AG Neuruppin, Urteil vom 02.11.2012 - 42 C 80/12
Fundstelle
openJur 2013, 24218
  • Rkr:
Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 46,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. April 2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 4/5 und der Beklagte 1/5 zu tragen.

3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 100,00 € abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 150,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Zulassungsberufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Beklagte ist seit 2001 Wohnungsmieter bei der Klägerin. Die vereinbarte Nettomiete belief sich im Jahr 2011 auf 198,47 €/Monat. Der formularmäßig gestaltete Mietvertrag sieht in seinem § 21 vor: „Nebenabreden, Stundung, Änderungen und Ergänzungen des Vertrages und anderes sind nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden“. Mit dem Beklagten am selben Tag zugegangenen Schreiben vom 21. Oktober 2011 begehrte die Klägerin von dem Beklagten die Zustimmung zur Erhöhung der Nettomiete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete um 19,06 € auf 217,53 €/Monat ab dem 01. Januar 2012. Sie bat in dem Schreiben um Abgabe der Zustimmungserklärung bis zum 31. Dezember 2011; anderenfalls werde sie eine gerichtliche Klage anhängig machen. Ihrem Schreiben fügte sie eine vorbereitete Zustimmungserklärung bei (Anlage K2 zur Klageschrift – Blatt 15 der Gerichtsakte). Da bei ihr keine schriftliche Zustimmungserklärung des Beklagten einging, beauftragte die Klägerin am 9. Januar 2012 ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der Durchsetzung des Zustimmungsanspruchs. Unterdessen zahlte der Beklagte am 16. Januar 2012 die Januar-Miete in der dem Zustimmungsverlangen entsprechenden Höhe. Die Anwälte der Klägerin forderten den Beklagten mit Schreiben vom 17. Januar 2012 nochmals zur Zustimmung auf. Der nicht vorsteuerabzugsberechtigten Klägerin sind dafür 46,81 € Honorarkosten entstanden. Am 19. Januar 2012 telefonierte der Beklagte mit dem Sekretariat der anwaltlichen Bevollmächtigten der Klägerin. Darin gab er an, die ihm zugesandte vorbereitete Zustimmungserklärung bereits unmittelbar nach Erhalt unterschrieben zurückgeschickt zu haben. Der weitere genaue Inhalt des Telefonats ist streitig. Die Rechtsanwälte forderten den Beklagten nochmals mit Schreiben vom 2. Februar 2012 zur Abgabe der geforderten Zustimmungserklärung auf. Am 16. Februar 2012 zahlte der Beklagte die Februar-Miete wieder in dem Zustimmungsverlangen entsprechender Höhe, ebenfalls am 22. März 2012 die März-Miete. Eine schriftliche Zustimmung des Beklagten ist vorgerichtlich nicht an die Klägerin gelangt. Am 28. März 2012 machte die Klägerin ihre Klage auf Verurteilung des Beklagten zur Abgabe seiner Zustimmungserklärung anhängig. Die erhöhte Miete hat der Beklagte jedenfalls bis August 2012 fortgesetzt und ohne erkennbaren Vorbehalt gezahlt.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe in dem Telefonat erklärt, seine Zustimmungserklärung bereits im August 2011 zurückgesendet zu haben; das Erhöhungsverlangen stamme aber erst von Oktober 2011. Sie ist der Ansicht, eine konkludente Zustimmung zur Mieterhöhung sei grundsätzlich erst nach vorbehaltloser Zahlung von vier bis sieben Mieten anzunehmen. Der Beklagte sei jedoch verpflichtet, seine Zustimmungserklärung entsprechend § 21 des Mietvertrages in schriftlicher Form abzugeben. An der schriftlichen Abgabe habe sie auch ein anerkennenswertes Interesse um zu vermeiden, dass der Beklagte eine in fortgesetzten Zahlungen erkannte konkludente Zustimmung später anfechten könne (nach BGH JR 1985,12).

Die Klägerin beantragt,

1.) den Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der Nettomiete für die Wohnung in der ..., ..., gelegen im ..., von bisher monatlich 198,47 € auf nunmehr 217,53 € mit Wirkung ab dem 01. Januar 2012 zuzustimmen;

2.) den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe 46,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, die ihm von der Klägerin übersandte vorformulierte Zustimmungserklärung bereits kurz nach Erhalt an die Klägerin zurückgesendet zu haben. An den genauen Zeitpunkt habe er keine Erinnerung mehr. In dem Telefonat am 19. Januar 2012 habe er sich mit der Mieterhöhung ausdrücklich einverstanden erklärt. Er ist der Ansicht, bereits eine einmalige vorbehaltlose Zahlung der erhöhten Miete könne als konkludente Zustimmung gewertet werden. Durch Zahlung der erhöhten Mieten ab Januar 2012 und durch seine telefonische Einverständniserklärung habe er die gebotene Zustimmungserklärung konkludent und ausreichend abgegeben. Er habe wegen der bereits eingetretenen Erfüllung auch keinen Anlass, den rechtshängig gemachten Klageanspruch nochmals förmlich anzuerkennen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, in der Hauptsache jedoch unbegründet. Es kann dahinstehen, ob der Klägerin bei Einleitung des Rechtsstreits noch ein Anspruch auf ausdrückliche und/oder förmliche Zustimmung zur Mieterhöhung zugestanden hat. Der Beklagte hat seine Zustimmung im Rechtsstreit jedenfalls zweifelsfrei gestellt, insbesondere durch seinen Schriftsatz vom 25. Juni 2012 mit nachstehendem Inhalt: „Vielmehr besteht auf Seiten des Beklagten die Ansicht, dass die Klägerin grundsätzlich einen Anspruch auf Zustimmung zu der Mieterhöhung hatte. Durch sein Verhalten hat der Beklagte jedoch ausreichend zum Ausdruck gebracht, dass er die Mieterhöhung akzeptieren wird. Der Anspruch der Klägerin auf Zustimmung war daher gem. § 362 Abs. 1 BGB erfüllt worden…Daher ist hier auch kein Raum für ein Anerkenntnis“. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, auf den es für die Beurteilung des Anspruchs ankommt, war der Anspruch auf Zustimmung jedenfalls bereits erfüllt. Die Klage ist daher insoweit abzuweisen.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine schriftliche Zustimmungserklärung. Das Gesetz sieht eine solche notwendige Form der Zustimmungserklärung nicht vor (dazu Börstinghaus in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10.Aufl. § 558 b Rz.17). Die §§ 557 Abs.4; 558 Abs. 6 und 558 b Abs. 4 BGB verbieten eine zum Nachteil des Mieters davon abweichende Vereinbarung. Die Klägerin konnte und kann daher auch nicht auf der Grundlage des Mietvertrages von dem Beklagten die Abgabe seiner Zustimmungserklärung in schriftlicher Form verlangen.

Dies gilt auch, wenn das Interesse der Klägerin an einer Nachweisbarkeit der abgegebenen oder nicht abgegebenen Erklärungen verständlich ist, insbesondere in Anbetracht der dreimonatigen Klagefrist des § 558 b Abs. 2 S. 3 BGB.

Die Klägerin kann jedoch den Ersatz der ihr vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten verlangen. Das Gericht hat seiner Entscheidung zugrundezulegen, dass der Beklagte mit der Erteilung seiner Zustimmungserklärung in Verzug geraten war. Der Klägerin war bis zum Ende der Zustimmungsfrist, dem 31.Dezember 2011, eine Zustimmungserklärung des Beklagten jedenfalls nicht nachweislich zugegangen. Den Beklagten trifft die Beweislast, die Zustimmungserklärung rechtzeitig abgegeben zu haben (Pal § 286 Rz. 49; BGH NJW 1969, 875). Selbst wenn er eine schriftliche Zustimmungserklärung rechtzeitig vor dem Jahreswechsel per Post abgesendet haben sollte, würde das nicht den Anscheinsbeweis begründen, dass die Sendung der Klägerin auch zugegangen ist; ein etwaiges Verschulden der von dem Beklagten mit dem Transport beauftragen Post fällt gem. § 278 BGB in seinen Risikobereich (BGH st.Rspr.; zuletzt NJW 2009, 2197; LG Berlin GE 2011, 1229). Mit Ablauf der gesetzlichen Überlegungsfrist war der Beklagte gem. § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB in Verzug geraten, einer weiteren Mahnung bedurfte es dazu nicht mehr (AG Köln WuM 2012,206 m. zust. Anmerkung Börstinghaus; Lehmann-Richter NZM 2006,849).

Der Klägerin sind durch den Verzug des Beklagten Rechtsanwaltskosten in unstreitiger Höhe von 46,41 € entstanden. Diese Kosten hat der Beklagte als Verzugsschadensersatz (§ 280 Abs. 1, 2 BGB) an die Klägerin zu zahlen. Der Anspruch ist ab Rechtshängigkeit in gesetzlicher Höhe zu verzinsen (§ 291 BGB).

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen den §§ 92 Abs. 1; 708 Nr. 11; 711 S. 1; 511 Abs. 4 ZPO. Eine Zulassung der Berufung für die Klägerin bedarf es nach Auffassung des Gerichts nicht, da sich die Beschwer nach seiner Rechtsansicht auf den 42-fachen Monatsbetrag der Mieterhöhung beläuft und daher die zulassungsfreie Berufung statthaft ist (vgl. Börstinghaus in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. § 558 b Rz.152)

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