VG Karlsruhe, Urteil vom 08.05.2013 - 4 K 1419/11
Fundstelle
openJur 2013, 28344
  • Rkr:

Eine 1999 mit einer Iranerin im Iran wirksam geschlossene Zweitehe eines seit 1977 im Bundesgebiet lebenden Iraners, der von 1986 bis 2006 mit einer deutschen Staatsangehörigen in erster Ehe verheiratet war und alle Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 StAG erfüllt, steht seiner Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG nicht entgegen, wenn der Einbürgerungsbewerber sich in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Gerichts überzeugend zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennt (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 StAG).

Tenor

1. Der Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 02.07.2010 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29.10.2010 werden aufgehoben und die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger in den deutschen Staatsverband einzubürgern.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt seine Einbürgerung.

Der am … 1956 in Teheran/Iran geborene Kläger reiste 1977 in das Bundesgebiet zum Zwecke des Studiums ein. An der Fakultät für Elektrotechnik der Universität Karlsruhe schloss er 1986 mit der Verleihung des Akademischen Grades „Diplom-Ingenieur“ ab. Seither ist er in Deutschland berufstätig.

Laut der in den Akten befindlichen Heiratsurkunde schloss er 1980 in Dänemark mit der deutschen Staatsangehörigen ..., geboren am … 1950 in Landau, die Ehe. Diese Ehe blieb kinderlos. Sie wurde durch Urteil des Amtsgerichts Bad ... vom 13.11.2006 geschieden. Ausweislich der in den Akten befindlichen Heiratsurkunde (AS 33) schloss der Kläger darüber hinaus am 03.03.1999 in Teheran die Ehe mit der iranischen Staatsangehörigen ..., geboren am … 1973. Aus dieser Ehe gingen zwei (1999 und 2012) geborene Kinder hervor.

Am 05.10.2009 beantragte der Kläger beim Bürgermeisteramt P. seine Einbürgerung in den deutschen Staatenverband. Dazu legte er u.a. das Scheidungsurteil und eine Übersetzung der Heiratsurkunde seiner 1999 geschlossenen Ehe vor.

Mit Schreiben vom 17.03.2010 wies das Landratsamt Karlsruhe den Kläger darauf hin, dass er im Jahr 1999 die Ehe mit einer iranischen Staatsangehörigen geschlossen hat, obwohl er in Deutschland noch mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet war. Durch das Eingehen der Zweitehe habe er gezeigt, dass er die Grundzüge der in Deutschland geltenden sozialen und rechtlichen Ordnung, zu denen das Prinzip der Einehe zähle, nicht hinreichend akzeptiert habe. Das von ihm unterschriebene Bekenntnis vom 30.09.2009 sei deshalb nicht wirksam abgegeben. Es sei beabsichtigt, seine Einbürgerung abzulehnen. Dem hielt der Kläger durch Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 15.04.2010 entgegen, dass die angeführte Begründung keineswegs die Ablehnung der beantragten Einbürgerung rechtfertige. Er habe mit seiner iranischen Frau ... während seiner Geschäftstätigkeit im Iran ein Verhältnis gehabt. Die Eltern der Frau hätten dies herausbekommen und ihm im Iran mit einer Anklage gedroht. Die außereheliche Beziehung stehe im Iran unter Strafe. Zur Vermeidung einer strafrechtlichen Verurteilung sei er gezwungen gewesen, seine jetzige Ehefrau zu heiraten. Nach den iranischen Gesetzen habe diese zweite Ehe geschlossen werden können. Die Ehe mit seiner deutschen Ehefrau sei am 13.11.2006 geschieden worden. Mittlerweile sei er nur noch mit Frau ... verheiratet. Er sei kein Jurist und habe die Rechtsprechung, dass nur die Einehe geschützt sei, nicht kennen müssen. Im Übrigen könne aus der Tatsache, dass er vor annähernd 11 Jahren eine Zweitehe geschlossen habe nicht darauf geschlossen werden, dass er aktuell die Grundzüge der in Deutschland geltenden sozialen und rechtlichen Ordnung nicht akzeptiere.

Mit Bescheid vom 02.07.2010 lehnte das Landratsamt Karlsruhe den Einbürgerungsantrag ab. Dagegen legte der Kläger am 19.07.2010 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er mit Schriftsatz vom 31.08.2010 ergänzend vortragen ließ, er habe die Existenz dieser Ehe nie verheimlicht und sie sei in Einklang mit den iranischen Gesetzen gestanden. Mit der Argumentation der Behörde würde jeder Ehebrecher in Deutschland nicht die Gewähr dafür bieten, dass er die soziale und rechtliche Ordnung und damit die freiheitliche demokratische Grundordnung akzeptiere. Selbst amtierende Ministerpräsidenten oder Minister seien in der Vergangenheit in einer Vielzahl von Fällen durch Ehebrüche in das Licht der Öffentlichkeit gerückt, ohne dass ernsthaft behauptet werde, dass diese hierdurch gezeigt hätten, dass sie gegen die in der Bundesrepublik geltende soziale und rechtliche Grundordnung verstoßen hätten und sie diese Grundordnung nicht akzeptieren würden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2010 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch gegen die Entscheidung des Landratsamtes Karlsruhe vom 02.07.2010 als unbegründet zurück. Darin ist unter anderem ausgeführt, das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung müsse auch inhaltlich zutreffen. Durch sein Verhalten in der Vergangenheit habe der Kläger deutlich gemacht, dass er im Kollisionsfall die nach seinem Heimatrecht geltenden Grundsätze über die des Grundgesetzes stelle. So habe er am „03.03.1989“ (gemeint ist 1999) im Iran eine Zweitehe geschlossen, obwohl er seit 1980 bereits verheiratet gewesen sei. Der Einwand, er habe als Nichtjurist nicht wissen können, dass Art. 6 GG lediglich die Einehe schütze, werfe ein bedenkliches Licht auf seine Integration. Zum Zeitpunkt der Eheschließung habe er sich seit 22 Jahren in Deutschland aufgehalten, ein Studium absolviert und sei 19 Jahre deutsch verheiratet gewesen. Auch ohne Jurist zu sein, dürfe von ihm erwartet werden, dass er das Prinzip der Einehe in Deutschland kenne. Soweit er ausführe, er sei die Ehe eingegangen, um im Iran einer strafrechtlichen Verurteilung zu entgehen, dokumentiere dies gerade, dass er sich im Zweifel nicht am Grundgesetz, sondern an seinem Heimatrecht orientiert habe. Im Übrigen habe er seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt und sei daher nicht schutzlos der iranischen Strafverfolgung ausgesetzt gewesen. Die Doppelehe habe er bis zur Scheidung seiner Ehefrau im Jahr 2006, also bis vor vier Jahren tatsächlich geführt. Der Widerspruchsbescheid wurde am 03.11.2010 zugestellt.

Am 08.10.2010 hat der Kläger Klage erhoben; er beantragt,

den Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 02.07.2010 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29.10.2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihn in den deutschen Staatsverbund einzubürgern.

Zur Begründung trägt er ergänzend zu den bisherigen Ausführungen vor: Er habe in einer Ausnahmesituation im Jahr 1999 seine iranische Frau geheiratet, weil sie damals schwanger gewesen sei und ihr im Iran deswegen die Steinigung habe drohen können. Nach Auffassung seiner Vertreters sei die iranische Ehe hier unwirksam. Er, der Kläger, habe seine deutsche Ehefrau darüber informiert, auch seine iranische Ehefrau habe bei der Heirat von der deutschen Frau gewusst. Seine erste (deutsche) Ehefrau habe sich nicht scheiden lassen wollen, er habe die finanziellen Voraussetzungen für die Scheidung geschaffen, indem er seiner deutschen Frau Zeit gelassen habe, bis sie selbst habe Geld verdienen können. Die Ehe habe eigentlich seit Langem nicht mehr bestanden, er sei beruflich oft unterwegs gewesen, meistens im Iran. Von der Einehe habe er erstmals im Einbürgerungsantragsformular erfahren. In der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger, erstmals mit dem Einbürgerungstest habe er vom Grundsatz der Einehe in Deutschland erfahren. Bei Abschluss seiner Ehe im Iran habe er sich keine bzw. wenig Gedanken darüber gemacht, ob sie im Bundesgebiet wirksam sei. Er könne und wolle nur mit einer Frau zusammenleben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und ist der Ansicht, der Kläger halte sich nicht an die Rechtsordnung. Geschützt sei nur die Einehe, an die sich der Kläger nicht gehalten habe. Hinzuweisen sei auch darauf, dass er die Ehe mit seiner ersten Frau in Dänemark geschlossen habe.

Die Beteiligten erklärten sich mit einer Entscheidung der Berichterstatterin anstelle der Kammer einverstanden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Gericht vorliegenden Akten (2 Hefte) sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die ablehnende Entscheidung des Beklagten und des Regierungspräsidiums Karlsruhe sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Sie waren dementsprechend aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, den Kläger in den deutschen Staatenverbund einzubürgern (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die Frage, ob dem Kläger der von ihm geltend gemachte Anspruch zukommt, beurteilt sich nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.08.1996 - 1 B 82.95 -, InfAuslR 1996, 399 und VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 -, <juris>). Für den am 05.10.2009 gestellten Einbürgerungsantrag gilt § 10 Abs. 1 Satz 1 Staatsangehörigkeitsgesetz in der ab 01.08.2012 gültigen Fassung vom 01.06.2012 - StAG -.

Der Kläger erfüllt im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Anforderungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 StAG, insbesondere sind die Voraussetzungen der Nrn. 2 bis 7 unstreitig gegeben. Er hat seit acht Jahren seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet. Der Kläger war ab 31.10.1984 im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, ab 22.08.1989 hatte er Aufenthaltsberechtigung. Nach Aktenlage erhielt er am 17.09.1993 eine bis 17.09.1996 gültige Aufenthaltsberechtigung, die ab 05.07.2001 als Niederlassungserlaubnis übertragen wurde. Ob die Ausländerbehörde die ihm erteilte Aufenthaltsberechtigung wegen der von 1999 bis 2006 geführten Doppelehe hätte zurücknehmen können, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. z.B. Bay.VGH, Beschl. v. 20.09.2012 - 19 ZB 12.1396 -, <juris>; OVG NW, Urt. v. 03.12.2009 - 18 A 1787/06 -, <juris>; OVG Saarland, Urt. v. 11.03.2010 - 2 A 491/09 -, <juris>).

Zur Klarstellung weist das Gericht hinsichtlich der Wirksamkeit und Strafbarkeit (s. § 10 Abs. 1 Nr. 5 STAG) der von 1999 bis 2006 existent gewesenen Doppelehe des Klägers mit einer deutschen und (ab 1999) iranischen Staatsangehörigen auf Folgendes hin: Die am 03.03.1999 im Iran geschlossene Ehe zwischen dem Kläger und einer iranischen Staatsangehörigen ist nach iranischem und deutschem Recht wirksam und berührt nicht § 10 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 StAG. Dabei ist der Anwendungsbereich des deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens für eine Eheschließung zweier iranischer Staatsangehöriger im Iran nicht eröffnet (s. OLG München, Beschl. v. 01.02.2010 - 31 Wx 37/09, 31 Wx 037/09 -, <juris> m.w.N.). Für die Frage der Formgültigkeit einer Ehe wird das anwendbare Recht für eine Heirat im Ausland durch Art. 11 EGBGB bestimmt, der auch die Eheschließung umfasst (vgl. auch Art. 13 Abs. 1 und 3 EGBGB für eine Eheschließung im Bundesgebiet). Danach ist eine Ehe formgültig, wenn sie entweder die Formerfordernisse des inhaltlich maßgeblichen Rechts (Geschäftsrecht) oder die Formerfordernisse des Rechts am Ort der Vornahme (Ortsrecht) erfüllt (s. OLG München, Beschl. v. 01.02.2010, a.a.O., m.w.N.; Kaiser, FamRZ 2013, 77 ff., 80). In der Praxis erfolgen im Iran die Eheschließung und die Registrierung zeitgleich vor den amtlichen Eheschließungs- und Ehescheidungsbüros, deren Beamte die Eheschließung durch die Ehegatten beurkunden und sie in einem standardisierten amtlichen Trauschein registrieren (s. § 1 Abs. 1 Satz 1 Iranisches Eheschließungsgesetz v. 15.08.1931 in: Bergmann/Ferid/Heinrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Iran, S. 23 ff., 148 f; Yassari, FamRZ 2011, 1 ff.). Die beim „Heiratsnotariat Nr. 450 zu Teheran“ am 03.03.1999 geschlossene Ehe ist hiernach rechtsgültig. Eine im Iran nach dortigem Recht formgültig geschlossene Ehe ist gemäß Art. 11 Abs. 1 EGBGB auch nach deutschem Recht wirksam (BayOLG, Beschl. v. 01.02.2010, a.a.O., m.w.N.).

Die Einbürgerung in den deutschen Staatenverbund ist dem Kläger nicht gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 StAG zu versagen. Der Kläger ist ausweislich des Bundeszentralregisterauszugs nicht vorbestraft. Wegen der Doppelehe konnte er nicht nach deutschem Recht bestraft werden, weil die Mehrehe nach iranischem Recht erlaubt ist. Für einen Deutschen, der eine Doppelehe im Ausland schließt, gilt das deutsche Strafrecht nur, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 StGB), dann also nicht, wenn das betreffende Auslandsrecht die weitere Eheschließung zulässt (Dippel/Leipziger, Kommentar zum StGB, § 172 Rn. 8 unter Hinweis auf Fischer, StGB, 59. Aufl., § 172 StGB Rn. 4). Strafbar macht sich also nicht, wer in einem Staat eine wirksame Zweitehe abschließt, die dort erlaubt ist, wie es für den Iran der Fall ist (z.B. Yassari, FamRZ 2011, 1 ff., 2 f und Fußnote 20, 24; zum Iranischen Eheschließungsgesetz v. 15.08.1931: Bergmann/Ferid/Heinrich, a.a.O., Iran, S. 23 ff., 148 f).

Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 StAG sind mit dem erfolgreich abgelegten Einbürgerungstest belegt.

§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG ist ebenfalls erfüllt, weil sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung überzeugend zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung, insbesondere zur Einehe, bekannt und sich von der Führung einer Doppelehe abgewandt hat. Der Umstand, dass der Kläger die von 1999 bis zur Scheidung von seiner deutschen Ehefrau am 13.11.2006 wirksam gewesene Doppelehe und zwei daraus hervorgegangene Kinder bis zum Einbürgerungsantrag gegenüber der Ausländerbehörde verschwiegen hat, verstößt nicht gegen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG (i. Erg. ebenso. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 06.12.2007 - 2 M 303/07 -, <juris> zum Verschweigen von ehelichen Kindern; s. auch Hess. VGH, Urt. v. 28.05.1998 - 12 UE 1542/98 -, <juris>). Dem Kläger oblag nach Erhalt der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis bzw. Niederlassungserlaubnis keine Auskunftspflicht nach § 82 AufenthG über seine familiären Verhältnisse, die verletzt sein könnte und deshalb die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG nicht erfüllt wären.

Selbst wenn die freiheitliche demokratische Grundordnung durch die 1999 geschlossene Zweitehe und die Aufrechterhaltung der Doppelehe bis zum 13.11.2006 berührt wäre, hat sich der Kläger jedenfalls von einer möglicherweise in der Vergangenheit innegehabten nicht in Einklang mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehenden Einstellung bezüglich einer Doppelehe abgewandt und eindeutig zur Einehe und zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekannt.

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG ist ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, auf Antrag einzubürgern, wenn er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, oder wenn er glaubhaft macht, dass er sich von einer früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1). In engem Zusammenhang mit dieser Einbürgerungsvoraussetzung steht der Versagungsgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG, wonach die Einbürgerung ausgeschlossen ist, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einzubürgernde Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, „es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat“ (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.06.2008 - 13 S 2613/03 -, <juris> u. Urt. v. 20.02.2008 - 13 S 1169/07 -, <juris> m.w.N., nachgehend BVerwG, Beschl. v. 08.12.2008 - 5 B 58/08 -, <juris>). Bei der Feststellung zu § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG ist einerseits eine wertende Betrachtungsweise vorzunehmen, bei der auch die Ausländern zustehenden Grundrechte (etwa Art. 5 Abs. 1 GG) zu berücksichtigen sind. Andererseits können grundsätzlich auch legale Betätigungen herangezogen werden. Mit § 11 StAG wird der Sicherheitsschutz im Einbürgerungsrecht mithin weit vorverlagert in Handlungsbereiche, die strafrechtlich noch nicht beachtlich sind und für sich betrachtet auch noch keine unmittelbare Gefährdung der freiheitlich demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen (BayVGH, Urt. v. 27.02.2013 - 5 B 11.2418 -, <juris> m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 02.12.2009 - 5 C 24/08 -, <juris>).

Der Zweck des Erfordernisses eines Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist darin zu sehen, die Einbürgerung von Verfassungsfeinden und die daraus herrührende Gefahr für die staatliche Ordnung zu verhindern. Die persönlich abzugebende Erklärung soll dem Einbürgerungsbewerber die Notwendigkeit einer glaubhaften Hinwendung zu den Grundprinzipien der deutschen Verfassungsordnung unmittelbar vor seiner Aufnahme in den deutschen Staatsverband vor Augen führen. Deshalb werden ihm über die Erfüllung sonstiger Integrationszeichen hinaus sowohl ein aktives persönliches Bekenntnis als auch die Bestätigung eines nicht verfassungsgefährdenden Verhaltens in der Vergangenheit und Gegenwart abverlangt (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12.12.2005 - 13 S 2948/04 -, <juris>). Ein wirksames Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG setzt voraus, dass der Einbürgerungsbewerber insoweit zumindest einfache Grundkenntnisse besitzt und den Inhalt der von ihm abgegebenen sog. Loyalitätserklärung verstanden hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.02.2008, a.a.O., m.w.N.; i. Erg. ebenso BayVGH, Urt. v. 19.01.2012 - 5 B 11.732 -, <juris>). Bei Erfüllung aller tatbestandlichen Einbürgerungsvoraussetzungen hat der Ausländer einen strikten subjektiv-öffentlich-rechtlichen Einbürgerungsanspruch. Ein Ermessen steht der Einbürgerungsbehörde nicht zu (Berlit, GK-StAG, § 10 Rn. 39 m.w.N.).

Der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG stellt mit dem Begriff der freiheitlich demokratischen Grundordnung klar, dass damit nicht die gesamte deutsche Rechtsordnung gemeint ist und dass im Unterschied zur Ermessenseinbürgerung gemäß § 9 StAG für § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG nicht erforderlich ist, dass gewährleistet ist, dass sich der Einbürgerungsbewerber in die „deutschen Lebensverhältnisse“ einordnen wird (s. auch BT-Drucksache 16/5107 S. 1 und 14). Der Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1 StAG ist im Hinblick auf dessen verfassungsrechtliche Bedeutung auszulegen. Im Grundgesetz taucht dieser Begriff mehrfach auf, in den Artikeln 21 Abs. 2, Art. 11 Abs. 2, 18 und 87 a Abs. 4 GG (s. Dollinger/Heusch, VBlBW 2006, 216 ff., 218 f. m.w.N.). Zu Art. 21 Abs. 2 GG hat das Bundesverfassungsgericht (Urt. v. 23.10.1952 - 1 BvB 1/51 -, <juris> SRP-Verbot) Folgendes ausgeführt: „So lässt sich die freiheitliche demokratische Grundordnung als eine Ordnung bestimmen, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.“ In dieser Formulierung des Bundesverfassungsgerichts sind Grundrechte nur insofern angesprochen, als es um die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte geht (Urt. v. 23.10.1952, a.a.O., s. auch BVerfG, Urt. v. 04.05.2011 - 2 BvR 2333/08, 2 BvR 2365/09, 2 BvR 571/10, 2 BvR 740/10, 2 BvR 1152/10 -, BVerfGE 128, 326 ff. Rn. 90; BVerwG, Urt. v. 13.04.1999 - 1 A 3/94 -, DVBL 1999, 1743 ff.).

In einfachgesetzlichen Regelungen findet sich der Begriff der freiheitlich demokratischen Grundordnung z.B. in § 54 Nr. 5a AufenthG 2004 (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.10.2009 - 7 A 10165/09 -, <juris>) bzw. ehemals in § 10 Abs. 1 Nr. 11 AuslG sowie in § 8 Soldatengesetz. Wegen der unterschiedlichen Schutz- und Zielrichtung von Spezialgesetzen muss dieser Begriff aber nicht zwingend identisch ausgelegt werden. Die Literatur versteht die freiheitlich demokratische Grundordnung i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG u.a. in der Weise, dass damit die in § 4 Abs. 2 BVerfSchG genannten Verfassungsgrundsätze gemeint sind (Berlit, a.a.O., § 11 Rn. 108 ff.). Zu den in § 4 Abs. 2 Buchst. g) BVerfSchG genannten Menschenrechten zählen insbesondere die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) sowie das Recht auf Gleichbehandlung (Art. 3 GG) (OVG NW, Urt. v. 12.02.2008 - 5 A 130/05 -, <juris> Rn. 283 ff. m.w.N.). Diese als nicht abschließend zu verstehende Aufzählung lässt offen, ob und welche Grundrechte zu den Menschenrechten im vorgenannten Sinne rechnen. Nicht ausreichend für einen Verstoß gegen § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG ist deshalb der Hinweis darauf, dass die Einehe zu den grundlegenden kulturellen Wertvorstellungen in der Bundesrepublik Deutschland rechnet (s. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 21.08.2007 - 11 S 995/07 -, <juris>) bzw. zur deutschen Rechtsordnung, worauf die angefochtenen Bescheide abstellen.

Ob die durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Einehe (BVerwG, Urt. v. 30.04.1985, a.a.O., unter Hinweis auf BVerfG, Beschl. v. 30.11.1982 - 1 BvR 818/81 -, BVerfGE 62, 323, 330; BVerfG, Entsch. v. 04.05.1971 - 1 BvR 636/68 -, BVerfGE 31, 58 ff. Spanier-Entscheidung; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 12.05.1987 - 2 BvR 1226/83, 2 BvR 101/84, 2 BvR 313/84 -, BVerfGE 76, 1, 41 ff.) zur freiheitlich demokratischen Grundordnung (so z. B. VG Gießen, Urt. v. 07.06.2004 - 10 E 2666/03 -, <juris>; wohl auch VG Freiburg, Urt. v. 25.03.2010 - 6 K 630/09 -, S. 11, 2. Absatz) gehört oder als Menschenrecht im vorgenannten Sinne anzusehen ist, gegen das die Doppelehe verstößt, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung, weil sich der Kläger, worauf noch eingegangen wird, mit dem Loyalitätstest und ergänzend in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Gerichts zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und zur Einehe bekannt hat.

Offenbleiben kann deshalb auch, ob ein polygame Ehe in jeder Hinsicht außerhalb des Schutzbereichs des Art. 6 Abs. 1 GG steht oder nicht, weil Art. 6 Abs. 1 GG nämlich neben der Ehe auch die Familie schützt (BVerwG, Urt. v. 30.04.1985, a.a.O.), also auch die aus einer Zweitehe hervorgegangenen Kinder und deren Beziehung zu ihren Eltern. Klarstellend sei angemerkt, dass allerdings anders als einige Grundrechtsbestimmungen Art. 6 Abs. 1 GG keine Beschränkung auf Deutsche enthält, zudem betrifft das Grundrecht einen für alle Menschen bedeutsamen Bereich der persönlichsten Lebensgestaltung (BVerfG, Entsch. v. 04.05.1971, a.a.O.). Dies und die mit dem Grundrecht verbundene Institutsgarantie (BVerfG, Beschl. v. 30.11.1982, a.a.O., m.w.N.) lassen sich für eine Qualifizierung als Menschenrecht im Sinne des Art. 1 Abs. 2 GG anführen.

Ebenfalls nicht entschieden werden muss, ob der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) unter Art. 1 Abs. 2 GG fällt. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln; er verpflichtet dazu, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Verschiedenheit und Eigenart ungleich zu behandeln. Er ist verletzt, wenn die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, wenn also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung fehlt (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 20.09.2007 - 2 BvR 855/06 -, <juris> Rn. 18 m.w.N.). Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG könnte darin gesehen werden, dass die Mehrehe nach Iranischem Recht nur für Männer gilt, nicht auch für Frauen (Bergmann/Ferid, a.a.O., S 43 unter Hinweis auf § 1050 ZGB; einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG bejahen: VG Freiburg, Urt. v. 25.03.2010 - 6 K 630/09 -; VG Gießen, Urt. v. 07.06.2004 - 10 E 2666/03 -, <juris>).

Der Kläger hat sich in der mündlichen Verhandlung nach der Überzeugung des erkennenden Gerichts zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekannt, indem er glaubhaft erklärte, dass er nur in einer Einehe leben wolle und könne. Der Umstand, dass er von 1999 bis zu seiner Scheidung von seiner deutschen Ehefrau in einer Mehrehe gelebt hat, hindert das Gericht aufgrund des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks vom Kläger sowie seinen glaubhaften Erklärungen nicht daran, ihm darin zu folgen, dass sein Bekenntnis zur Einehe kein reines Lippenbekenntnis ist, sondern seiner mittlerweile gefestigten Überzeugung vom Zusammenleben von Mann und Frau entspricht. Er hat offen bekundet, dass er das Prinzip der Einehe erstmals im Einbürgerungstest gelernt habe. Anlass für die Eheschließung im Jahr 1999 im Iran war, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf informatorische Befragung seitens des Gerichts glaubhaft erklärte, dass seine damalige iranische Lebensgefährtin von ihm ein Kind erwartete. Weil eine Schwangerschaft einer ledigen Frau im Iran möglicherweise zu drakonischen Strafen führen kann, heiratete er sie alsbald nachdem ihm die Schwangerschaft bekannt war. Diese Befürchtung des Klägers war nicht von der Hand zu weisen. Insoweit ist zu beachten, dass unerlaubter (also auch außerehelicher) Geschlechtsverkehr zwischen Mann und Frau nach Art. 63 IranStGB verboten ist und die Hadd-Strafe der Steinigung nach sich ziehen kann. Die Anforderungen an Beweise, Zeugenaussagen und Geständnisse sind aber derart hoch (Art. 68-79 IranStGB), dass sie kaum zu erfüllen sind. Weiterhin gibt es eine Reihe von Ausnahmeregelungen (Art. 64-67, 86), die die Verhängung der Hadd-Strafe verhindern. Üblicherweise wird eine Tazir-Strafe nach Art. 637 IranStGB von bis zu 99 Peitschenhieben wegen unzüchtigen Verhaltens verhängt, die meist durch eine Geldbuße abgelöst wird (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Gutachten vom 04.11.1998 an VG Augsburg). Selbst wenn hiernach davon ausgegangen werden könnte, dass eine Körperstrafe durch Zahlung einer Geldstrafe möglicherweise hätte abgewendet werden können, existierte für den Kläger und seine iranische Frau sowie deren Verwandtschaft und soziales Umfeld die Befürchtung, dass ihr eine Körperstrafe drohen könnte. Vor diesem Hintergrund ist die Erklärung des Klägers, er habe seine damals mit dem ersten gemeinsamen Kind schwanger gewesene iranische Freundin im Iran geheiratet, um eine Steinigung oder andere Strafen von ihr abzuwenden, plausibel und glaubhaft und als solche geeignet, festzustellen, dass sein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG glaubhaft ist. Dass der Kläger trotz seiner bestehenden Ehe mit seiner deutschen Ehefrau unter diesen Vorgaben eine Zweitehe im Iran einging, ist auch deshalb verständlich, weil er aufgrund seiner Herkunft aus dem Iran mit der Vorstellung einer Mehrehe vertraut war und sich deshalb mit seinen Worten „keine oder nicht viel Gedanken“ gemacht hat, ob seine im Iran geschlossene Ehe im Bundesgebiet „akzeptiert“ werde bzw. wirksam ist. Dies mag zwar bei Eingehen der Zweitehe in moralischer Hinsicht bedenklich gewesen sein, sein diesbezüglicher Einwand vermag aber im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keine Zweifel mehr an der Wahrhaftigkeit und Glaubhaftigkeit seines Bekenntnisses zur Einehe mehr begründen. Nicht entscheidend ins Gewicht fällt auch seine Aussage, unter „Persern“, wozu er gehört, sei eine Mehrehe weniger gebräuchlich, dagegen sei eine Mehrehe von bis zu vier Frauen bei arabisch stämmigen Iranern üblich. Denn das iranische Recht trennt bei der Zulässigkeit und Wirksamkeit einer Mehrehe nicht nach der Volkszugehörigkeit, also nicht nach persischer oder arabischer Herkunft. Im Zeitpunkt seiner zweiten Eheschließung war seine erste Ehe mit seinen Worten eigentlich beendet. Seine erste (deutsche) Ehefrau willigte aber nicht unmittelbar, nachdem sie vom Kläger über die Zweitehe informiert worden ist, in die Scheidung ein. Nach den glaubhaften Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung verhalf er ihr in den folgenden Jahren dazu, erst die finanziellen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sie selbst Geld verdienen konnte. Dass er seit 1977 im Bundesgebiet gelebt hat und ihm hier nicht entgangen sein kann, dass im Bundesgebiet nur die Einehe geschützt ist, steht der Glaubhaftigkeit seiner in der mündlichen Verhandlung gemachten Erklärung, dass er nur mit einer Frau zusammenleben könne und wolle, also seinem ausdrücklichen Bekenntnis zur Einehe, nicht entgegen. Der Kläger hat plausibel erklärt, dass für ihn seine erste Ehe seit Langem nicht mehr bestanden habe und dass er beruflich viel unterwegs gewesen sei, meistens im Iran, wo er seine zweite Frau kennen gelernt habe. Dass er die Scheidung von seiner ersten Frau rechtlich nicht früher durchgesetzt hat, ist ihm nach der Überzeugung des Gerichts aufgrund der aufgezeigten Besonderheiten des Falles, auch der fehlenden Einwilligung in die Scheidung, nicht, jedenfalls nicht mit ausschlaggebendem Gewicht, nachteilig anzulasten. Das Gericht ist deshalb aufgrund des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Gesamteindrucks vom Kläger überzeugt, dass seine Angaben zur Einehe glaubhaft sind.

Ebenso wenig ist der Hinweis der Vertreter des beklagten Landes darauf, dass seine erste Ehe in Dänemark geschlossen wurde, geeignet, sein jetziges Bekenntnis zur Einehe in Frage zu stellen. Der dahinter stehende Vorwurf, der Kläger habe damals in Dänemark geheiratet, damit er möglichst unbürokratisch in den Genuss einer von seiner deutschen Ehefrau ableitbaren Aufenthaltserlaubnis gelangen konnte, vermag selbst dann, wenn er zutreffen würde, keine Zweifel an der Ernsthaftigkeit und Richtigkeit seines in der mündlichen Verhandlung überzeugend zum Ausdruck gebrachten Bekenntnisses zur Einehe und damit zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung aufkommen lassen. Von seiner ehemals innegehabten Einstellung zur Mehrehe hat er sich glaubhaft abgewandt (§ 11 Satz 1 Nr. 1 StAG). Hiernach liegen keine tatsächlichen Anhaltspunkte mehr dafür vor, die Zweifel aufwerfen könnten, ob das Bekenntnis des Klägers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG glaubhaft ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Berufung ist gemäß § 124 a Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Frage, ob eine zeitweise existierende Mehrehe (hier über ca. 6 Jahre) eines Ausländers (hier: eines Iraners) mit seiner (ersten) deutschen Frau und einer iranischen Frau gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG) verstößt und eine plausible und glaubhafte Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, mit der er sich zur Einehe bekennt, den Anforderungen an ein „Bekenntnis“ entsprechen und die Voraussetzung erfüllen kann, dass er sich „abgewandt“ hat im Sinne des §§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 11 Satz 1 Nr. 1 StAG.

Beschluss

Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 42.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit auf € 10.000.-- festgesetzt.

Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.