VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 04.06.2013 - 14 K 1739/13
Fundstelle
openJur 2013, 29350
  • Rkr:

Zum Nachweis eines die Rundfunkgebührenbefreiung rechtfertigenden besonderen (atypischen) Härtefalls ist regelmäßig die Vorlage eines Negativbescheides mit dem zugehörigen Berechnungsbogen oder einer Bescheinigung der Sozialbehörde erforderlich, ausweislich derer die Einkünfte des Rundfunkteilnehmers die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrages überschreiten.

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L. aus H. wird abgelehnt.

Gründe

Die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 114, § 115 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet aus den Gründen des angefochtenen Bescheides vom 14. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2013 sowie insbesondere der umfänglichen Klageerwiderung des Beklagten, auf die Bezug genommen wird, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die beantragte Rundfunkgebührenbefreiung.

Die gerichtliche Überprüfung erstreckt sich nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), der die Kammer folgt, in Fällen, in denen eine Rundfunkgebührenbefreiung nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag in der bis Ende Dezember 2012 geltenden Fassung (RGebStV) erstrebt wird, regelmäßig auf die Gültigkeitsdauer der vorzulegenden Sozialleistungsbescheide (vgl. § 6 Abs. 6 RGebStV). Wird ein solcher, wie hier, nicht vorgelegt, weil der Streitgegenstand eine Befreiung im Rahmen der Härtefallregelung ist, kann sich der Überprüfungszeitraum auf den der (ggf. neuerlichen) Antragstellung folgenden Monat bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides beziehen.

OVG NRW, Beschluss vom 3. Juli 2007 - 16 E 294/07 -, DVBl 2007, 1184 sowie juris und www.nrwe.de.

Das ist hier die Zeit von Oktober 2012 (Monat nach der Antragstellung) bis einschließlich Februar 2013 (Erlass des Widerspruchsbescheides).

Demgemäß ist der Entscheidung für die von Oktober bis einschließlich Dezember 2012 begehrte Rundfunkgebührenbefreiung die in dieser Zeit geltende Fassung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages in der Fassung des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages, zuletzt geändert durch den Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 2. April 2009 (GV. NRW. S. 517) zugrundezulegen. Für die Monate Januar und Februar 2013 ist hingegen der am 1. Januar 2013 in Kraft getretene Rundfunkbeitragsstaatsvertrag in der Fassung des Fünfzehnten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 13. Dezember 2011 (GV. NRW. S. 661) - RdFunkBeitrStVtr - einschlägig.

Der Kläger hat auf der Grundlage der von ihm vorgelegten Bescheide und seines sonstigen Vorbringens keinen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebühren- bzw. -beitragspflicht. Er erfüllt weder die Voraussetzungen des § 6 RGebStV noch des § 4 RdFunkBeitrStVtr.

1. Die Befreiungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 RGebStV liegen nicht vor.

Nach dieser seit April 2005 einschlägigen Bestimmung werden von der Rundfunkgebührenpflicht auf Antrag natürliche Personen und deren Ehegatten im ausschließlich privaten Bereich nur dann befreit, wenn der Betroffene zu dem dort enumerativ aufgeführten Personenkreis gehört, d.h. Hilfen nach den in § 6 Abs. 1 Satz 1, Ziffern 1 bis 6, 9 bis 11 RGebStV genannten Vorschriften erhält und dies durch einen entsprechenden Bewilligungsbescheid nachweist (§ 6 Abs. 2 RGebStV) oder er zu den behinderten Menschen i.S.d. Ziffern 7 und 8 gehört. Eine rückwirkende Befreiung ist nicht möglich (§ 6 Abs. 5 RGebStV). Zudem ist die Befreiung grundsätzlich nach der Gültigkeitsdauer des Sozialleistungsbescheides zu befristen (§ 6 Abs. 6 RGebStV). Die Befreiungstatbestände gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 11 RGebStV sind nach dem Wortlaut und dem Willen des Gesetzgebers abschließend. Eine - ggf. umfangreiche und schwierige - eigenständige Einkommens- und Bedarfsberechnung durch die Rundfunkanstalten findet nicht (mehr) statt.

Vgl. Begründung zur Änderung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages zu Art. 5 Nr. 6 (LT-Drucksache 13/6202, S. 42); OVG NRW, Beschluss vom 3. Juli 2007- 16 E 294/07 -, juris.

Sozialleistungsbescheide im Sinne dieser Bestimmung liegen nicht vor.

Der vom Kläger in Bezug genommene (im übrigen nicht einmal nachgewiesene) Bezug einer (niedrigen) Rente der Knappschaft Bahn-See und damit einer Rente eines gesetzlichen Rentenversicherungsträgers nach dem SGB VI steht den in § 6 Abs. 1 RGebStV speziell normierten staatlichen Sozialleistungen nicht gleich. Das gilt auch für die Bewilligung von Wohngeld.

2. Eine entsprechende (analoge) Anwendung auf Empfänger "niedriger Einkommen" ist ausgeschlossen. Ausweislich des unmissverständlichen Wortlauts der Norm ist keine planwidrige, dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers entgegenstehende Lücke feststellbar. Der Katalog der in § 6 Abs. 1 RGebStV genannten Befreiungstatbestände ist entsprechend dem gesetzgeberischen Ziel der Verwaltungsvereinfachung und der Begrenzung des begünstigten Personenkreises durch die Bewilligung bestimmter Leistungen oder die Feststellung bestimmter Merkmale abschließend geregelt.

BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2011 - 6 C 34.10 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 28. August 2012 - 16 E 1051/11 - und Urteil vom 25. April 2013 - 16 A 2375/11 -, jeweils juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. August 2008- OVG 11 B 16.08 - juris, Rdnr.13; Sächsisches OVG, Beschluss vom 10. Juni 2009 - 1 D 48/09 - juris, Rdnr. 4;

Es ist in diesem Zusammenhang nicht darauf abzustellen, ob der Rundfunkteilnehmer im Ergebnis Einkünfte in Höhe der in § 6 Abs. 1 RGebStV in Bezug genommenen Sozialleistungen erzielt. Eine solche Auffassung hätte als Konsequenz regelmäßig eine individuelle Prüfung der jeweiligen Einkommenssituation durch die zuständigen Rundfunkanstalten zur Folge. Dem hat der Normgeber seit April 2005 eine eindeutige Absage erteilt. Ihr ist deshalb nach gesicherter Rechtsprechung nicht zu folgen.

Ständige Rechtsprechung des erkennenden Gerichts (und anderer Gerichte) seit Beschluss vom 12. Juni 2006- 14 K 819/06 - (zu einer gesetzlichen Altersrente zzgl. Wohngeld), nachfolgend vom OVG NRW bestätigt durch Tenorbeschluss vom 5. Dezember 2006 - 16 E 831/06 -, OVG NRW, Beschluss vom 9. November 2006- 16 E 975/06 - (zu Empfängern einer (niedrigen) Erwerbsunfähigkeitsrente zuzüglich Wohngeld) und Beschluss vom 22. September 2009 - 14 K 2129/09 - (zum schwerbehinderten Empfänger einer niedrigen Altersrente).

Entsprechendes gilt für den im Verwaltungsalltag durchaus häufigen Bezug von Wohngeld. Es ist davon auszugehen, dass der betreffende Personenkreis bewusst keinen Eingang in die Vorschrift gefunden hat. Das gilt umso mehr, als der Katalog der in § 6 Abs. 1 RGebStV aufgeführten Befreiungstatbestände mit dem zum 1. März 2007 in Kraft getretenen Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag um drei weitere, bis dahin nicht berücksichtigte Fallgruppen (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 5a, 5b und 11 RGebStV n.F.) ausgedehnt worden ist, in denen eine den übrigen Fällen vergleichbare Bedürftigkeit anzunehmen ist. An der Nichtberücksichtigung der Empfänger insbesondere von Wohngeld hat sich dabei nichts geändert, was sich im Übrigen damit erklärt, dass Wohngeld nicht der Bedarfsdeckung dient, sondern gemäß § 1 Abs. 1 des Wohngeldgesetzes als Miet- oder Lastenzuschuss zu den Aufwendungen für den Wohnraum zur wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens gewährt wird.

Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Januar 2009- 2 S 1949/08 - juris, Rdnr. 16; Sächsisches OVG, Beschluss vom 24. März 2010 - 1 A 26/09 - juris, Rdnr. 8; Bayerischer VGH, Beschluss vom 8. Juni 2009 - 7 ZB 08.2969 - juris, Rdnr. 11 und ständige Kammerrechtsprechung, vgl. Beschluss vom 19. November 2012 - 14 K 3480/12 -, www.nrwe.de und juris.

3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gebührenbefreiung im Rahmen der Härtefallregelung des § 6 Abs. 3 RGebStV.

a) Nach der Ermessensbestimmung des § 6 Abs. 3 RGebStV kann die Rundfunkanstalt unbeschadet der Gebührenbefreiung nach § 6 Abs. 1 RGebStV in besonderen Härtefällen auf Antrag von der Rundfunkgebührenpflicht befreien.

Der (nachvollziehbare) Hinweis auf die bescheidenen finanziellen Verhältnisse des Klägers vermag einen derartigen Befreiungsanspruch nicht zu begründen.

Härtefallregelungen wie § 6 Abs. 3 RGebStV stellen eine gesetzliche Ausprägung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dar. Sie sollen gewährleisten, dass auch in Ausnahmefällen, die wegen ihrer atypischen Ausgestaltung nicht im Einzelnen vorherzusehen sind und sich daher nicht mit den abstrakten Merkmalen der Gesetzessprache erfassen lassen, ein Ergebnis erreicht wird, das dem Regelergebnis in seiner grundsätzlichen Zielsetzung gleichwertig ist. § 6 Abs. 3 RFGebStV enthält nach der Absicht des Gesetzgebers hingegen keine allgemeine Härte-Auffangklausel.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. April 2013 - 16 A 2375/11 -, a.a.O., juris, RdNr. 45; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. August 2008 - OVG 11 B 16.08 -, juris, Rdnr. 15; vgl. auch Bayerischer VGH, Urteil vom 16.Mai 2007 - 7 BV 06.1645 -, m.w.N..

Eine solche vom gesetzlich geregelten Normalfall abweichende Sondersituation ist im Fall des Klägers aufgrund des Bezuges einer (niedrigen) Rente sowie von Wohngeld nicht dargelegt, da der Normgeber des Rundfunkgebührenstaatsvertrages, wie oben ausgeführt, die hier gegebene Fallkonstellation der "bloßen Einkommensschwäche" nicht ungeregelt gelassen, sondern ganz bewusst aus dem Katalog der Befreiungsgründe ausgeklammert hat.

Allein die Tatsache, dass der Kläger in dem streitigen Zeitraum möglicherweise lediglich ein Einkommen erzielt haben mag, das dem in § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 11 RGebStV benannten Personenkreis der Höhe nach üblicherweise zur Verfügung steht, begründet mithin im vorstehenden Zusammenhang regelmäßig ebenso wenig eine "atypische Fallkonstellation", wie es bei anderweitigen Empfängern niedriger Einkommen (z.B. Empfängern niedriger ALG - I -Leistungen oder von Krankengeld) der Fall ist.+

Die vertragsschließenden Länder haben mit dem Rundfunkgebührenstaatsvertragsrecht in der hier anzuwendenden Fassung eine Erleichterung des Verfahrens angestrebt, um die früher umfangreichen und schwierigen Berechnungen der Rundfunkanstalten bei der Befreiung wegen geringen Einkommens zu vermeiden. Durch § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV sollte für einkommensschwache Personen eine bescheidgebundene Befreiungsmöglichkeit eröffnet werden, wobei die Befreiungstatbestände abschließend und die Rundfunkanstalten bei ihrer Entscheidung an die entsprechenden Sozialleistungsbescheide gebunden sein sollten.

Angesichts dieses Normzwecks, der in § 6 RGebStV klar zum Ausdruck kommt, kann die gewollte Beschränkung der Befreiungstatbestände auf durch Leistungsbescheid nachweisbare Fälle der Bedürftigkeit regelmäßig nicht dadurch umgangen werden, dass einkommensschwache Personen, die keine der in § 6 Abs. 1 RGebStV benannten Sozialleistungen erhalten, weil sie deren Voraussetzungen nicht (mehr) erfüllen oder diese Leistungen nicht in Anspruch nehmen (wollen), dem Härtefalltatbestand des § 6 Abs. 3 RGebStV zugeordnet werden. Denn andernfalls würde der klar zutage getretene Wille der Staatsvertragsschließenden bzw. des Landesgesetzgebers missachtet, nicht durch konkret benannte Bescheide belegte allgemeine Fälle des Bezuges geringer Einkommen nicht mehr zu berücksichtigen. Die Betroffenen sind ggf. vielmehr auf die Inanspruchnahme von Sozialleistungen iSv § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV zu verweisen, etwa auf eine ergänzende Grundsicherung bei Erwerbsminderung bzw. im Alter. Ihnen ist es zumutbar, sich hierum zu bemühen.

Dieses Auslegungsergebnis steht mit höherrangigem Recht im Einklang. Die Obliegenheit, entsprechende Leistungen zu beantragen, verstößt weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), noch gegen das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG). Diesem Gebot tragen die Befreiungstatbestände des § 6 RGebStV dadurch Rechnung, dass sie einkommensschwachen Personen die Möglichkeit einer bescheidgebundenen Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht einräumen. Das entspricht sowohl der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen als auch der Rechtsprechung anderer Obergerichte und ist vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich bestätigt worden.

BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 2008 - 6 B 1/08 - juris, Rdnr. 5 ff. und Urteil vom 12. Oktober 2011 - 6 C 34.10 -, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Juli 2007 - 16 E 294/07 - und vom 28. August 2012 - 16 E 1051/11 - sowie Urteil vom 25. April 2013 a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 1. Februar 2008 - 7 D 11158/07 -; OVG Nds., Beschluss vom 12. Mai 2009 - 4 LB 188/08 -, juris, Rdnr. 25; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15. Januar 2009 - 2 S 1949/08 -, juris; vgl. auch ständige Rechtsprechung der Kammer: Urteil vom 17. April 2008 - 14 K 358/06 -, www.nrwe.de und Beschluss vom 19. November 2012 - 14 K 3480/12 -, www.nrwe.de sowie juris.

(Nur) Bei Bewilligung entsprechender Leistungen sind auch die Voraussetzungen für eine Rundfunkgebührenbefreiung ohne weiteres gegeben. Eine solche Leistung ist dem Kläger nach den von ihm vorgelegten Unterlagen für den vorliegend streitbefangenen Zeitraum gerade nicht bewilligt worden.

Sonstige Gründe, die ihn als Einzelfall betreffen und aus der Gruppe der Renten- bzw. Wohngeldempfänger mit vergleichbarem Einkommen herausheben, sind von ihm weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

b) Nichts anderes folgt aus der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das im übrigen ausdrücklich die Verfassungsmäßigkeit der betreffenden Bestimmungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrages bestätigt hat.

Beschluss vom 9. November 2011 - 1 BvR 665/10 -, juris, RdNr. 17.

Es ist auf der Grundlage der Angaben des Klägers und der von ihm dazu vorgelegten Belege weder dargelegt noch gar nachgewiesen worden, dass sein Einkommen im hier streitigen Zeitraum zwar den regelsatzbemessenen Bedarf überschreitet, die überschießenden Mittel aber nicht mehr zur Bestreitung der monatlichen Rundfunkgebühr reichen. Lediglich eine solche Konstellation einer geringfügigen Bedarfsüberdeckung wird aber von der vorzitierten bundesverfassungsrechtlichen Rechtsprechung erfasst.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. August 2012 - 16 E 1051/11 -, juris und www.nrwe.de und vom 10. Mai 2013 - 16 E 222/13 - (nicht veröffentlicht); vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Januar 2012 - OVG 11 N 33.10 - und OVG Lüneburg, Beschluss vom 11. Juni 2012 - 4 PA 153/12 -, jeweils juris

Unter Zugrundelegung der - nicht weiter belegten - Angaben des Klägers im Widerspruchsverfahren, die im Klageverfahren nicht substantiiert worden sind, ergäbe sich, dass das monatliche Familieneinkommen bereits ohne Berücksichtigung der zu zahlenden Rundfunkgebühr den sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf für einen Zwei-Personen-Haushalt deutlich unterschreiten würde. Denn ausweislich des Vortrags im Anwaltsschriftsatz vom 13. Dezember 2012 (Bl. 24 VV) "beschränkt sich" das Einkommen (allerdings wohl nur des Klägers) neben einem Wohngeldzuschuss i.H.v. 27,00 € "im Übrigen auf eine niedrige Rente...in Höhe von 560,54 €". Unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens über die monatliche Miethöhe von 370,09 € verblieben dem Kläger und seiner Ehefrau monatlich lediglich 217,54 €. Dass die Eheleute von diesem - bereits den Regelsatz für eine Person deutlich unterschreitenden - Betrag ihren Lebensunterhalt bestreiten könnten, erscheint fernliegend.

Dementsprechend werden denn auch in dem zudem vorgelegten Wohngeldbescheid bei der "Berechnung des Gesamteinkommens" für die Eheleute als "sonstige Einnahmen" 12.939,60 € und (geringe) Einkünfte aus Kapitalvermögen ausgewiesen. Auch aus den - dem Beklagten nicht zugänglich zu machenden - Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im vorstehenden Prozesskostenhilfeverfahren ergibt sich, dass den Eheleuten neben der vom Kläger ausdrücklich benannten Rente der Knappschaft-Bahn-See (Rente für Bergleute) weitere, nicht gänzlich unerhebliche Einkünfte des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sowie Leistungen einer wohl privaten Lebens-/Rentenversicherung zur Verfügung stehen.

Diese Einkünfte sind bei der Prüfung eines etwaigen Anspruchs auf ergänzende Grundsicherungsleistungen einzubeziehen.

In einer solchen Konstellation unterliegt die (genaue) Berechnung eines solchen Anspruchs weder dem Beklagten noch dem Verwaltungsgericht. Vielmehr müssen Rundfunkteilnehmer mit einem - potenziellen - Sozialleistungsanspruch sich der Prüfung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse durch die hierfür personell und sachlich ausgestatteten Sozialleistungsbehörden unterziehen, statt den Beklagten auf eine umfassende Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse zu verweisen, die diesem nach dem das Recht der Rundfunkgebührenbefreiung prägenden Grundsatz der bescheidgebundenen Befreiung gerade nicht zukommt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Mai 2013 - 16 E 222/13 -, (soweit ersichtlich unveröffentlicht), vorgehend Beschluss der Kammer vom 5. Februar 2013 - 14 K 5343/12 -.

Dem hat der Kläger auch letztlich Rechnung getragen. Aus dem nach Erlass des Widerspruchsbescheides vorgelegten Bescheid des Integrationscenters für Arbeit H. vom 21. März 2013 (Bl. 42 VV) ergibt sich, dass der Antrag des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (vom selben Tag?) abgelehnt worden ist, weil er "mit den...nachgewiesenen Einkommensverhältnissen...nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II" ist.

Hiernach wäre eine vom Bundesverfassungsgericht entschiedene Konstellation einer nur geringfügigen Bedarfsüberdeckung auch im Fall des Klägers zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Um das abschließend beurteilen zu können, ist indessen regelmäßig die Vorlage des zugehörigen Berechnungsbogens des Ablehnungsbescheides (sog. Negativbescheid) unerlässlich. Denn nur auf der Grundlage dieser Berechnung ist für den Beklagten und ggf. für das Gericht überprüfbar, ob die maßgeblichen Einkünfte des Rundfunkteilnehmers die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrages überschreitet, mit anderen Worten das dem Kläger zur Verfügung stehende Einkommen so geringfügig über dem Bedarfssatz liegt, dass er zur Bestreitung der Rundfunkgebühren auf den Grundbedarf zurückgreifen müsste. Alternativ genügt eine ausdrückliche Bescheinigung der Sozialbehörde bzw. Begründung im Negativbescheid, ausweislich derer die Einkünfte des Rundfunkteilnehmers die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten.

Den Berechnungsbogen, auf den in dem Bescheid vom 21. März 2013 auch Bezug genommen wird, bzw. eine diesen Anforderungen genügende Bescheinigung hat der Kläger indessen trotz entsprechender Hinweise des Beklagten, zuletzt unter dem 22. März 2013, nicht vorgelegt, auch nicht im Gerichtsverfahren.

Ein atypischer Härtefall i.S.d. § 6 Abs. 3 RGebStV ist damit auch nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht hinreichend dargetan bzw. belegt (vgl. § 6 Abs. 2 RGebStV).

4. Nichts anderes gilt für die Rechtslage ab Januar 2013. Die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht ist ab diesem Zeitpunkt in § 4 RdFunkBeitrStVtr geregelt.

a) Gemäß § 4 Abs. 1 RdFunkBeitrStVtr ist eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht weiterhin an den Bezug bestimmter staatlicher Sozialleistungen gebunden. Insbesondere knüpft der Katalog der nach wie vor abschließend benannten Befreiungstatbestände an die Regelungsgrundsätze des § 6 Abs. 1 RGebStV an. Dieser hat sich ausweislich der Begründung zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag "in der Praxis bewährt".

vgl. LT- Drucksache 15/1303, S. 39 f. zu § 4 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag, wonach die Neuregelung des § 4 einen Beitrag zur Fortsetzung einer sicheren Rechtsanwendung leiste, sowohl für die Antragsteller als auch für andere Verfahrensbeteiligte.

Lediglich für taubblinde Menschen und Empfänger von Blindenhilfe nach § 72 SGB XII wurden mit der Nummer 10 Befreiungsberechtigte neu aufgenommen. Darüber hinaus wird für Menschen mit Behinderungen im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 RdFunkBeitrStVtr die Beitragspflicht (lediglich) auf ein Drittel des Beitrags ermäßigt. Die betreffenden Fallgruppen der Nummern 1 bis 3 entsprechen den Befreiungstatbeständen der Nummern 7 und 8 des § 6 Abs. 1 Satz 1RGebStV.

Vgl. Begründung zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wie vorzitiert.

Da der Kläger auf der Grundlage der obigen Ausführungen unter 1. mithin weder die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 RdFunkBeitrStVtr (vormals § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV) noch des § 4 Abs. 2 RdFunkBeitrStVtr (vormals § 6 Abs. 1 Satz 1 Nummern 7 und 8 RGebStV) erfüllt, hat er auch für Januar und Februar 2013 keinen Anspruch auf Befreiung oder auf Ermäßigung von der Rundfunkbeitragspflicht.

b) Es liegt auch nach wie vor kein besonderer Härtefall vor. Nach der neu gefassten Regelung in § 4 Abs. 6 Satz 1 RdFunkBeitrStVtr hat die Landesrundfunkanstalt unbeschadet der Beitragsbefreiung nach Absatz 1 in besonderen Härtefällen auf gesonderten Antrag von der Beitragspflicht zu befreien. Eine Härtefall liegt nach Satz 2 insbesondere vor, wenn eine Sozialleistung nach Abs. 1 Nr. 1 bis 10 in einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten. Hieraus wird ersichtlich, dass, abgesehen davon, dass es sich nunmehr um eine gebundene Entscheidung handelt, keine grundsätzlich andere Auslegung des Begriffs des "besonderen Härtefalls" geboten ist. Die Staatsvertragsschließenden haben in Satz 2 vielmehr lediglich die vorstehend unter 3. b) angeführte, vom Bundesverfassungsgericht in den Blick genommene besondere Situation eines Beitragspflichtigen gesondert angeführt. Weder diese noch eine andere atypische Konstellation ist im Fall des Klägers indessen für Januar und Februar 2013 zu bestätigen, wie sich aus den Ausführungen unter 3. ergibt.