hierbei die kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, narzisstischen und zwanghaften Strukturen sowie die anhaltend somatoforme Schmerzstörung. Aufgrund dieser Krankheitsbilder liege auch die allgemeine Dienstunfähigkeit vor.

Unter dem 14. September 2007 wurde der Gleichstellungsbeauftragten Gelegenheit gegeben, im Rahmen der Widerspruchsentscheidung - zur Nachholung der bislang unterlassenen Beteiligung - zu der Zurruhesetzung des Klägers Stellung zu nehmen. Die Gleichstellungsbeauftragte erklärte unter dem 17. September 2007 ihr Einverständnis mit der Maßnahme.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2007 wies das Polizeipräsidium L. den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die erhobenen Einwendungen gegen die Gutachten von Dr. N. und Dr. T1. griffen nicht durch. Auf die Frage, ob die orthopädischen Leiden des Klägers durch weitere Therapiemaßnahmen ausheilbar seien, komme es angesichts des Bestehens einer psychischen Erkrankung nicht an.

Der Kläger hat am 14. Januar 2008 Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht: Die Zurruhesetzungsverfügung stütze sich auf ein nicht tragfähiges polizeiärztliches Gutachten. Er sei weder für den Polizeidienst noch allgemein dienstunfähig. Die von der Polizeiärztin gestellten Diagnosen seien unzutreffend. Keiner der vielen ihn behandelnden Ärzte habe jemals Hinweise auf eine paranoide Persönlichkeitsstörung festgestellt. Dies werde von seiner Ärztin Dr. E1. unter dem 11. März 2009 ausdrücklich bescheinigt. Für die Diagnose der somatoformen Störung seien zunächst körperliche Ursachen auszuschließen sowie eine psychische Diagnostik durchzuführen. Seit 1988 hätten orthopädische Beschwerden bei ihm bestanden, die ab 1996 durch eine entsprechende Therapie sowohl in körperlicher als auch psychischer Hinsicht zum vollständigen Verschwinden hätten gebracht werden können. Bis zum Jahr 2003 sei er dann vollständig dienstfähig gewesen. Bei rechtzeitiger Einleitung entsprechender Therapien betreffend die wieder aufgetretenen orthopädischen Beschwerden hätte er auch nunmehr zeitnah die Dienstfähigkeit wiedererlangt. Am 28. September 2006 und damit 10 Wochen vor dem Gutachten von Dr. T1. habe Dr. med. I1. vom Gemeinschaftskrankenhaus C. weder psychologische, psychische noch in diesem Sinne narzisstische Störungen bei ihm festgestellt, dafür aber orthopädische Leiden. In orthopädischer bzw. körperlicher Hinsicht sei er inzwischen zumindest für den Innendienst wieder voll dienstfähig. Das beklagte Land könne nicht den Widerspruch aufklären, weshalb er seit Jahren Sport betreiben und Medaillen gewinnen könne, gleichzeitig aber für den Polizeidienst untauglich sein solle. Aus dem gesamten Ablauf seit 1989 ergebe sich, dass er aus dem Dienst gedrängt werden solle.

Der Kläger hat beantragt,

die Zurruhesetzungsverfügung des Polizeipräsidiums L. vom 14. Juni 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2007 aufzuheben.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen geltend gemacht: Die erhobenen Einwendungen gegen das polizeiärztliche Gutachten seien nicht tragfähig. Die den Kläger behandelnde Ärztin Dr. E1. habe bereits unter dem 18. Dezember 2005 berichtet, dass sie eine Somatisierungsstörung und eine narzisstische Persönlichkeitsstörung festgestellt habe. Die Behauptung, der Kläger habe allein orthopädische Einschränkungen (gehabt), sei demnach unzutreffend, eine Vielzahl von Privatärzten habe bereits psychische Erkrankungen diagnostiziert. Wie bereits in den früher angestoßenen Verfahren zur Zurruhesetzung des Klägers überziehe dieser auch nun wieder die mit der Begutachtung betrauten Ärzte und die mit der Sachbearbeitung Beschäftigten mit Dienstaufsichtsbeschwerden und Strafanzeigen aus Anlass angeblicher Mängel im Vorgehen.

Mit Schreiben vom 30. Januar 2008 wandte sich der Kläger in einem "Antwortschreiben zum Widerspruchsbescheid" erneut an den Polizeipräsidenten persönlich und stellte im Wesentlichen das Verfahren und die gestellten Diagnosen in Frage; er erhob zudem Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Dr. T1. . Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 44 bis 106 der Beiakte Heft 3 verwiesen.

Unter dem 10. Juli 2008 ordnete das Polizeipräsidium L. die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 14. Juni 2007 an. Den Antrag des Klägers, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen (- 19 L 1134/08 -), lehnte das Verwaltungsgericht L. mit Beschluss vom 15. August 2008 ab. Die hiergegen eingelegte Beschwerde (- 6 B 1386/08 -) wies der Senat mit Beschluss vom 23. Januar 2009 zurück.

Am 11. September 2008 beantragte der Kläger beim Polizeipräsidium L. , ihn erneut in das Beamtenverhältnis zu berufen. Dieses ordnete daraufhin unter dem 13. November 2008 die amtsärztliche Untersuchung des Klägers an und beauftragte das Gesundheitsamt des S1. -T3. -Kreises mit der Überprüfung der allgemeinen Dienstfähigkeit. In dem Gutachten vom 1. April 2009 gelangte der Amtsarzt Dr. F1. zu dem Ergebnis, der Kläger sei auf Dauer nicht mehr in der Lage, seine Dienstpflichten im allgemeinen Verwaltungsdienst zu erfüllen. Durch Bescheid vom 22. April 2009 lehnte das Polizeipräsidium L. den Reaktivierungsantrag des Klägers ab. Hiergegen hat der Kläger am 15. Mai 2009 ebenfalls Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat Beweis erhoben u.a. zur Frage des Vorliegens einer psychischen Erkrankung und/oder einer somatoformen Schmerzstörung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Das unter dem 29. September 2010 von der Sachverständigen, Dr. N1. von X1. , Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Oberärztin der Klinik und Poliklinik der I2. -I3. -Universität E. , unter Einholung eines testpsychologischen Zusatzgutachtens des Prof. Dr. F2. M. , Diplom-Psychologe, Institut für Biologische Psychiatrieforschung und Klinische Neurowissenschaften, H. , vom 19. August 2010 erstattete fachpsychiatrische Gutachten kam zu dem Ergebnis, es liege auf der Grundlage einer überdurchschnittlich intelligenten, psychopathisch strukturierten Persönlichkeit eine Persönlichkeitsstörung vor. Unter Berücksichtigung des bisherigen Verlaufs der Dienst- und Dienstunfähigkeitszeiten sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger künftig ohne größere Fehlzeiten Dienst leisten werde. Gegen das die Klage abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts L. vom 13. Mai 2011 - 19 K 3201/09 - hat der Kläger die Zulassung der Berufung beantragt; nach Zulassung der Berufung durch den Senat mit Beschluss vom 11. August 2011 ist das Berufungsverfahren unter dem Aktenzeichen 6 A 1408/11 geführt worden. Die Beteiligten haben das Verfahren im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14. Mai 2013 in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Das Verwaltungsgericht L. hat die Klage gegen den hier streitgegenständlichen Bescheid vom 14. Juni 2007 durch Urteil vom 29. Juni 2009 abgewiesen. Der Kläger sei im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides wie auch des Widerspruchsbescheides sowohl polizeidienstunfähig als auch allgemein dienstunfähig gewesen. Das unter Verwertung des Gutachtens des Dr. N. erstellte Gutachten der Medizinaldirektorin Dr. T1. sei in sich schlüssig und nachvollziehbar; Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen, auch an der Feststellung des Vorliegens paranoider Strukturanteile der Persönlichkeitsstörung ergäben sich aufgrund der vom Kläger erhobenen Einwendungen und der vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen nicht. Auch die Prognose der Polizeiärztin, der Kläger sei dauernd polizeidienstunfähig bzw. allgemein dienstunfähig, begegne keinen rechtlichen Zweifeln. Die Richtigkeit der Prognose werde vielmehr durch das Verhalten des Klägers im Laufe des Verwaltungsverfahrens bestätigt.

Gegen das Urteil hat der Kläger am 28. Juli 2009 die Zulassung der Berufung beantragt. Durch Beschluss vom 11. August 2011 hat der Senat die Berufung zugelassen.

Mit seiner am 19. August 2011 eingegangenen Berufungsbegründung macht der Kläger geltend, angesichts der Vielzahl uneinheitlicher ärztlicher Stellungnahmen beider Seiten habe sich das Verwaltungsgericht Klarheit über seinen Gesundheitszustand durch Einholung eines neutralen Sachverständigengutachtens verschaffen müssen. Das Gutachten des Dr. N. sei nicht objektiv. Das Verwaltungsgericht habe den privatärztlichen Stellungnahmen weniger Wert als den behördlicherseits eingeholten Gutachten zugemessen. Anstatt sich mit den im Laufe der Jahre von ihm eingereichten zahlreichen Anträgen und Widersprüchen, Dienstaufsichtsbeschwerden und Strafanzeigen inhaltlich auseinanderzusetzen, sehe das Gericht allein durch sein Verhalten die Diagnose einer paranoiden Persönlichkeitsstörung als bestätigt an. Zudem habe der vom Verwaltungsgericht im Reaktivierungsverfahren - 19 K 3201/09 - bestellte Gutachter Prof. Dr. M. in seinem Gutachten vom 19. August 2010 ihn zwar nicht für reaktivierbar, es aber auf Befragen in der mündlichen Verhandlung für ausgeschlossen gehalten, dass er an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, narzisstischen und zwanghaften Strukturen sowie einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung leide.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils nach dem Klageantrag zu erkennen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat durch Beschluss vom 26. September 2011 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis über die Frage erhoben, ob der Kläger an einer psychischen Erkrankung leidet, ob diese Erkrankung auch schon zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung vorgelegen hat und welche Auswirkungen dies auf seine Polizeidienstfähigkeit sowie auf seine allgemeine Dienstfähigkeit gehabt hat. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das vom beauftragten Gutachter, Prof. Dr. med. N2. S2. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Forensische Psychiatrie, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des F3. und K. Klinikums O1. gGmbH, P. , unter dem 4. Mai 2012 erstattete Gutachten, Beiakte Heft 15, Bezug genommen.

Der Kläger hat eine Vielzahl von Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten, überwiegend zur Wiedergabe der Aktenlage durch den Sachverständigen, aber auch zur Schlüssigkeit der Darstellung sowie zum Ergebnis erhoben. Er hat zur Bestätigung seiner Einwendungen das bis dahin nicht in den Akten befindliche Gutachten der Psychiatrischen Klinik und Poliklinik C. vom 9. September 1994 vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 582 ff. der Gerichtsakte verwiesen.

Der Sachverständige hat im Termin zur mündlichen Verhandlung sein Gutachten mündlich erläutert. Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14. Mai 2013 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte des Verfahrens 6 A 1408/11 sowie der zu beiden Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Landes Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Bescheid des Polizeipräsidiums L. vom 14. Juni 2007 über die Versetzung des Klägers in den Ruhestand in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2007 ist materiell rechtmäßig, formell allerdings rechtswidrig (I.); dies verletzt den Kläger aber nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) (II.).

I. Die Versetzung des Klägers in den Ruhestand ist mangels Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten formell rechtswidrig (1.). Materiell ist sie nicht zu beanstanden (2.).

1. Bei der Versetzung eines Beamten in den Ruhestand auf der Grundlage der §§ 194 Abs. 1 und Abs. 3, 45 Abs. 1 LBG NRW in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung (a.F.) handelt es sich gemäß § 17 Abs. 1 LGG NRW um eine der Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten unterliegende personelle Maßnahme.

OVG NRW, Urteil vom 24. Februar 2010 - 6 A 1978/07 -, DVBl 2010, 981 ff. = juris Rdnr. 42 ff., und Beschluss vom 22. Juni 2010 - 6 A 699/10 -, juris Rdnr. 5 ff.

Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 LGG NRW ist die Gleichstellungsbeauftragte frühzeitig über die beabsichtigte Maßnahme zu unterrichten und anzuhören; ihr ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Eine Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten vor Erlass des angefochtenen Bescheides ist nicht erfolgt. Die Tatsache, dass das beklagte Land der Gleichstellungsbeauftragten vor Erlass des Widerspruchsbescheides Gelegenheit zur Stellungnahme in der Absicht einer Nachholung ihrer Beteiligung eingeräumt hat, führt nicht zur Unbeachtlichkeit des Verfahrensfehlers.

Zwar sehen die Vorschriften des Landesgleichstellungsgesetzes die Möglichkeit einer Nachholung der Beteiligung vor. Gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 LGG NRW ist die Entscheidung über die Maßnahme für eine Woche auszusetzen und die Beteiligung nachzuholen, wenn die Gleichstellungsbeauftragte nicht rechtzeitig an einer Maßnahme beteiligt worden ist. Diese Voraussetzungen sind durch die nach Erlass des Bescheides vom 14. Juni 2007 erfolgte Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten jedoch nicht erfüllt. Nach dem Wortlaut der genannten Vorschrift ist eine Nachholung der Beteiligung nur möglich, solange eine Entscheidung über die Maßnahme noch nicht getroffen oder jedenfalls noch nicht nach außen wirksam geworden ist.

Vgl. Burkholz, Landesgleichstellungsgesetz Nordrhein-Westfalen, 2007, § 18 Rdnr. 16.

Der Verfahrensfehler ist auch nicht in entsprechender Anwendung von § 45 Abs. 1 und 2 VwVfG NRW unbeachtlich.

Zur Möglichkeit der entsprechenden Anwendung von § 45 VwVfG vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352 ff. = juris Rdnr. 24.

Eine entsprechende Anwendung von § 45 VwVfG NRW scheidet aus, weil es angesichts der in § 18 Abs. 3 LGG NRW getroffenen Regelung an der für eine analoge Anwendung erforderlichen planwidrigen Regelungslücke fehlt.

Zum Sonderfall einer Anhörung der Schwerbehindertenvertretung erst im Widerspruchsverfahren siehe OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2010 - 6 A 4435/06 -, IÖD 2010, 110 ff. = juris Rdnr. 39 ff.

2. Die Zurruhesetzung des Klägers ist materiell rechtmäßig.

Die Rechtmäßigkeit der Zurruhesetzung eines Beamten beurteilt sich danach, ob die zuständige Behörde im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnissen annehmen durfte, dass der Betroffene dauernd dienstunfähig ist.

BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 - 2 C 7.97 ‑, BVerwGE 105, 267 ff. = juris Rdnr. 16, und Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, BVerwGE 133, 297 ff. = juris Rdnr. 12.

Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung (a.F.) ist ein Beamter auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dienstunfähig ist. Das gilt auch für Polizeibeamte, für die § 194 Abs. 1 Halbsatz 1 LBG NRW a.F. eine besondere Polizeidienstunfähigkeit definiert. Danach ist ein Polizeivollzugsbeamter dienstunfähig, wenn er den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr genügt und nicht zu erwarten ist, dass er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wiedererlangt (Polizeidienstunfähigkeit). Die Polizeidienstunfähigkeit orientiert sich an den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für sämtliche Ämter der Laufbahn "Polizeivollzugsdienst" und setzt die Einsetzbarkeit des Polizeibeamten zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Funktion voraus.

BVerwG, Urteil vom 3. März 2005 - 2 C 4.04 -, IÖD 2005, 206 ff. = juris Rdnr. 9; OVG NRW, Urteil vom 11. März 2009 - 6 A 2615/05 -, ZBR 2009, 347 ff. = juris Rdnr. 38.

Nach § 194 Abs. 1 Halbsatz 2 LBG NRW a.F. kann ein polizeidienstunfähiger Beamter im Polizeidienstvollzugsdienst belassen werden, wenn die von dem Beamten auszuübende Funktion die Polizeidienstfähigkeit auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt erfordert; dies setzt jedoch voraus, dass der polizeidienstunfähige Beamte allgemein dienstfähig ist.

OVG NRW, Urteil vom 11. März 2009 - 6 A 2615/05 -, ZBR 2009, 347 ff. = juris Rdnr. 42.

Wird der Polizeivollzugsbeamte polizeidienstunfähig, so soll er, falls nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen, in ein Amt einer anderen Laufbahn bei einem der in § 2 LBG NRW a.F. bezeichneten Dienstherren versetzt werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen für eine entsprechende Versetzung nach § 28 Abs. 1 und 2 LBG NRW erfüllt sind (§ 194 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW a.F.). Ein zwingender, der Versetzung entgegenstehender dienstlicher Grund ist der Verlust der allgemeinen Dienstfähigkeit im Sinne von § 45 Abs. 1 LBG NRW a.F.

OVG NRW, Urteil vom 15. April 1997 - 6 A 726/94 -, NRWE Rdnr. 39.

Gemäß §§ 194 Abs. 3 Satz 3, 45 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW a.F. soll von der Versetzung des polizeidienstunfähigen Beamten in den Ruhestand abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt einer anderen Laufbahn nach Maßgabe des § 45 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 LBG NRW a.F. übertragen werden kann. Eine solche Übertragung setzt voraus, dass der Beamte bezogen auf dieses Amt allgemein dienstfähig ist.

OVG NRW, Urteil vom 11. März 2009 - 6 A 2615/05 -, ZBR 2009, 347 ff. = juris Rdnr. 55.

Lässt sich eine Versetzung in den Ruhestand nicht bereits nach § 45 Abs. 3 LBG NRW a.F. vermeiden, so soll gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a.F. von ihr abgesehen werden, wenn der Beamte unter Beibehaltung seines Amtes seine Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen kann (begrenzte Dienstfähigkeit).

Allgemeine Dienstunfähigkeit ist gegeben, wenn der Beamte wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert ist, die Dienstpflichten des ihm zuletzt übertragenen Amtes im abstraktfunktionellen Sinn zu erfüllen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, BVerwGE 133, 297 ff. = juris Rdnr. 14, 21 zu § 42 Abs. 3 BBG; OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, ZBR 2010, 174 ff. = juris Rdnr. 56.

Der Beamte ist "dauernd" dienstunfähig, wenn er im Zeitpunkt der (letzten) Verwaltungsentscheidung dienstunfähig ist und eine Besserung seines Zustandes in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist.

BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1957 - BVerwG II C 27.55 -, ZBR 1957, 400, und Urteil vom 17. Oktober 1966 - BVerwG VI C 56.63 -, ZBR 1967, 148, 150; OVG NRW, Urteil vom 11. März 2009 - 6 A 2615/05 -, ZBR 2009, 347 ff. = juris Rdnr. 48.

Nicht zu erwarten ist eine Besserung, wenn eine Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit unwahrscheinlich ist.

BVerwG, Urteil vom 30. Juli 1963 - BVerwG VI C 178.61 -, DÖD 1964, 51, 52.

Bei der Beurteilung der Dienstfähigkeit ist nicht allein auf die Person des Beamten sowie Art und Ausmaß seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung abzustellen. Vielmehr sind die Auswirkungen seiner Erkrankung auf seine Fähigkeit, seine Dienstpflichten zu erfüllen, und damit auch die Auswirkungen auf den Dienstbetrieb entscheidend. Aus diesem Grund stellt die ärztliche Begutachtung nicht das einzige und allein ausschlaggebende Beweismittel für die Klärung der Dienstunfähigkeit dar.

BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1966 - BVerwG VI C 56.63 -, ZBR 1967, 148 ff., und Urteil vom 16. Oktober 1997 - 2 C 7.97 -, BVerwGE 105, 267 ff. = juris Rdnr. 15.

Dass dem Beamten die Fähigkeit zur Dienstleistung vollständig verloren gegangen ist, ist für die Feststellung der Dienstunfähigkeit nicht erforderlich. Er ist auch dann dienstunfähig, wenn er seinen Dienstpflichten infolge gesundheitlicher Mängel nur unter Umständen nachkommen kann, die mit den dienstlichen Anforderungen nicht vereinbar sind, und hierdurch der ordnungsgemäße Ablauf der Dienstgeschäfte unzumutbar beeinträchtigt wird.

BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1966 - BVerwG VI C 56.63 -, ZBR 1967, 148, 150; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 11. März 2009 - 6 A 2615/05 -, ZBR 2009, 347 ff. = juris Rdnr. 48.

In Anwendung dieser Grundsätze war der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2007, sowohl polizeidienstunfähig als auch allgemein dienstunfähig. Auch eine anderweitige Verwendung des Klägers i.S.v. § 45 Abs. 3 LBG NRW a.F. war ausgeschlossen. Ebensowenig lag eine begrenzte Dienstfähigkeit i.S.v. § 46 Abs. 1 LBG NRW a.F. vor.

Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem psychiatrischpsychotherapeutischen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. S2. vom 4. Mai 2012.

Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit überwiegend paranoiden, jedoch auch narzisstischen und zwanghaften Anteilen (ICD-10: F 61.0) vorliegt. Diese Erkrankung bestehe seit Jahren und habe auch bereits im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung am 19. Dezember 2007 vorgelegen. Eine somatoforme Schmerzstörung liege aktuell nicht vor; es gebe auch keine Hinweise darauf, dass die in früheren Jahren diagnostizierte Schmerzstörung noch im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bestanden habe. Aufgrund der gegebenen kombinierten Persönlichkeitsstörung sei der Kläger den Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht mehr gewachsen (gewesen). Maßgebend sei dabei Folgendes: Ob der Kläger in einer bestimmten Umgebung und mit bestimmten Menschen zurechtkomme, hänge ausschlaggebend davon ab, inwiefern er selbst die Regeln bestimmen und dafür sorgen könne, dass seine Umgebung sich an seine Maßstäbe und Regeln halte. Dies stehe im Widerspruch zu der für die Polizeidienstfähigkeit erforderlichen universellen Verwendbarkeit des Beamten. Aus demselben Grund sei auch eine allgemeine Dienstfähigkeit nicht gegeben bzw. gegeben gewesen. Ebensowenig könne er in anderen Ämtern einschließlich solcher anderer Laufbahnen verwendet werden. Hinzu komme hierbei, dass bei einer Beschäftigung außerhalb des Polizeivollzugsdienstes mit hoher Wahrscheinlichkeit mit erneuter Symptombildung zu rechnen sei, da eine entsprechende Umsetzung für den Kläger, der eine hohe Identifikation mit seinem Beruf als Polizeibeamter empfinde, eine massive Kränkung darstelle.

Diese Einschätzung des Sachverständigen ist vor dem Hintergrund der Krankheitsgeschichte des Klägers und dem sich aus den Verwaltungsakten ergebenden Eindruck vom Verhalten des Klägers gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Ärzten des amts- oder polizeiärztlichen Dienstes, soweit sie mit dem Zurruhesetzungsverfahren betraut oder in weiterem Sinne befasst waren, schlüssig und nachvollziehbar.

Persönlichkeitsstörungen sind nach ICD-10 tief verwurzelte, anhaltende Verhaltensmuster, die sich in starren Reaktionen auf unterschiedliche persönliche oder soziale Lebenslagen zeigen. Sie verkörpern im Vergleich zur Mehrheit der Bevölkerung deutliche Abweichungen im Wahrnehmen, Denken und Fühlen und in den Beziehungen zu anderen und gehen häufig mit einem unterschiedlichen Ausmaß persönlichen Leidens und gestörter sozialer Funktionsfähigkeit einher.

Der Sachverständige begründet im Einzelnen, dass die nach ICD-10 erforderlichen, im Gutachten weiter ausdifferenzierten Kriterien für die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung vorliegen. Dass eine Persönlichkeitsstörung nach ICD-10 vorliegt, wird nicht nur durch die in den letzten Jahren eingeholten amtsärztlichen Gutachten, sondern auch durch die den Kläger - mit Unterbrechungen - seit Jahren behandelnde Ärztin, Dr. E1. , bestätigt. Sie hat bereits unter dem 18. Dezember 2005 und zuletzt unter dem 28. Oktober 2010 eine "narzisstische Persönlichkeitsstörung (F 60.8)" diagnostiziert.

Soweit der Sachverständige weder eine Persönlichkeitsstörung auf der Grundlage einer psychopathisch strukturierten Persönlichkeit (Dr. von X1. /Prof. Dr. M. ) noch eine narzisstische Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F 60.8, Dr. E1. ) oder allein "Narzisstische Persönlichkeitsanteile (F 60.8)" (B2. J. ), sondern eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit überwiegend paranoiden, aber auch narzisstischen und zwanghaften Anteilen feststellt, begründet er auch dies im einzelnen anhand entsprechender, durch den ICD-10 vorgeschriebener Kriterien. Er setzt sich zudem mit der Frage auseinander, weshalb weder Dr. E1. noch die Ärzte in der Klinik B1. und andere den Kläger privat behandelnden Ärzte die paranoiden Persönlichkeitsanteile so deutlich wie er gesehen haben, und begründet dies mit der Annahme, dass die entsprechenden Behandler keine Kenntnis über die umfangreichen Akteninhalte hatten, mithin auch nicht wissen konnten, mit welcher Selbstbezogenheit, Hartnäckigkeit und Entwertung seines Gegenübers der Kläger die Auseinandersetzungen mit seinem Dienstherrn führe. Da die Annahme des Gutachters über die fehlende Kenntnis der Privatärzte vom - gesamten - Akteninhalt zutreffend ist, ist auch die Schlussfolgerung nachvollziehbar. Zu der Einschätzung des Prof. Dr. M. , der Kläger weise eine psychopathisch strukturierte Persönlichkeit auf, legt der Sachverständige dar, dass diese, auf der Grundlage des Tests Minnesota-Multiphasic-Personality Inventory-II (MMPI-2) getroffene Diagnose wegen der sich auch aus dem Gutachten ergebenden abwehrenden Untersuchungshaltung des Klägers und seiner Tendenz, Antworten im Sinne einer sozialen Erwünschtheit zu geben, auf einer unzureichenden Basis beruhe. Der Sachverständige erläutert zudem, dass im Rahmen einer Persönlichkeitsstörung ein paranoider Wahn nicht auftritt, mit dem Begriff "paranoid" vielmehr ein durchgängiges Muster von Misstrauen und Kränkbarkeit sowie die Neigung zu streitsüchtigem Beharren auf den eigenen Ansichten und Rechten bezeichnet wird. Dass der Schwerpunkt der Persönlichkeitsstörung des Klägers auf einem in diesem Sinne paranoiden Verhaltenszug liegt, wird bestätigt durch die Art und Weise des Vorgehens, die Wortwahl der Schriftsätze und die Anlässe, aufgrund derer der Kläger seit dem Jahr 1988 wiederholt auf Fehler des Dienstherrn ihm gegenüber hinweist und auf die Einhaltung von - seiner Auffassung nach verletzten - Vorschriften pocht. Soweit der Kläger behauptet, Prof. Dr. M. habe in seiner Anhörung durch das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2011 im Reaktivierungsverfahren ausgeschlossen, dass er paranoid sei, trifft dies nicht zu. Prof. Dr. M. hat ausweislich des Protokolls der Verhandlung angegeben, dass der von ihm durchgeführte Test keine paranoide Störung des Klägers angezeigt habe, "allerdings mit der Einschränkung der vom Kläger zugrundegelegten abwehrenden Untersuchungshaltung".

Dass in der Konsequenz der Erkrankung des Klägers dieser im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung nicht in der Lage war, den gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes und auch nicht den Dienstpflichten im Amt einer anderen Laufbahn zu entsprechen, leitet der Sachverständige schlüssig aus dessen Persönlichkeitsstruktur ab. Solange demnach der Kläger die Regeln bestimmen und dafür sorgen kann, dass seine Umgebung sich an seine Maßstäbe und Regeln hält, treten keine massiven Konflikte auf, die über einen Abwehrmechanismus wie beispielsweise eine Somatisierung abgewehrt werden müssen. Es ist nach dem Gutachten zwar nicht unmöglich (gewesen), im Polizeivollzugsdienst eine Konstellation herzustellen, in der der Kläger für längere Zeit dienstfähig hätte bleiben können. Eine solche spezielle Konstellation musste bzw. müsste sich aber an den Vorstellungen des Klägers ausrichten. Dass dies zutrifft, zeigt der Umstand, dass der Dienstherr im Jahr 1997 bei dem - vorübergehend erfolgreichen - Versuch, den Kläger in den Polizeivollzugsdienst wieder einzugliedern, dessen Wunsch nach Einsatz als Fußstreifenbeamter auf der Wache F. in L. entsprochen hat, und dass zugleich der Beginn der erneuten, bis zum Erlass des angefochtenen Bescheides andauernden Krankheitsphase offenbar ausgelöst worden ist durch eine nicht dem Willen des Klägers entsprechende Versetzung im Jahr 2003. Hierzu hat die den Kläger behandelnde Ärztin Dr. E1. unter dem 6. Januar 2004 ausgeführt, dass "es unter der massiven Belastung, die eine Versetzung für ihn bedeutet, (...) zu einer gravierenden Verschlimmerung der Beschwerden gekommen" sei. Im Hinblick auf einen Einsatz des Klägers im allgemeinen Verwaltungsdienst sieht der Gutachter zudem das - die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Symptombildung noch erhöhende - Problem, dass der Kläger eine hohe Identifikation mit seinem Beruf als Polizeibeamter empfinde und eine andere Verwendung als massive Kränkung empfinden würde. Ein Beamter, der nur gesund bleiben kann, wenn er nach seinen Wünschen verwendet wird, wird seinen Dienstpflichten jedoch nicht gerecht. Denn über die Verwendung des Beamten entscheidet nicht er selbst, sondern der Dienstherr im Rahmen der ihm durch Gesetz gezogenen Grenzen.

Im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung war weder eine Wiederherstellung der vollen Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren (§ 194 Abs. 1 Halbsatz 1 LBG NRW a.F.) noch ansonsten eine Besserung des Zustandes in absehbarer Zeit zu erwarten. Dies folgt aus der Art der Erkrankung sowie aus der Erfolglosigkeit der Therapiebemühungen in der Vergangenheit.

Die vom Kläger erhobenen Einwände gegen das Gutachten des Sachverständigen vermögen dessen Schlussfolgerungen nicht in Zweifel zu ziehen.

Die Einwände gegen die Wiedergabe der Aktenlage durch den Sachverständigen greifen nicht durch.

Soweit der Kläger geltend macht, es sei nicht richtig, dass er in der Zeit seiner Erkrankung vom 6. Januar 1988 bis 1. April 1998 eine Vielzahl sportlicher Leistungsnachweise in Vergleichswettkämpfen erbracht habe (Einwand I 1. des Schriftsatzes vom 24. August 2012), er sei vielmehr auf ärztliche Empfehlung schwimmen gegangen und habe dann entsprechende Leistungsnachweise erbracht, darunter das Bayerische Leistungssportabzeichen in Gold, greift dies nicht durch. Zum einen schildert der Gutachter mit der angegriffenen Passage zutreffend die Ausführungen des beklagten Landes in der Klageerwiderung, zum anderen ergibt sich aus den Akten (vgl. insoweit Schreiben des Klägers vom 9. Juni 1992, Beiakte 5 Bl. 177-179), dass er in dem benannten Zeitraum nicht nur schwimmerische Leistungsprüfungen, sondern auch solche der Leichtathletik absolviert hat.

Der Einwand, die Empfehlung von Frau Dr. E1. vom 18. Dezember 2005 zur Einleitung eines Verfahrens zu seiner Zurruhesetzung sei keine Bestätigung der jetzt vom Gutachter getroffenen Diagnose (Einwand I 2.), stellt lediglich die Sicht des Klägers betreffend das genannte Attest dar; die Sachverhaltsdarstellung durch das Gutachten, das insoweit den Inhalt der Klageerwiderung zutreffend wiedergibt, wird damit nicht in Frage gestellt.

Mit den Ausführungen zu seinen Gründen der von ihm gegen Dr. L3. erhobenen Dienstaufsichtsbeschwerde (Einwand I 3.) greift der Kläger die Richtigkeit der Wiedergabe der Akten - insoweit Schreiben des Klägers an den damaligen Polizeipräsidenten T4. vom 20. März 2008 - ebenfalls nicht an.

Gleiches gilt für die Erläuterung (Einwand I 4.), aus welchen Gründen er gegenüber dem Polizeipräsidium L. mit Schreiben vom 9. Mai 2008 auf einer Rückerstattung von 0,55 Euro Porto bestanden habe. Soweit der Kläger geltend macht, der Gutachter habe bei richtigem Lesen der Akte feststellen müssen, dass dies ironisch gemeint gewesen sei, und er dies dem Gutachter auch mündlich mitgeteilt habe, ändert dies nichts an der zutreffenden Darstellung, dass es eine entsprechende Rückforderung gegeben hat. Im Übrigen liegt die Annahme, die Forderung sei ironisch gemeint gewesen, angesichts des wiederholten Erinnerns an die Bearbeitung des Antrags vom 8. Januar 2008 - auch durch Schreiben vom 11. Februar 2008 und 21. Juni 2008 - sowie der Wortwahl im Schreiben des Klägers vom 9. Mai 2008 fern.

Dass das Gutachten in der Darstellung der Aktenlage "seitenlang fast wörtlich die entsprechenden Ausführungen des Dr. N. " wiedergibt (Einwand I 4.) und "ohne vertiefende Kommentierung oder Kritik" Dr. N. zitiert (Einwand I 5.), wie der Kläger bemängelt, ist im Rahmen einer Darstellung des Sachverhalts gefordert und damit nicht zu beanstanden. Wie sich im Übrigen dem Gutachten unter V. (Beurteilung), dort S. 143, entnehmen lässt, übernimmt es die Schlussfolgerungen aus dem Gutachten des Dr. N. keineswegs "ohne Reflexion".

Der Vorwurf, es sei auffällig, dass der Sachverständige laut seinen Ausführungen in den Akten nur das Titelblatt eines entlastenden Behandlungsberichts der Klinik B1. vorfinde, und man müsse sich fragen, ob die Akten einen Substanzverlust erlitten hätten oder unvollständig an den Gutachter herausgegeben worden seien (Einwand I 6.), liegt neben der Sache. Der Kläger übersieht, dass das Gutachten an dieser Stelle aus der Gerichtsakte zitiert und sich insoweit auf die Anlagen zu dem Schriftsatz seines eigenen Prozessbevollmächtigten vom 24. Juni 2008 bezieht; als Anlage ist dem Schriftsatz nach der Gerichtsakte (Bl. 166) aber nur das Titelblatt des Berichts beigefügt gewesen. Gleiches gilt für die Bescheinigung der Klinik B1. vom 3. März 2009 (Einwand I 7.) Auch hier hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers lediglich diese einseitige "ärztliche Bescheinigung zur Vorlage bei der Dienststelle" zu den Gerichtsakten (dort Bl. 212) gereicht.

Der Einwand des Klägers, der Sachverständige habe den Entlassungsbericht der Klinik B1. vom 5. März 2009 wiedergegeben, ohne zu erwähnen, dass er von der Klinik in sehr guter körperlicher Verfassung und uneingeschränkt dienstfähig entlassen worden sei (Einwand I 8.), begründet keine Zweifel an der Tragfähigkeit des Gutachtens. Da die Schilderung der Aktenlage der Wiedergabe der für die gutachterliche Schlussfolgerung wesentlichen Fakten dient, erschließt sich nicht, inwieweit die körperliche Verfassung des Klägers im März 2009 Bedeutung für die Beurteilung seiner psychischen Verfassung durch den Sachverständigen haben kann. Dass der Kläger dienstfähig entlassen worden ist, ergibt sich aus dem fraglichen Entlassungsbericht selbst nicht.

Soweit der Kläger darlegt, aus welchen Gründen sich - aus seiner Sicht - Dr. I. im Jahr 1993 geweigert habe, ihn weiter zu begutachten bzw. ihn krankzuschreiben (I 11.), erschließt sich aus seinem Vorbringen die Relevanz dieser Gründe für die Schlussfolgerungen des Gutachtens nicht. Dass der Sachverständige an dieser Stelle unrichtig aus dem Schreiben der Polizeiverwaltung vom 3. Dezember 1993 zitiert, macht der Kläger nicht geltend.

Der Einwand, die Darstellung des Ergebnisses der Begutachtung durch die Universitätsklinik C. im Jahr 1994 durch den Sachverständigen sei nicht richtig (Einwand I 12.), geht fehl. Er berücksichtigt nicht, dass der Sachverständige an dieser Stelle des Gutachtens lediglich die Einschätzung des Dr. L1. hinsichtlich des Begutachtungsergebnisses wiedergibt.

Nicht nachvollziehbar ist der Einwand, aus der nunmehr wiederholten Zitierung der ärztlichen Stellungnahme von Dr. E1. vom 18. Dezember 2005 lasse sich eine zu Lasten des Klägers negative Tendenz des Gutachtens ableiten (Einwand I 13.). Der Kläger übersieht, dass die Erwähnung der vorgenannten Stellungnahme auf Seite 7 f. des Gutachtens nur indirekt durch Wiedergabe des Inhalts der Klageerwiderung erfolgt ist.

Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist der Einwand, bei der umfassenden Wiedergabe des Inhalts der dem Kläger seit seinem Eintritt in den Polizeidienst erteilten Beurteilungen liege die Betonung auf den negativen Eigenschaften des Klägers, während positive Beurteilungen lediglich am Rande erwähnt würden (Einwand I 14.). Auf den Seiten 77 bis 87 des Gutachtens wird aus den Beurteilungen des Klägers unter Wiedergabe einer Vielzahl von positiven Bewertungen zitiert.

Soweit der Kläger einwendet, es habe nie eine Strafanzeige von ihm gegen Dr. L3. gegeben und er habe nie eine Strafanzeige gegen Dr. L3. und Dr. L2. beabsichtigt (Einwand I 15.), er habe lediglich Dienstaufsichtsbeschwerden erhoben, ist nicht erkennbar, inwiefern es für das Gutachtenergebnis relevant sein soll, ob er Strafantrag gestellt oder - aus seiner Sicht "lediglich" - Dienstaufsichtsbeschwerden mit strafrechtlich relevanten Vorwürfen erhoben hat, die den Dienstherrn veranlasst haben, den Vorgang jeweils an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten.

Bei dem Einwand, der Gutachter habe übersehen, dass es sich bei der Kur im Jahr 1988 um eine sog. Sportkur gehandelt habe, auf die er einen Anspruch gehabt habe, die aber nicht gesundheitlich notwendig gewesen sei (Einwand I 16.), wird ebenfalls eine Relevanz für das Gutachtenergebnis nicht deutlich.

Die Behauptung des Klägers, die Schilderung des Sachverständigen, er habe im Jahr 1990 den Vorwurf erhoben, niemals bei Chefärzten und nicht in nervenärztlicher Behandlung gewesen zu sein, finde in den Akten keinen Nachweis (Einwand I 17.), ist unzutreffend. Bei einer amtsärztlichen Nachuntersuchung des Klägers am 30. Januar 1990 hat der Amtsarzt ("Dr. R") genau diese Formulierungen handschriftlich notiert (vgl. Beiakte Heft 13 Band 2, Bl. 52 Rs).

Der vom Kläger mehrfach erhobene Vorwurf (Einwand I 4., I 9., I 11., I 13., 32), der Sachverständige schildere den Sachverhalt so, dass die Schlussfolgerung schlüssig erscheine, er sei in paranoider Weise darauf aus, sich mit allen und jedermann anzulegen, bzw. es würden seine Vorgehensweisen, wie etwa die Strafanzeige gegen Oberinspektor B. aus dem Jahr 1992, ausdrücklich mit einer gewissen Tendenz zu seinen Lasten dargestellt, es werde eine gewisse stimmungsmäßige Ausgangslage geschaffen, auf der die Beurteilung seiner Person als paranoid und dienstunfähig geradezu zwangsläufig erscheinen müsse, geht an der Realität des Gutachtens vorbei. Es liegt auf der Hand, dass der Sachverständige nur diejenigen Sachverhalte in seine Schilderung aufnimmt, die ihm für eine Beurteilung relevant erscheinen. Dem Vorbringen des Klägers lässt sich nicht entnehmen, welche relevanten Tatsachen für die Beurteilung seiner Persönlichkeit bzw. seiner Erkrankung der Gutachter bei der Wiedergabe der Aktenlage ausgelassen hat. Der Vorwurf, der Sachverständige habe insoweit bereits bei Schilderung der Fakten eine "persönliche Stellungnahme" abgegeben, ist deshalb nicht nachzuvollziehen.

In dieselbe Richtung zielt der Vorwurf des Klägers, das Verschweigen der Tatsache durch den Gutachter, dass er ab Januar 1993 auch durch Polizeiärzte und nicht nur durch Privatärzte krank geschrieben worden sei, erwecke den Eindruck, er habe "sich selbständig durch extern hinzugezogene Ärzte ohne Involvierung des Arbeitgebers krankschreiben lassen" (I 10.). Inwiefern die Tatsache, dass er für den Monat Januar 1993 vom Polizeiarzt Dr. I. krankgeschrieben wurde, für die Beurteilung durch den Sachverständigen bedeutsam sein kann, ist jedoch nicht erkennbar.

Auch die Einwendungen des Klägers betreffend die Wiedergabe seiner eigenen Angaben in der Untersuchung durch den Sachverständigen bleiben erfolglos.

Ob der Kläger Einzelheiten zur Kindheit seiner ersten Ehefrau dem Sachverständigen unter der Bedingung erzählt hat, dass dies keinen Eingang in das Gutachten finde, wie er behauptet, kann dahinstehen (Einwand I 18.). Es ist weder vorgetragen noch erkennbar, inwieweit diese Tatsachen Einfluss auf die Schlussfolgerungen des Gutachtens haben konnten.

Die Darstellung des Klägers, der Sachverständige habe in die Wahrheit verzerrender Weise die Ursache seines Zerwürfnisses mit seiner zweiten Ehefrau in den Auseinandersetzungen mit der Behörde gesehen (Einwand I 19.), interpretiert die Ausführungen des Gutachtens unzutreffend. Auf Seite 103 des Gutachtens werden die Angaben des Klägers wie folgt wiedergegeben: "Ab 2007 sei die Beziehung schwierig geworden, auch im Rahmen seiner Auseinandersetzung mit der Behörde." Auf Seite 104 heißt es: "Seine Ehe sei letztlich wegen der finanziellen Schwierigkeiten kaputt gegangen." Der zusätzliche Vorwurf, durch die Formulierungen entstehe der Eindruck, ihm gehe es in dem Verfahren allein um die Nachzahlung seiner Dienstbezüge (Einwand I 20.), verkennt, dass die Ausführungen des Klägers im Zusammenhang mit der Schilderung seiner Eheschwierigkeiten, nicht mit der Frage nach seiner Motivation für die Anfechtung der Zurruhesetzung stehen.

Offen bleiben kann, ob dem Sachverständigen bei der Dokumentation hinsichtlich des Zeitpunktes einer Operation des Klägers am Zwölffingerdarm ein Fehler unterlaufen ist (Einwand I 21). Wiederum ist nicht erkennbar, inwiefern die Frage, ob die Operation im Jahr 1969 oder 1989 stattfand, Einfluss auf das Ergebnis des Gutachtens gehabt haben kann.

Soweit der Kläger rügt, er sei entgegen der Darstellung im Gutachten in der Zeit zwischen 1989 und 1993 ständig in Behandlung gewesen (Einwand I 22.), so gibt er selbst an, er sei aber nicht in stationärer Behandlung gewesen. Im Hinblick darauf, dass der Kläger seit Jahren der Genehmigung und Durchführung stationärer Therapien einen hohen Stellenwert beimisst, spricht alles dafür, dass er auch beim Sachverständigen den Begriff der "Behandlung" entsprechend verwendet hat. Im Übrigen ist die Relevanz des Einwands für die gestellte Diagnose des Sachverständigen nicht erkennbar. Gleiches gilt für die Rüge, der Sachverständige habe den Namen der ihn im Jahr 1993 behandelnden Klinik, nämlich der B3. , Fachklinik für konservative Orthopädie und Rheumatologie in J. , falsch zitiert (Einwand I 23.).

Der Einwand des Klägers, er habe nicht gesagt, dass er den im Herbst 1996 erfolgen Arbeitsversuch in einer Papierfabrik in J. als Schikane empfunden habe, richtig sei vielmehr, dass er sich zu anderen Tätigkeiten angeboten habe, jedoch die Ärzte ihm genau diese Arbeiten nahegelegt hätten (Einwand I 24.), greift nicht durch. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung hierzu ausgeführt, dass sich das Wort "Schikane" in seinen handschriftlichen Aufzeichnungen über die Angaben des Klägers finde. Er könne zwar nicht mit Sicherheit sagen, ob der Kläger dieses Wort selbst verwendet habe. Jedenfalls aber habe er seine Ausführungen so verstanden, dass jener den Arbeitsversuch als Schikane empfunden habe. Dass es sich bei der Verwendung des Begriffs "Schikane" um seine eigene Bewertung der damaligen Vorgänge handele, sei auszuschließen, da er - wie dies auch durch den ICD-10 vorgeschrieben sei - stets streng zwischen der Befunderhebung und der Bewertung der erhobenen Befunde trenne. Da es sich bei der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung um eine Längsschnittbewertung handele, die einen in der Kindheit oder Jugend beginnenden Zeitraum umfasse, seien einzelne Wörter und Formulierungen für die diagnostische Bewertung unerheblich; mithin sei auch nicht entscheidend, ob der Kläger den damaligen Arbeitsversuch tatsächlich oder nur sinngemäß als "Schikane" beschrieben habe. Diese Ausführungen des Sachverständigen sind schlüssig und nachvollziehbar.

Die in der mündlichen Verhandlung vom Kläger aufgestellte Behauptung, er habe auch niemals gegenüber dem Sachverständigen gesagt, Dr. N. habe ihn als "paranoiden Psychopathen" bezeichnet, ist zur Überzeugung des Senats unzutreffend. Nach den Angaben des Sachverständigen findet sich dieser Begriff wörtlich in seinen handschriftlichen Unterlagen im Zusammenhang mit den Angaben des Klägers über die Begutachtungen durch Dr. N. und Prof. Dr. M. . Die Äußerung des Sachverständigen, er sei sich sicher, dass der Kläger den Begriff so verwendet habe und nicht er selbst ihn quasi zusammenfassend eingeführt habe, ist überzeugend aufgrund der weiteren Erläuterung des Sachverständigen, dass der Begriff "Psychopath" in der wissenschaftlichen Psychiatrie heute nicht mehr verwendet werde und deshalb auch nicht zu seinem Wortschatz gehöre.

Hinsichtlich des Einwandes des Klägers, nicht ein Orthopäde der Klinik B1. , sondern Dr. T5. aus L. habe im Jahr 2004 gesagt, dass seine Rückenschmerzen auch organische Ursachen haben müssten, und dieser habe daraufhin eine Infiltration am Iliosakralgelenk vorgenommen (I 25.), ist nicht erkennbar, inwiefern die Identität der damals handelnden Person von Relevanz sein soll.

Soweit der Kläger Einwände gegen die Wiedergabe seiner Angaben zur Behandlung durch den Polizeiarzt Dr. L2. erhebt (Einwand I 26.), wird eine relevante Differenz in der Aussage bereits nicht deutlich. Ob die Untersuchung durch Dr. L2. Beschwerden des Klägers verstärkt hatte oder Dr. L2. ihn in der Untersuchung verletzt hatte, diese Beschwerden aber später wieder verschwunden sind, ist im Hinblick auf das Ergebnis des Gutachtens nicht von Bedeutung. Dies gilt gleichermaßen für den Einwand, er habe nicht gesagt, dass Dr. L2. ihm erklärt habe, er müsse zu einer psychiatrischen Untersuchung, sondern dass Dr. L2. erklärt habe, er müsse zu Dr. N. , um Erkenntnisse über eine weitere stationäre Therapie zu gewinnen (Einwand I 27.).

Soweit der Kläger bemängelt (Einwand I 28.), in der Wiedergabe seiner Angaben sei sein Hinweis unterschlagen worden, er habe zum Zeitpunkt der Befragung durch Dr. N. am 10. Oktober 2006 unter starkem Medikamenteneinfluss gestanden und sei völlig dösig gewesen, so hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung angegeben, diese Behauptung finde sich auch in den ihm vom Kläger überlassenen schriftlichen Ausführungen zu der Begutachtung durch Dr. N. ; er könne nicht mehr sagen, warum er dieses Detail nicht im Gutachten erwähnt habe. Er hat insoweit überzeugend darauf verwiesen, dass es für die Längsschnittbewertung der Persönlichkeit des Klägers auf einzelne Details nicht ankommt. Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der Kläger ausweislich des Gutachtens von Dr. N. auch diesem gegenüber nichts von einer aktuell andauernden Schmerztherapie und entsprechenden Auswirkungen angegeben hat. Dr. N. hat in seinem Gutachten vielmehr festgehalten, der Kläger sei "bewusstseinsklar, zu allen Qualitäten sicher orientiert" und es zeigten sich keine mnestischen Störungen. Der weitere Angriff des Klägers, die Amtsärztin Dr. T1. habe bei Dr. N. "abgeschrieben", zielt schon nicht auf das Gutachten des Sachverständigen. Er ist zudem abwegig, da der Sinn der Einholung eines Fachgutachtens gerade ist, sich die besondere fachliche Kompetenz des eingeschalteten Gutachters zu Nutze zu machen.

Unverständlich ist, dass der Kläger meint, es müsse dem durch das Gutachten hervorgerufenen Eindruck entgegengewirkt werden, er habe seine Dienstbehörde der Urkundenfälschung und Urkundenunterdrückung bezichtigt (Einwand I 29.). Denn nach seinen eigenen Angaben hat er dies getan, indem er dem Sachverständigen mitgeteilt haben will, dass das Verschwinden eines im Jahre 2007 erhobenen Widerspruchsschreibens "ja fast schon eine Art der Urkundenunterdrückung" darstelle.

Der Kommentar des Klägers zu den Hintergründen seiner Angaben beim Sachverständigen über eine nach der Zurruhesetzung durch ihn erfolgte Anfrage beim Dienstherrn, wie sein Status sei und welche Handlungen er noch vornehmen dürfe (Einwand I 30.), ist für die Schlussfolgerungen des Gutachtens nicht von Relevanz. Die von ihm vermissten Ausführungen laufen zudem auf eine Bewertung durch den Sachverständigen hinaus, die seinen Auftrag überschritten hätte.

Der Vorwurf, der Sachverständige vermittele durch die Formulierung "daraufhin sei er schließlich depressiv geworden" den unzutreffenden Eindruck, allein die Schwierigkeiten mit der Dienstbehörde hätten zu der depressiven Stimmung geführt, es seien aber auch private Gründe wie finanzielle Probleme und die Beziehung zu seiner zweiten Ehefrau ausschlaggebend gewesen (Einwand I 31.), lässt außer Acht, dass das Gutachten zuvor an anderer Stelle bereits die Angaben des Klägers zu seinen Eheproblemen dargestellt hat. Die Schlussfolgerung "daraufhin" bezieht sich ersichtlich auf die gesamte "Vorgeschichte" des Klägers.

Unerheblich sind die Erläuterungen und Ergänzungen des Klägers betreffend die Darstellung seiner innerfamiliären gerichtlichen Auseinandersetzungen (Einwand I 32.). Soweit er behauptet, diese Streitigkeiten würden im Gutachten "offensichtlich mit einem Unterton" dargestellt, trifft dies nicht zu. Vielmehr wird in den vollständig neutral gehaltenen Formulierungen durch den Gutachter deutlich, dass - worauf der Kläger Wert legt - er nicht etwa als Kläger aufgetreten, sondern von den Schwiegereltern und der Ehefrau in mehreren Prozessen verklagt worden ist.

Soweit der Kläger schließlich einwendet, die Darstellung seiner Angaben sei "abwegig", soweit es dort heiße, er kämpfe in dem bzw. in den verwaltungsgerichtlichen Verfahren darum, wie andere Verfahrensbeteiligte respektsvoll behandelt zu werden (Einwand I 33.), missversteht er die Wiedergabe seiner Angaben durch den Gutachter. Nach der Formulierung im Gutachten hat der Kläger dort als Grund für die Fortführung des Klageverfahrens in zweiter Instanz angegeben, er sei vor dem Verwaltungsgericht mit weniger Respekt behandelt worden als der Gutachter und die Vertreter der Verwaltung. Ihr lässt sich nicht die - vom Kläger angenommene - Wertung entnehmen, er sei ein Mensch, der die Verfahren um seiner selbst willen führe. Für die - nunmehr - begehrte Klarstellung, er kämpfe im Klageverfahren nach den langen Jahren seiner Dienstzugehörigkeit und auch im Hinblick auf sein Alter um sein Ansehen, seinen Status und letztendlich auch um seine Selbstachtung und es gehe ihm darum, eben nicht unter dem Vorwurf, er sei paranoid, aus dem Dienst entfernt zu werden, ist in dem Gutachten kein Raum.

Auch die Einwände gegen die Schlussfolgerung des Gutachtens bleiben ohne Erfolg.

Der Einwand des Klägers (Einwand II 1.), zum psychischen Befund werde nur das gesagt, was "bereits in dem Vorbericht" - gemeint ist wohl die Darstellung der Aktenlage - angedeutet worden sei, und dies sei ja letztendlich so nicht richtig, weil die Person, die der Gutachter herausfiltere, so nicht existiere, greift nicht durch. Der Kläger stellt insoweit lediglich seine Sicht der Dinge der Sicht des Gutachters entgegen. Seine Bezugnahme auf das Gutachten der Psychiatrischen Klinik und Poliklinik der Universität C. vom 9. September 1994 (Einwand I 4.) vermag seine Ansicht nicht zu stützen. Der Sachverständige hat zu der Diagnose der genannten Klinik - dass die Beschwerden des Klägers primär somatisch verursacht seien und der psychogene Anteil eher gering geschätzt werde - ausgeführt, dass auf der Grundlage der der Klinik zur Verfügung stehenden geringen Erkenntnismittel die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung - als Längsschnittbewertung - naturgemäß nicht möglich gewesen sei. Neben drei ärztlichen Stellungnahmen hätten die Ärzte nur auf die Angaben des Klägers zurückgreifen können. Aus dem Gutachten ergebe sich zudem, dass es auch damals kaum Angaben innerpsychischer Art seitens des Klägers gegeben habe.

Soweit die Ausführungen im Gutachten zu den Testergebnissen und Skalen für den Kläger als Laien unverständlich sein sollten (Einwand II 2.), beeinträchtigt dies die Tragfähigkeit der gutachterlichen Feststellungen nicht. Im Übrigen hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung die Durchführung des Testverfahrens Minnesota Multiphasic Personality Inventory-II (MMPI-2), die einzelnen im Gutachten genannten Werte (Rohwert, T-Wert) sowie ihre Bedeutung für die verschiedenen Skalen des MMPI-2 nachvollziehbar erläutert.

Der Einwand, es sei widersprüchlich, dass der Sachverständige festgestellt habe, er, der Kläger, habe die Fragen des MMPI-2 ernsthaft und sorgfältig bearbeitet, zugleich aber eine Tendenz zur Beantwortung im Sinne einer sozialen Erwünschtheit gezeigt (Einwand II 2.), trifft nicht zu. Nach der Erläuterung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung bedeutet die Formulierung, der Kläger habe den Fragebogen ernsthaft und sorgfältig bearbeitet, dass er dies im Sinne seiner subjektiven Sicht, seiner Eigenwahrnehmung ernsthaft und sorgfältig getan habe. Hierzu stehe die Feststellung von Tendenzen zur Beantwortung der Fragen im Sinne einer sozialen Erwünschtheit nicht im Widerspruch, da diese Feststellung in der Regel keine bewusste Simulation unterstelle, sondern die Tendenz sich aus der subjektiven Darstellung des eigenen Erlebens des Probanden ("Wie sehe ich mich?") ableiten lasse.

Ob der Kläger, wie er behauptet, zum Zeitpunkt der Begutachtung Antidepressiva und Betablocker eingenommen hat (Einwand II 2.), bedarf keiner weiteren Aufklärung. Insoweit hat allerdings der Sachverständige anhand seiner in der Exploration gefertigten handschriftlichen Notizen ausgeführt, dass der Kläger in der Anamnese bei ihm auf Befragen die regelmäßige Einnahme von Medikamenten verneint hat. Es ist nach den Angaben des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung aber jedenfalls davon auszugehen, dass die Testergebnisse des Klägers betreffend den MMPI-2 durch eine damals angeblich gegebene Einnahme der vom Kläger benannten Medikamente Bisoprolol (Beta-Blocker) und Citalopram (Antidepressivum) nicht beeinflusst worden sind. Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist Bisoprolol ein gängiges, zur Dauermedikation vorgesehenes Medikament, das keinerlei Einschränkungen hinsichtlich gefahrgeneigter Tätigkeiten wie Autofahren oder das Bedienen von Maschinen mit sich bringt. Ein Einfluss auf die Beantwortung der Testfragen durch den Kläger sei deshalb auszuschließen. Aufgrund der Angabe des Klägers, die Medikation mit Citalopram sei mindestens ein Jahr vor der Begutachtung begonnen worden, hat der Sachverständige ausgeführt, es sei schon wegen dieser zeitlichen Komponente sehr unwahrscheinlich, dass das Medikament zum Zeitpunkt der Begutachtung Einfluss auf die Konzentrationsfähigkeit des Klägers gehabt haben könne. Ihm sei zudem keine wissenschaftliche Untersuchung bekannt, wonach die Einnahme von Bisoprolol oder Citalopram Einfluss auf die Testergebnisse des MMPI-2 habe.

Der Sachverständige hat schließlich überzeugend begründet, warum die im letzten Entlassungsbericht der Klinik B1. vom 6. November 2012 genannten, die psychische Verfassung des Klägers betreffenden Diagnosen das Ergebnis seines Gutachtens nicht in Frage stellen. Dass die Klinik trotz der wiederholten stationären Behandlung des Klägers, zuletzt in den Jahren 2009, 2011 und 2012, keine Persönlichkeitsstörung, sondern lediglich narzisstische Persönlichkeitsanteile, nicht aber paranoide feststellt, erklärt sich danach zum einen aus der Tatsache, dass die Klinik keinen Einblick in die den Kläger betreffenden Akten des beklagten Landes gehabt hat, mithin das Verhältnis zum Dienstherrn und das Agieren des Klägers dort unbekannt war und ist, und zum anderen daraus, dass für die Klinik als Behandler der Patient und dessen Erleben im Fokus stehen. Im Gegensatz hierzu habe der als Gutachter tätig werdende Arzt eine unabhängige Position inne. Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, bedeute lediglich, dass sich die depressive Symptomatik, die neben der Persönlichkeitsstörung bestehen könne, im Laufe des Jahres 2012 offenbar verschlechtert, durch den Klinikaufenthalt aber wieder verbessert habe. Die Diagnose einer somatoformen autonomen Funktionsstörung (F 45.3) lasse sich aufgrund der Angaben im Entlassungsbericht schon nicht nachvollziehen. Der Entlassungsbericht stellt die Schlussfolgerungen des Gutachtens auch insoweit nicht in Frage, als dort ausgeführt wird, der Kläger sei bei Entlassung mit gewissen Einschränkungen auf dem freien Arbeitsmarkt altersgerecht leistungsfähig gewesen. Diese Feststellung hat vor dem Hintergrund der vorliegenden Persönlichkeitsstörung keine Aussagekraft für die Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit und allgemeinen Dienstfähigkeit des Klägers. Hierfür maßgeblich ist, welche Einschränkungen sich aufgrund der gesundheitlichen Verfassung des Klägers für die Erfüllung seiner Pflichten im Polizeivollzugsdienst oder im sonstigen Landesdienst ergeben.

II. Die vom beklagten Land vor Erlass des Bescheides vom 14. Juni 2007 versäumte Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten führt nicht zum Erfolg der Klage. Der Kläger hat gemäß § 46 VwVfG NRW keinen Anspruch auf Aufhebung der Zurruhesetzungsverfügung vom 14. Juni 2007 und des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2007. Es fehlt damit an der für eine Aufhebung der Bescheide erforderlichen Rechtsverletzung im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Nach § 46 VwVfG NRW kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 VwVfG NRW nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Weder macht die Nichtbeteiligung der Gleichstellungsbeauftragten die Zurruhesetzungsverfügung nichtig, noch begründet sie einen absoluten - die Anwendung des § 46 VwVfG NRW ausschließenden - Verfahrensfehler.

OVG NRW, Urteil vom 24. Februar 2010 - 6 A 1978/07 -, DVBl 2010, 981 ff. = juris Rdnr. 92 ff. vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. April 2013 - 6 A 479/13 -, juris Rdnr. 6, zur Versetzung.

Es ist offensichtlich, dass die Nichtbeteiligung der Gleichstellungsbeauftragten die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Gemäß §§ 194 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 1, 194 Abs. 3, 45 Abs. 3, 46 LBG NRW a.F. musste das beklagte Land den Kläger wegen dessen Dienstunfähigkeit und auch des Fehlens einer begrenzten Dienstfähigkeit in den Ruhestand versetzen. Ein Entscheidungsspielraum war insoweit nicht eröffnet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und des § 127 BRRG liegen nicht vor.