Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 17.04.2013 - 5 K 156/12
Fundstelle
openJur 2013, 24260
  • Rkr:
Tenor

Der Einkommensteuerbescheid vom 3. August 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. August 2012 wird dergestalt geändert, dass außergewöhnliche Belastungen vor Abzug der zumutbaren Belastungen in Höhe von 19.431 € berücksichtigt werden. Die Einkommensteuer ist unter Berücksichtigung der zumutbaren Belastung entsprechend herabzusetzen.

Die Kosten des Verfahrens trägt das Finanzamt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldnerin kann die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Anerkennung von Anwaltskosten als außergewöhnliche Belastung.

Der Kläger war von August 1992 bis Januar 2006 mit A in Großbritannien verheiratet. Aus der Ehe sind zwei in 1994 und 1997 geborene Kinder hervorgegangen. In 2004 trennten sich die Eheleute. Sie schlossen am 29. Dezember 2004 eine privatschriftliche Vereinbarung zur Regelung der mit der Trennung zusammenhängenden Angelegenheiten. Die Ehe wurde am 24. Januar 2006 vor einem englischen Gericht geschieden. Im Hinblick auf die bestehende privatschriftliche Vereinbarung wurden keine weiteren, über die Scheidung hinausgehenden Regelungen getroffen. Seit Ende 2006 ist der Kläger in zweiter Ehe in Deutschland verheiratet.

Mit Datum vom 6. Februar 2009 erhielt der Kläger ein Anwaltsschreiben der Symonds Solicitors, mit welchem er aufgefordert wurde, umfangreiche Auskünfte zu erteilen. Der Kläger bemühte sich in der Folgezeit ohne Einschaltung des von seiner geschiedenen Ehefrau beauftragten Rechtsanwaltsbüros um eine gütliche Regelung der Angelegenheit (Schreiben des Klägers vom 15. Mai 2009). Schließlich kündigte die von der geschiedenen Ehefrau des Klägers beauftragte Kanzlei mit Schreiben vom 23. März 2010 die Fortführung des Verfahrens an. Der Kläger wurde im März 2010 vom zuständigen Gericht zur Abgabe einer eidesstattlichen Vermögenserklärung bis zum 4. Mai 2010 aufgefordert und zu einem anberaumten Termin am 8. Juni 2010 geladen.

Der Kläger suchte nunmehr einen Anwalt, der ihn in der Sache vertreten könnte. Maßgeblich hierbei waren im Wesentlichen Kenntnisse des Anwalts in der deutschen Sprache, praktiziertes Familienrecht und Rechtssicherheit im englischen und deutschen Recht. Dazu wandte sich der Kläger zunächst an die ihm bekannte Rechtsanwältin A, die in einem Außenbezirk X zu einem Stundensatz von 250 GBP zuzüglich Umsatzsteuer praktizierte, in der Sache aber nicht tätig werden konnte, da sie in einer anderen Angelegenheit zuvor die geschiedene Ehefrau des Klägers vertreten hatte. Frau A empfahl dem Kläger Rechtsanwalt B, mit welchem der Kläger am 16. Juni 2010 einen Anwaltsvertrag schloss. Dieser Vertrag sah u. a. eine Vergütung von 275 GBP zuzüglich Umsatzsteuer vor. Zwar bemühte sich der Kläger auch in örtlicher Nähe zum Gerichtsort Y in einen Anwalt zu finden. So sprach der von dem Kläger angesprochene Rechtsanwalt Mr. C zwar deutsch, kam aber für den Kläger deswegen nicht in Betracht, weil er sich nur im englischen Recht auskannte und kein Familienrechtler war. Der Stundensatz des Rechtsanwaltes Newman hätte 205 GBP zuzüglich Umsatzsteuer betragen.

Streitig vor dem Gericht in Y waren Ansprüche auf Kindesunterhalt der Höhe nach, Fragen des Versorgungsausgleichs, Fragen des Unterhalts für die geschiedene Ehefrau des Klägers und Fragen des Vermögensausgleichs.

Im November 2010 fand in Y eine Verhandlung statt, im Rahmen derer die Forderungsklage der geschiedenen Ehefrau des Klägers auf die Zahlung von Kindesunterhalt reduziert und deutlich wurde, dass die Frage des Versorgungsausgleichs ggf. vor einem deutschen Gericht zu verhandeln sei. Das Erscheinen des Klägers zu dem Termin am 8. November 2010 war angeordnet (Ladung vom 28. September 2010: „You and your legal representative, if you have one, must attend the appointment.“). Letztlich schlossen die Beteiligten am 8. Oktober 2012 vor dem zuständigen Gericht einen Vergleich, wonach sich der Kläger verpflichtete, je Kind einen Monatsunterhalt in Höhe von 320 € zu entrichten. Alle anderen Zahlungsansprüche wurden ausgeschlossen. Die Pensionsberechnung findet in Deutschland statt. Die Kosten des Verfahrens wurden gemäß Ziffer 7 des Vergleichs gegeneinander aufgehoben („That there be no Order for Costs.“).

Mit der Einkommensteuererklärung für 2010 vom 4. November 2011 machten die Kläger außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 20.853 € geltend. Das Finanzamt folgte den Klägern insoweit und wegen anderer Punkte nicht und erließ am 24. Januar 2012 einen Einkommensteuerbescheid für 2010, welchen es nach einem Einspruch der Kläger vom 5. Februar 2012 aus hier nicht streiterheblichen Gründen durch Bescheid vom 3. August 2012 änderte. Den Einspruch der Kläger wies das Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom 7. August 2012 zurück. Im Wesentlichen führt das Finanzamt aus, dass soweit sich die Kläger auf das BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 (Az.: VI R 42/10 BStBl. II 2011, 1015) beriefen, das Bundesministerium für Finanzen mit Datum vom 20. Dezember 2011 einen Nichtanwendungserlass veröffentlicht habe (BStBl. I 2011, 1286). Dem Finanzamt sei eine Anwendung des von den Klägern herangezogenen BFH-Urteils über den entschiedenen Einzelfall hinaus untersagt. Im Übrigen wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Die nunmehr mit der Klage geltend gemachte Anerkennung außergewöhnlicher Belastungen in Höhe von 19.431 € für Anwaltskosten errechnet sich wie folgt:

- Vorauszahlungen und Rechnungen des Klägers für den Anwalt vom 7. Juli 2010, Juli 2010, August 2010, September 2010 und Oktober/November 2010 in Höhe von insgesamt 18.000 €- Reisekosten des Klägers 13. Juli 2010: 191,08 €- Stornokosten für Reise vom 2. August 2010: 167,98 € wegen kurzfristig am 30. Juli 2010 abgesagten Gerichtstermins- Reisekosten vom 7. bis 9. November 2010 in Höhe von 471,27 €- vom Finanzamt nicht bestrittene, aber bislang nicht steuerwirksam gewordene außergewöhnliche Belastungen wegen Krankheitskosten in Höhe von 600 €.Die zunächst geltend gemachten Beträge für Verpflegungsmehraufwendungen für die Reisen am 13. Juli 2010 und 7. bis 9. November 2010 in Höhe von 40,00 € bzw. 84,00 € verfolgen die Kläger, wie in der mündlichen Verhandlung vom 17. April 2013 erklärt, nicht weiter.

Mit ihrer Klage machen die Kläger geltend, dass für ihn, den Kläger, die Einschaltung eines Anwalts aus zwei Gründen unabweislich gewesen sei: Zum einen wäre die wirtschaftliche Belastung bei negativem Ausgang des Verfahrens für ihn existenzbedrohend gewesen. Zum anderen seien die von seiner geschiedenen Ehefrau geltend gemachten Ansprüche im Grunde bzw. der Höhe nach unberechtigt gewesen. Er sei auf sachgerechte anwaltliche Vertretung angewiesen gewesen. Im schlechtesten Fall hätte er damit rechnen müssen, dass sein Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der geltend gemachten Sicherheitszahlungen um rd. 3.000 € auf rd. 1.800 € gesunken wäre. Hinzugekommen wäre die Belastung aus dem Vermögensausgleich in Höhe von rd. 20.000 €. Diese Situation vor Augen hätte er befürchten müssen, die Wohnimmobilie nicht halten zu können. Er habe damit rechnen müssen, für Kindesunterhalt einen Monatsbetrag in Höhe von 1.021 €, eine Pension ab 2032 in Höhe von 450 € monatlich, Unterhaltszahlungen für die geschiedene Ehefrau in Höhe von rd. 1.500 € im Monat und einen Zugewinnausgleich in Höhe von rd. 30.000 € zahlen zu müssen. Sowohl die Finanzierung bzw. Ansparung der Pensionszahlungen bzw. Zugewinnausgleiches hätten ihn monatlich mit rd. 300 € bzw. 600 € belastet. Er habe einen britischen Anwalt mit guten britischen familienrechtlichen Kenntnissen, guten internationalen familienrechtlichen Kenntnissen und Grundkenntnissen in der deutschen Sprache benötigt, weil er zwar englisch spreche, sich dem Juristenenglisch aber nicht gewachsen fühle. Seine Klage sei auch nicht mutwillig gewesen. Dies habe schon die erste Verhandlung am 8. November 2010 gezeigt, in welcher die Forderungsklage auf Kindesunterhalt reduziert worden und klargestellt worden sei, dass Fragen im Zusammenhang mit dem Versorgungsausgleich nicht vor dem britischen Gericht, sondern in Deutschland zu verhandeln seien. Auch der schließlich am 8. Oktober 2012 protokollierte Vergleich bestätige dies.

Der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid vom 3. August 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. August 2012 dergestalt zu ändern, dass außergewöhnliche Belastungen vor Abzug der zumutbaren Belastungen in Höhe von 19.431 € berücksichtigt werden.

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht es sich im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung.

Der Kläger ergänzte in der mündlichen Verhandlung, dass die Besprechung mit seinem Rechtsanwalt in Großbritannien aus seiner Sicht unabdingbar gewesen sei. Nur so habe sichergestellt werden können, dass die rechtlich und persönlich komplexe Materie richtig verstanden worden sei. Außerdem habe er den für ihn tätigen Rechtsanwalt auch im Hinblick auf ein notwendiges Vertrauensverhältnis persönlich kennenlernen müssen. Die Teilnahme am Verhandlungstermin sei ihm nicht freigestellt gewesen. Es habe zuvor ein anderer Termin stattgefunden, in welchem Fragen nicht hätten beantwortet werden können, weil er nicht teilgenommen habe. Dies habe dann zu zahlreichen weiteren Rückfragen zwischen dem vor Gericht tätigen Barrister und seinem Anwalt (Solicitor) und zu weiteren erheblichen Kosten geführt.

Eine Anfrage des Berichterstatters an die Deutsch-Britische Juristenvereinigung e. V. vom 15. Februar 2013 beantwortete deren Präsidentin mit Schreiben vom 18. Februar 2013. Sie wies darauf hin, dass eine Anfrage bei der Schwestervereinigung in London gestellt werden möge, und dass nach ihrer unmaßgeblichen persönlichen Einschätzung ein Stundensatz in Höhe von 275 GBP zuzüglich Umsatzsteuer nicht zu hoch angesetzt zu sein scheine.

Eine Anfrage des Berichterstatters an die British-German Jurists’ Association vom 28. Februar 2013 wurde mit Schreiben vom 11. April 2013 durch die Honorary Chairman der British-German Jurists’ Association dergestalt beantwortet, dass nach Rücksprache mit Kollegen aus der Familienrechtsabteilung der Kanzlei D, in der sie Partnerin sei, bestätigt werden könne, dass der vereinbarte Stundensatz in Höhe von 275 GBP zuzüglich Umsatzsteuer für einen im Familienrecht und im internationalen Familienrecht tätigen Anwalt in X als angemessen anzusehen sei.

Aus einem Merkblatt der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland London mit Stand vom Februar 2013 ergibt sich Folgendes: „Rechtsanwaltsgebühren sind nicht amtlich geregelt, sondern richten sich nach dem zeitlichen Aufwand. Bei guten Rechtsanwaltskanzleien ist durchaus mit einem Stundensatz von mindestens 300 GBP zu rechnen. Spitzenwerte in London liegen sogar deutlich höher. Die Vereinbarung von Erfolgshonoraren (…) ist üblich. …“

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die dem Kläger aus Anlass des Scheidungsantrages seiner geschiedenen Ehefrau entstandenen Anwaltskosten sind unter den vorliegenden Bedingungen als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG anzuerkennen.

Auf Antrag wird die Einkommensteuer gemäß § 33 Abs. 1 Einkommensteuergesetz – EStG - in bestimmten Umfang ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes, erwachsen. Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Nach der früheren Rechtsprechung war für die Frage der Zwangsläufigkeit von Prozesskosten auf die Unausweichlichkeit des dem strittigen Zahlungsanspruch zugrunde liegenden Ereignisses abzustellen. In Bezug auf eine Scheidung wurden nur die mit dem Gerichtsverfahren zusammenhängenden Anwaltskosten für den sogenannten Zwangsverbund (Scheidung und Versorgungsausgleich, § 623 Abs. 1 ZPO) als zwangsläufig angesehen, da die Ehe nur durch Urteil geschieden werden kann (§ 1564 BGB). Andere mit der Scheidung zusammenhängende Kosten, z. B. die Kosten der Scheidungsfolgesachen (vermögensrechtliche Regelungen, Ehegatten- und Kindesunterhalt, Umgangs- und Sorgerecht) galten als nicht zwangsläufig, weil sie nur kraft Antrags der Ehegatten in den prozessualen Zwangsverbund fallen und sich die Ehegatten außergerichtlich einigen konnten (vgl. Schmidt-Loschelder, EStG, 32. Aufl., § 33 Rn. 35 „Ehescheidung“ m.w.N.).

Zutreffend weist der 1. Senat des Gerichts in seinem Urteil vom 21.02.2012 (1 K 75/12, EFG 2013, 523) darauf hin, dass diese Rechtssprechung nicht mehr aktuell sei und führt weiter aus: „Durch Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10, BFH/NV 2011, 1612 hat der BFH neue Rechtsgrundsätze aufgestellt und erkannt, dass Zivilprozesskosten mit Rücksicht auf das staatliche Gewaltmonopol unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Unausweichlich seien derartige Aufwendungen jedoch nur, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, nicht mutwillig erscheint und einen angemessenen Betrag nicht überschreitet.“ Diese Auffassung wird in der Literatur geteilt (vgl. Schmidt-Loschelder, EStG, 32. Aufl., § 33 Rn. 35 „Ehescheidung“; Kirchhof-Mellinghoff, EStG, 12. Aufl., § 33 Rd. 54 „Ehescheidung“). Auch der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Zivilprozesskosten sind dann nicht unausweichlich, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus Sicht eines verständigen Dritten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Eine nur entfernte, gewisse Erfolgsaussicht reicht nicht aus. Der Erfolg muss mindestens ebenso wahrscheinlich sein wie ein Misserfolg. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das zur Entscheidung berufene Gericht im Wege einer summarischen Prüfung zu untersuchen. Der Höhe nach sind Zivilprozesskosten nur insoweit abziehbar, als sie notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht überschreiten (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Gegebenenfalls erlangte Leistungen aus einer Rechtsschutzversicherung sind im Rahmen der Vorteilsanrechnung zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10, a. a. O.). Entsprechendes gilt nach Auffassung des Senats für Kostenerstattungen, da die Belastung dann keine dauerhafte sondern nur eine vorübergehende wäre.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat nach Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles der Auffassung, dass die geltend gemachten Kosten für den Rechtsanwalt und die damit in Zusammenhang stehenden Reisekosten als außergewöhnliche Belastungen abzuziehen sind.

Auf Betreiben seiner geschiedenen Ehefrau und wegen der letztlich von ihr rechtshängig gemachten Klage musste sich der Kläger - wie es der 1. Senat in seinem Urteil vom 21.02.2012 a.a.O. treffend formuliert - dem Verfahren ohne jeden eigenen Gestaltungsspielraum stellen. Ein Versuch des Klägers, eine gütliche Einigung herbeizuführen, hatte keinen Erfolg. Die Einwände des Klägers gegen die von seiner geschiedenen Ehefrau geltend gemachten Ansprüche erscheinen weder ohne Aussicht auf Erfolg noch mutwillig. Vielmehr ergibt sich bereits aus der Verhandlung vom 8. November 2010 und dem gerichtlichem Vergleich vom 8. Oktober 2012, dass für den Kläger hinreichende Erfolgsaussichten bestanden. Die ursprünglich geltend gemachten Ansprüche konnten in erheblichem Umfang beschränkt und letztlich auf die Höhe des Kindesunterhaltes reduziert werden. Der Versorgungsausgleich ist in der Bundesrepublik zu verhandeln.

Die Rechtsanwaltskosten können auch der Höhe nicht als unangemessen qualifiziert werden. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass es gerichtsbekannt in Großbritannien kein mit der Bundesrepublik vergleichbares System von Rechtsanwaltsgebühren gibt, sondern grundsätzlich Stundensätze vereinbart werden (vgl. insoweit auch das Schreiben der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland London vom Februar 2013 „Rechtsberatung und Rechtsverfolgung in Großbritannien“), und dass nach der Bestätigung der British-German Jurists’ Association vom 28. Februar 2013 der vereinbarte Stundensatz in Höhe von 275 GBP zuzüglich Umsatzsteuer für einen im Familienrecht und im internationalen Familienrecht tätigen Anwalt in London als angemessen anzusehen sei. Eine entsprechende Einschätzung unterstreichen auch die Stellungnahme der Präsidentin der Deutsch-Britischen Juristenvereinigung e. V. vom 15. Februar 2013 und schließlich der Inhalt des Schreibens der Deutschen Botschaft London a.a.O. Für den Senat nachvollziehbar hatte der Kläger einen in England tätigen, im internationalen Familienrecht bewanderten, englisch und deutsch sprechenden Anwalt zu beauftragen.

Die geltend gemachten Anwaltskosten sind der Höhe nach durch Rechnungen belegt und nicht streitig. Die Anwaltskosten sind den Klägern dauerhaft, also nicht nur vorübergehend entstanden. Eine Erstattung der Kosten durch die Gegenpartei hat nicht stattgefunden. Die Kosten wurden gegeneinander aufgehoben. Eine Rechtsschutzversicherung bestand nicht.

Auch die Reisekosten teilen in diesem Einzelfall nach Überzeugung des Senats das Schicksal der Anwaltskosten. Die wesentlichen Verfahrenshandlungen fanden in England statt. Der Kläger war verpflichtet, persönlich zum Prozess zu erscheinen. Auch im Fall der kurzfristigen Aufhebung des Verhandlungstermins hatte sich das wirtschaftliche Risiko für den Kläger bereits so weit konkretisiert, dass ihm die als Stornokosten geltend gemachten Reisekosten aus den dargelegten Gründen im Sinne des § 33 EStG zwangsläufig entstanden und der Höhe nach angemessen sind. Im Hinblick auf die besonderen Umstände des Falles, dass nämlich der Kläger ohne eigene Gestaltungs- und Entscheidungsmöglichkeit Beklagter vor einen britischen Zivilgericht in einer vielschichtigen Familiensache wurde und sich Forderungen von nicht unerheblicher Höhe und wirtschaftlichem Risiko ausgesetzt sah, aber auch aus den in der Natur der Sache liegenden Umständen einer familienrechtlichen Auseinandersetzung hält der Senat auch den Anteil der Reisekosten des Klägers nach § 33 EStG berücksichtigungsfähig, der im Zusammenhang mit der Besprechung der Angelegenheit mit seinem Rechtsanwalt am 13. Juli 2010 in Höhe von 191,08 € entstanden ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Die nicht weiter verfolgten Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 124 € betragen lediglich 0,64% der ursprünglich geltend gemachten Summe in Höhe von 19.555 €.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Im Hinblick auf die Urteile des 1. Senats vom 21.02.2012 (1 K 75/11; Revision anhängig VI R 70/12), des FG Düsseldorf vom 20.2.2013 (15 K 2052/12 E, juris; Revision anhängig VI R 14/13) und des FG München vom 21.8.2012 (10 K 800/10, EFG 2013, 451; Revision anhängig VI R 69/12) war die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen.