FG Hamburg, Urteil vom 13.02.2013 - 5 K 50/11
Fundstelle
openJur 2013, 28524
  • Rkr:
Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den Abzug von Werbungskosten des Klägers zu 2) bei dessen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Der Kläger zu 2), geb. ... 1941, ist Pastor im Bereich der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche und wurde mit Wirkung zum ... 2006 in den Ruhestand versetzt. In der Urkunde vom ... 2006 (Hefter Einkommensteuerunterlagen 2005-2007 Bl. 217) heißt es: "Mit dem Beginn des Ruhestandes ist ...A...unter Aufrechterhaltung seines Dienstverhältnisses auf Lebenszeit ...der Pflicht zur Dienstleistung enthoben. Auftrag und Recht zur öffentlichen Wortverkündigung und zur Sakramentsverwaltung werden durch die Zurruhesetzung nicht berührt". Im Streitjahr 2008 bezog er als Pastor im Ruhestand Versorgungsbezüge.

Mit seiner Einkommensteuererklärung machte er im Rahmen der erklärten Versorgungsbezüge/Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Werbungskosten in Höhe von 4.871 € geltend, u. a. Aufwendungen für ein Arbeitszimmer (2.099 €), Reisekosten (836 €), im Übrigen Kosten für Bücher, Büromaterial und Geschenke. Mit Einkommensteuerbescheid 2008 vom 30.03.2010 berücksichtigte der Beklagte neben einem Versorgungsfreibetrag in Höhe von 3.744 € den Werbungskostenpauschbetrag für Versorgungbezüge in Höhe von 102 €, erkannte aber weitergehende Aufwendungen mit der Begründung nicht an, dass ein Werbungskostenabzug für einen pensionierten Pastor nicht in Betracht komme.

Den hiergegen am 30.04.2010 mit Hinweis auf den lebenslangen Auftrag eines Pastors eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 20.01.2011 nach Teilabhilfe hinsichtlich anderer Streitpunkte als unbegründet zurück. Unter dem 27.04.2012 änderte der Beklagte den Bescheid nochmals zugunsten der Kläger hinsichtlich hier nicht streitiger Punkte.

Am 23.02.2011 haben die Kläger Klage erhoben.

Die Kläger tragen vor:

Die als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen seien dem Kläger im Zusammenhang mit seiner nunmehr im Ruhestand ausgeübten Tätigkeit als Pastor entstanden. Wie auch das Nordelbische Kirchenamt in der Bescheinigung vom 11.05.2004 bestätigt habe, bestehe das Pfarrdienstverhältnis nach dem Eintritt des Pastors in den Ruhestand fort, auch wenn die Pflicht zur Dienstleistung entfallen sei. Weiterhin übernehme er, der Kläger, z. T. auf Anfrage, zum Teil aus eigener Initiative, pastorale Aufgaben wie z. B. Gottesdienste, Predigten, Taufen, Trauungen, Beerdigungen. Zur Vorbereitung hierauf nutze er sein Arbeitszimmer, in dem die theologische Literatur ebenso wie Telefon, Telefax und PC untergebracht seien und das weiterhin den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit darstelle. Darüber hinaus bereite er hier auch seine seit einer mündlichen Absprache aus der Zeit vor seinem Ruhestand ca. im 2-Wochen-Rhythmus erfolgenden Besuche in der Kindertagesstätte B vor und treffe die Bild- und Liederauswahl. Über seinen PC stehe er zudem regelmäßig ... zwischen 20 und 22 Uhr dem unter www... angebotenen Chat als Gehörlosenpastor zur Verfügung. Diese Tätigkeit beruhe auf seinem langjährigen Engagement in dem entsprechenden Fachausschuss, dessen Mitglied er nach wie vor sei. Schließlich habe er im Jahr 2008 die von ihm, dem Kläger, selbst betreute Reise der C Gehörlosengemeinde nach D von seinem Arbeitszimmer aus organisiert. Die geschilderten Tätigkeiten würden nicht vergütet. Allerdings erhalte er für die Fachausschutzsitzungen und Konvente und anlässlich der Dienste in der Gehörlosenseelsorge Fahrgelderstattungen. Ein wirtschaftlich begründeter Veranlassungszusammenhang mit der fortdauernden Tätigkeit als Pastor sei gegeben. Die von dem Beklagten gegen den Werbungskostenabzug angeführte finanzgerichtliche Rechtsprechung greife zu kurz, zumal eine rechtliche Verpflichtung keine Voraussetzung für den Werbungskostenabzug sei. Die Kläger verweisen zudem auf die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu den nachträglichen Werbungskosten.

Die Kläger beantragen,

die Einspruchsentscheidung vom 20.01.2011 und den Bescheid für 2008 über Einkommensteuer vom 27.04.2012 dahingehend zu ändern, dass weitergehende Werbungskosten im Rahmen nichtselbständiger Arbeit des Klägers zu 2) in Höhe von 4.769 € berücksichtigt werden und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Seiner Ansicht nach ist ein Veranlassungszusammenhang der Aufwendungen mit den Versorgungsbezügen des Klägers nicht ersichtlich, da die Aufwendungen nicht auf Einkunftserzielung oder Erhaltung von Einkünften gerichtet seien.

Dem Senat haben Band II der Einkommensteuerakten, ein Hefter mit Einkommensteuerunterlagen für 2005-2007 und Band II der Rechtsbehelfsakten vorgelegen.

Auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2013 wird verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Beklagte hat den begehrten Werbungskostenabzug zu Recht versagt.

I.

1. § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bestimmt Werbungskosten als Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Die Rechtsprechung hat den Werbungskostenbegriff allerdings dem Begriff der Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4 EStG angeglichen. Werbungskosten liegen danach über den unmittelbaren Wortlaut des § 9 Abs. 1 EStG hinaus vor, wenn sie durch den Beruf bzw. durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (BFH Beschluss vom 04.02.2009 VI B 77/98, BFH/NV 2009, 760). Maßgeblich ist, dass die Aufwendungen zu einer der Einkunftsarten i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 4-7 EStG in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zurechnungszusammenhang stehen (vgl. BFH Beschluss vom 04. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817; BFH Urteil vom 02.05.2001 VIII R 32/00, BStBl II 2001, 668; BFH Urteil vom 09.02.2012 VI R 23/10, BStBl II 2012, 829; BFH Urteil vom 06.05.2010 VI R 25/09, BStBl II 2010, 851). Hierfür genügt ein schlichter naturwissenschaftlicher Ursachenzusammenhang (im Sinne einer conditio sine qua non) nicht (BFH Urteile vom 17.09.2009 und vom 06.05.2010). Entscheidend dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen "auslösenden Moments", zum anderen die Zuweisung dieses maßgeblichen Bestimmungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (BFH Beschluss vom 04. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817 Tz. 66, 70 f. juris).

Diese Grundsätze gelten auch für nachträgliche Werbungskosten, die entstehen können, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses Aufwendungen im Zusammenhang mit demselben erbringt. In einem solchen Fall muss bereits zu dem Zeitpunkt, in dem der Grund für die Aufwendungen gelegt wird, der dargestellte berufliche Zusammenhang bestehen (BFH Urteil von 16.11.2011 VI R 97/10, BStBl II 2012, 343).

2. Im Streitfall fehlt es an dem erforderlichen Veranlassungszusammenhang. Die geltend gemachten Aufwendungen des Klägers sind nicht durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst.

a) Bei dem Einkommen, das der Kläger im Streitjahr bezogen hat, handelt es sich um Bezüge aus früheren Dienstleistungen i. S. v. § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG, um Versorgungsbezüge i. S. v. § 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Buchstabe a EStG aufgrund gesetzlicher Vorschriften, die beamtenrechtlichen Vorschriften gleichstehen. Sie stellen keine Gegenleistung für Tätigkeiten nach dem Eintritt in den Ruhestand dar, sondern nachträgliches Entgelt für die vor dem Ruhestand geleistete Arbeit, und begründen keinen Veranlassungszusammenhang mit den hier in Rede stehenden Aufwendungen.

Dies steht im Einklang auch mit der Rechtsstellung der "Pastoren" in der Vereinigten-Lutherischen Kirche Deutschlands, die in dem Kirchengesetz bzw. Pfarrergesetz (PfG) vom 19.10.1995 in der im Streitjahr geltenden Fassung vom 15.11.2007 geregelt ist (Abl. VELDK 1995 Bd. VI S. 274, 2007 Bd. VII S. 376). Sie ist durch die Ordination auf der einen Seite (II. Abschnitt PfG) und das Dienstverhältnis auf der anderen Seite (IV. Abschnitt PfG) geprägt. Mit der Ordination werden Auftrag und Recht zur öffentlichen Wortverkündigung (Predigt) und Sakramentsverwaltung übertragen. Auftrag und Recht sind auf Lebenszeit angelegt; die Ordinierten sind verpflichtet, sich in ihrer Amts- und Lebensführung so zu verhalten wie es ihrem Auftrag entspricht (§ 4 Abs.1 und 2 PfG). Die in der Ordination begründeten Rechte und Pflichten sind für Ordinierte, die in einem kirchlichen Dienstverhältnis stehen, auch Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis (§ 4 Abs.3 PfG). Die Ordination setzt voraus, dass ein geordneter kirchlicher Dienst übertragen werden soll, der die öffentliche Wortverkündigung und die Sakramentsverwaltung einschließt (§ 5 Abs.1 PfG). Auch das Dienstverhältnis der Pfarrer und Pfarrerinnen ist gem. § 1 Abs. 1 S. 2 PfG ein solches auf Lebenszeit. Es wird durch die Berufung zum Pfarrer oder zur Pfarrerin begründet, mit der die Übertragung einer Pfarrstelle oder einer allgemeinkirchlichen Aufgabe verbunden ist (§ 23 PfG). Der IX. Abschnitt des PfG enthält in §§ 69-80 Regelungen betr. den Schutz, die Fürsorge und Beteiligung der Gesamtpfarrervertretung. Gem. § 70 Abs.1 PfG haben Pfarrer und Pfarrerinnen Anspruch auf angemessenen Unterhalt ..., insbesondere durch Gewährung von Besoldung und Versorgung. Pfarrer und Pfarrerinnen treten mit Ende des Monats, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden, in den Ruhestand (Abschnitt XI § 104 Abs. 1 PfG). Gem. § 109 Abs. 1 und 3 PfG sind sie mit dem Beginn des Ruhestands unter Aufrechterhaltung des Pfarrerdienstverhältnisses der Pflicht zur Dienstleistung enthoben und erhalten Versorgungsbezüge. Letztere sind gegenüber den Dienstbezügen reduziert (de Wall/Muckel, Kirchenrecht 2009 S. 278; Kirchengesetz über die Versorgung der Pfarrer...in der Evangelischen Kirche in Deutschland - Versorgungsgesetz vom 01.07.2005 i. d. F. vom 05.12.2007, Abl. EKD 2005 S. 415 und 2008 S. 78). Im Übrigen unterstehen sie weiter der Lehrverpflichtung und der Amtspflicht i. S. v. §§ 66-68 und damit der Lehraufsicht und der Disziplinargewalt. D. h. sie verletzen ihre Lehrverpflichtung bzw. ihre Amtspflicht, wenn sie öffentlich durch Wort oder Schrift in der Darbietung der christlichen Lehre oder in ihrem gottesdienstlichen Handeln in Widerspruch zum Bekenntnis der Evangelisch-Lutherischen Kirche treten oder auf andere Weise schuldhaft gegen die in der Ordination begründeten Pflichten verstoßen (§ 66 PfG). Die Regelungen in §§ 56 - 56d PfG über Nebentätigkeiten (Nebenamt, Nebenbeschäftigung, öffentliches oder kirchliches Ehrenamt) gelten gem. § 109 Abs. 2 PfG entsprechend.

Auf der Grundlage der vorgenannten Regelungen übt der Kläger die geschilderten Tätigkeiten freiwillig in dem Sinne aus, dass er seine Versorgungsbezüge auch ohne die Tätigkeiten erhält. Denn gem. § 109 PfG erhält der Pfarrer im Ruhestand Versorgungsbezüge und besteht eine Dienstleistungspflicht nach dem Eintritt in den Ruhestand nicht mehr. Der Hinweis auf die Lehrverpflichtung bzw. Amtspflicht in § 109 Abs. 1 S. 2 PfG steht dem nicht entgegen. In Verbindung mit den in Bezug genommenen Vorschriften in §§ 66-68 PfG wird deutlich, dass hier allein Verhaltenspflichten im Falle der freiwillig aufgenommenen oder fortgesetzten seelsorgerischen Tätigkeit gemeint sind. Soweit § 4 PfG allgemeine Verhaltensregelungen für die Lebensführung enthält bzw. hieraus eine Pflicht zur Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung abgeleitet wird (vgl. de Wall/Muckel a. a. O. S. 269), bestehen sie zwar aufgrund des Auftrages auf Lebenszeit auch nach dem Eintritt in den Ruhestand fort. Sie beruhen aber auch unter Berücksichtigung des § 4 Abs. 3 PfG primär nicht auf dem (fortbestehenden) Dienstverhältnis, sondern auf der hiervon zu trennenden Ordination - auch wenn diese prägendes Element des (fortbestehenden) Pfarrerdienstverhältnisses ist (vgl. Blaschke, Erläuterung zum Pfarrergesetz der VELKD 1994 S. 32). Demgegenüber sind Besoldung und Versorgung Folge des öffentlich-rechtlichen Dienst- bzw. Beamtenverhältnisses (vgl. für die Versorgung § 4 Abs. 1 Versorgungsgesetz). So weisen auch de Wall/Muckel (S. 267) und Stein (Evangelisches Kirchenrecht 1980 S. 110) darauf hin, dass Ordinierte ihr Predigtamt auch außerhalb eines Dienstverhältnisses als Pfarrer ehrenamtlich wahrnehmen können (s. a. Blaschke, Pfarrergesetz der VELKD 1994 S. 31).

Der Kläger steht damit im Ergebnis einem emeritierten Professor gleich, für dessen Aufwendungen der Bundesfinanzhof (BFH) einen steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Versorgungsbezügen abgelehnt hat (BFH Urteil vom 05.11.1993 VI R 24/93, BStBl II 1994, 238, in Abgrenzung von einer unklaren Formulierung im BFH Urteil vom 19.06.1974 VI R 37/70, BStBl II 1975, 23; vgl. a. FG Hamburg Urteile vom 28.02.1989 V 315/86, EFG 1989, 452, vom 20.02.1986 V 140/84, EFG 1986, 555 und vom 19.07.2012 3 K 33/11, juris; vgl. a. FG Köln Urteil vom 24.11.2008 5 K 6417/04, EFG 2009, 1204; für Pfarrer im Ruhestand s. a. Sächsisches FG Urteil vom 25.07.2012 8 K 2495/07, juris; FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 12.09.2006 2 K 1375/05, DStRE 2007, 1147; FG Berlin Urteil vom 22.02.1980 II 315/79, EFG 1980, 388; kritisch Rößler DStZ 1995, 86; Vogel DStR 1990, 191; vgl. a. Nds. FG Urteil vom 08.06.1993 III 211/91, EFG 1994, 141, einerseits mit Hinweis auf eine Trennung von Amt und Auftrag, andererseits in Anlehnung an BFH Urteil vom 19.06.1974 einen Werbungskostenabzug insoweit in Betracht ziehend als der Pfarrer im Ruhestand mit der Vertretung einer Pfarrstelle betraut oder ihm in vergleichbarem Umfang die Wahrnehmung kirchlicher Aufgaben übertragen wird). In Abgrenzung zu einer - seinerzeit nicht entscheidungserheblichen - Aussage in der Entscheidung des BFH vom 19.06.1974 (Tz. 12 juris; ähnlich FG Nds. a. a. O. Tz. 18) sind nach dem BFH Urteil vom 05.11.1993 (Tz. 9 juris) die nach Eintritt in den Ruhestand bezogenen Emeritenbezüge auch nicht teilweise Erwerbseinkünfte i. S. v. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG für die ohne rechtliche Verpflichtung aufgrund des fortbestehenden Lehr- und Forschungsrechts ausgeübte Tätigkeit. Dies beruhe darauf, dass die Bezüge nicht Gegenleistung für geschuldete Dienstleistungen seien, vielmehr auch ohne weitere Dienstleistung gezahlt würden. Dann könne es auch nicht darauf ankommen, ob tatsächlich freiwillige Dienstleistungen erbracht würden. Der Umstand, dass tatsächlich erbrachte Leistungen des emeritierten Professors mit den Bezügen als abgegolten betrachtet werden, die er auch ohne die Leistung erhalten hätte, rechtfertige nicht die Beurteilung, dass diese Bezüge die Gegenleistung für die tatsächlich erbrachte Leistung sind. Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung sind die Bezüge im Gegenteil nachträgliches Entgelt allein für die in der Zeit vor dem Ruhestand geleistete Arbeit (vgl. a. Sächsisches FG Urteil vom 25.07.2012 a. a. O. Tz. 29 juris; FG Berlin Urteil vom 22.02.1980 a. a. O.; FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 12.09.2006 a. a. O. Tz. 15) und fehlt es an dem wirtschaftlichen Zusammenhang der Bezüge mit den Aufwendungen für in der Zeit des Ruhestands entfaltete Tätigkeiten (BFH Urteil vom 05.11.1993 a. a. O. Tz. 11).

Dem schließt sich der Senat an.

Der gegen die genannte Rechtsprechung häufig angeführte Vergleich zu dem Werbungskostenabzug eines Beamten auf Lebenszeit im höchsten Amt seiner Laufbahn trägt ebenso wenig wie der - im Grundsatz allerdings zutreffende - Hinweis darauf, dass eine Verpflichtung zur Vornahme des Aufwands oder zu der unmittelbar den Aufwand verursachenden Handlung nicht Voraussetzung für den Werbungskostenabzug ist (s. bei Vogel a. a. O. S. 192) und sich der Aufwand nicht auf die Höhe der Einkünfte auswirken muss (vgl. BFH Urteil vom 06.05.2010 a. a. O.). Entscheidend ist vielmehr, dass die den Anlass für die Aufwendungen bietende fortgesetzte Forschungs- oder Lehrtätigkeit (für Hochschullehrer) bzw. seelsorgerische Tätigkeit (für Pastoren) in der Zeit des Ruhestands keine Einkunftsquelle mehr darstellt, da die Bezüge ohne Rücksicht auf die fortgesetzte Tätigkeit, d. h. auch ohne die fortgesetzte Tätigkeit geleistet werden. Es fehlt der für den Werbungskostenabzug maßgebliche wirtschaftliche Zusammenhang der Aufwendungen mit einer der Einkünfteerzielung dienenden Tätigkeit, die eine Einkunftsquelle darstellt (vgl. Kreft in: Hermann/Heuer/Raupach EStG § 9 Lfg. Dez. 2010 Rn. 145). Diese Voraussetzung erfüllt anders als der Kläger der zitierte Beamte, der trotz fehlender Aufstiegsmöglichkeit Fachliteratur o. a. Fortbildungsmöglichkeiten erwirbt und sie im Rahmen seiner Berufsausübung nutzt, die ihm wiederum der Einkünfteerzielung dient; denn ohne die Berufstätigkeit erzielte auch der Beamte keine Einnahmen.

b) Die Aufwendungen des Klägers im Ruhestand können auch nicht als nachträgliche Werbungskosten anerkannt werden. Die Aufwendungen sind zwar durch das fortbestehende Pfarrerdienstverhältnis veranlasst, nicht aber wirtschaftlich durch die noch aktive, auf Einnahmeerzielung ausgerichtete Tätigkeit des Klägers vor Beginn des Ruhestands (vgl. für die Kosten der Forschungstätigkeit eines emeritierten Professors auch Kreft a. a. O. Rn. 172). Die schlichte Ursächlichkeit des Eintritts in das frühere aktive Pfarrerdienstverhältnis für die späteren Aufwendungen genügt wie dargelegt für den maßgeblichen wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhang nicht. Auch soweit die Tätigkeiten - wie vom Kläger für die Kita-Arbeit und die Tätigkeit in der Gehörlosenseelsorge vorgetragen - auf schon vor Eintritt in den Ruhestand getroffene Absprachen oder Mitgliedschaften zurückgingen, können sie im Streitjahr nicht mehr als der notwendigen Abwicklung dienende Maßnahmen berücksichtigt werden (vgl. Sächsisches FG Urteil vom 25.07.2012 Tz. 34 ff. juris).

Dem steht die neue Rechtsprechung des BFH zu der Berücksichtigungsfähigkeit nachträglicher Schuldzinsen auch nach Aufgabe der Einkunftsquelle im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen bei Veräußerung von im Privatvermögen gehaltener Beteiligung i. S. v. § 17 EStG bzw. im Rahmen von § 23 EStG bei der Veräußerung privater Grundstücke (BFH Urteil vom 16.03.2010 VIII R 20/08, BStBl II 2010, 787; BFH Urteil vom 20.06.2012 X R 42/11, DB 2012, 2023) nicht entgegen. Der BFH hat hier die Konsequenz aus der mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 für die genannten Bereiche erfolgten Ausweitung des Bereichs steuerlich erheblicher Vermögenszuwächse gezogen. Eine vergleichbare Situation liegt im Streitfall nicht vor. Darüber hinaus wurde in den genannten Urteilen anders als im Streitfall der Rechtsgrund und damit die wirtschaftliche Grundlage für die Entstehung der Schuldzinsen schon zur Zeit des Bestehens der Einkunftsquelle gelegt.

c) Soweit der Kläger im Zusammenhang mit den geschilderten Tätigkeiten Aufwendungsersatz erhalten hat, begründet dies keine für den Werbungskostenabzug maßgebliche Einkunftsquelle. Die entsprechenden Einnahmen sind, sofern sie aus öffentlichen Mitteln gezahlt wurden, gem. § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei und führen gem. § 3c EStG zum Ausschluss des Abzugs hiermit im Zusammenhang stehender Ausgaben. Soweit sie aus privaten Mitteln gezahlt wurden, fehlte es ersichtlich an der für den Werbungskostenabzug erforderlichen Absicht zur Erzielung von Einnahme-Überschüssen.

d) Zwar mag aufgrund der besonderen gesellschaftlichen Stellung der Pastoren innerhalb der Religionsgemeinschaft eine gesellschaftliche, moralische Erwartung fortgesetzter seelsorgerischer Tätigkeit bestehen, die in den Regelungen des Pfarrergesetzes ihren Ausdruck, ggf. auch ihre Ursache findet und das Bild des Gemeindepastors prägt. Indes handelt es sich dabei um Auswirkungen der gesellschaftlichen Stellung, die von § 12 S. 1 EStG grundsätzlich der privaten Lebensführung des Steuerpflichtigen zugerechnet wird (vgl. a. Sächsisches FG Urteil vom 25.07.2012 a. a. O. Tz. 39 juris; FG Berlin Urteil vom 20.02.1980 a. a. O.; anders noch i. Erg. RFH Urteil vom 21.12.1927 VI A 505/27, RFHE 22, 339) und im Streitfall mangels auch nur teilweiser Förderung einer Berufstätigkeit i. S. einer Einkunftsquelle (s. o.) auch nicht zu einer anteiligen Berücksichtigung führen kann.

3. Der BFH hat allerdings die Möglichkeit einer abweichenden Festsetzung aus Billigkeitsgründen gem. § 163 Abgabenordnung (AO) gesehen, sofern im Zusammenhang mit fortgesetzter Lehrtätigkeit auf Ersuchen der Hochschule Aufwendungen anfallen und wegen der vorerwähnten Rechtsprechung nicht als Werbungskosten abgezogen werden können (BFH Urteil vom 05.11.1993 Tz. 13 juris; s. a. Sächsisches FG Urteil vom 25.07.2012 a. a. O. Tz. 42 juris; Krüger in: Schmidt EStG 31. Aufl. § 19 Rn. 60 ´emeritierter Hochschullehrer´). Billigkeitsentscheidungen sind jedoch nicht Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits, sondern gesondert neben dem Festsetzungsverfahren zu verfolgen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) sind nicht ersichtlich.