LAG Hamm, Urteil vom 21.11.2012 - 2 Sa 1114/11
Fundstelle
openJur 2013, 24574
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 27.05.2011 - 4 Ca 2547/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Restvergütungsansprüche des Klägers, wobei zwischen hauptsächlich die Frage streitig ist, ob die zur Weitergabe der Tariflohnerhöhungen und zur Berücksichtigung der Stufenaufstiege bei der Berechnung der Vergütungshöhe verpflichtet ist.

Die Beklagte, bei der ein Betriebsrat gewählt ist, ist mit der Durchführung von Veranstaltungsaufgaben, insbesondere Tagungen, Kongresse, öffentliche Veranstaltungen und Feste, Märkte sowie Ausstellungen und Messen befasst. Sie könnte aufgrund der mehrheitlichen Beteiligung der Stadt M1 nach Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband NRW (KAV NW) nach § 3 Nr. 1 b der Satzung des KAV NW werden.

Der am 30.08.1976 geborene Kläger ist verheiratet und gegenüber 2 Kindern unterhaltsverpflichtet. Er ist seit dem 15.07.2002 ist er im Bereich Hallentechnik bei der Beklagten, die nicht tarifgebunden ist, auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 23.01.2003 tätig. Dieser Arbeitsvertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

"§ 2

Herr K1 erhält eine Vergütung nach der Lohngruppe IV. Der Stundenlohn beträgt z. Z. auf 10,95 €."

§ 3

Die vertragsschließenden Parteien sind sich darüber einig, dass sich sowohl alle übrigen Rechte als auch die Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis nach den Bestimmungen der für die Halle M2 jeweils gültigen Betriebsvereinbarung richten, die somit Grundlage dieses Arbeitsvertrages ist."

Die in § 3 des Arbeitsvertrages erwähnten Betriebsvereinbarungen enthielten seit vielen Jahren Regelungen zum Inhalt der Arbeitsverhältnisse der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer. Zuletzt schlossen die Betriebsparteien insoweit am 08.02.2001 eine Betriebsvereinbarung, die u.a. folgende Regelung enthält:

"§ 2

Anwendung von Tarifverträgen

1. Soweit in dieser Vereinbarung keine besonderen Regelungen getroffen sind, werden Bestimmungen der Tarifverträge BAT und BMT-G in der Fassung vom 01.08.2000 sowie NGG in der Fassung vom 01.01.1995 auf die Beschäftigungsverhältnisse wie folgt angewandt:

A. Mitarbeiter/innen im Verwaltungs- und gewerblichtechnischen Bereich:

a) Angestellte (BAT)

...

b) Arbeiter (BMT-G)

Der § 4 (Arbeitsvertrag, Nebenabreden), § 5 (Probezeit), § 8 (Vergütung), § 9 (Allgemeine Pflichten), § 10 (Ärztliche Untersuchung), § 11 (Nebenschäftigungen), § 11 a (Personalakten), § 18 (Arbeitsversäumnis), § 28 (Sicherung des Lohnstandes bei Leistungsminderung), § 29 (Lohnfortzahlung bei persönlicher Arbeitsverhinderung), § 32 (1) (hier nur Reisekostenvergütung), § 36 (Forderungsübergang bei Dritthaftung), § 39 (Sterbegeld), § 40 (Beihilfen), §§ 41 - 48 (Erholungsurlaub, Sonderurlaub), §§ 49 und 51 und §§ 53 - 57 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses), §§ 58 - 60 (Übergangsgeld), § 63 (Ausschlussfrist) und § 67 (Begriffsbestimmung des Bundesmantel-Tarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltung und Betriebe (BMT-G)."

Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Betriebsvereinbarung wird auf Bl. 50 - 56 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 15.08.2005 teilte die Beklagte dem Vorsitzenden des Betriebsrates B1 u.a. folgendes mit:

"Ablösung der Tarife BAT und BMT-G durch den Tarif für den öffentlichen Dienst (TVöD)

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, sehr geehrter Herr B1,

ich möchte Sie darüber informieren, dass die Tarifwerke BAT vom 23. Februar 1961 und BMT-G vom 31.01.1962 ab dem 01.10.2005 durch den TVöD abgelöst werden. Dementsprechend werden auch wir, die in Anlehnung an BAG und BMT-G gültigen Regelungen der Betriebsvereinbarung, durch die entsprechenden Regelungen des TVöD ersetzen.

Ab dem 01.10.2005 werden die Mitarbeiter der Verwaltung und Technik der Halle M2 GmbH, die bisher in Anlehnung an den BAT oder BMT-G eingruppiert waren, in Anlehnung an den TVöD eingruppiert und entlohnt."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens vom 15.08.2005 wird auf Bl. 248 d.A. Bezug genommen.

In der Folgezeit teilte die Beklagte dem Kläger hinsichtlich seiner Vergütung mit

vom Oktober 2005 mit, dass er seit dem 01.10.2005 in den TVöD übergeleitet wurde und seit diesem Zeitpunkt in die Entgeltgruppe 9/Stufe 4 eingruppiert wird. Die diesem Schreiben beigefügte Anlage hat u.a. folgenden Inhalt:

"Überleitung in die Entgeltgruppe 6/Stufe 3 2.060,00 Euro"

Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Anlage wird auf Bl. 24 d.A. Bezug genommen.

Bis September 2005 gewährte die Beklagte im Ergebnis sämtliche Tariflohnerhöhungen nach dem BAT den danach bzw. in "Anlehnung danach" vergüteten Beschäftigten, wobei die zum 01.05.2004 vereinbarten Tariflohnerhöhungen von der Beklagten erst mit Wirkung zum 01.07.2004 gewährt wurden. Die tariflichen Stufenaufstiege wurden bis September 2005 zumindest in einem Zweijahresrhythmus gewährt.

Seit der Umstellung auf den TVöD wurde der Kläger auf Grundlage der Entgeltgruppe 9/ Entwicklungsstufe 4, individuelle Zwischenstufe 2.925,75 € brutto, bei 38,5 Wochen-Stunden (166,9 Stunden pro Monat) vergütet. Nach der Umstellung der Vergütungsberechnung auf den TVöD gewährt die Beklagten weder die für den öffentlichen Dienst vereinbarten Tariflohnerhöhungen noch berücksichtigt sie die im TVöD geregelten Stufenaufstiege.

Mit Schreiben vom 21.02.2007 wies die Beklagte ihre Mitarbeiter darauf hin, dass Arbeitsentgelt und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch einen Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein könnten, weshalb die bisherige Betriebsvereinbarung nichtig sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens vom 21.02.2007 wird auf Bl. 74 d.A. Bezug genommen.

Unter Bezugnahme auf das Schreiben der Geschäftsführerin der Beklagten vom 21.02.2007 teilte Vorsitzender des Betriebsrates B1 den Beschäftigten der Beklagten mit Schreiben vom 10.03.2007 mit, dass nach den von dem Betriebsrat eingeholten Rechtsauskünften die Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 weiterhin wirksam sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens des Betriebsrates vom 10.03.2007 wird auf Bl. 57 d.A. Bezug genommen.

Nachdem u.a. der Kläger mit Schreiben vom 27.09.2010 ohne Erfolg die "Anwendung der Ergebnisse der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst vom 27. Februar 2010" auf sein Arbeitsverhältnis beantragte, hat er am 29.12.2010 die streitgegenständliche Zahlungsklage erhoben, die der Beklagten am 05.01.2011 zugestellt wurde.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei zur entsprechenden Weitergabe von Tariflohnerhöhungen verpflichtet. Bei der Regelung in dem Arbeitsvertrag handele es sich um eine sogenannte kleine dynamische Bezugnahmeklausel.

Die Beklagte habe daher für das Jahr 2007 einen weiteren Betrag in Höhe von 50,- € als Einmalzahlung zu leisten. Im Jahre 2008 habe es eine Tariflohnerhöhung um 3,1 % gegeben sowie eine Erhöhung des monatlichen Sockelbetrages um 50,-€, was die Beklagte ebenfalls zu zahlen habe. Darüber hinaus hätte er ab dem 01.10.2008 aus der Entgeltgruppe 6/Stufe 3 TVöD in die Entgeltgrupe 6 /Stufe 4 TVöD aufsteigen müssen. Entsprechende Stufenaufstiege habe die Beklagte in der Vergangenheit regelmäßig vorgenommen. Schließlich habe die Beklagte für das Jahr 2008 eine zu geringe Jahressonderzahlung geleistet.

Ebenso ergäben sich für die Jahre 2009 und 2010 weitere Ansprüche auf die Jahressonderzahlung sowie die Weitergabe von Tariflohnerhöhungen, wobei die Beklagte für das Jahr 2010 auf die geschuldete Jahressonderzahlung in Höhe von insgesamt 2313,18 € - unstreitig - keine Zahlungen geleistet habe.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für das Jahr 2007 50,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2008 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für das Jahr 2008 1.862,62 € brutto sowie weitere 101,20 € an steuerfreien Zuschlägen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.Januar 2009 zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für das Jahr 2009 3.689,89 € brutto sowie weitere 111,62 € an steuerfreien Zuschlägen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.Januar 2010 zu zahlen,

4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für das Jahr 2010 5.399,31 € brutto sowie weitere 147,47 € an steuerfreien Zuschlägen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.Januar 2011 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dem Kläger stünden die geltend gemachten Ansprüche schon deswegen nicht zu, weil sie nicht tarifgebunden sei und § 2 des Arbeitsvertrages lediglich eine statische Bezugnahme auf die vereinbarte Vergütung enthalte. Soweit Tariflohnerhöhungen weiter gegeben worden seien, sei dies freiwillig erfolgt. Hieraus könne keine Verpflichtung der Beklagten erwachsen sein, Tariflohnerhöhungen auch künftig weiterzugeben. Dies würde dazu führen, dass der nicht tarifgebundene Arbeitgeber schlechter stehen würde als der tarifgebundene. Demensprechend könne der Kläger keine Tariflohnerhöhungen und auch keine Berücksichtigung der tariflichen Stufenaufstiege verlangen. Auf eine betriebliche Übung könne sich der Kläger nicht berufen, weil diese im Bereich des öffentlichen Dienstes, dem sie zuzurechnen sei, nur eingeschränkt gelte und auch im Übrigen selbst bei langjähriger Weitergabe der Tariflohnerhöhungen nur beim Vorliegen besonderer Umstände zu einem Anspruch auf künftige Lohnerhöhungen führen könne.

Davon unabhängig stünden dem Kläger Vergütungsansprüche, die länger als 6 Monate vor Klageerhebung fällig worden seien, schon wegen des Ablaufs der tariflichen Verfallfrist nicht zu, da diese tarifliche Bestimmung aufgrund des § 2 Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 anwendbar sei. Zumindest sei die insoweit unwirksame Regelung in einer Betriebsvereinbarung in eine einzelvertragliche Regelung umzudeuten. Sie hat bestritten, bis 2005 die Tariferhöhungen und Stufenaufstiege "1 zu 1" weitergegeben zu haben. Die Tariflohnerhöhungen seien teilweise nur mit zeitlicher Verzögerung weitergegeben worden.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 27.05.2011 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stünden die Restvergütungsansprüche aus § 611 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag zu. Die Regelung in dem schriftlichen Arbeitsvertrag, dass der Kläger eine Vergütung nach der Lohngruppe IV erhalte, sei nach §§ 133, 157 BGB entgegen der Ansicht der Beklagten als eine sogenannte dynamische Bezugnahmeklausel auszulegen, was insbesondere auch durch die Formulierung "der Stundenlohn beträgt z.Z. 10,95 Euro brutto" zum Ausdruck komme. Denn durch diese Angaben werde deutlich zum Ausdruck gebracht, dass gerade keine statische Vereinbarung eines Stundenlohnes zu einem bestimmten Zeitpunkt gewollt gewesen sei, sondern dass sich dieser Stundenlohn entsprechend der ebenfalls konkret genannten Lohngruppe eines bestimmten Tarifvertrages habe entwickeln sollen. Etwas Anderes folge entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht aus der Entscheidung des BAG vom 09.02.2005 (5 AZR 284/04), da in dem dort vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall gerade nicht darauf hingewiesen worden sei, dass der Lohn sich "z.Z." auf einen bestimmten Betrag belaufe. Vielmehr sei in dem vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall lediglich ein fester Betrag vereinbart worden, ohne dass eine Dynamik zum Ausdruck gebracht worden sei. Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das jeweils geltend tarifliche Regelwerk folge auch der Wille der Vertragsparteien, die Arbeitsbedingungen nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie dynamisch an der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst auszurichten. Da die Tarifvertragsparteien im Bereich des öffentlichen Dienstes die vormaligen tariflichen Regeln nicht mehr für angemessen erachtet und die Tarifwerke durch den neuen TVöD ersetzt hätten, könne angesichts der arbeitsvertraglichen Regelung nicht davon ausgegangen werden, dass die Arbeitsvertragsparteien bei der vorliegenden dynamischen Bezugnahmeklausel die weitere Tarifentwicklung nicht haben nachvollziehen wollen. Für eine solche Annahme hätten die weitere Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst nicht nachvollzogen und damit eine im Ergebnis "eingefrorene" Regelung in Bezug genommen worden sei, bedürfe es regelmäßig weiterer und nachhaltiger Gesichtspunkte, die im vorliegenden Fall nicht gegeben seien. Die beabsichtigte Dynamik werde ungeachtet des Wortlauts des Arbeitsvertrages gerade auch seitens der Beklagten selbst dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie im Jahre 2005 als der BAT bzw. BMT-G durch den TVöD ersetzt worden sei, den Kläger in den TVöD "übergeleitet" und ihm seine Entgeltgruppe mit der Entgeltgruppe 6 Stufe 3 mitgeteilt habe. Damit habe die Beklagte gerade selbst zum Ausdruck gebracht, dass nicht die Regelung aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag abschließend gewesen sei, sondern dass sie die Bezugnahmeklausel selbst dynamisch verstanden habe. Denn anderenfalls hätte es einer Überleitung in das Vergütungssystem des TVöD gar nicht bedurft. Aufgrund der dynamischen Bezugnahmeklausel sei die Beklagte verpflichtet, die entsprechenden Tariflohnerhöhungen im öffentlichen Dienst an den Kläger weiterzugeben. Zu diesen Tariflohnerhöhungen gehörten hierbei auch die Einmalzahlung, die im Rahmen von Tariflohnerhöhungen durch die Tarifvertragsparteien vereinbart worden seien. Denn hierbei handele es sich um pauschalierte Vergütungserhöhung, die die zuvor ausgebliebene Erhöhung haben kompensieren sollen. Die dynamische Bezugnahme auf den TVöD erfasse auch die Stufenaufstiege, die in dem TVöD vorgesehen seien.

Die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche seien auch nicht nach tariflichen Regelungen verfallen. Dabei könne es dahingestellt bleiben, ob die Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 rechtswirksam abgeschlossen worden sei, da die Beklagte mit Schreiben vom 21.02.2007 mitgeteilt habe, dass sie sich nicht mehr an diese Betriebsvereinbarung gebunden sehe. In diesem Fall könne sie sich im vorliegenden Verfahren nicht auf die dort in Bezug genommenen tariflichen Verfallfristen berufen.

Gegen das am 17.06.2011 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte am 15.07.2011 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 19.09.2011 am 16.09.2011 begründet. Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor, dass das Arbeitsgericht zu Unrecht von einer dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahmeklausel ausgegangen sei. Dem Arbeitsgericht ist zwar sicher zunächst darin zuzustimmen, dass der Wortlaut des Arbeitsvertrages an sich auch Anhaltspunkte für eine kleine dynamische Bezugnahme biete, die Auslegung des Arbeitsvertrages dürfe sich allerdings nicht ausschließlich am Wortlaut der Bezugnahmeklausel orientieren, sondern müsse auch alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigen, soweit diese einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zuließen. Insoweit sei zunächst zu beanstanden, dass das Arbeitsgericht die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09.02.2005 nicht ausreichend gewürdigt habe. Denn in dieser Entscheidung sei - nicht anders als in dem vorliegenden Fall - ausdrücklich auf eine tarifliche Gehaltsgruppe unter genauer Benennung des Tarifvertrages und der Einstufung Bezug genommen worden. Direkt im Anschluss daran folge die Benennung der Höhe des Tarifgehalts sowie eine Leistungszusage nach § 7 MTV, so dass bei isolierter Betrachtung dieser Regelung man zunächst nach allgemeinem Verständnis zur Wiedergabe von Tarifentgelten in Arbeitsverträgen davon ausgehen könnte, dass es sich bei der Angabe der Tarifentgelte lediglich um eine deklaratorische Wiedergabe des Tarifvertrages handele. Eine solche Abrede sei in dem vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall noch näher ausgehend vom Wortlaut anzunehmen als bei vorliegender Vertragsgestaltung. Für die Auslegung einer Bezugnahmeklausel sei auch entsprechend der o.g. Entscheidung des BAG vom 09.02.2005 auch von Bedeutung, dass grundsätzlich mit der erstmaligen Einstufung in eine Gehaltsstufe des Manteltarifvertrages und der Zusage einer tariflich abgesicherten Leistungszusage für die Frage einer dynamischen Anpassung an die jeweilige tarifliche Gehaltsentwicklung nichts gesagt sei. Denn die fehlende Tarifbindung verdeutliche den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne weitere Prüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund verbiete sich daher eine Auslegung, dass die Parteien mit der Regelung des § 2 des Arbeitsvertrages schon bei wörtlicher Auslegung eine dynamische Bezugnahmeklausel vereinbart hätten. Davon unabhängig dürfe bei der Auslegung neben der fehlenden Tarifbindung nicht unberücksichtigt bleiben, dass zumindest seit dem 08.02.2001 und dem Abschluss der Betriebsvereinbarung, die unbeschadet ihrer Wirksamkeit nach dem Willen der Betriebsparteien und auch nach dem Willen der Arbeitsvertragsparteien das bei ihr geltende "autonome Recht" habe repräsentieren sollen, das tarifliche Eingruppierungsrecht gerade nicht in Bezug genommen worden sei. Wenn berücksichtigt werde, dass die Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 trotz immer noch nicht unerheblicher quantitativer Inbezugnahme tariflicher Bestimmungen das gesamte hier in Rede stehende Vergütungsrecht einschließlich des dahinterstehenden Rechts der "Findung" der Vergütungshöhe außen vorlasse, spreche dies nachdrücklich und im Zweifel praktisch dafür, dass eine Unterwerfung unter die Tarifentwicklung weder von der Beklagten noch von ihrem Betriebsrat noch - durch die Inbezugnahme der Betriebsvereinbarung - von den Arbeitsvertragsparteien gewollt gewesen sei. Da bei der Auslegung einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel danach zu fragen sei, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre, könne im vorliegenden Fall nicht durch Auslegung des Arbeitsvertrages angenommen werden, dass nach der Tarifsukzession der Arbeitsvertrag die tarifliche Vergütung des TVöD-VKA als in Bezug genommen gelte, da eine solche Auslegung nach Berücksichtigung der vorliegenden Einzelfallumstände nicht zulässig sei. Soweit das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung auf eine Handhabung in der Vergangenheit abgestellt habe, werde weder aus den Entscheidungsgründen noch aus dem Tatbestand deutlich, welche Handhabung es dabei zugrunde gelegt habe. Es sei zwar richtig, dass sie nicht bestritten habe, dass es überhaupt zur Weitergabe von Tariflohnerhöhungen auf der Grundlage einer jeweils zugrunde gelegten Eingruppierung gekommen sei und insoweit die Tarifverträge eine Orientierung geboten hätten. Sie habe aber auch Tariflohnerhöhungen durchgehend als freiwillige Erhöhung der Bezüge bezeichnet und darauf hingewiesen, dass auch bei mehrmaliger Wiederholung kein Rechtsanspruch auf die Erhöhung bestehe, was beispielsweise der Anlage B 5 zu entnehmen sei. Ungeachtet der Frage der Wirksamkeit der entsprechenden Vorbehalte folge jedenfalls aus einer solchen "Handhabung" kein Umstand für die Unterwerfung unter tarifliche Entwicklungen, sondern eher das Gegenteil. Da die Nichtgeltung des tariflichen Eingruppierungsrechts aus der Betriebsvereinbarung ersichtlich, und jedem Beschäftigten bekannt sein müsse, sei dies ebenfalls ein Gesichtspunkt, der gegen ein dynamisches Verständnis der Tarifverträge spreche. Zumindest stünden dem Kläger die geltend gemachten Stufenaufstiege nicht zu, da es sich dabei bereits nach dem Wortlaut nicht um eine "Vergütung" im Sinne des Arbeitsvertrages handele. Denn ein bestimmter Vergütungsbestandteil resultiere aus einem Stufenaufstieg erst, wenn diese dem Grunde nachvollzogen werde. Die Vergütungserhöhung ist also eine Rechtsfolge eines Stufenaufstieges, ohne dass diese selbst "Vergütung" sei.

Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts seien die tariflichen Verfallfristen einschlägig. Soweit das Arbeitsgericht zur Begründung der Nichtgeltung der Verfallfrist ausgeführt habe, dass die Beklagte sich auf diese nicht mehr berufen könne, weil sie sich im Schreiben vom 21.02.2007 auf die Unwirksamkeit dieser Betriebsvereinbarung berufen habe, ist diese Begründung nicht gerechtfertigt, da diese Betriebsvereinbarung unabhängig von diesem Schreiben bis heute weiter gelte. Zum anderen komme es für die Geltung der Verfallfrist letztlich auf die Frage der Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung und der unterschiedlichen Verlautbarungen der Betriebsparteien zu dieser Frage nicht maßgeblich an, da der Inhalt der Betriebsvereinbarung und damit auch die Inbezugnahme der tariflichen Verfallfrist in die Bestandteile des Individualarbeitsvertrages geworden sei. Dies folge daraus, dass die Vertragsparteien die Betriebsvereinbarung trotz Kenntnis von ihrer Unwirksamkeit weiterhin angewendet hätten. Der vom Kläger geltend gemachte Zahlungsanspruch ist jedenfalls der Höhe nach nicht gerechtfertigt, weil der Kläger nicht berücksichtigt habe, dass nach der Einführung des TVöD die wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden auf 39 Wochenstunden erhöht worden sei. Da der Kläger insoweit keine Arbeitsleistung erbracht habe, stehe ihm jedenfalls für die zeitliche Differenz kein Vergütungsanspruch zu.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 27.05.2011-4 Ca 2547/10 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens das Urteil des Arbeitsgerichts. Er ist insbesondere der Ansicht, dass das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen sei, dass § 2 des Arbeitsvertrages dahingehend auszulegen sei, dass ihm die Vergütung nach dem TVöD einschließlich der geltend gemachten Entgeltstufe zustehe. Darüber hinaus ist der Kläger der Ansicht, dass ihm unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Vergütungsregelung in § 2 des Arbeitsvertrages ein Anspruch auf Weitergabe der Tariflohnerhöhung und der tariflichen Stufenaufstiege sowie der tariflichen Einmalzahlung zustehe, weil die Beklagte in dem Schreiben vom 15.08.2005 an den Betriebsrat den Mitarbeitern der Bereiche Verwaltung und Technik sogar ausdrücklich zugesagt habe, dass diese ab dem 01.10.2005 "in Anlehnung an den TVöD eingruppiert und entlohnt" würden. Die Geschäftsführerin der Beklagten habe auch in einer Mitarbeiterversammlung am 05.10.2005 ausdrücklich erklärt, dass diese Mitarbeiter eine Vergütung nach dem TVöD erhalten würden. Im Rahmen dieser Mitarbeiterversammlung sei von der Beklagten eine Powerpoint-Präsentation gezeigt worden, welche unter anderem auch die unterschiedlichen Stufen der jeweiligen Entgeltgruppen zum Gegenstand gehabt habe. Darüber hinaus sei bei den Beispielen zur Überleitung vom BAT bzw. BMT-G in den TVöD jeweils auch ausdrücklich auf die nach dem TVöD erreichbare Endstufe innerhalb der Vergütungsgruppe hingewiesen worden. Soweit die Beklagte erstmals mit der Berufungsbegründung die Höhe der geltend gemachten Zahlungsansprüche gerügt habe, sei dieses Vorbringe zum einen verspätet. Im Übrigen folge auch aus dem Schreiben der Beklagten vom 20.10.2005, dass dem Kläger die mitgeteilte Monatsbruttovergütung im Hinblick auf die arbeitsvertraglich zwischen den Parteien vereinbarte Stundenzahl zustehe. Da die Beklagte die in dem Schreiben vom 20.10.2005 genannte Bruttomonatsvergütung an den Kläger tatsächlich vor dem Hintergrund der im Bereich der Verwaltung geltenden 38,5-Stunden-Woche tatsächlich zur Auszahlung gebracht habe, sei die geltend gemachte Höhe nicht zu beanstanden, weil die Beklagte sich insoweit in Annahmeverzug befunden habe. Der Unternehmensgegenstand der Beklagten bringe es mit sich, dass die Arbeitszeiten der Beschäftigten während des Kalenderjahres nicht gleichmäßig verteilt seien. Dementsprechend erstelle die Beklagte für die einzelnen Bereiche Dienstpläne, im Rahmen derer Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage unter Berücksichtigung der aktuellen betrieblichen Gegebenheiten und der Erfordernisse der zu betreuenden Kunden und Veranstaltungen festgelegt würden. Da die von der Beklagten erstellten Dienstpläne für die flexibel eingesetzten Mitarbeiter verbindlich seien, sei es Aufgabe der Beklagten gewesen, die Arbeitszeit der Arbeitnehmer in den Dienstplänen oder durch kurzfristige Anordnung entsprechend der Arbeitszeiterhöhung durch den TVöD festzusetzen. Da die Beklagte dies nicht getan, sondern die Mitarbeiter in den Dienstplänen lediglich 38,5 Stunden pro Woche eingesetzt habe, sei entsprechend § 296 BGB zur Begründung des Annahmeverzuges der Beklagten ein Arbeitsangebot von ihm nicht erforderlich gewesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass dem Kläger die streitgegenständlichen Ansprüche aus § 611 BGB i.V.m. § 3 des Arbeitsvertrages zustehen, deren Höhe in der Berufungsinstanz unstreitig geworden ist, soweit sie nicht von der Erhöhung der Arbeitszeit durch den TVöD von 38,5 auch 39 Wochenstunden abhängig sind.

I. Das Arbeitsgericht hat dabei zunächst zu Recht angenommen, dass § 2 des Arbeitsvertrages hinsichtlich der Vergütung eine dynamische Verweisung auf die Entgeltgruppe 6 des TVöD einschließlich der Entwicklungsstufen enthält. Das Vorbringen der Beklagten dazu einschließlich der Berufungsinstanz vorgetragenen Einwände rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

1. Der Arbeitsvertrag der Parteien selbst enthält keine Globalverweisung auf den BMT-G bzw. den TVöD, was zwischen den Parteien auch unstreitig ist.

Ob und gegebenenfalls inwieweit aufgrund der Bezugnahme in § 3 des Arbeitsvertrages auf die jeweils gültigen Betriebsvereinbarungen eine Bezugnahme auf einzelne Bestimmungen des TVöD angenommen werden kann, kann offen bleiben, da die letzte Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 auf die Vergütungsregelungen des TVöD gerade nicht verweist. Vielmehr regelt der Arbeitsvertrag in § 2 nur, dass sich die Vergütung nach der Lohngruppe IV richtet, was insoweit lediglich eine punktuelle Bezugnahme auf diese Vergütungsregelung des BMT-G darstellt.

2. Diese punktuelle Bezugnahmeregelung in § 2 des Arbeitsvertrages ist entgegen der Rechtsansicht der Beklagten nach einer vorzunehmenden Vertragsauslegung als eine dynamische Verweisung auf die Entgeltgruppe 6 des TVöD einschließlich der Entwicklungsstufen zu verstehen.

a. Der Arbeitsvertrag vom 23.03.2003 ist ein Formularvertrag, sodass dessen Bestimmungen Allgemeine Geschäftsbedingungen sind. Diese Regelungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen ist, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Dies gilt auch für einzelvertragliche Verweisungsklauseln (vgl. BAG, Urt. v. 15.06.2011 - 4 AZR 563/09, juris; Urt. v. 19.05.2010 - 4 AZR 796/08, NZA 2010, 1183; Urt. vom 16.12.2009 - 5 AZR 888/08, NZA 2010, 401).

aa. Ob ausgehend von diesen Kriterien die Bezugnahmeregelung in § 2 des Arbeitsvertrages bereits nach ihrem Wortlaut als eine eindeutige dynamische Bezugnahmeklausel anzusehen ist, wovon offensichtlich das Arbeitsgericht ausgegangen ist, mit der Folge, dass wegen eines eindeutigen Auslegungsergebnisses ein Rückgriff auf die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB ausgeschlossen ist, kann offen bleiben. Denn dieses Auslegungsergebnis ist jedenfalls nach Berücksichtigung der Unklarheitsregel des § 305 c Abs. 2 BGB auch dann anzunehmen, wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass auch nach Ausschöpfung aller anerkannten Auslegungsmethoden eine eindeutige Auslegung des § 2 des Arbeitsvertrages im Sinne einer dynamischen Bezugnahmeklausel nicht möglich ist. Nach der von der Rechtsprechung unter Berücksichtigung von § 305 c Abs. 2 BGB entwickelten Zweifelsfallregelung ist bei Formularverträgen zu Lasten des Arbeitgebers von einer zeitdynamischen Verweisung auf Tarifverträge auszugehen (vgl. BAG, Urt. v. 20.04.2012 - 9 AZR 504/10, NZA 2012, 982; Urt. v. 18.05.2011 - 5 AZR 213/09, ZTR 2011, 564; Urt. v. 09.11.2005 - 5 AZR 128/05, NZA 2006, 202). Davon ausgehend ist anzunehmen, dass § 2 des Arbeitsvertrages hinsichtlich der Vergütung eine zeitdynamische Verweisung auf die Lohngruppe IV BMT-G einschließlich der Lebensaltersstufen enthält.

bb. Der Wortlaut des § 2 des Arbeitsvertrags enthält jedenfalls keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine statische Verweisung in dem Sinne, dass sich die Vergütung nach der Lohngruppe IV in einer bestimmten Fassung richten soll.

(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten reicht zur Annahme einer statischen Verweisung nicht das Fehlen des Zusatzes "in seiner jeweiligen Fassung" aus. In § 2 des Arbeitsvertrags wird kein bestimmter Tarifvertrag konkret nach Datum und Gegenstand eindeutig bezeichnet. Dies wäre jedoch typisch für eine statische Verweisung (vgl. dazu BAG, Urt. v. 20.04.2012 - 9 AZR 504/10, NZA 2012, 982; Urt. v. 19.09. 2007 - 4 AZR 710/06, AP BGB § 133 Nr. 54). Der Wortlaut des Vertrags enthält auch sonst keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine statische Verweisung.

Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass das Bundesarbeitsgericht in dem von ihr zitierten Urteil vom 09.02.2005 (5 AZR 284/04) entschieden hat, dass die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die erstmalige Einstufung in eine bestimmte Gehaltsgruppe des Manteltarifvertrags und die Zusage einer tariflich abgesicherten Leistungszulage bei konkreter Angabe der jeweiligen Beträge nichts für die Frage einer dynamischen Anpassung an die jeweilige tarifliche Gehaltsentwicklung besage. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Angabe einer bestimmten Gehaltsgruppe unter Nennung eines bestimmten Geldbetrages der Annahme einer kleinen dynamischen Bezugnahme auf die einschlägige tarifliche Vergütungsregelung steht. Denn zum einen haben die Arbeitsvertragsparteien in der o.g. Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Arbeitsvertrag die Einstufung des Klägers in die Gehaltsgruppe IV/1 Gruppenjahr unter Nennung des Betrages von 3.829,00 DM vereinbart und lediglich auf den Manteltarifvertrag Bezug genommen, nicht dagegen auf die einschlägigen Entgelttarifverträge, die ebenfalls existierten. Zum anderen hat das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 09.11.2005 (5 AZR 128/05) festgestellt, dass die Formulierung im Arbeitsvertrag "Der Arbeitnehmer erhält folgende Vergütung" in Verbindung mit der Benennung einer bestimmten Vergütungsgruppe/Stufe nicht eindeutig ist, da sie mangels einer entgegenstehenden Bestimmung eine Verweisung auf das jeweilige Entgelt der betreffenden Entgeltgruppe darstellen kann. Die den tariflichen Vergütungsbestandteilen zugeordneten Zahlbeträge sollen dann nur über das bei Vertragsabschluss aktuelle Vergütungsniveau informieren. Gemeint sein kann aber (unter Bezugnahme auf die von der Beklagten zitierte Entscheidung vom 09.02.2005) auch die bloße Zuordnung zu einer tariflichen Gehaltsgruppe, ohne dass damit etwas zur Frage der dynamischen Anpassung an die jeweilige tarifliche Gehaltsentwicklung ausgesagt wird. Ausgehend von der Unklarheitsregel des § 305 c Abs. 2 BGB ist im Zweifel daher eine zeitdynamische Verweisung anzunehmen, denn in der Regel wird die Vergütung in Entgelttarifverträgen für den Arbeitnehmer verbessert und nicht verschlechtert (vgl. BAG, Urt. v. 09.11.2005 - 5 AZR 128/05, NZA 2006, 202; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 17.01.2007 - 10 Sa 641/06, juris; LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 28.04.2011 - 21 Sa 77/10, juris).

Der Einwand der Beklagten, dass dieser Annahme der Umstand entgegen stehe, dass der Stundenlohn mit "10,95 €" verbindlich festgelegt worden ist und der Zusatz "z.Z." nur klarstellende Bedeutung habe, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Vielmehr zeigt gerade der Umstand, dass in § 2 des Arbeitsvertrages der Stundenlohn nicht nur mit einem festen Betrag, sondern mit dem Zusatz "z. Z." angegeben wurde, dass die Beklagte lediglich eine Auskunft über die Höhe des im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Stundenlohnes erteilt hat. Sollte dieser Lohn auf Dauer fest vereinbart worden sein und künftigen Änderungen bei Tariflohnerhöhungen nicht unterliegen, so wäre der Zusatz "z. Z." nicht verständlich.

Für die Annahme einer dynamischen Bezugnahme hinsichtlich der Vergütung auf die Lohngruppe IV des BMT-G spricht auch, die eigene Vertragspraxis der Beklagten. Denn die Beklagte selbst hat bis einschließlich 2005, wenn auch im Jahr 2004 mit einer zeitlichen Verzögerung, die tariflichen Tariflohnerhöhungen weiter gegeben und den Kläger im Jahr 2005 entsprechend der Mitteilung vom 20.10.2005 in den TVöD übergeleitet hat, ohne dass der Kläger dies auch nur geltend gemacht hat. Denn gerade auch für die Überleitung in den TVöD bestünde überhaupt keine Veranlassung, wenn der Formulararbeitsvertrag des Klägers nur eine feste Vergütungsvereinbarung und keine dynamische Bezugnahme enthielte. Denn in diesem Fall wäre nichts überzuleiten, sondern lediglich das weiter anzuwenden, was nach Ansicht der Beklagten fest vereinbart wurde, nämlich Lohn in Höhe von 10,95 € brutto. Die Vertragspraxis kann aber jedenfalls dann zur Auslegung einer Formularklausel herangezogen werden, wenn sie - wie hier - Rückschlüsse auf den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Erklärungswillen der Parteien zulassen (vgl. BAG, Urt. v. 16.06.2010 - 4 AZR 924/08, ZTR 2010, 642; Urt. v. 15.03.2006 - 4 AZR 132/05, AP Nr. 2 AP Nr. 9 zu § 2 TVG Firmentarifvertrag).

Soweit die Beklagte geltend macht, dass die Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 auf die tariflichen Vergütungsvorschriften gerade nicht verweist, kann daraus ebenfalls nichts dafür gewonnen werden, dass keine dynamische Bezugnahme im § 3 des Arbeitsvertrages vereinbart worden ist. Denn die Vergütung sollte nach dem eindeutigen Inhalt des Arbeitsvertrages gerade nicht durch die Betriebsvereinbarung, sondern ausschließlich individualrechtlich geregelt werden. Dementsprechend enthält auch der sehr knappe Arbeitsvertrag in § 2 eine individualrechtliche Regelung der Vergütung und in § 3 eine Bezugnahme auf die im Betrieb der Beklagten geltenden gültigen Betriebsvereinbarungen, die wegen individualrechtlicher Regelung der Vergütung in § 2 des Arbeitsvertrages folgerichtig auch keine konstitutive Verweisung auf tarifliche Vergütungsregelungen bzw. das tarifliche Eingruppierungsrecht enthalten und wegen § 77 Abs. 3 BetrVG auch keine wirksamen Regelungen bzw. Verweisungen enthalten könnten.

Das Vorbringen der Beklagten, in der Berufungsinstanz, dass der Bezugnahmeklausel des § 2 des Arbeitsvertrages keine dynamische Bezugnahme auf den BMT-G entnommen werden könne, rechtfertigt schon deswegen keine abweichende Beurteilung, weil zum einen die von der Beklagte als Begründung dazu angeführte Anlage 1 zu der Betriebsvereinbarung vom 01.08.2001 aus dem Jahr 2004 stammt und schon deshalb keinen Aussagewert für die Auslegung der Bezugnahmeklausel des § 2 des Arbeitsvertrages vom 23.03.2003 haben kann, der früher abgeschlossen wurde. Zum anderen trägt die Beklagte gerade selbst auf S. 10 der Berufungsbegründung vor, dass - was auch zutreffend ist - die Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 auf das tarifliche Eingruppierungsrecht, insbesondere die Vorschriften des BAT und des BMT-G "in ausdrücklicher Abkehr von dem Inhalt der des § 7 der Betriebsvereinbarung vom 01.01.1992" gerade nicht Bezug nimmt, sodass nicht nachvollziehbar ist, wieso im § 2 des Arbeitsvertrages keine Bezugnahme auf die Lohngruppe IV des BMT-G, sondern "an eine Anlage zu einer Betriebsvereinbarung" enthalten sein soll. Dies gilt umso mehr, als selbst in der Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 1992, die durch die Betriebsvereinbarung vom 01.08.2001 abgelöst worden ist und die daher im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages mit dem Kläger - unabhängig von ihrer Vereinbarkeit mit § 77 Abs. 3 BetrVG während ihrer Geltungsdauer - nicht mehr galt, wiederholt auf den BMT-G bzw. den BAT Bezug genommen wird.

(2) Der Beklagten ist zwar zuzugeben, des § 2 des Arbeitsvertrages keine Bezugnahme auf die Regelungen des TVöD enthält. Insoweit ist jedoch die Bezugnahmeklausel nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt im Wege der ergänzenden Auslegung dahin gehend auszulegen, dass die Bezugnahme sich auf den Tarifvertrag erstreckt, der an die Stelle des im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Tarifvertrages getreten ist, vorliegend also der TVöD (vgl. dazu BAG, Urt. v. 18.04.2012 - 4 AZR 392/10, NZA 2012, 1171; Urt. v. 18.05.2011 - 5 AZR 213/09, ZTR 2011, 564; Urt. v. 09.06.2010 - 5 AZR 637/09, EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 50).

Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz geltend macht, dass das Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung nach Berücksichtigung der Einzelfallumstände jedenfalls keine Anwendung der Vergütung nach dem TVöD sein könne, so spricht dagegen zum einen schon das eigene Verhalten der Beklagten, die den Kläger von sich aus in den TVöD übergeleitet hat, was grundsätzlich nur dann folgerichtig ist, wenn sie selbst davon ausgegangen ist, dass die Bezugnahmeklausel des § 2 TVöD dahingehend zu verstehen ist, dass an die Stelle der in Bezug genommen Vergütungsregelungen des BMT-G der TVöD getreten ist. Zum anderen ist der Hinweis der Beklagten auf die Betriebsvereinbarung vom 01.08.2001 jedenfalls deswegen nicht ganz nachvollziehbar, weil die Betriebsvereinbarung gerade keine Regelungen zur Vergütung enthält und auch nicht enthalten könnte.

(3) Das Arbeitsgericht geht auch zu Recht davon aus, dass dem Kläger aufgrund der Bezugnahmeregelung in § 2 des Arbeitsvertrages ein Anspruch auf die Berücksichtigung der Stufenaufstiege zusteht mit der Folge, dass die Beklagte ab dem 01.10.2007 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 6/ Stufe 3 zu zahlen hatte.

Da die Regelung im 2 des Arbeitsvertrages als eine kleine dynamische Bezugnahme auf die Vergütungsregelung der Entgeltgruppe 6 des TVöD enthält, erstreckt sich diese dynamische Bezugnahme auch auf die leistungsunabhängigen Entgeltstufen des § 16 TVöD, die nach § 15 Abs. 1 S. 1 TVöD Bestandteil des Tabellenentgelts sind. Denn insoweit regelt § 15 TVöD, dass die Beschäftigten monatlich ein Tabellenentgelt erhalten, dessen Höhe sich nach der Entgeltgruppe, in die sie/er eingruppiert ist, und nach der für sie/ihn geltenden Stufe bestimmt. Das in § 15 TVöD normierte Tabellenentgelt ist damit die Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung des Arbeitnehmers. Dementsprechend erstreckt sich keine dynamische Bezugnahme auf eine Entgeltgruppe des TVöD jedenfalls im Zweifel nicht nur auf die Entgeltgruppe selbst, sondern auch auf die Entgeltstufen, da erst beide Elemente zusammen das Tabellenentgelt im Sinne des § 15 TVöD bilden.

Die leistungsunabhängigen Entgeltstufen des TVöD knüpfen an die zunehmende Erfahrung des Arbeitnehmers bei Ausübung seiner Tätigkeit an. Der Stufenaufstieg im Entgeltsystem des TVöD soll die gewonnene Berufserfahrung honorieren und knüpft deshalb - anders als die früheren §§ 20, 21 BMT-G - nicht mehr (auch) an das Alter an. Die Tarifvertragsparteien sind offenkundig davon ausgegangen, dass die Beschäftigten durch die Ausübung der ihnen übertragenen Tätigkeit laufend Kenntnisse und Erfahrungen sammeln, die die Arbeitsqualität und -quantität verbessern. Diese Annahme einer Produktivitätssteigerung durch Erfahrungsgewinn entspricht auch der Lebenserfahrung (vgl. dazu BAG, Urt. v. 27.01.2011 - 6 AZR 526/09, NZA 2011, 1361). Da sich das tarifliche Tabellenentgelt nach § 15 TVöD aus zwei Bestandteilen zusammensetzt, wobei der leistungsunabhängige Stufenaufstieg an die zunehmende Berufserfahrung anknüpft, ist bei einer Bezugnahmeregelung davon auszugehen, dass sich eine dynamische Verweisung in einem Formularvertrag auf das gesamte Tabellenentgelt einschließlich der Entgeltstufen bezieht, weil erst beide Elemente zusammen nach dem Willen der Tarifvertragsparteien die Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und damit die angemessene Vergütung bestimmen (so auch im Ergebnis LAG Bremen, Urt. v. 24.08.2011 - 2 Sa 20/1, juris). Vorliegend haben die Parteien bei einer dynamischen Bezugnahme auf eine bestimmte Vergütungsgruppe den Begriff der Vergütung im Übrigen nicht selbst definiert oder näher konkretisiert. Damit sind alle finanziellen Leistungen des Arbeitgebers erfasst, die das in Bezug genommene tarifliche Regelungswerk als Gegenleistung für die vom Angestellten erbrachte Arbeitsleistung vorsieht (vgl. BAG, Urt. v. 08.05.2011 - 5 AZR 213/09, ZTR 2011, 564; Urt. v. Urt. v. 16.12.2009 - 5 AZR 888/08, NZA 2010, 401).

Aus alldem folgt, dass dem Kläger die geltend gemachten Restvergütungsansprüche bezogen auf die Tariflohnerhöhungen ab 2008, den Stufenaufstieg zum 01.10.2008 und die Sonderzahlungen für die Jahre 2008 und 20der 09 sowie der Jahressonderzahlungsanspruch für 2010 im vollen Umfang zustehen, deren Höhe jedenfalls in der Berufungsinstanz nicht mehr streitig war.

3. Schließlich stehen dem Kläger auch die geltend gemachten Ansprüche auf die Einmalzahlungen für die Jahre 2007 und 2009 zu, weil es sich dabei um keine Sonderzahlungen, sondern um pauschalierte Vergütungserhöhungen handelt, die von der Bezugnahmeklausel des § 2 des Arbeitsvertrages erfasst sind.

Soweit keine Konkretisierung im Arbeitsvertrag erfolgt, erfasst der Begriff Vergütung alle finanziellen Leistungen des Arbeitgebers, die das in Bezug genommene tarifliche Regelungswerk als Gegenleistung für die vom Angestellten erbrachte Arbeitsleistung vorsieht. Eine Erhöhung des tariflichen Entgelts setzt nicht zwingend eine "tabellenwirksame" Erhöhung der tariflichen Vergütungsbestandteile voraus. Sie kann auch in Form einer pauschalen Einmalzahlung erfolgen. Die zeitdynamische Verweisung umfasst daher auch tarifliche "Einmalzahlungen", die an die Stelle einer (prozentualen) Erhöhung der im Arbeitsvertrag genannten Vergütungsbestandteile treten.

Der Begriff "Einmalzahlung" wird tariflich sowohl zur Kennzeichnung einer von der konkreten Gegenleistung unabhängigen Sonderzahlung als auch als Bezeichnung einer pauschalierten Entgelterhöhung für einen bestimmten Zeitraum verwandt. Welche Art der Vergütung im Einzelfall vorliegt, muss durch Auslegung des Tarifvertrags ermittelt werden. Die Einmalzahlung kann als Gegenleistung pauschal, eventuell nachträglich, für mehrere Lohnzahlungsperioden vorgesehen sein und führt dadurch nicht zur Sonderzahlung. Dabei sind - ausgehend vom Tarifwortlaut - der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen (vgl. BAG, Urt. v. 23.03.2012 - 5 AZR 153/10, AP Nr. 87 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifverträge; Urt. v. 15.11.2011 - 5 AZR 213/09, ZTR 2011, 564; Urt. v. 10.11.2010 - 5 AZR 633/09, ZTR 2011, 150).

Bei der Einmalzahlung im Jahr 2007 handelt es sich um eine pauschalierte Vergütungserhöhung, die die im Jahr 2006/7 ausgebliebene Erhöhung der Vergütung- bzw. Entgelttabellen kompensieren sollten und keine von einem unmittelbaren Gegenleistungsbezug unabhängige Sonderzahlung (vgl. BAG, Urteil vom 18.05.2011 - 5 AZR 213/09, ZTR 2011, 564; Urt. v. 23.03.2012 - 5 AZR 153/10, AP Nr. 87 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifverträge; Urt. v. 10.06.2009 - 4 AZR 194/08, ZTR 2010, 154). Das Gleiche gilt nach Auffassung der Kammer auch für die Einmalzahlung in Höhe von 225,-- Euro für das Jahr 2009, da sich diese Einmalzahlung ebenfalls um eine pauschalierte Vergütungserhöhung handelt, die zur Vergütung im Sinne des § 2 des Arbeitsvertrages zählt. Dies folgt aus ihrer systematischen Stellung im Tarifvertrag selbst, da die Einmalzahlung als Nr. 2 unter der Regelung "I Erhöhung der Entgelte" geregelt ist (vgl. LAG Hessen, Urteil vom 03.09.2010 - 19 Sa 2011/99, juris für Einmalzahlung 2009 und Sächsisches LAG, Urt. 05.07.2012 - 9 Sa 638/11, juris für Einmalzahlung 2011, Rev., Az. 10 AZR 767/12).

4. Die Beklagte ist entgegen ihrer Ansicht auch zu einer ungekürzten Zahlung der Differenzbeträge verpflichtet, darf also keine Abzüge im Hinblick auf die Erhöhung der Arbeitszeit auf 39 Wochenstunden nach § 6 TVöD vornehmen.

a. Haben die nicht tarifgebundenen Arbeitsvertragsparteien die Vergütung in einem Vollzeitarbeitsverhältnis nach einer bestimmten tariflichen Vergütungsgruppe vereinbart, ohne den Umfang der Arbeitszeit selbst zu regeln, ist jedenfalls mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass auch die tariflich geltende Arbeitszeit geschuldet wird. Denn es kann nicht angenommen werden, dass der Arbeitnehmer bei einer Bezugnahme auf eine tarifliche Vergütung, die Gegenleistung für eine tarifliche Arbeitszeit darstellt, besser gestellt werden sollte, als der tariflich gebundene Arbeitnehmer, der die tarifliche Arbeitszeit schuldet. Dementsprechend schuldete auch der Kläger eine Arbeitsleistung von 39 Stunden pro Woche. Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht daraus, dass die Beklagte den Kläger zunächst einseitig in den TVöD übergeleitet hat, ohne auf die verlängerte Arbeitszeit hinzuweisen. Denn mit der "Überleitung" wollte die Beklagte offensichtlich nur der Ablösung des BMT-G bzw. des BAT durch den TVöD Rechnung tragen, also einen "Normvollzug" vornehmen, nicht aber die Arbeitszeit des Klägers verkürzen. Die nach § 39 TVöD verlängerte Arbeitszeit gilt auch dann, wenn in einem Arbeitsvertrag hinsichtlich der Vergütung auf den BAT bzw. BMT-G verwiesen wird, der im Wege der Tarifsukzession durch den TVöD ersetzt wird (vgl. BAG, Urt. v. ; Sächsisches LAG, Urt. v. 23.08.2012 - 9 Sa 104/12, juris, Rev. 5 AZR 935/12). Von einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden gehen auch beide Parteien übereinstimmend aus.

b. Der Kläger hat zwar nicht die geschuldete wöchentliche Arbeitszeit von 39,00 Stunden, sondern lediglich 38,5 Stunden pro Woche gearbeitet. Dies führt jedoch entgegen der Ansicht der Beklagten nicht dazu, dass die Ansprüche des Klägers zeitanteilig entsprechend zu kürzen sind.

Im bestehenden Arbeitsverhältnis gilt zwar grundsätzlich der Grundsatz, dass Lohn nur für tatsächlich geleistete Dienste zu zahlen ist, so dass Vergütungsansprüche trotz fehlender Arbeitsleistung des Arbeitnehmers einer besonderen Rechtfertigung bedürfen (vgl. BAG, Urteil vom 18.04.2012 - 5 AZR 248/11, NZA 2012, 998). Vorliegend folgt diese Rechtfertigung aus § 615 BGB, wonach der Arbeitgeber die vertraglich vereinbarte Vergütung während des Annahmeverzuges fortzuzahlen hat. Denn die Beklagte befand sich mit der Annahme der Arbeitsleistung im Umfang der zeitlichen Differenz von 0,5 Stunden pro Woche in Annahmeverzug.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, setzt die Begründung des Annahmeverzuges des Arbeitgebers im bestehenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich ein tatsächliches Arbeitsangebot des Arbeitnehmers voraus (vgl. BAG, Urteil vom 07.11.2002 - 2 AZR 742/00, NJW 2003, 3219). Vorliegend hat zwar der Kläger nach der Überleitung seiner Vergütung auf den TVöD seine Arbeitsleistung im Umfang der um 0,5 Stunden erhöhten wöchentlichen Arbeitszeit nicht tatsächlich angeboten. Dies war jedoch nach Ansicht der Kammer im vorliegenden Fall zur Begründung des Annahmeverzuges jedoch nicht erforderlich. war. Vielmehr ist die Beklagte nach Auffassung der Berufungskammer auch entsprechend § 296 BGB ohne ein Arbeitsangebot des Klägers in Annahmeverzug geraten.

Nach dieser Bestimmung gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug im Sinne der §§ 293 ff. BGB, obwohl der Arbeitnehmer die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbracht hat, wenn der Arbeitgeber die ihm obliegende Mitwirkungshandlung nicht vorgenommen hat. Ob und gegebenenfalls unter welchen Fällen der Arbeitgeber im bestehenden Arbeitsverhältnis in Annahmeverzug im Hinblick auf § 296 BGB gerät, wenn er den Arbeitnehmer bei grundsätzlicher flexibler Arbeitszeit in den erstellten Schichtplänen nicht zur Arbeit einteilt und ihm keine Arbeit zuweist, kann dahingestellt bleiben (vgl. dazu BAG, Urt. 26.01.2011 - 5 AZR 819/09, NJW 2011, 1693; Urt. v. 08.10.2008 - 5 AZR 715/07, EzA § 615 BGB 2002 Nr. 27; LAG Niedersachsen, Urt. v. 29.04.2005 - 16 Sa 1330/04, NZA-RR 2005, 589). Denn der Annahmeverzug des Arbeitgebers im Hinblick auf § 296 BGB ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn - wie im vorliegenden Fall - aufgrund einer tariflichen Änderung des Umfangs der Arbeitszeit die tariflichen Änderungen vom Arbeitgeber erst umgesetzt und bei einer Einteilung in die Schichtpläne entsprechend berücksichtigt werden müssen. Insoweit ist für die Bestimmung des Umfangs der Arbeitszeit eine Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers erforderlich, so dass dieser Fall nicht mit den Fällen vergleichbar ist, in denen der Arbeitnehmer bei an sich festgelegten, aber nicht angenommener Arbeit kein Arbeitsangebot abgibt.

6. Die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche sind entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht wegen Ablaufs der tariflichen Verfallfrist des § 37 TVöD verfallen, weil die Anwendbarkeit einer tariflichen Verfallfrist nicht wirksam vereinbart worden ist.

a. Der Arbeitsvertrag selbst verweist nicht unmittelbar auf tarifliche Verfallfristen.

b. In § 4 des Arbeitsvertrages wird zwar auf die im Betrieb der Beklagten geltenden Betriebsvereinbarungen und damit auch auf die Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 Bezug genommen, die auf die tariflichen Verfallfristen des § 63 BMTG bzw. § 70 BAT verweist, an deren Stelle § 37 TVöD getreten ist. Die Regelung der Anwendbarkeit von Tarifnormen in einer Betriebsvereinbarung ist jedoch wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam.

Nach § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte oder sonstige Arbeitsbedingungen, die Gegenstand eines Tarifvertrages sind oder üblicherweise tariflich geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.

Mangels Tarifbindung der Beklagten gilt zwar in ihrem Betrieb kein Tarifvertrag mit normativer Wirkung. Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG greift aber aufgrund der Tarifüblichkeit im Sinne des § 77 Abs. 3 BetrVG, weil die Beklagte satzungsgemäß Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes sein könnte, was zwischen den Parteien unstreitig ist.

Für die Anwendung der Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG kommt es auf eine Tarifbindung des Arbeitgebers grundsätzlich nicht an. Diese Vorschrift soll die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie nach Artikel 9 Abs. 3 GG gewährleisten. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang bei der Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Arbeitgeber und Betriebsrat sollen abweichende noch auch nur ergänzende Betriebsvereinbarungen mit normativer Wirkung abschließen können. Die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie wird auch dann gestört, wenn nicht tarifgebundener Arbeitgeber kollektivrechtliche Konkurrenzregelung in Form von Betriebsvereinbarungen treffen können. Für das Bedürfnis nach betriebsnaher Regelunge stehen Firmenverträge als kollektivrechtliche Gestaltungsmittel zur Verfügung (vgl. BAG, Urt. v. 20.11.2001 - 1 AZR 12/01, EzA § 77 BetrVG 1972 Nr. 70; Beschl. v. 22.03.2005 - 1 ABR 64/03, NZA 2006, 383).

Die Tarifverträge, die vom Kommunalen Arbeitgeberverband abgeschlossen wurden und damit auch der BAT sowie der BMTG, bestimmen ihren Geltungsbereich weder durch die Angabe einer bestimmten Branche, noch durch die Benennung konkreter Unternehmen, sondern durch die Mitgliedschaft im tarifschließenden Arbeitgeberverband. Im Geltungsbereich eines Tarifvertrages im Sinne des § 4 Abs. 1 TVG in dieser Weise organisationsbezogen festzulegen, ist tarifrechtlich unbedenklich. Die Tarifvertragsparteien sind im Rahmen ihrer Tarifzuständigkeit bei der Festsetzung des Geltungsbereichs ihre Regelungen autonom. Auch einer auf die potentielle Mitgliedschaft bezogenen Festlegung des Geltungsbereichs stehen rechtliche Bedenken nicht entgegen. Dies gilt jedenfalls unter der Voraussetzung, dass die Satzung des Arbeitgeberverbandes nicht für jeden Arbeitgeber voraussetzungslos eine Beitrittsmöglichkeit vorsieht, sondern diese an bestimmte Kriterien knüpft, durch die der Kreis der potentiellen Mitglied ähnlich wie durch das Erfordernis einer Branchenzugehörigkeit beschränkt wird. Zwar ergibt sich dann nicht unmittelbar aus dem Tarifvertrag selbst, welche Einzelunternehmen und Betriebe vom fachlichen Geltungsbereich erfasst werden; wer Mitglied des tarifschließenden Verbandes werden kann, ergibt sich jedoch aus der betreffenden Satzung. Mitgliedsschaftbezogene Festlegung des Geltungsbereiches eines Tarifvertrages und die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG schließen einander nicht aus, so dass für die Anwendung des § 77 Abs. 3 BetrVG auch auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber außerdem erforderlich ist, dass die Tarifvertragsparteien den Geltungsbereich eines mitgliedsschaftbezogenen Tarifvertrages auch auf potentielle Mitglieder erstrecken und nicht auf aktuelle Mitglieder beschränken wollen. Ohne deutliche Anhaltspunkte im Tarifvertrag selbst kann jedoch nicht angenommen werden, dass die Tarifvertragsparteien durch die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs den durch § 77 Abs. 3 gewährleisteten Geltungsanspruch des Tarifvertrages und ihre Tarifautonomie beschränken wollen. Anhaltspunkte dafür, dass der Anwendungsbereich des BAT bzw. des BMTG oder des TVöD lediglich auf aktuelle Mitglieder des Arbeitgeberverbandes beschränkt werden sollte, sind weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen worden. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG auch im Betrieb der Beklagten zu beachten war mit der Folge, dass die Vereinbarung der Geltung der tariflichen Verfallfristen durch eine Betriebsvereinbarung nicht zulässig war (vgl. zur Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 bei mitgliedschaftsbezogener Festlegung des Geltungsbereichs eines Tarifvertrages BAG, Urteil vom 23.03.2011 - 4 AZR 268/09, AP Nr. 101 zu § 77 BetrVG 1972; Urteil vom 12.03.2008 - 10 AZR 256/07 -, AP Nr. 6 zu § 611 BGB; Urteil vom 22.03.2005 - 1 ABR 64/03 -, NZA 2006, 383). Unter die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG fallen dabei auch Betriebsvereinbarungen, die sich - wie die vorliegende - darauf beschränken, eine bestehende tarifliche Regelung unverändert zu übernehmen. Der Schutz der Tarifautonomie steht auch der Möglichkeit entgegen, durch Betriebsvereinbarung den Inhalt eines Tarifvertrages ganz oder teilweise unverändert zu übernehmen (vgl. BAG, Urteil vom 20.11.2001 - 1 AZR 12/01 -, NZA 2002, 872).

Die Anwendbarkeit der tariflichen Verfallfrist ergibt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht daraus, dass dieser die tariflichen Regelungen individualrechtlich gelten. Denn der Arbeitsvertrag selbst regelt lediglich in § 2 die Vergütung und verweist in § 3 konstitutiv auf die im Betrieb der Beklagten geltenden gültigen Betriebsvereinbarungen. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass individualrechtlich gerade keine Geltung der tariflichen Bestimmung vereinbart werden sollte. Wieso aufgrund der Bezugnahme auf die "gültigen Betriebsvereinbarungen" die tariflichen Bestimmungen bei Ungültigkeit der Betriebsvereinbarung individualrechtlich gelten sollten, ist nicht ersichtlich und wird von der Beklagten auch nicht im Einzelnen dargelegt. Da somit keine wirksame Vereinbarung der Anwendung von tariflichen Verfallfristen vorliegt, kann dahingestellt bleiben, ob die Berufung der Beklagten darauf bei Anwendbarkeit der tariflichen Verfallfristen entsprechend der Ansicht des Klägers im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 21.02.2007 treuwidrig wäre.

Aus alldem folgt, dass die Berufung der Beklagten zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO und § 269 Abs. 3 ZPO.

Die Revision war nach Auffassung der Kammer wegen der grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, da im Betrieb der Beklagten in einer Vielzahl von Fällen Streit über die Auslegung vergleichbarer Bezugnahmeklauseln in Formularverträgen und die Anwendung tariflicher Verfallfristen besteht, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.