AG Hanau, Beschluss vom 22.04.2013 - 81 M 1478/13
Fundstelle
openJur 2013, 28150
  • Rkr:

Für eidesstattliche Versicherungen, die nach altem Recht abgegeben wurden, ist die 3-jährige Sperrfrist nach § 903 ZPO a. F. maßgeblich.

Tenor

Die Vollstreckungserinnerung vom 22.2.2013 ist zulässig aber unbegründet.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens hat der Erinnerungsführer zu tragen.

Gründe

Der Gerichtsvollzieher wurde mit Auftrag vom 23.1.2013 beauftragt, beim Schuldner eine Vermögensauskunft nach 802 c ZPO durchführen. Der Gerichtsvollzieher hat die Durchführung des Vollstreckungsauftrages mit der Begründung abgelehnt, dass der Schuldner die eidesstattliche Versicherung am 5.10.2010 abgegeben hat. Hiergegen wendet sich der Erinnerungsführer unter Berufung auf die seit 1.1.2013 geltende verkürzte Sperrfrist der Vermögensauskunft nach § 802 d ZPO und macht geltend, dass die hiernach geltende Sperrfrist von 2 Jahren bereits abgelaufen ist.

Die Weigerung des Gerichtsvollziehers, den Vollstreckungsauftrag auszuführen, war fehlerfrei.

Ob für die Einholung einer Vermögensauskunft für den Fall, dass bereits eine eidesstattliche Versicherung nach altem Recht abgegeben worden ist, die bis zum 1.1.2013 geltende Sperrfrist von drei Jahren maßgeblich sein soll oder ob aufgrund der Gleichstellung von eidesstattlicher Versicherung und Vermögensauskunft nach § 39 Nr. 4 EGZPO auch für bereits nach altem Recht abgegebene eidesstattliche Versicherungen die seit 1.1.2013 geltende Sperrfrist von 2 Jahren gilt, ist streitig (für drei Jahre u. a. AG Charlottenburg 28.3.2013 AZ 38 M 8030/13 mit Verweis auf AG Wedding Beschluss v. 1. 3. 2013, 33 M 8016/13, Stefan Mroß DGVZ 2012, 169 ff; wohl auch Vollkommer NJW 2012, 3681, 3686; AG Landsberg Beschluss vom 25.2.2013, 2 M 342/13; AG Hof Beschluss vom 28.2.2013, 1 M 45/13; für 2 Jahre AG Augsburg Beschluss v. 20.3.2013 AZ 1 M 2556/13; AG Osnabrück Beschluss vom 15.2.2013, 27 M 59/13; AG Würzburg Beschluss vom 25.2.2013, 1 M 808/131).

Das Gericht schließt sich der zuerst genannten Auffassung an, wonach die bis zum 1.1.2013 geltende Sperrfrist von 3 Jahren weiter auf eidesstattliche Versicherungen anzuwenden ist, die bis zum 1.1.2013 abgegeben worden sind.

Nach § 39 Nr. 4 EGZPO ist eine eidesstattliche Versicherung, die nach altem Recht abgegeben worden ist, der Vermögensauskunft gleichzustellen. Ausweislich der Ausführungen in der Begründung zu § 39 Nr. 4 EGZPO soll diese Übergangsregelung sicher stellen, dass Schuldnern, die innerhalb der Sperrfrist die eidesstattliche Versicherung abgegeben haben, nicht ohne Weiteres unter Berufung auf die neue Gesetzeslage sofort die Vermögensauskunft abverlangt werden kann, um die berechtigten Belange des Schuldners und die beschränkten Ressourcen der Justiz zu schützen. Soweit eine nach altem Recht abgegebene eidesstattliche Versicherung Problematiken nach Umstellung (Client/TS) unter Winsolvenz die Verpflichtung des Schuldners zur Abgabe einer Vermögensauskunft nach neuem Recht sperrt, muss sich der Gläubiger aber durch Einsichtnahme in das der eidesstattlichen Versicherung zu Grunde liegende Vermögensverzeichnis über das Vermögen des Schuldners informieren können. (BT-Drucksache 16/10069 S. 53).

Die ursprünglich vorgesehene Sperrfrist von 3 Jahren wurde auf zwei Jahre verkürzt mit der Begründung, dass die nach alter Rechtslage und im Gesetzentwurf des Bundesrates in Absatz 1 Satz 1 vorgesehene Zeitspanne von drei Jahren angesichts moderner, schnell wechselnder Lebensumstände zu lang erscheine (BT-Drucksachen 16/432 S. 44), ohne dass § 39 Nr. 4 EGZPO angepasst worden ist.

Durch § 39 Nr. 4 EGZPO sollte wie oben ausgeführt verhindert werden, dass dem Schuldner eine Vermögensauskunft abverlangt werden können soll, bevor die geltende Sperrfrist abgelaufen ist. Dass gleichzeitig auch bereits nach altem Recht in Gang gesetzte Sperrfristen verkürzt werden sollten, lässt sich der Begründung nicht entnehmen. Dies ergibt sich auch nicht notwendig - wie von der Gegenseite angeführt (vgl. AG Augsburg a. a. O.) - daraus, dass in § 39 Nr. 4 trotz teilweiser Ergänzung keine Regelung zur Sperrfrist aufgenommen worden ist. Soweit die in § 39 Nr. 4 EGZPO vorgenommene Gleichstellung nur dazu dient, den Schuldner vor vorzeitigem Zugriff vor Ablauf der Sperrfrist zu schützen, war eine Ergänzung nicht erforderlich. Die vom AG Augsburg angeführte Ergänzung hatte zudem lediglich redaktionelle Änderungen und ausdrücklich keine inhaltlichen Änderungen zum Gegenstand. Aus der Begründung ergibt sich, dass der Schuldner vor erneutem Zugriff vor Ablauf der Sperrfrist geschützt werden soll. Hiernach sollten demnach die geltenden, zum Zeitpunkt der Rechtsänderung noch nicht abgelaufenen Sperrfristen maßgeblich sein. Dem Gesetzgeber war bekannt, dass nach altem Recht längere Sperrfristen galten und diese zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung noch nicht abgelaufen sein würden. Gleichwohl hat er auf eine klarstellende Regelung verzichtet unter gleichzeitiger Erläuterung, dass laufende Sperrfristen der Einholung einer Vermögensauskunft entgegenstehen. Hieraus kann geschlossen werden, dass im Hinblick auf den Vertrauensschutz des Schuldners die laufenden Sperrfristen gerade nicht verkürzt werden sollten.

Diese Auslegung steht auch nicht in Widerspruch zu den Interessen des Gläubigers. Dieser hat, wie nach altem Recht, die Möglichkeit im Fall der erheblichen Änderung der Vermögensverhältnisse oder im Falle der unvollständigen, ungenauen oder widersprüchlichen Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auch vor Ablauf der Sperrfrist eine Ergänzung zu beantragen, § 802 d Abs. 1, 1 ZPO.

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