BGH, Beschluss vom 17.01.2002 - 3 StR 450/01
Fundstelle
openJur 2010, 6095
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 16. Mai 2001 wirda) das Verfahren in den Fällen III. 9, 15, 19 und 21 der Urteilsgründe vorläufig eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;

b) das vorgenannte Urteilaa) im Schuldspruch dahin abgeändert, daß der Angeklagte des Bandendiebstahls in 14 Fällen, des versuchten Bandendiebstahls und der Beihilfe zum Diebstahl in zwei Fällen schuldig ist, bb) im Ausspruch über die in den Fällen III. 6 und 12 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bandendiebstahls in 16 Fällen und wegen versuchten Bandendiebstahls in fünf weiteren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat zum Teil Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Den Verfahrensrügen bleibt aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift genannten Gründen der Erfolg versagt. Ergänzend bemerkt der Senat, daß entgegen der Auffassung der Revision auch kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3 Buchst. d MRK vorliegt, weil das Verfahren nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des EGMR (vgl. Urteile vom 18. Oktober 2001 über die Individualbeschwerde Nr. 37225/97 - N.F.B. gegen die Bundesrepublik Deutschland; vom 26. April 1991 -30/1990/221/283 -Asch gegen Österreich = EuGRZ 1992, 474; vom 28. August 1992 -39/1991/291/362 -Artner gegen Österreich = EuGRZ 1992, 476) insgesamt nicht unfair war.

2. Die Sachrüge ist dagegen teilweise begründet.

In den Fällen III. 6 und 12 der Urteilsgründe hat sich der Beschwerdeführer nicht des gemeinschaftlich begangenen Bandendiebstahls (§§ 244 Abs. 1 Nr. 2, 25 Abs. 2 StGB) schuldig gemacht, da die frühere Mitangeklagte S. und die anderweitig verfolgte O. die bei diesen Taten entwendeten Textilien nicht als Bandenmitglieder, sondern für sich selbst gestohlen haben. Diese Taten können deshalb nur als einfache Diebstähle gewertet werden (vgl. BGH NStZ 2000, 30). Hierzu hat der Angeklagte nach den getroffenen Feststellungen aber zumindest Beihilfe geleistet. Der Senat ändert den Schuldspruch selbst ab, da ausgeschlossen werden kann, daß im Rahmen einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen getroffen werden können, die insoweit eine Verurteilung des Angeklagten als Mittäter rechtfertigen. § 265 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen den geringeren Vorwurf der Beihilfe zum Diebstahl nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

Im übrigen zieht die Revision erfolglos in Zweifel, daß der Beschwerdeführer Mittäter der Bandendiebstähle war. Die Formulierungen auf Seite 36 des Urteils lassen allerdings besorgen, daß das Landgericht die Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen vom 22. März 2001 (BGHSt -GSSt -46, 321) fehlerhaft dahin mißverstanden hat, daß die Mitgliedschaft in einer Bande mit der Teilnahmeform der Täterschaft gleichzusetzen ist. Auch beim Bandendiebstahl gelten die allgemeinen Teilnahme- und Zurechnungsregeln (aaO S. 338). Ein Bandenmitglied kann deshalb je nach den Umständen des Einzelfalls als Mittäter oder als Gehilfe handeln. Die hierzu getroffenen konkreten Feststellungen und weiteren Erwägungen belegen jedoch, daß das Landgericht hinsichtlich der bandenmäßig begangenen Taten im Ergebnis rechtsfehlerfrei von einer Täterschaft des Angeklagten ausgegangen ist.

Die Änderung des Schuldspruchs bedingt die Aufhebung der in den Fällen III. 6 und 12 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen sowie des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.