OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.01.2009 - III-5 Ss 265/08-178/08 IV
Fundstelle
openJur 2013, 24165
  • Rkr:
Tenor

Der Angeklagte wird unter Aufhebung des angefochtenen Urteils auf Kosten der Staatskasse, die auch seine notwendigen Auslagen zu tragen hat, freigesprochen

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter Geldwäsche zu einer Geldstrafe verurteilt.

Das hiergegen eingelegte Rechtsmittel hat Erfolg. Der Angeklagte ist freizusprechen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme ausgeführt:

"Das gemäß § 333 StPO statthafte und gemäß §§ 341, 344, 345 StPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsmittel, mit dem die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird, hat Erfolg. Der Angeklagte ist durch den Senat gemäß § 354 Abs. 1 StPO freizusprechen.

I.

Mit dem angefochtenen Urteil vom 3. September 2008 (26 Ns 173/07) wurde der Angeklagte durch das Landgericht Krefeld wegen versuchter leichtfertiger Geldwäsche gemäß §§ 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4a, Abs. 3, 5 StGB zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 35,- € verurteilt.

Dies begegnet durchgreifenden Bedenken:

Bei § 261 Abs. 5 StGB handelt es sich um einen Tatbestand, der zwar eine gespaltene "subjektive Zurechnung" (teils Vorsatz, teils Fahrlässigkeit) aufweist, bei dem es jedoch - anders als in den Fällen des erfolgsqualifizierten Delikts im Sinne des § 18 StGB - an einer durch die Tathandlung verursachten besonderen Folge im Sinne des § 11 Abs. 2 StGB fehlt.

Ungeachtet ihres Vorsatzanteils handelt es sich daher um eine Fahrlässigkeitstat (zu vgl. Neuheuser, in: Münchener Kommentar zum StGB, 1. Aufl. 2003, § 261 Rn. 81), was für die Frage der Strafbarkeit des Versuches von entscheidender Bedeutung ist (zu vgl. Duttge, in: Münchener Kommentar zum StGB, 1. Aufl. 2003, § 15 Rn. 22). Denn eine Fahrlässigkeitstat kann nur bei ihrer tatbestandlichen Vollendung, d.h. bei Verwirklichung sämtlicher Voraussetzungen des gesetzlichen Tatbestandes mit Strafe geahndet werden (zu vgl. Duttge, a.a.O., § 15 Rn. 93, 209; Rudolphi, in: Systematischer Kommentar zum StGB, 6. Aufl. § 22 Rn. 1; Hillenkamp, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl. 2002, vor § 22 Rn. 14; Fischer, StGB, 55. Aufl. 2008, § 22 Rn. 2). Eine Strafbarkeit wegen versuchter leichtfertiger Geldwäsche ist daher konstruktiv de lege lata ausgeschlossen.

II.

Die Feststellungen tragen auch keine Verurteilung wegen vollendeter Geldwäsche.

1. Grundsätzlich kommt zwar eine Strafbarkeit des so genannten Finanzagenten durch das Bereithalten und Weiterleiten des durch "Phishing" erlangten Geldes gemäß § 261 Abs. 1, 2, 5 StGB in Betracht (umfassend hierzu Neuheuser, NStZ 2008, 492 ff. m.w.N.). Insoweit ist allerdings Folgendes zu beachten:

a) Eine Verurteilung eines Finanzagenten gemäß § 261 Abs. 1 Var. 1 und 2 StGB (Verschleierungstatbestand) scheidet aus, sofern ihm die Herkunft des Vermögensgegenstandes aus einer Katalogstraftat betreffend kein Vorsatz, sondern lediglich Leichtfertigkeit im Sinne von § 261 Abs. 5 StGB nachgewiesen werden kann (zu vgl. Neuheuser, NStZ 2008, 492, 495).

b) Eine Verurteilung eines Finanzagenten gemäß § 261 Abs. 1 Var. 3 und 4 StGB (Vereitelungs- und Gefährdungstatbestand) setzt voraus, dass durch sein Verhalten die Strafverfolgung beeinträchtigt wird, indem er ein Aufrechterhalten der "Papierspur" entweder vereitelt oder konkret gefährdet (zu vgl. Neuheuser, NStZ 2008, 492, 495).

Von den den Tatbestand erfüllenden konkreten Gefährdungshandlungen sind vorbereitende, die staatlichen Maßnahmen nicht konkret gefährdende Handlungen eines Finanzagenten abzugrenzen. Als eine solche die Geldwäsche lediglich vorbereitende Handlung ist die Weitergabe der Kontodaten vom Finanzagenten an den Phisher anzusehen mit dem Versprechen, zukünftig eingehende Gelder weiter zu transferieren. Solange sich der bemakelte Vermögensgegenstand noch gar nicht im Verfügungsbereich des Finanzagenten befindet, ist er durch dessen Handlungen auch nicht konkret gefährdet (zu vgl. OLG Frankfurt am Main, a.a.O.; Neuheuser, NStZ 2008, 492, 495).

c) Der Besitz des durch Phishing erlangten Geldwertes - sowohl als Giralgeld auf seinem Konto als auch das Bargeld nach dem Abheben - stellt zwar keine tatbestandsmäßige Handlung im Sinne § 261 Abs. 1 Var. 3 und 4 StGB dar. Indem ein Finanzagent das aus der Katalogvortat stammende Giralgeld aus dem Vermögen des Geschädigten auf seinem Konto vorübergehend belässt, nimmt er es jedoch in seinen Gewahrsam und verwahrt es im Sinne von § 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB (zu vgl. Neuheuser, NStZ 2008, 492, 495 f.).

d) Nach der Rechtsprechung (zu vgl. BGH, wistra 2003, 260, 261, BGH, StV 2000, 67; OLG Frankfurt a.M., Urteil des 2. Strafsenats vom 8. Mai 2007, 2 Ss 282/06; LG Darmstadt, wistra 2006, 468, 469) ist - auch wenn man eine legale Herkunft des Geldes ausschließt - die Feststellung konkreter Umstände erforderlich, aus denen sich eine Katalogtat des Geldwäschetatbestandes als Vortat ergibt. Bloße Vermutungen genügen hierfür nicht. Wenn nicht ohne vernünftige Zweifel ausgeschlossen werden kann, dass der Geldbetrag aus einer Nichtkatalogtat stammt, ist der Angeklagte nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" freizusprechen (zu vgl. BGH, StV 2000, 67).

e) Wenn zwar feststeht, dass das Geld aus einer Katalogtat stammt, jedoch der Nachweis eines entsprechenden Vorsatzes nicht gelingt, was bei Finanzagenten häufig der Fall sein wird (zu vgl. Neuheuser, NStZ 2008, 492, 496), kommt allenfalls eine Strafbarkeit wegen leichtfertiger Geldwäsche (§ 261 Abs. 5 StGB) in Betracht. Das setzt allerdings voraus, dass der Finanzagent leichtfertig nicht erkennt, dass der bemakelte Gegenstand aus einem gewerbs- und / oder bandenmäßigen Computerbetrug oder einer anderen tauglichen Geldwäschevortat im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB stammt (zu vgl. BGH, NJW 1997, 3323, 3325 f.). Leichtfertigkeit ist insoweit anzunehmen, wenn sich die Herkunft des Gegenstandes aus einer Katalogtat nach der Sachlage geradezu aufdrängt und der Täter gleichwohl handelt, weil er dies aus besonderer Gleichgültigkeit oder grober Unachtsamkeit außer Acht lässt (zu vgl. Neuheuser, in: Münchener Kommentar zum StGB, 1. Aufl. 2003, § 261 Rn. 81; zu den insoweit in Betracht kommenden Indizien vgl. Neuheuser, NStZ 2008, 492, 497).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist eine Strafbarkeit wegen (vollendeter) Geldwäsche vorliegend zu verneinen.

Nach den Feststellungen des Amts- und Landgerichts ist es zu keiner Gutschrift des durch Phishing erlangten Betrages auf dem Konto des Angeklagten gekommen. Es ist somit nicht - wenn auch nur zeitweise - in seine Verfügungsgewalt bzw. seinen Gewahrsam gelangt. Seine bloße Erklärung der Bereitschaft, entsprechende Geschäfte durchzuführen, stellt nach den obigen Grundsätzen keine konkrete Gefährdung des bemakelten Vermögensgegenstandes, sondern eine straflose Vorbereitungshandlung dar.

Es spricht zudem zwar vieles dafür, dass der Veranlassung der Überweisung eine banden- und gewerbsmäßige Tat im Sinne des § 263a StGB zugrunde liegt. Dass sich der Vorsatz des Angeklagten auf eine solche Tat bezog, ist allerdings bislang nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Warum das Geld "ausschließlich aus Straftaten im Sinne des § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4a StGB stammen konnte", erschließt sich aus den Feststellungen nicht. Insoweit rügt die Revision zu Recht, dass dieser Schluss - da eine vorherige Information über den Ursprung des Geldes nicht festgestellt ist - vom Angeklagten erst mit dem Eingang auf dem Konto und dem entsprechenden Herkunftsnachweis hätte gezogen werden können.

III.

Auch eine Strafbarkeit wegen sonstiger Straftaten ist nicht gegeben:

1. Eine Strafbarkeit wegen (psychischer) Beihilfe zur (ggf. versuchten) Vortat (§§ 263a, 27 StGB) - die im Übrigen gemäß § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche ausschließen würde - liegt mangels Feststellungen zu einem entsprechenden Gehilfenvorsatz nicht vor. Dass der Angeklagte die wesentlichen Merkmale (Unrechts- und Angriffsrichtung) der Haupttat erkannt hätte (zu vgl. Fischer, a.a.O., § 27 Rn. 22 m.w.N.), ist nicht ersichtlich.

2. Ein Verstoß gegen § 54 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 32 Abs. 1 Satz 1, 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG (zu vgl. Neuheuser, NStZ 2008, 492, 497) liegt nicht vor, da es zu keinem Geldtransfer ins Ausland gekommen ist. Eine Versuchstrafbarkeit sieht § 54 KWG nicht vor.

3. Eine Strafbarkeit gemäß § 257 StGB scheidet aus, da eine versuchte Begünstigung straflos ist.

4. Da es sich bei den in Rede stehenden Delikten nicht um Verbrechen handelt, ist auch keine Strafbarkeit gemäß § 30 StGB gegeben.

IV.

Da die bisherigen Feststellungen vollständig und fehlerfrei sind und auszuschließen ist, dass eine neue Hauptverhandlung noch Aufschlüsse zu erbringen vermag, die zu einer Verurteilung des Angeklagten führen könnten (zu vgl. Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl. 2008, § 354 Rn. 3 m.w.N.), ist der Angeklagte freizusprechen."

Diesen Ausführungen stimmt der Senat zu.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO.